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1.
Erscheinungsdatum:
17.07.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Zeitreise
Überschrift:
Rassismus oder Symbol der Wertschätzung?
Zwischenüberschrift:
Die ehemalige Mohren-Apotheke in der Johannisstraße wurde schon 2004 umbenannt
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Ja,
er
lebt
noch,
er
lebt
noch,
der
alte
Holz-
Mohr
–
wenn
auch
nur
noch
zurückgezogen
in
der
Wohnung
des
früheren
Apothekers.
Der
Mohrenkopf
war
jahrzehntelang
die
Galionsfigur
der
traditionsreichen
Mohren-
Apotheke
in
der
Johannisstraße.
Eine
Rassismus-
Debatte
muss
über
sie
aber
nicht
mehr
geführt
werden:
Die
drittälteste
Apotheke
Osnabrücks
existierte
unter
diesem
Namen
nur
bis
2004.
Dann
entschied
Apotheker
Peter
Sarnetzki,
der
die
Apotheke
im
Jahr
2000
gekauft
hatte,
allen
möglicherweise
noch
kommenden
Anfeindungen
wegen
des
Namens
aus
dem
Wege
zu
gehen.
Er
verpasste
der
Apotheke
ein
moderneres
Image
und
taufte
sie
in
„
Vita-
Apotheke″
um.
Vorbesitzer
Albert
Raestrup
hatte
erleben
müssen,
dass
der
auf
einem
Sims
über
der
Eingangstür
platzierte
Mohrenkopf
beschädigt
wurde.
Ob
es
sich
dabei
um
gedankenlosen
Vandalismus
gehandelt
hatte
oder
ob
politische
Motive
dahintersteckten,
ist
nicht
ganz
klar.
Jedenfalls
zog
Apotheker
Raestrup
es
nach
der
Restaurierung
vor,
die
Figur
nicht
wieder
außen
am
Gebäude,
sondern
in
der
Offizin,
also
im
Ladeninneren,
aufzustellen.
Dort
tat
sie
ihren
Dienst,
bis
Raestrup
sie
nach
dem
Verkauf
der
Apotheke
mit
in
seine
Wohnung
im
Obergeschoss
über
dem
Laden
nahm.
Dort
begrüßt
sie
bis
heute
seine
Gäste.
Die
Geschichte
der
Mohren-
Apotheke
ist
ein
Stück
Osnabrücker
Pharmaziegeschichte.
Sie
beginnt
im
Jahr
1659.
Damals,
elf
Jahre
nach
dem
Ende
des
Dreißigjährigen
Krieges,
erhielt
Apotheker
Johann
Rudolf
Schwartze
die
„
Special-
Concession″
zur
Errichtung
einer
„
Apoteck
uffer
Neubenstadt″
(Apotheke
auf
der
Neustadt)
,
wie
es
in
einer
schwungvoll
geschriebenen
Urkunde
im
Staatsarchiv
heißt.
Das
war
den
Inhabern
der
beiden
älteren
Apotheken
am
Ort,
der
Rats-
oder
Löwen-
Apotheke
am
Markt
und
der
Hirsch-
Apotheke
am
Nikolaiort,
gar
nicht
recht,
denn
sie
befürchteten,
dass
ihr
Geschäft
darunter
leiden
würde.
Sie
erwirkten
1680
immerhin
eine
Bestätigung
des
Magistrats,
dass
ihre
Söhne,
sofern
sie
qualifiziert
seien,
die
väterlichen
Apotheken
weiterführen
dürften.
Dieses
Vorrecht
der
„
privilegierten
Apotheken″
wurde
der
Neustadt-
Apotheke
verwehrt.
Sie
bekam
nur
eine
„
Personalkonzession″
zugestanden.
Nach
dem
Ableben
des
Apothekers
fiel
die
Konzession
an
den
Staat
zurück,
der
dann
frei
entscheiden
konnte,
ob
es
eine
Nachfolge
gibt
und
wer
sie
möglicherweise
antritt.
Darin
liegt
der
Grund,
warum
die
Inhabernamen
der
Neustadt-
Apotheke
häufiger
wechselten.
