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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Eine griechische Insel in Lüstringen-Ost
Zwischenüberschrift:
Einmal um den Pudding: Die Kretaer halten ihre Fahne am Vier-Grenzen-Eck hoch
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
OSNABRÜCK. In Osnabrück liegen Moskau, Kamerun und Kreta. Während die Namensgebung des Schwimmbads in der Wüste und des ehemaligen Bahnbetriebswerks in Schinkel weitgehend bekannt ist, schwebt über der Gegend in Lüstringen-Ost ein großes Fragezeichen. Die Geschichte Kretas, daran glauben seine Bewohner, geht wohl zu Ende.

Tolerant sind sie ja, die Kretaer. Wenn gefeiert wird, dürfen auch die Leute von der anderen Straßenseite mitmachen. Wir haben nichts gegen die Landeier″, sagt Erna Rühling (77). Sie wohnt auf der, stadtauswärts gesehen, linken Seite der Mindener Straße in Osnabrück. Maria Fark (74) wohnt gegenüber schon in Natbergen, das zu Bissendorf gehört. Wie der sieben Jahre ältere Manfred Michel ist sie in der Kreta genannten Gegend aufgewachsen. Sie seien sich aber selten begegnet, meint Maria Fark. Der wohnt ja da drüben.″
Manfred Michel ist einer der wenigen Lüstringer, die die Entstehung des Mythos Kreta kennen. Er erzählt seine Version: Im Frühjahr fließt das Schmelzwasser vom Darumer Berg nach unten. Damals standen immer einige Häuser unter Wasser. Als jemand das mal von oben gesehen hat, muss er gesagt haben: , Das sieht ja aus wie Kreta.′″
Der 68-jährige Hubert Recker kennt eine zweite Version: Ein Spaziergänger hat mal vom Hömmelkenbrinkweg, da, wo die alte Schoeller-Villa steht, ins Tal geschaut und gemeint, die Landschaft sieht aus wie auf Kreta.″ Welche Version die Richtige ist und wann dieser Mythos entstanden ist, konnten weder Michel noch Recker sagen. Sie vermuten, es sei in den Zwanzigerjahren des vorherigen Jahrhunderts gewesen.
Bis in die Sechzigerjahre habe es die Kneipe Kreta Eck″ an der Ecke Mindener/ Darumer Straße gegeben, erzählt Manfred Michel. In dem Haus seien zudem eine Bäckerei und ein Geschäft für Kolonialwaren ansässig gewesen. Später gab es in dem Gebäude die Vier-Grenzen-Apotheke. Der Name spielte darauf an, dass sich an dieser Stelle früher die Grenzen der Ortschaften Lüstringen, Natbergen, Darum und Bissendorf trafen, weiß Manfred Michel.
Früher gab es hier einen Fußballverein″, sagt Thea Placke (81). Aber ihre Erinnerung scheint sie zu trügen. Das war die Thekenmannschaft vom Kreta Eck″, sagt Jürgen Hensiek (70). Die habe es bis in die Fünfzigerjahre gegeben, meint er. Hubert Recker erzählt, dass die Mindener Straße in Kreta früher gepflastert gewesen und an den Seiten von Gräben flankiert worden sei. Darüber sind die Pferdewagen gefahren, die die Produkte aus der Bäckerei nach Belm und Schinkel transportiert haben.
Seit 1987 existiert eine Fahne, auf der das Kreta-Eck abgebildet ist. In einem Wappen sind die Mindener Straße und die angrenzenden Häuser zu sehen. Der Gestalter der Flagge war VfL-Fan. Das ist an dem lila-weißen Banner erkennbar. Die Fahne ist bei jeder Feier dabei″, sagt Friedhelm Rühling. Da es keinen öffentlichen Treffpunkt mehr in Kreta gibt, hängt die Fahne in Gaststätten in Jeggen oder Bissendorf oder im Party-Keller der Hensieks. Dort wird dann auch das Kreta-Eck-Heimatlied″ angestimmt, das Erna Rühling gedichtet hat. Es wird zur Melodie der Nordsee-wellen″ gesungen. Der Text lautet: Wo gefeiert wird auf Kreta Eck, sind wir zu Haus; denn auf Kreta Eck, da gibt so mancher einen aus; wo man trinkt die Halben in zwei Zügen aus; da ist unser Kreta Eck, da sind wir zu Haus. Wir halten fest zusammen, ja das ist doch klar, wenn wird feiern, finden wir das wunderbar; wo man trinkt die Halben in zwei Zügen aus; da ist unser Kreta Eck, da sind wir zu Haus. Kreta Eck soll leben, Kreta Eck, es lebe hoch; alle Nachbarn feiern mit und sagen Prost; wo man trinkt die Halben in zwei Zügen aus; da ist unser Kreta Eck, da sind wir zu Haus.″
Von diesen Mythen, Liedern und historischen Begebenheiten hat der 17-jährige Julian Fark keine Ahnung″, wie er sagt. Seine Mutter Claudia hat ihm nichts erzählt, und seine Oma Maria hat das Geheimnis von Kreta, das keines ist, ebenfalls für sich behalten. Doch der Samen ist gesät. Nachdem er die Geschichten gehört hat, sei sein Interesse geweckt worden, versichert Julian Fark. Vielleicht werden die Geschichten aus und über Kreta nun doch überliefert.

Bildtext:
Im Vier-Grenzen-Eck leben die Kretaer seit vielen Jahren gerne zusammen.
Foto:
Elvira Parton
Autor:
Thomas Wübker


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