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1.
Erscheinungsdatum:
08.10.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
vor
100
Jahren
Überschrift:
Der Tag von Sedan und die Kartoffelfrage
Zwischenüberschrift:
Vor 100 Jahren: Osnabrücker fürchten Hungerwinter / Landrat droht mit Wuchergericht
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Der
dritte
Winter
nach
dem
verlorenen
Ersten
Weltkrieg
steht
bevor.
Die
Angst
vor
einem
Hungerwinter
geht
um.
Das
Hauptnahrungsmittel,
die
Kartoffel,
ist
aus
dem
Boden.
Jetzt
ist
die
Zeit
des
Einkellerns,
um
mit
dem
Vorrat
über
den
Winter
zu
kommen.
Doch
woher
nehmen,
wenn
nichts
zu
bezahlbaren
Preisen
angeboten
wird?
Mitte
September
wird
die
Kartoffel-
Zwangsbewirtschaftung
mit
festgesetzten
Höchstpreisen
aufgehoben,
abgeschlossene
Lieferverträge
sollen
aber
eingehalten
werden.
Viele
Landwirte
halten
sich
nicht
daran.
Sie
verkaufen
beispielsweise
an
Spritfabriken,
Stärkefabriken
oder
ausländische
Abnehmer,
die
höhere
Preise
zahlen.
In
manchen
Gegenden
Deutschlands
bricht
ein
regelrechter
Kartoffelkrieg
aus.
Mächtige
Berufsgruppen
treten
in
den
Streik,
um
die
Versorgung
ihrer
Leute
im
Bereich
der
alten
Höchstpreise
von
15
bis
20
Mark
pro
Zentner
durchzusetzen.
Eisenbahner
in
Bremen
drohen
damit,
Kartoffelzüge
nicht
abzufertigen,
solange
sie
selbst
nicht
mit
billigen
Kartoffeln
beliefert
werden.
In
Oberhessen
schalten
Mitarbeiter
der
Überlandzentralen
Stromkreise
ab,
um
die
Bauern
zum
Einlenken
zu
bewegen.
Betroffen
sind
naturgemäß
nicht
nur
die
Bauern,
auf
die
die
Maßnahme
abzielt,
sondern
alle
Verbraucher.
Das
Eisenwerk
Hirzenhain
liegt
still,
Steinkohlengruben
drohen
abzusaufen,
weil
die
Pumpen
nicht
laufen.
Als
Gegenmaßnahme
beschließen
die
Landwirte,
keine
Milch
mehr
in
die
Städte
zu
liefern.
Gewerkschafts-
Appell
Im
Osnabrücker
Land
geht
es,
wie
meistens,
friedlicher
zu.
Einzelne
Firmen
versuchen,
in
Direktverhandlungen
mit
Landwirten
günstige
Preise
für
ihre
Mitarbeiter
zu
erwirken.
Das
Verlagshaus
Meinders
&
Elstermann
bittet
in
einer
Anzeige
um
günstige
Gebote
„
für
unser
Personal″.
Betriebsratsmitglieder
der
Firma
Brück,
Kretschel
u.
Co.
haben
sich
in
den
Zug
gesetzt,
sind
nach
Melle
gefahren
und
haben,
ausgestattet
mit
schriftlichen
Appellen
der
Gewerkschaften,
die
Gemeinden
Oldendorf,
Holzhausen,
Hustädt,
Sehlingdorf
und
Buer
aufgesucht.
Dort
sprechen
sie
erst
mit
den
Gemeindevorstehern
und
dann
mit
jedem
einzelnen
Landwirt.
Ihre
Erfahrung:
„
Wir
haben
von
jedem
Herbstkartoffeln
zum
Preise
von
16
M.
pro
Zentner
erhalten.
Von
den
meisten
Landwirten
wurde
uns
gesagt,
daß
sie
diesen
Preis
für
die
Industriearbeiter
für
hoch
genug
hielten.
Man
hat
uns
wiederholt
versichert,
daß
der
persönliche
Abschluß
der
Arbeiter
mit
dem
Landwirt
das
einzig
Richtige
wäre,
weil
man
dann
die
Gewähr
habe,
daß
auch
wirklich
die
minderbemittelten
Industriearbeiter
die
Kartoffeln
zum
billigen
Preise
erhielten.″
Landrat
Dr.
