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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Jubiläum im Corona-Jahr
Zwischenüberschrift:
125 Jahre Schoeller – und ein neues Standbein in Osnabrück
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück 125 Jahre Firmengeschichte und das mitten in der Corona-Krise. Seit fast zwei Jahren führt Hans-Christoph Gallenkamp als Geschäftsführer in fünfter Generation die Osnabrücker Felix Schoeller Gruppe. Zuversichtlich war er ins Jahr 2020 gestartet und dann kam Corona.

An eine solche Krise, wie das Coronavirus sie ausgelöst hat, kann ich mich nicht erinnern″, sagt der Unternehmer. Und wenn man als Betrieb auf 125 Jahre Geschichte zurückblickt, gibt es zwangsläufig jede Menge wirtschaftliche Höhen und Tiefen, international wie auch für das eigene Unternehmen.

Mit dem Siegeszug der Fotografie begann der Aufstieg der 1895 gegründeten damaligen Feinpapier Fabrik Felix Schoeller jr″. Aus ihr hat sich die heutige Felix Schoeller Gruppe, Global Player und einer der großen Arbeitgeber in der Region, entwickelt.

Auf dem Fotopapier hat fast 100 Jahre lang fast ausschließlich der Erfolg der Felix Schoeller Gruppe gefußt. Dass das Unternehmen heute so divers aufgestellt sei, gehe auf seinen Vater zurück, sagt Hans-Christoph Gallenkamp. Noch 1990 waren wir fast komplett darauf fokussiert. Erst dann leitete mein Vater die Diversifizierung des Portfolios ein″, blickt Gallenkamp zurück. Zur Hochzeit der analogen Fotografie 2002, als der Markt rund 1, 8 Milliarden Quadratmeter Fotopapier umfasste, habe Felix Schoeller einen Marktanteil von deutlich mehr als 50 Prozent gehabt.

Höhen und Tiefen

Heute sieht sich die Gruppe mit ihren Standorten in Deutschland, Russland, China, Kanada und den USA grundsätzlich als Hersteller von Spezialpapieren. Das zeigt sich auch am Beitrag, den die mittlerweile sechs Geschäftsfelder leisten. Während früher jeder zweite Euro Deckungsbeitrag aus dem Fotogeschäft des Unternehmens kam, ist es heute nur etwas mehr als jeder zehnte Euro. Diese Veränderung lässt sich unter anderem in Osnabrück an der Papiermaschine 1 veranschaulichen. Früher ist die Maschine sieben Tage die Woche gelaufen und hat immer das gleiche Papier produziert. Heute stellen wir mindestens einmal am Tag um.″

Die Felix Schoeller Gruppe hat sich in den 125 Jahren weiterentwickelt und Höhen und Tiefen überstanden. Dass beides jedoch auch nah beieinanderliegen kann, macht Hans-Christoph Gallenkamp an einem Beispiel deutlich. Einen massiven Einschnitt gab es in den Jahren 2008/ 09.″ Nicht nur ging der Absatz von Fotosilbersalzpapieren weiter zurück, hinzu kam die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise. Als Resultat gingen mehr als 250 Arbeitsplätze verloren, die meisten von ihnen in Osnabrück.

Die Krise damals hat zu einer nachhaltigen Veränderung des Unternehmens geführt. Wir haben uns auf uns selbst zurückbesonnen und weitere internationale Expansionspläne erst einmal auf Eis gelegt″, so der Osnabrücker. Gallenkamp sieht diese Phase als Initialzündung, neue Segmente auf- und auszubauen. Dazu zählen Releaseliner also jene Papiere, die verhindern, dass eine Folie vorzeitig haftet. Oder Sublimation, ein spezielles Druckverfahren. Heute ist die Schoeller Gruppe ganz anders aufgestellt, nicht nur in ihren Märkten und bei ihren Kunden, sondern vor allem auch finanziell. Wir haben eine ganz andere eigene Kraftreserve zur Bewältigung einer solchen Krise″, so Gallenkamp weiter.

Im Rückblick sei es auch gut gewesen, dass ein Externer das Unternehmen in der Zeit gesteuert habe, ist der Unternehmer überzeugt. Bernhard Klofat habe eine gewisse Neutralität mitgebracht. Es war ein Bruch, aber dennoch hatte er eine gewisse Kontinuität, denn der Wechsel war über Jahre geplant gewesen. Und mit meinem Vater an der Spitze des Beirats hatte Bernhard Klofat noch immer einen guten Sparringspartner aus der Familie″, sagt Hans-Christoph Gallenkamp. Dieses Zusammenspiel von Familienmitglied und Externen sei auch heute noch wichtig nur in umgekehrten Rollen: Mit ihm an der operativen Spitze und einem Externen an der Spitze des Beirats.

