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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Verlust von Hunderten Studienplätzen droht
Zwischenüberschrift:
Land kürzt Hochschulbudgets / Einsparungen treffen die Leistungsträger am härtesten
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Um den eigenen Haushalt zu entlasten, streicht das Land Niedersachsen seit 2020 die Etats von Universitäten und Hochschulen pauschal um zig Millionen Euro zusammen. Globale Minderausgabe nennt sich diese Form des Spardiktats. In Osnabrück dürfte sie viele Hundert Studienplätze kosten.
Wie Universitätspräsidentin Susanne Menzel-Riedl auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, hat die globale Minderausgabe bereits 2020 zu Kürzungen in Höhe von 1, 06 Millionen Euro geführt. Im laufenden Jahr sei der Etat um weitere 262 000 Euro geschrumpft. 2022 sollen es erneut 1, 3 Millionen Euro weniger sein. Umgerechnet in Stellen und Studienplätze, bedeutet das laut Menzel-Riedl für die Uni Osnabrück den Verlust von ungefähr 18 wissenschaftlichen Mitarbeitern sowie von 300 bis 500 Studenten.
Auch die Hochschule Osnabrück kommt das Streichkonzert des Landes teuer zu stehen. Dort sinkt das Budget nach Angaben von Präsident Andreas Bertram um 1, 2 Millionen Euro pro Jahr und damit die Zahl der Plätze für Studienanfänger um jeweils 50. Die globale Minderausgabe tut weh″, gesteht Bertram. Zum Hintergrund: Uni und Hochschule Osnabrück zählen aktuell jede für sich etwa 14 000 Studenten. Mit zusammen rund 3000 Beschäftigten gehören beide ferner zu den größten Arbeitgebern der Stadt. Ihre jährlichen Grundmittel betragen jeweils um die 100 Millionen Euro.
Präsidentin Menzel-Riedl ahnt: Diese Entwicklung schwächt unsere Universität.″ Die Einsparungen würden hier auf alle neun Fachbereiche umgelegt, abhängig von ihrer Größe und Leistung. Besonders hart treffe es damit jene, die in Forschung und Lehre herausragen, wie zum Beispiel Biologen und Kognitionswissenschaftler, Graduiertenkollegs, aber auch Lehramtsfächer. Der 2015 intern eingeleitete Strategieprozess, mit dem die Uni Osnabrück gegenüber der größeren und besser ausgestatteten Konkurrenz aufholen möchte, werde auf diese Weise vom Land konterkariert. Wir wollen stärker werden, und jetzt wirft man uns Stöcke zwischen die Beine. Das ist total frustrierend″, sagt Menzel-Riedl.
Vor allem, weil andere Bundesländer insbesondere die südlichen gerade kräftig in ihre Hochschulen investieren würden. Dass Niedersachsen seine Ausgaben in diesem Bereich herunterfahre, sei Irrsinn″.
Der heimische Landtagsabgeordnete Volker Bajus (Grüne) sorgt sich ebenfalls um die Osnabrücker Hochschulen. Die harten Sparvorgaben″ der niedersächsischen Regierungskoalition aus SPD und CDU würden leider auch hier″ Forschung und Lehre gefährden, so der Politiker laut Mitteilung. Dabei zeige gerade die Corona-Pandemie, wie unverzichtbar Forschung und Lehre für uns sind″. Das gelte besonders für die großen Aufgaben wie Klimaschutz, Gesundheit, Bildung und sozialer Zusammenhalt″.
Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) gehe jedoch mit dem Rasenmäher durch die Hochschullandschaft″, stellt Bajus fest. Über die globale Minderausgabe seien 2020 und 2021 landesweit pauschal fast 25 Millionen Euro gestrichen worden. Das sei nicht nur verantwortungslos gegenüber den Hochschulen und den Studierenden″. Es widerspreche auch dem Hochschulpakt, mit dem Bund, Länder und Hochschulen sich auf den Ausbau verständigt hätten. Zudem seien die Kürzungen ein fatales Zeichen für Bildungsgerechtigkeit″. Die Grünen fordern deshalb die niedersächsische Landesregierung auf, das Spardiktat″ umgehend zu beenden. Bereits am vergangenen Donnerstag machten sie die globale Minderausgabe und ihre Folgen zum Thema einer Aktuellen Stunde im Landtag.
Noch am selben Tag verabschiedete die Landeshochschulkonferenz Niedersachsen (LHK), in deren Vorstand seit diesem Jahr auch die Osnabrücker Uni-Präsidentin sitzt, ein Zukunftspapier″. Darin wird Hochschulfinanzierung (neben Infrastruktur und Digitalisierung) als einer von drei Pfeilern bezeichnet, von denen die weitere Entwicklung des Bildungs- und Wissenschaftssystems abhänge – „ und damit auch die Attraktivität unseres Bundeslandes″, wie LHK-Vize Gerhard Kreutz betont.
Unter der Überschrift Niedersachsen koppelt sich ab″ hatte die Interessenvertretung erst im November 2020 die Landesregierung dringend aufgefordert, die Hochschulen von der globalen Minderausgabe auszuklammern. Einer entsprechenden Erklärung der LHK schlossen sich die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen (WKN) sowie die in Niedersachsen ansässigen Institute und Zentren der Max-Planck-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft an. Der damalige LHK-Vorsitzende Wolfgang-Uwe Friedrich erklärte: Die Politik lässt strategisches Handeln mit Blick auf die Hochschulen nicht erkennen, denn ohne Forschung und Fachkräfte hat Niedersachsen keine gute Zukunft. Eine Politik des , Gürtel-enger-Schnallens′ reicht nicht aus, um aus der Pandemie-Krise gestärkt hervorzugehen.″
Osnabrücks Hochschulpräsident Bertram sieht im LHK-Zukunftspapier eine gute Basis für einen engen Schulterschluss zwischen den niedersächsischen Hochschulen und der Landesregierung″. Die Hochschulen würden zur Bewältigung der Corona-Folgen dringend gebraucht. Umgekehrt benötigten sie eine verlässliche Finanzplanung, bei der das Land bestimmte Kosten übernehme, etwa im Bereich Personal, und darüber hinaus auch einen regelmäßigen Inflationsausgleich zahle. Kurzfristig führt die globale Minderausgabe zu einer Verringerung unserer Handlungsfähigkeit″, stellt Bertram fest, aber jetzt muss der Blick nach vorne gehen. Und dafür setzt das LHK-Zukunftspapier die richtigen Akzente.″

