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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Investor für den Neumarkt unter Druck
 
Neumarkt-Investor unter Druck
Zwischenüberschrift:
Vorwurf: Vater mit rechten Verbindungen / Historiker springt Jusos bei
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Neumarkt-Investor Alexander Lindhorst aus Winsen an der Aller, der 140 Millionen Euro in ein neues Stadtquartier investieren will, muss sich immer wieder Fragen zu seinem Vater Jürgen Lindhorst gefallen lassen. Der Senior hat den AfD-Rechtsaußen Björn Höcke eingeladen und ist verschiedentlich mit Äußerungen in Erscheinung getreten, die als völkisch eingeordnet werden. Die Osnabrücker Jusos finden es nicht akzeptabel, dass die Stadt am Neumarkt mit dem Unternehmen zusammenarbeitet, dessen Aufsichtsratsvorsitzender Jürgen Lindhorst ist. Unterstützung bekommen die Jusos jetzt von Prof. Jens-Christian Wagner, dem Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Wir haben mit Jürgen Lindhorst und dem Historiker Jens-Christian Wagner gesprochen.

Osnabrück Zweifelhafte Verbindungen ins völkische Milieu wirft der Historiker Jens-Christian Wagner dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Lindhorst-Gruppe vor, die am Neumarkt 140 Millionen Euro investieren will. Damit werde das ganze Unternehmen diskreditiert, sagt Wagner, der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.
Jürgen Lindhorst ist der Vater von Alexander Lindhorst, der in Osnabrück mit seinem Projekt Johannishöfe″ ein neues Stadtviertel auf den Flächen schaffen will, auf denen der französische Konzern Unibail Rodamco eigentlich ein Einkaufscenter errichten wollte. Durch Osnabrück ging ein Aufatmen, als im Dezember bekannt wurde, dass der Stillstand am Neumarkt wohl bald ein Ende haben würde. Doch dann machten die Osnabrücker Jungsozialisten und die Grüne Jugend darauf aufmerksam, dass ein Mitglied des Familienunternehmens Lindhorst Ansichten vertritt, die mit dem Wertekompass der Friedensstadt Osnabrück″ wohl nicht kompatibel″ seien, wie es Juso-Vorstandsmitglied Sophie Haas ausdrückte.
Unterstützung von prominenter Seite bekommen die kritischen Geister von Jens-Christian Wagner. Als Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und als Professor für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist er ein Experte für nationalsozialistische Symbolik. Wagner fand es provokativ, als vor einigen Jahren in der Hofeinfahrt der Lindhorst-Gruppe in Winsen an der Aller ein Findling aufgestellt wurde, der mit der Wolfsangel, einem Wehrmachtssymbol, dekoriert ist.

Wer nutzt das Symbol?

Die Straße, an der dieser Stein steht, ist die Hauptzufahrt zur Gedenkstätte Bergen-Belsen, einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten, in dem mehr als 52 000 Menschen durch brutale Haftbedingungen in den Tod getrieben wurden. Für Wagner macht es einen Unterschied, ob die Wolfsangel als traditionelles Symbol der Forstwirtschaft oder als völkisches Erkennungszeichen verwendet wird. Schon Hermann Löns habe die Wolfsangel in seinem Roman Wehrwolf″ zum Sinnbild germanischer Wehrhaftigkeit stilisiert eine Steilvorlage für die Nazis, die das Buch zur Pflichtlektüre für die Hitlerjugend machten. Weil damit kurz vor Kriegsende auch dem Kampf der Jugendlichen gegen die vorrückenden Alliierten ein ideologisches Motiv gegeben werden sollte, wurde der Wehrwolf″ nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 verboten.
Das alles habe er Jürgen Lindhorst in Telefongesprächen und Mails zu erklären versucht, sagt der Professor, doch der Unternehmer habe keinerlei Verständnis dafür gezeigt, dass der Anblick des NS-Symbols die Gefühle von Besuchern der Gedenkstätte verletzen würde. Ich verstehe das schon als eine politische Positionierung″, vermerkt der Professor. Von Naivität gehe er jedenfalls nicht aus, zumindest nicht mehr, seit ich ihn darauf aufmerksam gemacht habe″.
Jürgen Lindhorst sagt, er verbinde die Wolfsangel nicht mit nationalsozialistischem Gedankengut. Ihm gehe es allein um den land- und forstwirtschaftlichen Hintergrund: Wir sind eine alte landwirtschaftliche Familie! Im Übrigen halte er die Gedenkstätte Bergen-Belsen für eine richtige und wichtige Einrichtung″, die er auch unterstütze. Allerdings habe er etwas gegen deren früheren Leiter, den Herrn Wagner″, der ihn bei jeder Gelegenheit zu verteufeln″ versuche.