Die mit der Finanzkrise eingeleitete Restrukturierung hat die Gruppe mittlerweile seit 2015 hinter sich gelassen. Man schaue nach vorne, betont Gallenkamp. Auch hinsichtlich der Internationalisierung. Bereits 1960 hatte Schoeller den ersten Standort in den USA eröffnet, um lokal für den dortigen Markt zu fertigen. In China ist zum Jahresende der bereits vierte Standort dort hinzugekommen.

Kein Jobabbau geplant

Und wie geht es nach 125 Jahren Tradition in Osnabrück weiter? Anders als zur Finanzkrise spricht Hans-Christoph Gallenkamp heute noch nicht über Jobverluste aufgrund der Corona-Krise auch wenn keiner der Schoeller-Standorte von Corona-Maßnahmen verschont geblieben ist und in der Spitze der Absatz um rund 40 Prozent eingebrochen sei, sagt Hans-Christoph Gallenkamp. In Osnabrück arbeiten die Mitarbeiter auch weiterhin in Kurzarbeit. Wir werden auch diese Krise meistern, vielleicht bietet sie auch wieder eine Chance für die Weiterentwicklung der Gruppe″, so der Geschäftsführer.

Dennoch geht er davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten langfristig weniger werden wird. Mit rund 880 Mitarbeitern in Osnabrück, 535 von ihnen in der Produktion, ist die Unternehmensgruppe einer der größten Arbeitgeber in der Region. Weltweit beschäftigt Schoeller in der Kerngruppe ohne Joint Venture 2245 Mitarbeiter. Gruppenweit werden in den nächsten Jahren deutlich mehr als 100 Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Viele dieser Stellen werden wir nicht nachbesetzen.″

Eine Gefahr für den Fortbestand des Unternehmens sei die Corona-Krise jedoch nicht, betont Gallenkamp, auch wenn eine wirtschaftliche Delle unvermeidbar sei. Mit 490 000 Tonnen lag der Absatz 2019 etwa auf dem Niveau des Vorjahres wobei es Rückgänge in Europa, dafür Zuwächse in Russland und China gab. Der Umsatz ging auch aufgrund der Rohstoffpreise auf 930 Millionen Euro zurück. Für das Jahr 2020 erwartet Christoph Gallenkamp weniger.

Auch aufgrund der Verschiebungen der Absatzmärkte ist es das Ziel der Gruppe, die Internationalisierung weiter voranzutreiben. Die Wachstumsmärkte für uns liegen außerhalb von Europa, und wir haben zunehmend gemerkt, dass wir durch zunehmenden lokalen Wettbewerb an unsere Exportgrenzen stoßen.″ Der Standort China soll weiter ausgebaut werden, ebenso die Aktivitäten in Nordamerika.

Internationalisierung

Das stärke auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Werke, betont Gallenkamp. Auch wenn diese unter anderem aufgrund der hohen Energiekosten teuer seien. Die Energiewende ist richtig und wichtig. Sie darf aber nicht zulasten der Industrie gehen″, warnt der Unternehmer. Was der Green Deal die Schoeller Gruppe kosten wird, kann Gallenkamp noch nicht beziffern. Die Gruppe komme jedoch noch relativ glimpflich davon, da ein Großteil der Energie an den Standorten selbst produziert werde. Wir verursachen Gruppenweit rund 300 000 Tonnen CO2. Was wir künftig zahlen müssen, hängt auch davon ab, wie der Zertifikatehandel aufgestellt wird.″

Investiert hat die Schoeller Gruppe jedoch nicht nur im Ausland, sondern auch in den Standort Osnabrück. Am Hauptsitz wird ein neues Standbein aufgebaut: eine Produktion für Verpackungspapiere. Wenn wir es richtig anpacken, können wir damit einen nennenswerten Beitrag zur weiteren Diversifizierung leisten″, ist Hans-Christoph Gallenkamp überzeugt. Das Produkt lasse sich wieder in Papierfasern und Kunststoffgranulat trennen nach recyclingfähigen Alternativen wie diesen suche die Verpackungsindustrie. Derzeit wird eine Maschine so umgebaut, dass auf ihr Papiere für recycelbare Verbundverpackungen hergestellt werden können. Allerdings braucht es Zeit, bis neue Verpackungen auf den Markt kommen können.″

Bildtexte:
Das Stammwerk Schoeller in Gretesch heute. Der historische Mühlenturm rechts neben dem Schornstein steht für die 125-jährige Tradition des Unternehmens.
Die Anfänge: Das Bild zeigt den Fuhrpark der Firma Schoeller im Jahr 1905 vor der westlichen Werkszufahrt.
Fotos:
Udo Thomas, Rudolf Lichtenberg
Autor:
Nina Kallmeier


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