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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Stadt will mehr Binnenschiffer anlocken
 
Masterplan für 80 000 Euro
Zwischenüberschrift:
Wie lassen sich mehr Schiffe in den Osnabrücker Hafen lotsen?
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Für 80 000 Euro haben die Stadt und die Stadtwerke beim Düsseldorfer Prognos-Institut ein Gutachten über die Zukunftsperspektiven des Osnabrücker Hafens in Auftrag gegeben. Viele Binnenschiffer meiden Osnabrück, weil die Schleusenkammern in Hollage und Haste zu kurz sind und die Schiffe nur 2, 50 m Tiefgang haben dürfen. Größere Schleusen werden aber nur bewilligt, wenn das jährliche Frachtaufkommen bei einer Million Euro liegt. Davon ist der Osnabrücker Hafen aber weit entfernt.

Die Prognos-Gutachter schlagen nun vor, auf den wenigen noch verfügbaren Flächen Betriebe anzusiedeln, die einen Teil ihrer Transporte über die Wasserstraße abwickeln. Auf einer dieser Flächen hat sich jedoch ein Wald entwickelt, den eine Mehrheit im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt nicht antasten will.

Osnabrück Lässt sich der Schiffsumschlag für Osnabrück steigern, um dem Hafen eine dauerhafte Perspektive zu geben? Ja, in begrenztem Umfang, lautet die Antwort des Prognos-Instituts, das im Auftrag der Stadt für 80 000 Euro ein Gutachten erstellt hat. Dessen Empfehlungen stoßen allerdings auch auf Skepsis. Mit ihrem Masterplan verfolgt die Stadt das Ziel, dem Hafen eine langfristige Perspektive zu geben, mehr Güter umwelteffizient über die Wasserstraßen zu transportieren und die hafenabhängigen Arbeitsplätze″ in der Region zu sichern, wie es in einer Vorlage für den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt heißt. Für viele Binnenschiffer ist Osnabrück aber kein lohnendes Ziel, weil ihre Kähne nicht mehr in die Schleusenkammern passen und bei einer Wassertiefe von 2, 50 Meter auf Grund laufen würden.

Eine Höherstufung des Stichkanals im Wasserstraßenregister würde aber höhere Frachtraten erfordern. Nach Ansicht von Prognos-Projektmanager Fabian Malik könnte der Schiffsumschlag mit der Ansiedlung von Betrieben erhöht werden, die für ihre Transporte zumindest teilweise den Wasserweg in Anspruch nehmen. Vier Flächen, die zusammen knapp acht Hektar ausmachen, listet das Gutachten auf. Dazu gehört allerdings auch ein Waldstück an der Dornierstraße, das eine Mehrheit im Ausschuss wegen ökologischer Bedenken nicht als Gewerbegebiet ausweisen will.

Mehr Fläche, mehr Fracht?

Der für den Hafen zuständige Stadtwerke-Vorstand Stephan Rolfes ist ohnehin skeptisch, dass der von Prognos vorgeschlagene Weg die Bedeutung der Wasserstraße hebt: Die Hoffnung, dass neue Unternehmen auf kleinen Flächen zusätzliche Tonnage bringen, teile ich nicht″, erklärte er bei der Vorstellung des Gutachtens. Wachstum und Beschäftigung erwarte er im Übrigen nicht so sehr von Neuansiedlungen, sondern eher von den Unternehmen, die jetzt schon im Hafen tätig sind.

Das Frachtaufkommen, das über den Stichkanal geschippert wird, variiert seit Langem zwischen 400 000 und 600 000 Tonnen pro Jahr. Überwiegend handelt es sich dabei um Zellstoffe, Mineralölerzeugnisse, Eisenschrott, Steine und Erden. Für die Wasserstraße relevant sind Unternehmen wie die Papierfabrik Kämmerer, das Stahlwerk in Georgsmarienhütte und die Piesberger Steinindustrie. Laut Gutachten gibt es allerdings bei den Frachtmengen ein krasses Ungleichgewicht: So übersteigt die Eingangsmenge die Ausgangsmenge um das Sechsfache.″ Bei der Tonnage, die den Osnabrücker Hafen verlässt, bilden Splitt und Steine vom Piesberg den größten Anteil.

Um den 14, 5 Kilometer langen Stichkanal in die Wasserstraßenklasse C hochzustufen, wären 600 000 Tonnen Fracht pro Jahr das Minimum. Und um den Bund zu überzeugen, die beiden Schleusen in Haste und Hollage für das 110 Meter lange Großmotorgüterschiff herzurichten, müsste die Jahrestonnage die Millionengrenze überschreiten. Bislang passen nur Schiffe mit 82 Meter Länge in die Kammern. Daran hat sich seit 1916 nichts geändert.

Straßen überlastet

Die Hafenverwaltung in Osnabrück setzt darauf, dass die Schleusen in ihrer jetzigen Größe grundsaniert und mit einer Fernsteuerung ausgestattet werden, die einen 24-Stunden-Betrieb ermöglicht. Dafür hat das Wasser- und Schifffahrtsamt vor einigen Jahren neun Millionen Euro veranschlagt. Der Bau von zwei neuen, größeren Schleusen sollte demgegenüber 120 Millionen Euro kosten.