Rothert
erlässt
einen
Aufruf
an
die
Landwirte
des
Kreises
Bersenbrück,
allgemein
den
Preis
von
25
bis
30
Mark
nicht
zu
überschreiten
und
an
die
„
kreiseingesessene
und
Osnabrücker
minderbemittelte
Bevölkerung″
noch
billiger
abzugeben.
Zu
hohe
Preise
könnten
eine
neue
Revolution
heraufbeschwören.
„
Wer
übermäßige
Preise
fordert,
wird
vor
das
Wuchergericht
gestellt
und
sein
Name
öffentlich
bekannt
gemacht
werden″,
droht
er.
Am
2.
September
jährt
sich
zum
50.
Mal
die
Schlacht
von
Sedan.
Im
Kaiserreich
wurde
der
Sedantag
als
patriotischer
Feiertag
begangen.
In
der
jungen
Weimarer
Republik
jedoch
hatte
der
Innenminister
verfügt,
dass
es
keine
Sedanfeiern
mehr
geben
werde,
da
diese
nicht
mehr
den
Zeitverhältnissen
entsprächen.
In
Osnabrück
gibt
es
abweichende
Ansichten.
Vertreter
der
Deutschen
Volkspartei
(DVP)
legen
einen
„
schlichten
Lorbeerkranz
mit
schwarz-
weiß-
roter
Schleife″
am
Kriegerdenkmal
auf
dem
Neumarkt
ab.
Das
Denkmal
ehrt
die
Gefallenen
aus
dem
Fürstentum
Osnabrück
im
Deutsch-
Französischen
Krieg
1870/
1871.
Auf
dem
Kislingschen
Verlagshaus
direkt
hinter
dem
Denkmal
wird
die
alte
schwarz-
weiß-
rote
Flagge
des
Kaiserreichs
gehisst
und
nicht
etwa
die
schwarz-
rot-
goldene
der
Weimarer
Republik.
Flagge
erhitzt
Gemüter
Die
von
Kisling
herausgegebene
„
Osnabrücker
Zeitung″
rechtfertigt
diese
Ehrung
ebenso
wie
das
„
Osnabrücker
Tageblatt″.
Das
„
Tageblatt″
schreibt:
„
Gewiß
ist
heute
nicht
die
Zeit,
große
Feste
zu
begehen,
aber
wir
wären
den
deutschen
Namen
nicht
wert,
wenn
wir
nicht
vermöchten,
uns
heute
die
Bilder
vor
die
Seele
treten
zu
lassen,
die
mit
dem
Namen
Sedan
und
dem
2.
September
unzertrennlich
verbunden
sind.″
Die
Sozialdemokratie
sieht
das
jedoch
ganz
anders.
Der
Abgeordnete
Bubert
verlangt,
dass
die
Flagge
vom
Dach
heruntergeholt
wird,
andernfalls
werde
er
die
Arbeiter
aus
den
Betrieben
holen,
die
Industrien
stilllegen
und
Kundgebungen
auf
dem
Neumarkt
organisieren.
Die
„
Osnabrücker
Zeitung″
sieht
darin
„
Terrorismus
schlimmster
Art″.
Bubert
erklärt
am
nächsten
Tag,
dass
es
sein
Bestreben
gewesen
sei,
eine
groß
angelegte
deutschnationale
Demonstration
gegen
die
republikanische
Verfassung
zu
verhindern.
Ihm
seien
Mitteilungen
zugegangen,
dass
nicht
nur
Vertreter
der
beiden
Rechtsparteien,
sondern
auch
Schüler
der
höheren
Schulen
sich
an
der
Kranzniederlegung
beteiligen
würden.
Die
DVP-
Presse
habe
die
Schüler
aufgefordert,
dem
Verbot
des
Kultusministers
Hänisch
entgegen
zu
handeln,
doch
Sedan
zu
feiern
und
nicht
zur
Schule
zu
gehen.
Durch
sein
Eingreifen
seien
die
geplanten
Demonstrationen
und
Ruhestörungen
unterblieben.