Bekannte
Patrizierfamilien
wie
Ameldung
und
Ehmbsen
waren
darunter.
Im
letzten
Jahrhundert
hatten
ab
1901
Paul
Lachmund,
ab
1951
Carl
Raestrup
und
ab
1992
dessen
Sohn
Albert
Raestrup
das
Sagen.
Apotheken
unterlagen
von
jeher
einem
strengen
Reglement
der
Behörden.
In
einem
Protokoll
von
1665
ist
festgeschrieben,
dass
außer
den
drei
bestehenden
Apotheken
keine
weitere
in
Osnabrück
zugelassen
werde.
Und
noch
1819
galt
die
Verordnung,
dass
nur
in
diesen
drei
Apotheken
Mineralwässer
verkauft
werden
durften,
nirgendwo
sonst.
Das
sprudelnde
Wasser
war
apothekenpflichtig.
Alle
drei
bis
fünf
Jahre
wurden
die
Apotheken
einer
behördlichen
Revision
unterzogen.
Im
Gutachten
von
1748
taucht
erstmals
der
Name
Mohren-
Apotheke
für
die
Apotheke
auf
der
Neustadt
auf.
Wenig
später
ist
der
klassizistische
Altbau
errichtet
worden.
Es
war
ein
Prachtbau,
der
sich
über
drei
Grundstücke
(Nummern
51
bis
53)
und
in
der
Tiefe
bis
an
die
Gefängnismauer
erstreckte,
neun
Fensterachsen
und
drei
Vollgeschosse
aufwies.
Über
dem
mittigen
Eingang
prangte
der
Namenspatron:
ein
Mohrenkopf
aus
lackiertem
Eichenholz
mit
weißem
Turban
und
goldener
Straußenfeder.
Als
in
der
Franzosenzeit
Napoleons
Soldaten
über
die
Johannisstraße
marschierten,
sollen
sie
sich
über
das
freundlich
lächelnde
Maskottchen
lustig
gemacht
haben.
Den
Bombenkrieg
überlebte
der
rechtzeitig
in
Sicherheit
gebrachte
Turbanträger,
nicht
aber
das
Haus
selbst.
Die
wertvolle
Fassade
stand
zwar
noch,
war
aber
nicht
zu
retten,
weil
im
Wiederaufbau
die
Johannisstraße
verbreitert
und
die
Baufluchtlinie
um
mehrere
Meter
zurückgezogen
wurde.
1951
begann
Carl
Raestrup
mit
der
Neuerrichtung
nach
einem
Entwurf
von
Architekt
Walter
Mellmann
in
einem
historisierenden
Stil
mit
vorgeblendeten
Sandsteinplatten.
1952
war
der
erste
Bauabschnitt
bis
zum
ersten
Obergeschoss
fertig,
1971
auch
die
weiteren
zweieinhalb
Geschosse.
Ab
1959
war
der
Mohr
wieder
in
der
Fassade
aufgestellt.
Im
Jahr
2000
übernahm
Apotheker
Peter
Sarnetzki
die
Mohren-
Apotheke.
Vier
Jahre
behielt
er
den
angestammten
Namen
bei,
machte
dann
aber
eine
Vita-
Apotheke
daraus.
Der
neue
Name
war
nicht
nur
politisch
unauffällig,
sondern
passte
auch
besser
in
das
moderne
Konzept,
mit
dem
Sarnetzki
jüngere
Käuferschichten
ansprechen
wollte.
2016
gab
Sarnetzki
die
Apotheke
auf,
wegen
des
schwierigen
Umfeldes
in
der
Johannisstraße,
wie
es
hieß.
Neuer
Mieter
ist
seitdem
die
Bäckerei
Middelberg.
Neben
Mohrenstraßen,
Mohren-
Cafés,
Mohren-
Gasthöfen
und
ähnlichen
Wortverbindungen
dürfte
es
im
deutschsprachigen
Raum
noch
mehr
als
hundert
Mohren-
Apotheken
geben.
Für
die
einen
liegt
im
Namen
und
in
der
bildlichen
Darstellung
von
schwarzen,
dicklippigen
Menschen
in
serviler
Pose
ein
klarer
Fall
von
Rassismus
vor.
