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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Tödliches Ende einer Flucht
Zwischenüberschrift:
Der Osnabrücker Heinrich Flottmann desertierte, doch seine Tarnung flog auf
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
OSNABRÜCK. Er wäre ihr Nachbar gewesen. Heinrich Konrad Flottmann lebte am Drosselweg, bis er sich als Soldat im Zweiten Weltkrieg wiederfand. Von Granatsplittern verletzt, floh er aus der Wehrmacht. Als er verhaftet wurde, nahm er eine Überdosis Schlafmittel. Er wurde 35 Jahre alt. Die Anwohnergemeinschaft seiner Straße ist jetzt Patin des Stolpersteins und sang bei der Verlegunge in Lied für ihn. Es heißt Der Deserteur″. Die Nachbarn vom Drosselweg sangen vor der Tür, durch die Heinrich Flottmann jahrelang ein und aus ging und damals noch nicht ahnte, dass eine solche Bezeichnung einmal etwas mit ihm zu tun haben würde.
Heinrich Flottmann war Arbeiter und lebte in der 1928 gebauten Siedlung am Sonnenhügel. Wenige Wochen vor seinem 31. Geburtstag überfiel die deutsche Wehrmacht das Nachbarland Polen. Es sollte der Beginn des Zweiten Weltkriegs sein, indem sich Flottmann wenig später im Dienstgrad eines Schützen wiederfand.
Was ihm widerfuhr, ist nur in Bruchteilen überliefert. Fest steht, dass er zu den Soldaten gehörte, die 1940 an der Besetzung Frankreich steilnehmen mussten. Gegen Ende des Feldzuges im Juni galt er in seinem Infanterie-Regiment in Neufchateau zehn Tage lang als vermisst.
1942 tauchte er wieder in den Akten auf: Die Wehrmachtsjustiz verurteilte ihn wegen Sachbeschädigung zu drei Monaten Haft, die er in der Feldstrafgefangenenabteilung an der Ostfront verbrachte. 1943 verwundeten ihn Granatsplitter am rechten Oberarm. Dreimal musste er sich in Kriegslazaretten behandeln lassen.
Irgendwann verließ Heinrich Flottmann heimlich die Wehrmacht und floh nach Deutschland ins Ruhrgebiet. Um nicht als Fahnenflüchtiger aufzufallen, verschaffte er sich die Uniform eines Unteroffiziers und legte sich einen Arm gips an. So erweckteer den Anschein, er sei ein verwundeter Soldat, der zur Genesung Urlaub erhalten habe und vorübergehend nach Deutschland zurückgekehrt war.
Doch die Tarnung flog schließlich auf. Flottmann wurde am 10. August 1944 festgenommen und zu einer Dienststelle der Wehrmacht in Duisburg gebracht. Offenbar hatte er sich vorher Gedanken gemacht, was er in einem solchen Fall tun würde: Flottmann ahm eine Überdosis Veronal ein. Er verlor das Bewusstsein, wurde in das Städtische Krankenhaus Duisburg eingeliefert und starb dort noch am selben oder am folgenden Tag. Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Wehrmachtsjustiz Heinrich Flottmann ansonsten zum Tode verurteilt und hingerichtet hätte.
Nachbarn vom Drosselweg würdigten ihn nun mit dem Lied Der Deserteur″ von Boris Vian und Harold Berg. Die letzte Strophe lautet: Ihr sogenannten Herrn, müsst Ihr denn Blut vergießen, so lasst das Eure fließen, Ihr predigt das so gern. Sagt Eurer Polizei, sie würde mich schon schaffen, denn ich bin ohne Waffen, zu schießen steht Ihr frei.″ Dem war Heinrich Konrad Flottmann zuvorgekommen.

Bildtext:
Drosselweg 22: Hier lebte Heinrich Konrad Flottmann. Er floh aus der Wehrmacht und wurde verhaftet.
Foto:
Jörn Martens

Stolpersteine
Die in den Gehwegen verlegten Stolpersteine aus Messing erinnern an Opfer des Nationalsozialismus jeweils vor den letzten freiwilligen Wohn- oder Wirkungsstätten der Juden, Sinti, Deserteure, Menschen, die aus politischen und religiösen Gründen, wegen ihrer sexuellen Orientierung, einer psychischen Erkrankung oder einer Behinderung verfolgt und ermordet wurden.
Der Kölner Künstler Gunter Demnig ist Initiator des Projekts, dem sich bisher etwa 600 Kommunen angeschlossen haben: außer in Deutschland auch in Österreich, Ungarn, Italien, Tschechien, Polen, Belgien, Norwegen, Niederlande und Ukraine. Patin des Stolpersteins für Heinrich Konrad Flottmann ist die Anwohnergemeinschaft Drosselweg. Verlegt wurde er von Jan Buddenkotte, Benjamin Cotie, Robin-Stephan Dirks, Shkumbin Karsniqi und Betim Ukaj, die die Berufsfachschule Bautechnik des Berufsschulzentrums am Westerberg besuchen. Das städtische Büro für Friedenskultur nimmt für weitere Gedenktafeln gern Hinweise von Zeitzeugen über das Schicksal von Opfern des nationalsozialistischen Regimes entgegen. Die Telefonnummer lautet 05 41/ 323-22 87.
Autor:
jweb


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