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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Nach dem Rodeln auf die Hase
Zwischenüberschrift:
1939/40 war der Fluss in Osnabrück oberhalb der Pernickelmühle zugefroren
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Die allermeisten Osnabrücker werden sich nicht daran erinnern können, dass die Hase einmal zugefroren war. Bei einem Fließgewässer gehören mehr und vor allem strengere Frosttage dazu als bei einem Kanal oder See. Aber es ist möglich, wie ein Foto zeigt, das vermutlich im sehr strengen Winter 1939/ 40 in Osnabrück aufgenommen wurde.
Der Blick geht vom Osnabrücker Herrenteichswall über die Hase zum Dom. Einige Kinder und begleitende Erwachsene haben, so scheint es, ihre Rodelpartien vom Herrenteichswall hinunter zum Karlsring unterbrochen, um die Tragfähigkeit des Eises zu testen. Der Test ist bestanden, wie die Spuren über das Eis zeigen.
Wenn der Fluss zufriert, dann am ehesten hier, weil im Stau oberhalb des Wehres an der Pernickelmühle die Fließgeschwindigkeit gering ist. Ein hoher und gleichmäßiger Wasserstand muss hier eingehalten werden, weil sonst die Gebäudefundamente in Ufernähe in ihrer Standsicherheit gefährdet wären der Baugrund im älteren Hasebett ist nicht der beste. Ähnliches lässt sich für die anderen Oberwasser der Wehre an der Neuen Mühle und auf dem Gelände der Papierfabrik Kämmerer sagen. Trotzdem ist eine tragfähige Eisschicht hier sehr selten gewesen, zuletzt wohl 1954 und 1963. Genaueres kann auch Jürgen Herpin vom Unterhaltungsverband Nr. 96 Hase-Bever nicht sagen, weil über diesen Punkt keine Aufzeichnungen vorliegen.
Vielleicht ist es besser so, dass Osnabrück zumindest für die Hase keine Eiswette kennt. Eine Wette, die sich mit dem Aggregatzustand des Flusswassers oberhalb der Pernickelmühle am Dreikönigstag befasste, wäre nicht besonders spannend. Denn meistens fließt die Hase auch im tiefsten Winter flüssig dahin, sie steiht″ nicht, sondern sie geiht″, wie traditionell die Wettfrage am Bremer Osterdeich seit 192 Jahren mit Bezug auf die Weser lautet. Vielleicht wäre es ein Trost, dass auch bei der berühmten Bremer Eiswette bislang nur ein einziges Mal nach 1945 die Weser trockenen Fußes überquert werden konnte.

Kanal friert leichter zu

Häufiger als die Hase war der Stichkanal zugefroren und ließ die Schifffahrt ruhen, so etwa 1979, aber auch 2012. Wenn kein Schiffsverkehr herrschen und auch kein Eisbrecher versuchen würde, die Fahrrinne offen zu halten, hätte man schon häufiger in der Osnabrücker Geschichte den Kanal zu Fuß überqueren können. Aber wie oft und in welchen Jahren, darüber führt auch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt für den Mittellandkanal in Minden keine Statistik.
Auf unserem großen nachbarschaftlichen Binnengewässer, dem Dümmer, wird seit 2001 eine Eiswette nach Bremer Vorbild veranstaltet. Der Dümmer zumindest zeigte in den vergangenen 20 Jahren immerhin sechsmal eine geschlossene Eisfläche und war zum Eislauf freigegeben. Noch nicht ganz so bekannt ist die Osnabrücker Eiswette am Rubbenbruchsee, die es seit 2013 gibt. 2017 endete sie zum ersten (und bislang auch zum letzten) Mal mit dem Ergebnis, dass der See von der Jury als zugefroren bezeichnet wurde: Eine dünne Eisschicht direkt am Ufer trug eine federleichte (und von zwei Erwachsenen gut festgehaltene) Grundschülerin für einige Sekunden Wette gewonnen!

Eiswiese in der Gartlage

Wenn Hase und Kanal unsichere Kandidaten waren, was die Eisdecke angeht, wo sind die Osnabrücker dann aber früher Schlittschuh gelaufen? Also in Zeiten vor 1979, als es die Eishalle an der Vehrter Landstraße noch nicht gab? Dazu findet man in verschiedenen lokalhistorischen Aufsätzen Hinweise. In Hellern war Wiemeyers Teich sehr beliebt. In der Gartlage liegt noch heute an der Straßenkreuzung Haster Weg/ Knollstraße eine Feuchtwiese, die man früher im Winter mit umgeleitetem Wasser des Sandbachs flutete. Wenn bei einsetzendem Frost die Eisschicht dick genug wurde, erschien in der Tageszeitung die schlichte Anzeige Eisbahn hält″. In den Schinkeler Geschichte( n) wird beschrieben, dass der Eintritt für Kinder und Jugendliche 5 oder 10 Pfennige betrug, für Erwachsene 20 oder 50 Pfennige, je nachdem, ob ohne oder mit Beleuchtung und Grammofon-Musik. Die nahe gelegenen Ausflugslokale Vorderhall″ und Widerhall″ profitierten nicht schlecht von dem Massenbetrieb an Winterwochenenden. Beliebt war auch die Butterwiese″ zwischen Rotenburger Straße und Hase in der Nähe des Tores 2 des Stahlwerks.
Die eingangs erwähnte historische Aufnahme der zugefrorenen Hase entstammt einer Mappe mit 15 undatierten Bildern des Pressefotografen Emil Harms. Eine grobe zeitliche Einordnung ist insofern möglich, als die Domtürme noch ihre barocken Hauben tragen. Bei dem verheerenden Bombenangriff vom 13. September 1944 wurden diese Hauben vernichtet und nach dem Krieg durch Flachpyramiden ersetzt. Lange wurden diese als Notmützen″ gescholten, doch längst haben sich die Gemüter beruhigt und die Augen an die Pyramidendächer gewöhnt. Die neue Domsilhouette ist in stilisierter Form zum Logo des Bistums geworden, als wäre sie schon immer so gewesen.

Bildtexte:
Das war einmal: Die Hase ist im Stau oberhalb der Pernickelmühle zugefroren, vermutlich im ersten Kriegswinter 1939/ 40. Das undatierte Foto von Emil Harms entstammt einer Mappe mit 15 Bildern der Stadt Osnabrück, erschienen im Verlag J. F. Niemeyer, Ostercappeln. Emil Harms, Mappe mit 15 Bildern der Stadt Osnabrück, Verlag J. F. Niemeyer, Ostercappeln
Im Februar 1956 war die Hase zwar nicht zugefroren, bot dennoch ein Bild winterlicher Idylle.
Im Januar 2021 gibt es auf der Hase keine Spur von Eis zu sehen.
Fotos:
Emil Harms, Kurt Löckmann/ Archiv NOZ, Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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