Björn Höcke eingeladen

Wagner nimmt nicht nur Anstoß am Stein mit der Wolfsangel. Für ihn passt auch ins Bild, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Lindhorst-Gruppe Kontakt zum thüringischen AfD-Chef Björn Höcke hatte, der im Berliner Holocaustmahnmal ein Denkmal der Schande″ sieht. 2018 lud Lindhorst senior den Rechtsaußen-Politiker zu einem privaten politischen Abend ein, außerdem soll er sich vor zwei Jahren an der Gründung einer Firma beteiligt haben, deren Zweck es sein sollte, in Thüringen Wahlwerbung für die AfD zu verteilen.
Höckes Werdegang und seine Ansichten hätten ihn interessiert, bekundet Jürgen Lindhorst. Im Übrigen habe er auch andere Politiker eingeladen, etwa Wolfgang Bosbach (CDU), und Höcke habe sich an dem Abend in Winsen an der Aller auch kritische Fragen gefallen lassen müssen. Aus heutiger Sicht würde er Höcke aber nicht mehr einladen, fügt Lindhorst hinzu, denn inzwischen seien auch einige negative Dinge über ihn bekannt geworden″.
Professor Wagner unterstellt dem Unternehmer weiterhin eine völkische Gesinnung. Als eindeutig rassistisch″ wertet er Äußerungen von Jürgen Lindhorst, die in einem rechten Videokanal wiedergegeben werden. Er bezeichne sich zwar als unpolitisch, lasse sich unter dem Applaus der Zuhörer aber dazu hinreißen, afrikanische Flüchtlinge pauschal als Schmarotzer″ zu bezeichnen. Das ist hochgradig politisch″, lautet Wagners Kommentar.
Der Historiker findet zwar, dass der Neumarkt-Investor Alexander Lindhorst nichts für seinen Vater kann″, aber solange der Senior Aufsichtsratsvorsitzender sei, könne sich der Junior nicht auf seine Unabhängigkeit berufen: Damit ist aus meiner Sicht das ganze Unternehmen diskreditiert.″
Alexander Lindhorst, der in Osnabrück etwas bewegen will, ist schon viele Male auf die Äußerungen seines Vaters angesprochen worden. Natürlich seien die Lindhorsts eine Familie, sagt er, und er sei mit dem Senior auch keineswegs zerstritten, ticke politisch aber anders, und die Geschäftsfelder seien getrennt. Dazu wählt er einen Vergleich aus der Welt der Konzerne: Mit mir über meinen Vater zu diskutieren ist wie mit dem Vorstandsvorsitzenden von Daimler über die Abgasmanipulationen bei VW zu reden!
Mit solchen Äußerungen wollen sich die Osnabrücker Jungsozialisten nicht zufriedengeben. Eine Distanzierung von den politischen Ansichten des Seniors reiche nicht, heißt es in einer Stellungnahme. Die Stadt Osnabrück dürfe nur mit der Lindhorst-Gruppe zusammenarbeiten, wenn sich das Unternehmen von seinem Aufsichtsratsvorsitzenden trenne.
Am heutigen Donnerstag veranstalten die Jusos um 19 Uhr eine öffentliche Online-Diskussion, in der es um das Neumarkt-Projekt und die Lindhorst-Gruppe gehen soll. Zugeschaltet ist Prof. Jens-Christian Wagner. Wer Interesse hat, bekommt einen Zugang über die Internetseite jusos-os.de.

Bildtexte:
Als Familienbetrieb stellt sich die Lindhorst-Gruppe auf ihrer Internetseite vor. Zur Familie gehört neben Alexander Lindhorst (Zweiter von links), der am Neumarkt investieren will, auch sein Vater Jürgen Lindhorst (links), der wegen völkischer Äußerungen in der Kritik steht.
140 Millionen Euro will die Lindhorst-Gruppe in die Johannishöfe investieren.
Blickt kritisch auf die Lindhorst-Gruppe: Prof. Jens-Christian Wagner, der Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.
Sein Vater wird als Belastung für das Neumarkt-Projekt empfunden: Investor Alexander Lindhorst.
Screenshot:
Rainer Lahmann-Lammert
Fotos:
Jörg Martens, Jakob Schröter/ imago
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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