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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Was hinter der Namensgebung steckt
Zwischenüberschrift:
Verkauf der Para-Klinik ist noch nicht vollzogen, weil sich das Klinikum einmischt
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Sieben Monate nach dem Verkauf der Paracelsus-Klinik Osnabrück wird der Wandel erstmals äußerlich sichtbar: Ab sofort trägt die Klinik einen neuen Namen. Um das neue medizinische Profil wird aber noch gerungen. Der Grund: Das Klinikum Osnabrück stellt Ansprüche.

Die Klinik heißt nun: Niels-Stensen-Kliniken Marienhospital Osnabrück, Standort Natruper Holz″. Darauf hätten sich Gesellschafter und Geschäftsführung der Niels-Stensen-Kliniken und der Paracelsus-Kliniken Deutschland GmbH & Co. KGaA verständigt, heißt es in einer Mitteilung der Niels-Stensen-Gruppe vom Freitag. Dass auch die frühere Eigentümerin über die Namensänderung mitentscheiden musste, hat einen tieferen Grund: Der am 26. November 2019 vereinbarte Verkauf der früheren Paracelsus-Klinik ist bis heute nicht final vollzogen. Es gibt einen ungelösten Konflikt.

Ringen um Neuromedizin

Wenn ein Krankenhaus verkauft wird, verliert es die Versorgungsaufträge, die das Land ausstellt. Als das Marienhospital 2019 das Stammhaus der Paracelsus-Gruppe kaufte, ging das Marienhospital davon aus, die Versorgungsaufträge zu erhalten. Doch dann stellte auch das Klinikum einen Antrag beim Ministerium. Seit Monaten wird nun um eine Lösung gerungen. Die Fronten scheinen verhärtet.

Die krankhausplanerische Zustimmung des Landes Niedersachsen, insbesondere die Übertragung des neurologischen, neurochirurgischen und urologischen Versorgungsauftrags″, sei eine Bedingung für den Kauf gewesen, teilte die Niels-Stensen-Gruppe mit. In der Sitzung des Krankenhaus-Planungsausschusses des Landes am 4. Dezember 2019 war die Übertragung erwartet worden, wie Niels-Stensen-Geschäftsführer Werner Lullmann sagt. Doch der Ausschuss entschied nicht, sondern forderte die beiden Bewerber auf, sich zu einigen.

Heiger Scholz, Staatssekretär im niedersächsischen Sozialministerium, führte im Februar Gespräche mit den Geschäftsführungen beider Häuser, um für die Neuromedizin eine einvernehmliche und konstruktive Osnabrücker Lösung″ zu finden. Ergebnis dieser Gespräche war nach Darstellung von Niels-Stensen-Chef Lullmann der Entwurf einer Kooperationsvereinbarung zwischen den Trägern von Klinikum und Marienhospital, der in einem gemeinsamen Schreiben dem Sozialministerium vorgelegt wurde. Nach Darstellung von Klinikum-Geschäftsführer Rudolf Köster hat das Schreiben nicht in allen Punkten die Sicht des Klinikums wiedergegeben.

Aufsichtsrat und Geschäftsführung des Klinikums zogen sich Anfang Mai von der Einigung zurück und erweckten den ursprünglichen Antrag auf Übertragung des Versorgungsauftrages in der Neuromedizin wieder zum Leben. Deshalb traf der Krankenhaus-Planungsausschuss des Landes auch am 4. Juni keine Entscheidung und verschob sie auf seine nächste Sitzung am 30. September.

Diese erneute zeitliche Verzögerung, ausgelöst durch das Klinikum Osnabrück, bedauern wir sehr. Deshalb freuen wir uns umso mehr, nun mit gebündelter Kompetenz einen neuen Weg beschreiten zu können, der den Menschen in der Region Osnabrück wirklich Vorteile bietet″, sagt Martin Siebert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Paracelsus-Kliniken Deutschland.

Die Paracelsus-Kliniken Deutschland hatten nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr dem Sozialministerium dargestellt, die Versorgungsaufträge nur dann abzugeben, wenn diese dem Marienhospital Osnabrück zugesprochen würden. Ansonsten werde das Haus am Natruper Holz in seiner jetzigen Struktur als Krankenhaus bestehen bleiben und weiterentwickelt. Dieser Plan wird nun umgesetzt.