Prognos-Gutachter Fabian Malik ermunterte die Politiker im Ausschuss, für die ambitionierte Variante einzutreten, musste sich aber von Stadtbaurat Frank Otte fragen lassen, woher er denn seinen Optimismus nehme. Aus dem Bundesverkehrswegeplan″, lautete die Antwort. Die Straßen seien schon jetzt überlastet, die Bahn sei auch schon nah am Limit. Da biete sich die Wasserstraße als langfristige Perspektive an.

Einen ersten Schritt sieht er darin, den Stichkanal, die Schleusen und das Hafenbecken auszubaggern, um 2, 80 Meter Tiefgang zu ermöglichen. So könnten die Binnenschiffer ihre Kapazitäten besser ausnutzen. Das habe man vor einigen Jahren mit den betroffenen Unternehmen erörtert, konterte Stadtwerke-Vorstand Stephan Rolfes. Doch deren Interesse an einer Vertiefung sei angesichts der erwarteten Kostenbeteiligung minimal gewesen.

Immerhin einen Aspekt aus dem Masterplan hält Rolfes für zukunftsweisend. Prognos regt an, elektrisch betriebene Schubschiffe für Leichter (antriebslose Frachter) zwischen der Kanalmündung in Pente und dem Osnabrücker Hafen einzusetzen. Das E-Boot würde vor der Schleuse abgekoppelt, sodass der Frachtkahn die volle Länge der Kammer ausnutzen könnte. Mit einem zweiten Elektroschlepper auf der anderen Seite könnte die Fahrt dann weitergehen.

Einige Politiker aus dem Ausschuss bewerteten die Aussichten für den Osnabrücker Hafen eher düster. Höhere Frachtraten seien nicht zu erwarten, meinte Michael Kopatz von den Grünen, und mit Sand, Steinen oder Kies sei die Wasserstraße nicht zu retten. Heiko Panzer von der SPD betonte die Notwendigkeit, die Schleusen zu erneuern, denn sonst werden wir keine Unternehmen ansiedeln″.

Rita Feldkamp und Verena Kämmerling (beide CDU) sprachen sich dafür aus, den Empfehlungen des Gutachters zu folgen, ansiedlungswillige Betriebe für die Grundstücke zu finden und die Zielmarke von einer Million Frachttonnen im Auge zu behalten.

Gutachten Geld wert?

Im Ausschuss wurde nicht thematisiert, ob das Gutachten die 80 000 Euro wert ist, die von der Stadt und den Stadtwerken dafür aufgebracht wurden. CDU-Politiker Burkhard Jasper, der den Masterplan initiiert hatte, ist mit dem Ergebnis zufrieden. Es sei deutlich geworden, dass der Hafen eine Perspektive habe, und damit werde den Zweiflern aus dem Rat der Wind aus den Segeln genommen, erklärte er auf Anfrage unserer Redaktion. Das sei wichtig für die Arbeitsplätze und für die Umwelt: Wer für Klimaschutz ist, sollte sich für die Wasserwege einsetzen.″

Bildtext:
Die Zielmarke liegt bei einer Million Frachttonnen pro Jahr. Doch davon ist der Osnabrücker Hafen weit entfernt.
Foto:
Michael Gründel

Kommentar
Die Katze beißt sich in den Schwanz

Die Schleusen zu klein, das Wasser zu flach: Viele Binnenschiffer meiden den Osnabrücker Hafen, weil er für ihre Kähne zu klein ist. Was könnte da helfen? Klar, größere Schleusen und mehr Tiefgang. Aber da schüttelt Verkehrsminister Andi Scheuer den Kopf: Gibt′s nur, wenn mehr Schiffe im Stichkanal unterwegs sind! Nur - die kommen ja nicht, gerade weil es so ist, wie es ist. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Und die Ratschläge aus dem Prognos-Gutachten helfen nicht weiter. Schade um die 80 000 Euro.

Klar, über die Wasserstraße lassen sich Massengüter mit deutlich weniger Energieaufwand transportieren als über die Autobahn oder die Schiene. Das ist ein unbestreitbarer Vorteil, wenn der Klimaschutz mehr Gewicht bekommt. Aber da stellt sich schon die Frage, ob Massengüter wie Steine und Sand, Eisenschrott, Tierfutter, Kohle oder Öl in Zukunft überhaupt noch eine so große Rolle spielen werden. Sagen wir mal Ja, um den Gedanken weiterzuspinnen.

Dann müsste der Staat (der ja heute vor allem Autobahnen baut) dafür sorgen, dass die Wasserstraßen flächendeckend auf den neuesten Stand gebracht werden, also auch in Osnabrück.

Vielleicht geht′s auch eine Nummer kleiner. Kann ja sein, dass eines Tages sogar Smartphones, Abendkleider oder Fahrradschläuche auf dem Stichkanal in die Stadt geschippert werden, auf flexiblen Kompaktkähnen mit Brennstoffzelle oder Batterieantrieb. Dann reichen auch 82 Meter lange Schleusen. Die sollten dann aber tadellos funktionieren. Also dranbleiben und immer wieder auf die längst fällige Sanierung drängen!

rll@ noz.de
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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