„
Mohr″
sei
eine
aus
der
deutschen
Kolonialzeit
stammende
Bezeichnung
für
Schwarze,
die
im
Kontext
von
Sklaverei,
Völkermord
und
Rassismus
entstand.
Wenn
man
diese
abwertende
Bezeichnung
heute
noch
verwende,
beleidige
man
damit
gewollt
oder
ungewollt
alle
Menschen
dunkler
Hautfarbe.
Verteidiger
des
Traditionsnamens
hingegen
tragen
andere
Sichtweisen
vor.
Der
„
Mohr″
sei
lange
vor
der
deutschen
Kolonialzeit
in
die
Apothekennamen
geraten.
Er
leite
sich
von
den
islamischen
Mauren
her,
die
vom
8.
bis
ins
15.
Jahrhundert
Arabien,
Nordafrika
und
weite
Teile
des
heutigen
Spanien
beherrschten
und
eine
Fülle
fortschrittlichen
Wissens
gerade
auch
im
Bereich
der
Medizin
und
Pharmazie
in
das
damals
in
der
Hinsicht
recht
rückständige
Europa
brachten.
Oder
man
verweist
auf
den
heiligen
Mauritius,
der
im
3.
Jahrhundert
als
Anführer
der
Thebanischen
Legion
Roms
sich
weigerte,
Christen
wegen
ihres
Glaubens
zu
töten.
Wegen
dieser
Befehlsverweigerung
wurde
er
selbst
hingerichtet.
Mauritius
(oder
Moritz)
war
Nordafrikaner.
Er
ziert
als
Säulenheiliger
den
Dom
zu
Magdeburg,
dessen
Namenspatron
er
ist,
man
findet
ihn
im
Wappen
des
Erzbistums
München
und
Freising,
und
als
solcher
ist
er
auch
in
das
Wappen
des
vormaligen
Papstes
Benedikt
XVI.
gewandert.
Da
er
auch
heilkundig
war,
wurde
er
zum
Patron
der
Apotheker.
Die
heutigen
Bilderstürmer
würden
in
ihrem
Streben
nach
politischer
Korrektheit
nicht
wissen
oder
verdrängen,
dass
der
Mohr
als
Schutzpatron
der
Apotheken
nicht
abwertend,
sondern
im
Gegenteil
wertschätzend
zu
verstehen
sei,
sagen
Apologeten
des
Traditionsnamens.
Zumindest
in
Osnabrück
muss
diese
Diskussion
nicht
mehr
geführt
werden.
Die
Mohren-
Apotheke
ist
schon
lange
Geschichte.
Bildtexte:
Die
Mohren-
Apotheke
in
der
Johannisstraße
51–53
residierte
in
einem
klassizistischen
Prachtbau,
der
1942
im
Bombenkrieg
zerstört
wurde.
Auf
dem
Foto
von
1913
ist
über
dem
Mitteleingang
der
Mohrenkopf
zu
erkennen,
der
heute
in
der
Privatwohnung
des
früheren
Inhabers
steht
(kleines
Foto)
.
Der
Wiederaufbau
der
Apotheke
–
in
einem
historisierenden
Stil
mit
vorgeblendeten
Sandsteinplatten
–
war
1959
bis
zum
ersten
Obergeschoss
vorgedrungen.
Im
Nachkriegsneubau
gab
es
bis
2004
die
Mohren-
und
danach
die
Vita-
Apotheke.
2016
übernahm
der
Bäckerei-
Filialist
Middelberg
die
Ladenfläche.
Der
Mohrenkopf
hatte
zum
300-
jährigen
Jubiläum
1959
wieder
einen
Platz
in
der
Außenfassade
gefunden.
Nach
Beschädigungen
und
anschließender
Restaurierung
blieb
der
Mohr
im
Innern
der
Apotheke,
hier
oberhalb
des
Kopfes
des
Apothekers
Albert
Raestrup.
Fotos:
Rudolf
Lichtenberg,
Joachim
Dierks,
Kurt
Löckmann,
Albert
Raestrup
Autor:
Joachim Dierks