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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Bäume statt Fahrspuren
Zwischenüberschrift:
Konfliktfeld Baum: Lassen sich in Osnabrück Verkehr und mehr Grün vereinbaren?
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück 1000 Bäume sind in Osnabrücks Grünanlagen und Straßen abgestorben, weil es drei Jahre in Folge zu trocken war. Mit einem Stadtbaumkonzept will die Stadt dem Problem begegnen. Es schlägt die Pflanzung von mehr Bäumen vor vor allem auch an den Hauptverkehrsstraßen. Doch dann müssten Fahrspuren oder Parkplätze weichen.

Die Ausgangslage: Voriges Jahr musste die Stadt Hunderte Bäume in den Wäldern fällen lassen, und mit den Fällarbeiten an den Straßen kommt der Osnabrücker Servicebetrieb (OSB) kaum hinterher. Dieser Sommer war zwar nicht ganz so trocken und heiß wie die Sommer 2018 und 2019 aber immer noch deutlich trockener als im langjährigen Mittel. Das gab vielen Bäumen, die bereits zwei Jahre in Folge gelitten hatten, den Rest, erläutert Thomas Maag, der beim OSB verantwortlich ist für das Stadtgrün.

Wie die Stadtverwaltung kürzlich auf Anfrage der Grünen-Ratsfraktion mitteilte, haben 1000 Bäume die drei Dürrejahre in Folge nicht überlebt und da sind die Bäume in den Wäldern noch gar nicht mit einberechnet. Auch dieses Jahr würden Fällarbeiten etwa im Wald am Schölerberg nötig werden, so Maag.

2019 schon mussten dort mehr als 100 Buchen gefällt werden, damit sie nicht von selbst auf Spaziergänger fallen. Nicht nur die Trockenheit hat zum Absterben der Bäume geführt. Auch neu eingeführte Krankheiten und Schädlinge, die durch die höheren Temperaturen begünstigt werden, setzen den Bäumen zu.

Die Bedeutung fürs Stadtklima: Besonders Straßenbäume sind von den Schäden betroffen. Rund 20 000 der 62 700 Stadtbäume stehen an Osnabrücks Straßen. Sie spenden Schatten, bieten Vögeln und Insekten Lebensraum, reinigen die Luft und sind hübsch anzusehen. Auf ihnen liegt das Hauptaugenmerk des neuen Stadtbaumkonzeptes.

Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie die Stadt ihren Baumbestand erhalten und noch mehr Bäume pflanzen kann, sondern auch darum, wie wichtig die Bäume für das Stadtklima sind. Gibt es zu wenig Grün, speichern Gebäude und versiegelte Flächen die Wärme″, heißt es in dem Konzept, das die Kortemeier Brokmann Landschaftsarchitekten GmbH aus Herford im Auftrag der Stadt erstellt hat. Im Ergebnis könne es innerstädtisch drei bis fünf Grad wärmer sein als am Stadtrand. Zur Bewältigung der Klimafolgen sei es daher nötig, dort mehr Bäume zu pflanzen, wo es bislang zu wenige gibt.

Die Vorschläge: Mindestens zehn Bäume je 100 Meter Straße: Das ist die Zielmarke im Stadtbaumkonzept. 200 Kilometer Straßennetz vor allem Osnabrücks Hauptverkehrsstraßen haben die Landschaftsarchitekten unter die Lupe genommen. Am schlechtesten bewerteten die Planer die Johannisstraße mit nur 23 Bäumen auf 860 Meter Länge (3, 5 Bäume je 100 Meter) bei gleichzeitig hoher thermischer Belastung und viel Verkehr.

Die Landschaftsarchitekten schlagen vor, in die Mitte einen Grünstreifen mit Bäumen zu setzen und dafür auf eine von drei Fahrspuren im Bereich zwischen Rosenplatz und Johannistorwall zu verzichten. Und am Konrad-Adenauer-Ring etwa empfehlen sie, vom Pottgraben bis zum August-Bebel-Platz die Stellplatzflächen am Straßenrand zu reduzieren. Dadurch könnten die Fahrspuren weiter nach außen rücken und in der Mitte wäre ebenfalls Platz für einen Grünstreifen. Um so einen Streifen auch zwischen Heinrich-Heine-Straße bis hin zum August-Bebel-Platz zu realisieren, müssten Linksabbiegespuren weichen.

