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1.
Erscheinungsdatum:
26.08.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Vor
100
Jahren
Überschrift:
Alles andere als „Goldene″ Zwanziger
Zwischenüberschrift:
Osnabrück vor 100 Jahren: Als in der Kommunalpolitik über Heiratsbremsen gegen Wohnungsnot diskutiert wurde
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Von
den
„
Goldenen
Zwanzigern″
kann
1920,
im
zweiten
Jahr
nach
dem
verlorenen
Krieg,
in
Osnabrück
noch
lange
keine
Rede
sein.
Die
Zwangsbewirtschaftung
wichtiger
Lebensmittel
ist
noch
nicht
aufgehoben,
steht
aber
zunehmend
in
der
öffentlichen
Kritik.
Milch
und
Brotgetreide
sind
knapp,
die
gestiegenen
Kartoffelpreise
führen
zu
Protestdemonstrationen.
Und
die
Wohnungsnot
ist
ein
Dauerbrenner
in
den
Lokalnachrichten.
Die
Stadt
macht
wahr,
was
sie
mehrfach
angedroht
hat:
Wenn
die
Besitzer
großer
Wohnungen
nicht
freiwillig
Wohnraum
abtreten,
wird
zu
Zwangsmaßnahmen
gegriffen.
Ein
Beamter
des
Wohnungsamts
besichtigt
in
Begleitung
von
zwei
Vertrauensleuten
infrage
kommende
Luxuswohnungen,
die
im
Verhältnis
zur
Zahl
ihrer
Bewohner
als
„
übergroß″
gelten,
und
untersucht
Möglichkeiten
der
Abtrennung.
Auch
private
Büros,
Lagerräume
und
Werkstätten
werden
daraufhin
inspiziert,
ob
sie
sich
zu
Wohnräumen
herrichten
lassen.
Mit
Geldstrafe
bis
zu
10
000
Mark
oder
ersatzweise
Haft
wird
belegt,
wer
unrichtige
Angaben
macht
oder
die
Besichtigung
nicht
gestattet.
Neubauprogramm
Vor
den
Bürgervorstehern
gibt
Bausenator
Friedrich
Lehmann
einen
Überblick.
Die
Zahl
der
Wohnungssuchenden
beträgt
immer
noch
1769,
davon
gelten
700
Fälle
als
dringlich.
Wegen
der
Freigabe
von
Kasernen
wurde
mit
der
Militärverwaltung
verhandelt,
allerdings
nur
mit
geringem
Erfolg.
Zwar
seien
Truppen
abgezogen
worden,
aber
den
verbliebenen
Soldaten
stehe
nach
neuer
Gesetzeslage
doppelt
so
viel
Wohnraum
zu
wie
zuvor.
Durch
das
forcierte
Neubauprogramm
insbesondere
des
Heimstättenvereins
sind
seit
Jahresbeginn
428
Wohnungen
bezugsfertig
geworden.
Durch
Beschlagnahmen
und
Zwangsvermietungen
konnten
206
Familien
versorgt
werden.
Justizsenator
Johannes
Petermann
berichtet
von
Widerständen
bei
der
Wohnungsbeschlagnahme.
Verschiedentlich
sei
die
Stadt
in
Klageverfahren
durch
zwei
Instanzen
unterlegen.
Bürgervorsteher
Mörker
fordert
ein
Zuzugsverbot
von
auswärts.
Das
sei
bereits
vor
einiger
Zeit
bei
der
Regierung
beantragt,
aber
bislang
nicht
beschieden
worden,
antwortet
Petermann.
Bürgervorsteher
Peter
macht
zum
Schluss
den
Vorschlag,
dass
man
die
Eheschließungen
einschränken
möge.
Das
löst
große
Heiterkeit
aus,
wie
der
Reporter
des
„
Osnabrücker
Tageblatts″
notiert.
Peter
meint
das
aber
ernst.
Es
sei
doch
nicht
nötig,
dass
17-
jährige
Mädchen
schon
in
den
Ehestand
treten,
sie
dürften
ruhig
noch
einige
Jahre
warten.
Stadtsyndikus
Reimerdes
erklärt,
dass
die
Stadt
zu
einem
solchen
Verbot
keine
Handhabe
besitze.
Brotgetreide
fehlt
Die
Versorgungslage
beim
Brot
im
letzten
Monat
vor
der
neuen
Ernte
spitzt
sich
dramatisch
zu.
Die
Lieferungen
von
Brotgetreide
stocken.
Eine
„
Frühdruschprämie″
für
möglichst
schnelle
Ablieferung
aus
neuer
Ernte
soll
die
Lage
entspannen.
Dennoch,
das
Anlegen
staatlicher
Notreserven
gelingt
nicht,
weil
alles
in
den
Sofortkonsum
geht.