„
Dies
wird
bei
der
sozialistisch
und
demokratisch
denkenden
Einwohnerschaft
Befriedigung
auslösen,
die
Reaktion
mag
heulen″,
schloss
er
seine
Stellungnahme.
Gedenkfeier
gestürmt
Für
den
Nachmittag
des
2.
September
war
eine
„
schlichte
Gedenkfeier″
von
DVP
und
DNVP
im
Biergarten
geplant,
wurde
dann
aber
wegen
Regens
in
die
OTV-
Turnhalle
verlegt.
Die
Feier
verlief
nicht
störungsfrei.
Während
der
Rede
des
Abgeordneten
Wulle
donnerte
es
an
Türen
und
Fenster,
wobei
eine
Scheibe
zertrümmert
wurde.
Eine
Schar
von
50
bis
100
SPD-
Anhängern
begehrte
Einlass,
der
ihr
gewährt
wurde.
Arbeitersekretär
Kuper
hielt
eine
Gegenrede,
die
von
seinen
Anhängern
heftig
beklatscht
wurde
und
in
den
Gesang
der
„
Arbeitermarsellaise″
überging.
Die
konservativen
Veranstalter
hielten
mit
dem
Deutschlandlied
dagegen.
In
dem
Getöse
und
allgemeinen
Wirrwarr
löste
sich
schließlich
die
Veranstaltung
auf.
Bischof
Berning
verkündet
im
Amtsblatt
die
Selbstständigkeit
der
Josephsgemeinde
zum
1.
Oktober
1920:
„
Im
südlichen
Teile
der
St.
Johannispfarre
hiesiger
Stadt
wird
eine
neue
selbständige
Pfarre
errichtet,
für
welche
die
an
der
Miquelstraße
unter
dem
Titel
des
hl.
Joseph
neu
erbaute
Kirche
als
Pfarrkirche
bestimmt
wird.″
Zum
Pfarrbezirk
gehören
auch
die
Bauerschaften
Nahne,
Voxtrup
und
Harderberg.
Weissager
Mariarty
Unsicherheiten
der
Zukunft
haben
für
die
Osnabrücker
nun
ein
Ende,
jedenfalls
für
den
Zeitraum
bis
1936.
Weissager
„
Mariarty″
tritt
im
Harmonieklub
auf,
Karten
gibt
es
zu
6,
5,
4
und
2
Mark.
Aus
dem
Inhalt:
„
Der
zweite
Weltkrieg
und
sein
Verlauf;
Polens
Schicksal;
der
Christus
kommt;
Englands
Ende;
Atlantis
taucht
auf;
das
Rätsel
des
Nordpols
usw.″
Individuelle
Fragen
werden
beantwortet,
„
Bleistift
mitbringen!
″ –
Am
nächsten
Tag
berichtet
das
„
Tageblatt″
von
einem
enormen
Zulauf:
„
Dichtgedrängt
saß
und
stand
die
Menge
und
atemlos
lauschte
man
den
oft
phantastischen
Ausführungen.″
Deutschland,
so
führte
der
Redner
aus,
wird
wieder
einem
Frühlingstage
entgegengehen
unter
Führung
des
Weltlehrers,
den
das
Abendland
den
Christus
nennt,
der
dann
die
Lasten
von
den
Schultern
der
Mühseligen
und
Beladenen
nehmen
wird.
England
wird
etwa
1923
untergehen
und
all
seine
Kolonien
verlieren.
Ebenso
sicher
ist,
dass
am
Himmel
ein
zweiter
Mond
erscheinen
wird.
Bildtext:
Am
Kriegerdenkmal
und
im
dahinter
liegenden
Verlagshaus
Kisling
am
Neumarkt
kommt
es
am
Sedantag
1920
zu
Auseinandersetzungen.
Auf
die
Jagd
nach
Kartoffeln
zugunsten
der
eigenen
Mitarbeiter
begibt
sich
das
Verlagshaus
Meinders
&
Elstermann
mit
diesem
Inserat.
Osnabrücker
Tageblatt
vom
17.
September
1920.
Foto:
Rudolf
Lichtenberg
jr.
Repro:
Joachim
Dierks.
Autor:
Joachim Dierks