Neben weiteren Wallring-Abschnitten haben die Planer auch Vorschläge für andere Hauptverkehrsstraßen wie Mindener und Hannoversche Straße sowie Straßen im Stadtteil Schinkel erarbeitet. Nicht überall müssten Fahrspuren wegfallen. Der Mittelstreifen der Martinistraße etwa biete sich für Baumpflanzungen an, heißt es im Konzept. Dort stehen bislang im Schnitt nur 3, 6 Bäume je 100 Meter.

Die Vorschläge sollen Handlungsempfehlungen″ und Planungshilfen″ sein, heißt es in dem Konzept. Sprich: Was der Osnabrücker Rat letztlich daraus macht, bleibt ihm überlassen.

Die Rettung? Das Konzept soll zudem helfen, die Bäume resistenter gegen Extremwetter (Hitze, Trockenheit, Sturm, Starkregen) und Krankheiten zu machen. Daher liegt eine Liste klimageeigneter Bäume bei. Der OSB wird sich bei der Auswahl neuer Bäume daran orientieren. Birke und Kastanie gibt es nicht mehr in dieser Liste, dafür aber exotischere Sorten, die neu sind für Osnabrück, wie etwa die Japanische Zelkove. Letzten Endes geht es dabei auch ums Geld: Rund 150 Euro kostet ein neuer junger Baum die Stadt, wie Maag auf Anfrage sagt. Für jeden gefällten Baum muss Ersatz her, dieses Prinzip gilt in Osnabrück schon lange.

aag warnt, die Auswahl resistenterer Bäume sei kein Allheilmittel. Es ist ein Versuch, den Baumbestand zu erhalten. Ob uns das gelingt, wenn der Klimawandel weiter so schnell voranschreitet, das ist mit einer großen Portion Skepsis zu betrachten.″

Das Stadtbaumkonzept wurde im OSB-Ausschuss bereits einstimmig durchgewinkt und geht im November zur Abstimmung in den Rat.

Bildtexte:
Nur 23 Bäume auf 860 Metern: Die Johannisstraße schneidet in der Bewertung des Stadtbaumkonzeptes am schlechtesten ab. Die Planer schlagen daher vor, auf eine Spur zu verzichten und dafür einen grünen Mittelstreifen zu pflanzen.
Diese Birke im Willy-Brandt-Park am Schlosswall ist einer von 1000 Osnabrücker Stadtbäumen, die die drei Dürrejahre in Folge nicht überlebt haben. Stümpfe wie diesen lässt der OSB übrigens oft bis zu einer Neupflanzung stehen, damit der Baum mit seinem Wurzelwerk leichter aus der Erde zu hebeln ist.
Im Frühjahr 2020 fällte der OSB diese Mehlbeere in der Schlossstraße wegen Trockenheitsschäden.
Auf dem Mittelstreifen der Martinistraße könnten Bäume gepflanzt werden.
Fotos:
Jörn Martens, David Ebener

Kommentar
Beim Platzkampf geht es auch ums Stadtklima

Es ist eng in Osnabrück. Das ist schon ein Problem, wenn es darum geht, im Straßenverkehr mehr Platz und Sicherheit für Radfahrer zu schaffen. Das Stadtbaumkonzept lenkt die Aufmerksamkeit aber auch auf etwas, das ebenfalls von der Verkehrsplanung betroffen ist: das Stadtklima.

Dabei geht es nicht nur um von Baugebieten bedrohte grüne Kaltluftschneisen, die die immer heißer werdende Innenstadt mit Frischluft versorgen, sondern eben auch um die Bäume vor der Haustür jedes Osnabrückers.

Die Stadt muss dabei nicht nur eine Lösung für eine angemessene Aufteilung des begrenzten Straßenraumes zwischen Autos, Radfahrern, Bussen finden, sondern auch im Blick behalten, wie viel Platz für Grünstreifen und Bäume bleiben soll, die die Luft reinigen und für ein klein wenig Abkühlung sorgen.

Da sind Konflikte programmiert, und es ist gut, dass mit dem Stadtbaumkonzept nun zumindest ein Papier vorliegt, das den Fokus auf die Bedeutung des Stadtgrüns richtet.

Letztlich ist dieses Konzept nur eine Handreichung, wie die Stadt mit den Folgen des Klimawandels umgehen soll. Wenn es darum geht, an die Ursachen heranzugehen und den Klimwandel selbst zu bekämpfen, sollte eigentlich klar sein, welche Prioritäten die Stadt bei der Platzverteilung im Straßenverkehr setzen müsste. Wenn mehr Menschen bessere Bedingungen vorfinden würden, auf Rad und Bus umzusteigen, dann bliebe auch noch genügend Raum für diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind und für Bäume ebenfalls. s.dorn@ noz.de
Autor:
Sandra Dorn


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