Der
geforderte
weitere
Abbau
der
Zwangswirtschaft,
etwa
für
Ölfrüchte,
Kartoffeln
und
Schlachtvieh,
könne
nur
erfolgen,
sagt
das
Reichsministerium
für
Ernährung
und
Landwirtschaft,
wenn
die
Bauern
schleunigst
und
restlos
das
Getreide
abliefern,
bevor
die
großen
Kartoffeltransporte
im
Herbst
alle
Wagenkapazitäten
binden.
Auf
der
Großen
Straße
hat
ein
Erntewagen
Ladung
verloren.
Die
Zeitung
schildert
das
so:
„
Ein
eigenartiger
Anblick
bot
sich
gestern
Morgen
kurz
vor
dem
Neumarkt.
Viele
Leute
hatten
sich
dort
angesammelt,
Männlein
und
Weiblein
verschiedenster
Berufe,
junge
Leute
und
ältere
Personen,
die
damit
beschäftigt
waren,
in
die
verschiedenen
Anzugstaschen,
in
Körben,
Gefäßen,
sogar
alten
Farbeimern,
in
Filz-
und
Strohhüten
usw.
mit
geschäftigen
Fingern
Korn
einzusammeln,
das
in
großer
Menge
auf
dem
Pflaster
verstreut
lag.
In
kurzer
Zeit
war
der
wohl
halbe
Zentner
kostbarer
Frucht
größtenteils
verschwunden.″
Lehrerinnen
brauchen
sich
keine
Hoffnung
auf
Anstellung
mehr
zu
machen.
Im
Krieg
war
das
anders.
Viele
Lehrer
mussten
an
die
Front,
deshalb
wurden
ab
1916
an
Volksschulen
massenhaft
Lehrerstellen
in
Lehrerinnenstellen
umgewandelt.
Nun
sind
die
Lehrer
aus
dem
Militär
oder
aus
der
Gefangenschaft
entlassen,
viele
von
ihnen
kriegsbeschädigt,
und
warten
auf
Wiedereintritt
in
den
Schuldienst.
Die
Not
unter
diesen
Schulamtsbewerbern
sei
sehr
groß,
teilt
die
Schulaufsicht
mit.
Neueinstellungen
von
Lehrerinnen
werden
vertagt,
„
bis
wieder
regelmäßige
Verhältnisse
eingetreten
sein
werden″.
Schnatgang
wird
gefeiert
Trotz
der
Nöte
der
Zeit
gelingt
es
der
Heger
Laischaft,
viele
Kräfte
für
das
alle
sieben
Jahre
stattfindende
Schnatgangsfest
zu
mobilisieren.
„
Die
Bewohnerschaft
des
beteiligten
altstädtischen
Straßengebietes
hat
sich
selbst
übertroffen″,
schreibt
das
„
Tageblatt″,
„
der
ganze
Stadtteil
steht
in
Grün
und
Flaggenschmuck,
überall
sind
Girlanden
über
die
Straßen
oder
an
den
Häusern
entlang
gezogen,
Ehrenbogen,
zu
denen
das
Hegerholz
das
Grün
geliefert
hat,
sind
aufgebaut.″
In
den
Straßen
der
nördlichen
Altstadt
sei
kein
Haus
ungeschmückt
geblieben,
„
auch
die
Nichtinteressenten
haben
mit
an
dem
Festkleide
gewebt,
zum
mindesten
hat
man
Maien
gesteckt.″
Besonders
eindrucksvoll
geschmückt
ist
das
Haus
des
Buchhalters
und
Schirmfabrikanten
Heinrich
Zangenberg
in
der
Krahnstraße.
Allenthalben
prangen
lustige
Puppen
und
plattdeutsche
Sprüche
voller
„
urwüchsigem,
derbem
Volkshumor″
an
den
Fassaden.
Wucherer
und
Schieber
kriegen
ihr
Fett
weg.
Und
die
Hoffnung
auf
bessere
Zeiten
in
sieben
Jahren
blitzt
auf:
„
De
Snaut
fällt
hüt
in
slimme
Tien,
Dat
Vaderland
mott
bannig
lien,
Bi″n
neichsten
Snaut,
da
kannst
up
an,
is
Duitschland
wedder
allen
vöran″
(Der
Schnatgang
fällt
heute
in
schlimme
Zeiten,
das
Vaterland
muss
stark
leiden,
beim
nächsten
Schnatgang,
da
kannst
du
drauf
an,
ist
Deutschland
wieder
allen
voran)
.
Die
Wiecking-
Stiftung
und
der
Vaterländische
Frauenverein
haben
durch
ein
Gemeinschaftsprojekt
120
erholungsbedürftigen
Kindern
aus
„
unbemittelten
Familien″
einen
Erholungsaufenthalt
auf
dem
Lande
und
an
der
See
vermittelt.
Anfang
August
kehren
die
Ferienkinder
heim.
