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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Vereint gegen Forderungen der Siegermächte
Zwischenüberschrift:
Osnabrück im Februar 1921: Auch damals fiel der Karneval wegen der angespannten Lage aus
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Zu Beginn des Jahres 1921 ächzt Deutschland unter den Reparationsansprüchen der Siegermächte des Ersten Weltkriegs. Ende Januar beziffern sie in Paris ihre Hauptforderung auf 226 Milliarden Goldmark, zu zahlen in 42 Jahresraten. In Osnabrück organisiert der Gewerkschaftsbund am 10. Februar eine große Demonstration in den Sälen der Stadthalle.
Denn in dieser Frage sind sich alle bürgerlichen Parteien einig und lassen ihre Redner mit nahezu gleichlautenden Appellen auftreten. Oberbürgermeister Rißmüller, Regierungspräsident Tilmann und Landrat von Detten fordern ebenso wie Vertreter von DVP, DNVP, DDP, Zentrum und Deutsch-Hannoveranern eine Einheitsfront″ gegen die Versklavung des deutschen Volkes″ bis in die Generation der Kinder und Kindeskinder, gegen die Erdrosselung unseres Wirtschaftslebens″. Die Regierung in Berlin wird aufgefordert, das Diktat als unannehmbar″ abzulehnen auch wenn dadurch die Besetzung des Ruhrgebiets droht. Ein Schrei der Empörung über die unglaublichen Forderungen der Entente″ aus der Osnabrücker Stadthalle solle in die ganze Welt gehen, damit die Völker erkennen könnten, wie das Naturrecht des deutschen Volkes zu leben″ verletzt werde.

US-Quäker speisen hungrige Schulkinder: Aufseiten der Siegermächte nimmt Frankreich die unnachgiebigste Haltung gegenüber Deutschland ein, die USA eine vergleichsweise moderate. Das wird auch daran deutlich, dass verschiedene amerikanische Organisationen Nahrungsmittel- und Sachspenden nach Deutschland schicken. Die Quäker sorgen bereits seit drei Monaten für Schulkinderspeisungen in Osnabrück. 2000 unterernährte Schulkinder profitieren davon. Außerdem hat das städtische Wohlfahrtsamt Zusatzspeisungen für unterernährte hoffende und stillende Mütter erhalten, desgleichen für schulentlassene Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren. In den Volksküchen Meller Straße 2 und Buersche Straße 7 erhalten die bedürftigen Mütter gegen eine Schutzgebühr von 25 Pfennig eine nahrhafte warme Mahlzeit. Für die Jugendlichen ist die Verteilung über die Arbeitgeber Stahlwerk, Hammersen, Weymann und Eisenbahn-Hauptwerkstätten geregelt.
Aus einer amerikanischen Riesenspende″ hat die Stadt Osnabrück eine große Menge Flanellstoff, Kinderunterwäsche sowie 88 Kisten Kondensmilch erhalten. Der Ortsausschuss für Auslandshilfe organisiert die Verteilung, teils über die Vereine der Wohlfahrtspflege, teils über die städtischen Dienststellen Waisenamt, Armenamt, Lungenkrankenfürsorge und Kriegsbeschädigten-Fürsorge.

Milchkühe auf hoher See: Deutschstämmige Farmer in der American Dairy Cattle Co.″ haben eine Spende von 742 Milchkühen auf den Weg gebracht. Der amerikanische Dampfer West Arrow″ ist am 6. Februar in Bremen eingetroffen. Auf der einmonatigen Überfahrt von Galveston, Texas, an die Weser hatte der Dampfer mit schwerem Wetter zu kämpfen. Der Besatzung ist es gelungen, die Lebendfracht überwiegend wohlbehalten zu überbringen. Lediglich sieben Kühe sind bei dem Sturm über Bord gegangen. Mit einem weiteren Dampfer soll noch eine Ladung Kraftfutter (Baumwollsaatmehl) geschickt werden. Die Dankbarkeit der Reichsregierung und des gesamten deutschen Volkes für dieses Zeichen treuen Gedenkens an die alte Heimat wird immer bestehen bleiben″, schreibt das Osnabrücker Tageblatt″.

Barmer Bankverein zieht um: Der Barmer Bankverein hat seine seit 1907 bestehende Osnabrücker Niederlassung von dem Gebäude in der Möserstraße in Nähe des Hauptbahnhofs an das andere Ende der Möserstraße verlegt, an den Möserplatz gegenüber dem Haarmannsbrunnen. Hier hatte Heinrich Witte 1891 das Central-Hotel eröffnet. Der Hotelbetrieb ist aber in den vergangenen Jahren nicht mehr so rund gelaufen vielleicht, weil das Central-Hotel nach der Aufgabe des Hannoverschen Bahnhofs nicht mehr zentral genug für Bahnreisende liegt. Für den Barmer Bankverein liegt umgekehrt gerade hier die größere Zentralität mit der Nähe zur Innenstadt und zum Zentrum des Geschäftslebens. (1932 ging der Barmer Bankverein nach Fusion in der Commerzbank auf. Die Commerzbank hat den Standort auch nach Kriegszerstörung und Wiederaufbau beibehalten.)
Die Neueröffnung wird mit einer Abendveranstaltung unter Beteiligung von etwa 60 bis 70 Herren″ gefeiert. Beim vorhergehenden Rundgang haben sich die Herren davon überzeugen können, dass bei den banktechnischen Einrichtungen die neuesten Erfahrungen nutzbar gemacht sind″, und die große, Sicherheit ausstrahlende Stahlkammer bestaunt.

