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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Warum bewertet ein Finanzchef Klimafolgen?
Zwischenüberschrift:
Streit um Flächenkauf im grünen Finger der Gartlage / Grüne kritisieren Einschätzung von Thomas Fillep
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Hat der Kauf der Flächen im grünen Finger der Gartlage eine positive Wirkung auf das Klima? Finanzchef Thomas Fillep hat das in der Beschlussvorlage für den Rat entsprechend angekreuzt und damit Kritik und Spott der Grünen auf sich gezogen. Wie verzweifelt müssen Sie sein!″, sagte Grünen-Ratsherr Michael Hagedorn.
In der Diskussion über den Kauf der 21, 5 Hektar mit den Eiswiesen wird der Ton schärfer. Dass der Finanzchef als Klimafachmann auftritt und das Umweltamt dabei umgeht, empört die Grünen. Wovor haben Sie eigentlich Angst? Vor Argumenten und Fakten? Wie verzweifelt müssen Sie sein, wenn in der Vorlage unter Klimaauswirkungen über ein neues Baugebiet ein , positiv′ hineingedichtet wird″, tobte Hagedorn in der Ratssitzung am vergangenen Dienstag. Und weiter: Mit dieser Märchenstunde und ihren Greenwashing-Versuchen untergraben Sie das Vertrauen in die Verwaltung. Hier ist ein Grad der Realitätsverweigerung erreicht, den kannten wir bislang nur von den Trumps dieser Welt.″

Wer beurteilt Folgen?

Was war passiert? Osnabrück gehört zu den ersten Städten in Deutschland, die bei jedem Ratsbeschluss die Auswirkungen auf das Weltklima in Betracht ziehen. Die Unterlagen für die Ratsmitglieder sind immer gleich gegliedert: Am Anfang steht der Beschlussvorschlag, darunter folgen kurz und knapp die Auswirkungen auf die Finanzen, auf das Personal und auf die Integrations- und Gleichstellungspolitik. Seit Anfang 2020 gibt es einen vierten Punkt: Auswirkungen auf den Klimaschutz.
Um die Klimafolgen nachvollziehbar darstellen zu können, hatte das Umweltamt von Detlef Gerdts in den Monaten zuvor ein Instrumentarium entwickelt. Wichtigste Kriterien sind darin die Höhe und die Dauer des zu erwartenden Kohlendioxidausstoßes. Das Umweltamt nimmt die Prüfung vor und kreuzt am Ende eines der drei Kästchen in den Ratsunterlagen an: positiv, negativ, keine.
Im Fall der 21.5 Hektar an der Knollstraße ist das Umweltamt nicht beteiligt worden. Finanzchef Thomas Fillep, unter dessen Leitung die Vorlage erarbeitet wurde, ließ ohne Rücksprache mit den Umweltfachleuten im eigenen Haus positiv″ ankreuzen. Der Kauf der Grundstücke werde sich positiv auf den Klimaschutz auswirken, da die Stadt eine klimafreundliche Entwicklung im Rahmen der Urbanisierung am besten berücksichtigen könne. Die Waldflächen würden dauerhaft geschützt. Im Bauleitverfahren würden Klimaaspekte berücksichtigt.
Die Grünen halten das für Schönfärberei. Sie befürchten, dass die Kaltluftentstehung durch die Bebauung auch nur eines Teils der Gesamtfläche beeinträchtigt werden könnte. Auf jeden Fall sei es verfrüht, positive Wirkungen zu postulieren, obwohl Ausmaß und Gestalt einer Bebauung noch völlig unklar seien.

Die Zeit war zu knapp

Thomas Fillep sagt, die Zeit sei zu kurz gewesen, das Umweltamt um eine Klima-Stellungnahme zu bitten. Erst Anfang Dezember sei klar gewesen, dass die Eigentümer zum Verkauf der 21, 5 Hektar bereit seien. Daraufhin seien alle Beteiligten informiert und die weitern Schritte eingeleitet worden. Das Thema sei nachträglich auf die Tagesordnung der jüngsten Ratssitzung gesetzt und die Vorlage kurzfristig erstellt worden. Kurzum: kein Grund zur Aufregung. Außerdem beginne das Planungsverfahren ja jetzt erst, in dem alle Klimafolgen haargenau geprüft würden. Er habe bei seiner Beurteilung vor allem das Stadtklima im Blick gehabt, so Fillep, das Umweltamt schaue eher auf das Weltklima.
Detlef Gerdts, Leiter des Fachbereichs Umwelt, bestätigte, dass sein Fachbereich nicht gefragt worden war, wollte das aber nicht weiter bewerten. Er hätte das dritte Kästchen angekreuzt, sagte er unserer Redaktion: keine Folgen. Der Kauf der Fläche hat ja noch keine Auswirkungen auf das Klima″, so Gerdts.
Der Flächendeal in der Gartlage belastet die bislang gute Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen. Vor fünf Jahren haben CDU, SPD, Grüne und die kleinen Fraktionen einen Lenkungskreis 2020 gegründet″. Hier treffen sich regelmäßig die Fraktionsvertreter mit Fachleuten der Bauverwaltung, aus dem Eigenbetrieb Immobilien und des Umweltamtes, um Flächen in der Stadt zu identifizieren, die mittel- und langfristig für eine Bebauung infrage kommen. Wenn sich der Lenkungskreis einig war, wurden die Flächen in die Fachabteilungen und zuständigen Ausschüsse weitergeleitet.
Das Gebiet südlich der Knollstraße, das die Stadt auf Beschluss des Rates kaufen wird, war im Lenkungskreis aus fachlichen und politischen Gründen″ abgelehnt worden, wie Grünen-Fraktionschef Volker Bajus sagt. Die Grünen spielen mit dem Gedanken, die Kooperation aufzukündigen: Wenn CDU und SPD sich jetzt gegen das bewährte Verfahren des Lenkungskreises wenden, dann stehen sie zukünftig flächenpolitisch womöglich alleine da. Und es droht um jede neue Baufläche ein parteipolitisches Hickhack, was bislang vermieden werden konnte. Für die Stadtentwicklung wäre das ein herber Rückschlag.″
Und Michael Hagedorn kündigte in der Ratssitzung an, dass sich unter diesen Umständen die Rolle der Grünen hin zur Oppositionspartei″ deutlich verändern werde.

Bildtexte:
Umstritten: Der Kauf von Flächen im grünen Finger Sandbachtal sorgt weiter für Streit in der Osnabrücker Politik.
Gut fürs Klima: So schätzt Finanzchef Thomas Fillep die Folgen einer Bebauung im grünen Finger ein. Eigentlich ist die Bewertung Aufgabe des Umweltamtes.
Fotos:
Geodaten Osnabrück, Hinrichs
Autor:
Wilfried Hinrichs


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