Bildtext:
Das gemeinsame Hörsaalgebäude von Hochschule und Universität Osnabrück am Campus Westerberg steht sinnbildlich für die rund 26000 Studenten in der Stadt. Die Zahl der örtlichen Studienplätze dürfte jedoch künftig stark sinken, weil das Land Niedersachsen den Wissenschaftsbereich zu drastischen Einsparungen zwingt.
Foto:
David Ebener

Kommentar
Wo bleibt der Protest?

Das Land Niedersachsen kürzt den Hochschulen pauschal die Mittel. Damit schwächt es nicht nur prosperierende Wissenschaftsstandorte wie Osnabrück. Es schneidet sich auch ins eigene Fleisch.
Die globale Minderausgabe, mit der die Landesregierung aus SPD und CDU die Universitäten und Hochschulen im Land jährlich um Millioneneinnahmen bringt, kostet Jobs und Studienplätze allein in Osnabrück viele Hundert. Dabei wurde mit der Koalitionsvereinbarung von 2017 noch das Ziel ausgeben, Niedersachsen im Wettbewerb der Bundesländer in der Spitzengruppe zu platzieren. Hochschulen sollten als Innovationstreiber″ gestärkt und fit für das digitale Zeitalter″ gemacht werden, ihre Grundfinanzierung sollte nicht nur stabil″ sein, sondern sogar aufgestockt werden. So manches dieser Versprechen, so scheint′s, erweist sich nun als leer.
Daran mag zu großen Teilen die Corona-Pandemie schuld sein. Sie verlangt vom Land einen finanziellen Kraftakt, der in dieser Form niemals absehbar war, aber wohl ohne Alternative ist.
Die Frage ist bloß: Wäre es nicht klug, auch unter einem erheblichen Sparzwang Prioritäten zu setzen? Sprich: das Wissenschaftsressort von Kürzungen zu verschonen, die die Handlungsfähigkeit der Hochschulen verringern? Erst recht, wenn auf der anderen Seite die Politik von ihnen verlangt, zusätzliche gesellschaftliche Bedarfe zu erfüllen: Ingenieure, Informatiker, Lehrer auszubilden, Psychotherapeuten oder auch Hebammen. Um nur ein paar Bereiche zu nennen, in denen Osnabrück als ebenso zuverlässige wie exzellente Kaderschmiede gilt.
Überhaupt sollte die Bedeutung der Expertise der Wissenschaft in dieser herausfordernden Zeit deutlich geworden sein. Dennoch ist es in der Stadt, in der Wirtschaft, an den Hochschulen dort insbesondere unter den Studenten merkwürdig leise, was die globale Minderausgabe und ihre Folgen angeht. Wo bleibt der Protest?

s.stricker@ noz.de
Autor:
Sebastian Stricker


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