Karneval fällt weitgehend aus: In normalen Zeiten würde man jetzt Karneval feiern. Der preußische Innenminister verfügt jedoch Zurückhaltung. Der Ernst der Lage des deutschen Vaterlandes, wie er in den letzten Tagen durch die Pariser Beschlüsse über unsere Entschädigungslasten klar geworden ist, läßt es unziemlich erscheinen, daß in den bevorstehenden Karnevalstagen in größerem Umfange karnevalistische Belustigungen und insbesondere Tanzlustbarkeiten stattfinden.″ Das Verbot ist jedoch nicht absolut. Wo mit Rücksicht auf bereits getroffene Vorbereitungen wirklich schwere wirtschaftliche Härten sich ergeben würden″, mögen die Veranstaltungen stattfinden, aber in einem Rahmen, der würdelose Ausschreitungen ausschließt″.

Bischof gegen ungläubige Lehrer: Der Fastenhirtenbrief des Bischofs von Osnabrück rückt die religiöse Kindererziehung in den Mittelpunkt. Die Hauptsache in der Schule ist und muß bleiben die Religion. Ohne sie ist eine wahre Bildung und Erziehung des Kindes unmöglich. Der gesamte Unterricht der Schule muß von der Sonne der Religion verklärt sein″, verkündet Bischof Berning und warnt: Wehe den Kindern, die unter dem Einfluß ungläubiger und gewissenloser Lehrpersonen stehen.″ Er ruft die katholischen Eltern auf: Verlanget darum, daß für eure katholischen Kinder die katholische Schule mit gläubigen Lehrern erhalten bleibt. Verteidigt in dem uns bevorstehenden Schulkampf die konfessionelle Schule.″

Butter-Waggon beraubt: Zwei Eisenbahnräuber stehen vor Gericht. Sie sollen den Waggon beraubt haben, in dem Butter von Dissen nach Osnabrück transportiert wird. Solange dieser Butterwagen in Güterzügen lief, wurde er häufig beraubt, man hängte ihn deshalb an einen Personenzug an. Dabei hat man aber offenbar nicht mit der Dunkelheit auf den kleinen Stationen gerechnet, die den Spitzbuben ihr Geschäft ermöglicht. Wahrscheinlich in Sutthausen sind die Angeklagten in den Wagen eingedrungen. Beim nächsten Gehölz haben sie 15 Fass Butter aus dem Wagen geworfen. Am nächsten Morgen sind sie mit einem Fuhrwerk an die Strecke gefahren, um die Fässer aufzuladen. Elf Fässer haben sie bergen können, die anderen auf die Schnelle aber nicht gefunden. Ein Landwirt, der sie bei ihrer Arbeit″ antrifft, hat die Polizei benachrichtigt.

Schulen öffnen ihre Brausebäder: Die städtischen Kollegien bewilligen 9000 Mark, um Brausebäder in Schulkellern zur Benutzung für die Allgemeinheit herzurichten. Es geht um die Duschen in der Kronprinzenwallschule (Altstädter Schule), Dom-, Teutoburger-, Rosenplatz- und Eversburger Schule. Die Stadtväter reagieren damit auf die Zunahme der Hautkrankheiten und die ungenügende Badegelegenheit bei der Neuen Mühle (Pottgraben).

Post erlaubt das Wandertelephon″: Die Postverwaltung gibt den Standpunkt auf, dass Telefone unbedingt fest an der Wand angebracht sein müssen. Auf Wunsch vieler Geschäftsleute stellt sie das Wandertelephon″ vor. Es ist mit einem Steckkontakt versehen und kann in allen Räumen eingestöpselt werden, in denen eine Anschlussdose vorhanden ist. Eine solche kostet jährlich 24 Mark Miete. Auf diese Weise wird den Wünschen vieler kleiner Geschäftsleute″ entsprochen, die jetzt die Möglichkeit haben, den Fernsprecher nach Geschäftsschluss in ihre Wohnung mitzunehmen.

Revival des Spinnrads: Das Spinnrad kommt wieder zu Ehren, wie zu Großmutters Zeiten″. So manches alte Spinnrad ist vom Dachboden geholt und ausgebessert worden. Selbstgesponnenes und gewebtes Leinen ist wieder der Stolz der Hausfrau. Die Notlage, die Teuerung, der Mangel an Woll- und Leinenstoffen sind die Ursachen, dass man jetzt wieder die Aufzucht von Schafen und den Anbau von Flachs fördert, um vom Ausland möglichst unabhängig zu werden.

Bildtext:
Das Central-Hotel gegenüber vom Haarmannsbrunnen gab nach dem Ersten Weltkrieg den Hotelbetrieb auf. Im Februar 1921 übernahm der Barmer Bankverein das Gebäude. Links mündet die Schillerstraße ein, in der Bildmitte die Möserstraße. Ansichtskarte aus der Sammlung Helmut Riecken.
Autor:
Joachim Dierks


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