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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ein sozialer Brennpunkt weniger?
Zwischenüberschrift:
Jobcenter erfolgreich: Weniger Bulgaren im Stadtteil Schinkel benötigen Sozialleistungen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Immer weniger Bulgaren in Osnabrück sind auf Sozialleistungen angewiesen. Diesen Erfolg führt das Jobcenter auf eine zweigleisige Strategie zurück: Leistungsmissbrauch aufdecken und gleichzeitig mehr Menschen aus dieser Zielgruppe in Arbeit bringen. Wie das geht, hat unsere Redaktion nachgefragt.
Das Entscheidende ist, einen Zugang zu den Menschen zu finden und Vertrauen zu gewinnen″, sagt Karsten Berger vom Jobcenter Osnabrück unserer Redaktion. Als Bereichsleiter Leistungen zum Lebensunterhalt″ ist er dafür zuständig, Jobs zu vermitteln und das offenbar mit Erfolg. Im Jobcenter wurden unter anderem zwei bulgarische Muttersprachlerinnen eingestellt, sodass die Sprache kein Hindernis mehr darstellt.

Problem-Dreieck

Die bulgarische Gemeinschaft, die im Stadtteil Schinkel hinter der Bahnbrücke im Dreieck Buersche Straße und Venloer Straße lebt, war 2018 in den öffentlichen Fokus gerückt, nachdem im Bürgerforum Schinkel von einem Angstraum″ und einer von Männern beherrschten No-go-Area″ (Sperrgebiet) gesprochen wurde. In der sich anschließenden Diskussion ging es um die Sicherheit vor Ort, um Ratten- und Müllprobleme, um Sozialleistungsmissbrauch und um mangelnde Integration.
Besonders das Thema Sozialleistungen polarisiert. Die Osnabrücker Grünen bezichtigten CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde des Rassismus, als dieser 2019 sagte, in großer Mehrheit würden Bulgaren in der Stadt nicht arbeiten, sondern nur Sozialleistungen empfangen.
Ein paar Zahlen dazu, die den aktuellen Stand abbilden: Rund 2200 Bulgaren leben derzeit in Osnabrück 23, 1 Prozent von ihnen beziehen Sozialleistungen. 329 erwerbsfähige Bulgaren zwischen 15 und 67 Jahren beziehen Grundsicherung, hinzu kommen 179 nicht erwerbsfähige, das sind überwiegend Kinder. Ein deutlicher Rückgang. 2019 hatten noch 32, 5 Prozent der Bulgaren in Osnabrück Hartz IV bezogen, 2016 war es sogar mehr als die Hälfte der gemeldeten Bulgaren.
Wie hat das Jobcenter diese niedrigere Quote erreicht? Wir fahren eine zweigleisige Strategie″, sagt Karsten Berger. Erstens solle Missbrauch von Sozialleistungen zulasten des staatlichen Systems verhindert werden. Zweitens sollen die Menschen in seriösen Arbeitsstellen arbeiten. Denn viele Bulgaren seien Opfer, so Berger. Unter falschen Versprechungen seien sie teils von eigenen Landsleuten nach Deutschland gelockt worden, wo sie dann für dubiose Arbeitgeber unter schlechten Bedingungen arbeiteten.
Doch wie findet man überhaupt heraus, wer ein dubioser Arbeitgeber ist? Das Jobcenter schaut sich laut Berger die Verträge an und fragt nach: Wie viele Stunden jemand arbeitet, was er beruflich macht, wer der Chef ist und ob der Arbeitgeber in die Sozialversicherung einzahlt. Ungereimtheiten fallen uns im Gespräch auf″, versichert Berger.
In Zusammenarbeit mit Polizei, Zoll und der Stadt wurde die Ermittlungsgruppe Sofia″ gegründet. Diese begann nach Hinweisen des Jobcenters mit Nachforschungen, es fanden Hausdurchsuchungen statt. Die Polizei fand klare Hinweise auf Schwarzarbeit, Verstöße gegen das Mindestlohngesetz und Mietwucher.
Berger und seine Kollegen im Jobcenter haben den betrogenen Mitbürgern gesagt: Es ist nicht okay, unter dem Mindestlohn zu arbeiten.″ Stattdessen wurde dann ein besserer Job mit einem höheren Gehalt vermittelt. Über verschiedene Maßnahmen und Programme tritt das Jobcenter an die Bevölkerungsgruppen heran. Das Ziel: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen verbessern, sie zu integrieren und gemeinsam seriöse Jobs für sie zu finden.

Arbeit vermitteln

Die gesunkene Quote der Leistungsbezieher unter den Bulgaren in Osnabrück sei laut Berger ein erster Erfolg″, aber im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen wie Polen, Syrern, Türken oder Rumänen sei sie immer noch zu hoch. Die Bulgaren sind laut Jobcenter die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe in Osnabrück, die Sozialleistungen beziehen. Die größte Gruppe sind Deutsche.
Doch Berger möchte eigentlich gar nicht den Fokus auf die Osnabrücker mit bulgarischer Staatsangehörigkeit legen. Von allen Leistungsbeziehern in Osnabrück seien nur drei Prozent Bulgaren. Unser Ziel ist es, möglichst viele in Arbeit zu bringen unabhängig von der Herkunft″, sagt er. Auch deshalb wurde das sogenannte Team Europa Osnabrück Schinkel″, kurz: Teos, gegründet. Die Spezialisierung auf den Stadtteil Schinkel sei erfolgt, da dort die größte Bevölkerungsgruppe mit Leistungsbezug lebt.
Damit sich Menschen, die noch nicht lange in Osnabrück leben, möglichst schnell zurechtfinden, gibt es als Teil des Jobcenters das Migrations- und Kompetenzzentrum (MKC). Hier wird die Sprache gefördert und bei der beruflichen Orientierung unterstützt. Es gibt unter anderem die Möglichkeit, verschiedene Gewerke wie Frisör, Tischler, Elektriker oder Metallbau auszuprobieren.

Zuzug seit 2014

Viele Maßnahmen seien seit 2014/ 15 ins Leben gerufen worden, so Berger. 2014 begann der Zuzug, da seitdem die volle EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren gilt. Das heißt: Sie dürfen ohne Weiteres in Deutschland arbeiten. Wer dann einen Arbeitnehmerstatus hat dafür reicht ein Minijob auf 450-Euro-Basis oder sogar noch geringfügiger –, hat nach drei Monaten für sich und seine Familie Anspruch auf ergänzende Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV). Und wer fünf Jahre hier gelebt hat, hat uneingeschränkten Anspruch auch ohne Minijob. Das Gegenteil nachzuweisen ist für die Behörden fast unmöglich.

Bildtext:
Der Stadtteil Schinkel steht im Fokus, da dort die größte Bevölkerungsgruppe mit Leistungsbezug lebt.
Foto:
Archiv/ Jörn Martens
Autor:
Jana Derksen


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