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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Der Gentleman auf Gut Sandfort
Zwischenüberschrift:
Straßenkunde: Siegfried Jaffe hat das kulturelle Leben in Osnabrück bereichert
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
OSNABRÜCK. Knapp 50 Jahre nach seinem Tod benannte die damals noch selbstständige Gemeinde Voxtrup 1963 eine Straße nach Siegfried Julius Jaffe. In der kleinen Wohnstraße im Zwickel zwischen Meller Landstraße und Holsten-Mündruper Straße geht es ruhig und beschaulich zu, wenn nicht gerade die Freiwillige Feuerwehr mit Tatütata ausrückt. Die Rückseite der Feuerwache liegt an der Siegfried-Jaffe-Straße.

Mindestens zwei Gründe hatten die Voxtruper Ratsmitglieder, dem Ökonomierat jüdischer Abstammung mit der Straßenbenennung ein dauerhaftes Andenken zu bewahren. Erstens erwarb er 1891 das heruntergekommene Gut Sandfort und steckte viel Geld hinein, sodass dieses Architektur- und Landschaftsjuwel am Westhang des Sandforter Berges zwischen Voxtrup und Düstrup künftigen Generationen erhalten blieb. Einige Jahrespäter machte er sich in ähnlicher Weise um Gut Hettlage mit der Huxmühle am Huxmühlenbach verdient. Er baute es nach eigenen Entwürfen im englischen Landhausstil um. Zweitens war er ein feinsinniger Mensch, der sich gern mit Künstlern und Literaten umgab und sie nach Kräften förderte. Er setzte sich sehr für den Bau des Osnabrücker Theater sam Domhof ein. Die Gründung der Osnabrücker Sektion des Dürerbundes″, einer Art Vorläufer des Museums- und Kunstvereins, geschah am 25. April 1903 im Harmonie-Club in der Hakenstraße auf Betreiben Jaffes. Der Dürerbund hatte sich nicht weniger als eine Reformationder Kultur auf die Fahnen geschrieben, wetterte gegen den Historismus in der Architektur und forderte die Rückkehr zur Wahrheit″ in der Kunst.
Vielleicht war es Jaffes größtes Verdienst, dem aufstrebenden Maler Franz Hecker eine kostenlose Heimstatt auf Gut Sandfort und solche Arbeitsbedingungen verschafft zu haben, die sein Talent erst zur schönsten Entfaltung brachten. In der Turmstube des Torhauses richtete Jaffe dem Freund ein Atelier ein. Alle biografischen Beschreibungen Heckers sprechen davon, dass die zehn Jahre auf Gut Sandfort, von 1902 bis 1912, zu den glücklichsten seines Lebens zählten. Auf dem Gut und in der näheren Umgebung fand er eine Fülle von Motiven. Der herrliche Sandforter Park mit den Teichen und dem uralten Bestand an Linden, Platanen und Buchen inspirierte ihn, hier schuf er einige seiner Schneelandschaften, die viele Kunstkenner besonders schätzen, aber auch Frühlingsszenen. Im Atelier haben etliche Voxtruper ihm Modell gesessen.
Ludwig Bäte beschreibt das Leben auf Sandfort zu jener Zeit als großzügig englisch geführte Haushaltung″ im Zentrum eines großen Freundeskreises mit vorwiegend musikalischer Begabung″. Zum Streichquartett fanden sich regelmäßig etwa Amtsgerichtsrat Dr. Bernard Wieman und der Leiter der Heil- und Pflegeanstalt Dr. Schneider ein. Das englische Element in der Haushaltsführung geht auf Jaffes Ehefrau Bertha zurück, eine gebürtige Britin. Siegfried Jaffe, selbst aus einer angesehenen Hamburger Kaufmannsfamilie stammend, lernte siein England kennen, wo er längere Zeit erfolgreich als Fabrikant tätig war.
Jaffe hat sich um das kulturelle Leben Osnabrücks verdient gemacht. Er legte keine Orden an, machte keinen Gebrauch von seinem Titel Oeconomierat″. Dafür bezahlte er das Defizit so mancher Kunstausstellung. Er stellte sich nie in den Vordergrund, wie Ilsetraut Lindemann ihn beschreibt, er hatte ein liebenswürdiges Lächeln dafür übrig, wenn andere den Dank ausgesprochen bekamen für das, was er im Hintergrund bewirkt hatte. In den von ihm geförderten neuen Arbeiterhäusern am Gut sorgte er für große, geschickt angeordnete Fenster, damit ausreichend Licht und Luft eindringen konnten. Mit jedem Kötter verhandelte er auf Augenhöhe. Er liebte seine dritte Heimat Voxtrup. Am 22. April 1914 starb Siegfried Jaffe auf Sandfort.
Sein Sohn Robert Jaffe (1894 bis 1968) sorgte für eine Verknüpfung mit der Fabrikanten-Familie Stahmer. Er heiratete 1921 Ortrud Stahmer (1897 bis 1970) und zogmit ihr auf das der Familie gehörende Rittergut Osthoff. Als sogenannter Halbjude kam er 1944 ins KZ. Mit Hinweis auf seine Unabkömmlichkeit in der Leitung der Maschinenfabrik Stahmer, die in die Rüstungsproduktion eingebunden war, schaffte es Ortrud Stahmer-Jaffe, ihren Mann noch vor Kriegsende wieder frei zubekommen. Robert Jaffe führte nach dem Krieg das Gut und betätigte sich politisch in der Deutschen Partei. 1952/ 53 war er Mitglied des Bundestages.

Bildtexte:
Ruhig und beschaulich geht es in der Siegfried-Jaffe-Straße in Voxtrup zu.
Siegfried Jaffe, gemalt von seinem Freund Franz Hecker.
Foto:
Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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