Der
„
Tageblatt″-
Reporter
ist
dabei:
„
Vor
unserm
Hauptbahnhof
ein
ungewöhnliches
Bild:
in
langer
Reihe
stehen
Wagen
und
Wägelchen,
bereit,
das
Gepäck
der
zurückkehrenden
kleinen
Sommerfrischler
aufzunehmen.
Dicht
gedrängt
erwarten
in
der
Halle
Vater,
Mutter
und
Geschwister
die
Ankunft
ihrer
Lieben.
Endlich
braust
der
Zug
heran,
und
in
den
nächsten
Minuten
stürmen
sie
auch
schon
den
Ausgängen
zu,
ein
jedes
schwer
bepackt.
Hier
müht
sich
ein
Knirps
mit
einem
mächtigen
Bauernstuten
ab,
dessen
Papierhülle
dem
Gedränge
nicht
standhielt
und
in
Fetzen
herunterhängt.
Dort
hat
ein
anderer
zur
Freude
seiner
ihn
erwartenden
Geschwister
ein
paar
Kaninchen
im
Kasten.
Sogar
das
Geschrei
eines
Hahns
lässt
sich
vernehmen.
Und
wie
frisch
und
gesund
sehen
sie
alle
aus!
Ihre
gebräunten
Gesichter
und
die
vollen
Backen
geben
Kunde
von
dem
wohltuenden
Einfluss
der
Landluft
und
der
guten
Verpflegung.″
Zensur
beruhigen
Die
Kaiser-
Lichtspiele
zeigen
den
Film
„
Die
Tochter
der
Straße″.
Er
wird
im
Zeitungsinserat
so
angepriesen:
„
Mit
erlesenem
Geschmack
und
vollendeter
Delikatesse
ist
hier
von
Künstlerhänden
ein
lebendiges
Sittengemälde
unserer
heiß
pulsierenden,
modernen
Zeit
geschaffen,
in
dem
die
tiefste
Liebesglut
und
alle
Träumereien
sehnsuchtsvoll
Liebender
in
verschwenderisch
schönen
Szenen
zur
köstlichsten,
lebenswahren
Bilderpracht
vereinigt
sind.″
Die
Hauptrolle
spielt
„
die
rassige,
pikante
und
beliebte
Maria
Widal″.
Um
dem
Eindruck,
den
der
Filmtitel
–
sicherlich
gewollt
–
erwecken
könnte,
entgegenzutreten
und
die
Zensur
zu
beruhigen,
heißt
es
weiter:
„
Kein
Sittenfilm.
Kein
Aufklärungsfilm.
Keine
Schmutz-
Literatur.
Keine
Lasterwiedergabe.
Bildtexte:
Die
Wohnungsnot
nach
dem
Ersten
Weltkrieg
wird
durch
forcierte
Neubauprogramme
wie
hier
am
Meisenweg
auf
dem
Sonnenhügel,
aber
auch
durch
Zwangsvermietungen
und
Zuzugsbeschränkungen
bekämpft.
Im
August
1920
begeht
die
Heger
Laischaft
das
traditionelle
Schnatgangsfest.
Postkarte
aus
der
Sammlung
Helmut
Riecken.
Fotos:
Archiv
Museum
Industriekultur/
Rudolf
Lichtenberg
Hinweis
aus
der
NOZ
vom
04.09.2020
Sorry
Mehrere
Leser,
die
auf
dem
Sonnenhügel
zu
Hause
sind,
haben
uns
auf
einen
Fehler
in
einer
Bildunterschrift
des
Artikels
„
Alles
andere
als
,
Goldene
Zwanziger′″
aus
der
Serie
„
Vor
100
Jahren″
in
der
Ausgabe
vom
26.
August
hingewiesen.
Den
Wohnungsbau
der
Zeit
illustrierten
wir
mit
einem
Foto,
das
im
Rohbau
fertiggestellte
Siedlungshäuser
zeigt.
Die
entstanden
aber
nicht
am
Meisenweg,
wie
angegeben,
sondern
ein
paar
Straßen
weiter,
in
der
Frickestraße.
So
schrieb
etwa
Martin
Dyballa:
„
Es
ist
der
gleiche
Baustil
wie
am
Meisenweg,
aber
das
Quergebäude
in
der
Bildmitte
markiert
das
Ende
der
Sackgasse,
die
die
Frickestraße
im
Gegensatz
zum
Meisenweg
ist.″
Die
falsche
Verortung,
die
wir
aus
einem
Bildband
des
Kulturgeschichtlichen
Museums
übernommen
hatten,
geht
möglicherweise
auf
den
bedeutenden
Osnabrücker
Fotografen
Rudolf
Lichtenberg
selbst
zurück.
Der
hatte
nämlich
auch
den
etwa
zur
gleichen
Zeit
im
Aufbau
befindlichen
Meisenweg
fotografiert
–
und
die
entstandenen
Bilder
der
beiden
ähnlich
aussehenden
Siedlungen
möglicherweise
durcheinandergebracht.
Autor:
Joachim Dierks