Das neue Konzept

Das Marienhospital konzentriert am Natruper Holz die neuromedizinischen Leistungen beider Häuser und baut den Standort kurzfristig zu einem überregionalen Neurozentrum aus. Deshalb werden die neurochirurgische Klinik und die Schlaganfallversorgung des Marienhospitals in den kommenden Monaten ans Natruper Holz verlagert.

Die Schwerpunkte des Neurozentrums umfassen neben der Schlaganfallversorgung, der neurologischen Frührehabilitation, der Behandlung von Parkinson und Multipler Sklerose dann auch die neurochirurgische Behandlung von Hirntumoren und Gefäßerkrankungen im Hirn. Ebenso werden sämtliche Wirbelsäuleneingriffe im Zentrum auf höchstem medizinischen Niveau″ durchgeführt, wie es in der Mitteilung heißt.

Die Orthopädie und Schmerztherapie bleiben weiterhin Schwerpunkte der Para-Klinik. Beide Disziplinen ergänzen die Leistungen des Neurozentrums in perfekter Art und Weise″, so Lullmann. Auch die Innere Medizin und Onkologie sowie die Belegabteilungen für Urologie, HNO, Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie sowie die Augenheilkunde würden unverändert weitergeführt.

Der Konflikt hat in der Para-Klinik für Unruhe gesorgt. Mit der Namensgebung wollen die Geschäftsführungen ein Signal setzen, dass das Haus unabhängig von der Entscheidung in Hannover weitergeführt wird. Sowohl die Mitarbeitenden als auch die Patienten haben einen Anspruch auf Verlässlichkeit und klare Perspektiven″, so Christiane Pabst, Betriebsratsvorsitzende der Paracelsus-Klinik. In den vergangenen Monaten habe viel Unsicherheit geherrscht. Deshalb freue sie sich, dass Gesellschafter und Geschäftsführung von Niels Stensen und Paracelsus sich auf diesen konkreten nächsten Schritt verständigt hätten.

Dieser Schritt wird sich für die Mitarbeitenden sehr geräuschlos vollziehen, da beide Häuser bereits seit Monaten, insbesondere in der Zeit der Covid-19-Krise, eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten″, sagt Margarida de Almeida Rodrigues, Vorsitzende der Mitarbeitendenvertretung des Marienhospitals. Insofern sei dieser Schritt eine logische Entwicklung der vergangenen Wochen und werde dem Gesundheitsstandort Osnabrück guttun.

Bildtext:
Neuer Name für die Paracelsus-Klinik (von links): Werner Lullmann (Geschäftsführer Niels-Stensen-Kliniken), Christiane Kuhne (Klinikmanagerin Paracelsus-Klinik), Generalvikar Theo Paul, Bernd Runde (Niels-Stensen-Kliniken) und Johannes Düvel (Marienhospital).
Foto:
Miriam Oberholthaus

Kommentar
Ungesunde Konkurrenz

Dass nun über dem Eingang der Paracelsus-Klinik ein provisorisches Banner mit dem neuen Namen hängt, hat einen Grund: Es soll Belegschaft und Öffentlichkeit die Gewissheit geben, dass der Klinik-Standort erhalten bleibt, egal wie Hannover entscheidet.

Sollte der Planungsausschuss dem Marienhospital die gewünschten Versorgungsaufträge erteilen, kann das MHO seine Pläne umsetzen, die beiden Häuser umbauen und zusammenführen. Entscheidet Hannover zugunsten des Klinikums, dann wird der Kaufvertrag eben nicht vollzogen, dann bleibt die Paracelsus-Kliniken Deutschland GmbH & Co. KGaA weiter Eigentümerin und führt in Kooperation mit dem Marienhospital das Krankenhaus mit veränderten Schwerpunkten weiter.

Das ist der beruhigende Teil der Nachricht. Beunruhigend ist allerdings, dass es auch nach vielen Jahren ungesunder Konkurrenz und leerer Versprechungen keine Aussicht gibt, den Konflikt um die Neuromedizin zu beenden. 2014 bemühte sich die damalige Sozialministerin höchstselbst nach Osnabrück, um zu verkünden, dass die drei Kliniken einen richtungsweisenden Vertrag für die neuromedizinische Versorgung geschlossen haben. Man wollte sich die Aufgaben fair teilen. Es ging nicht lange gut. 2017 reichte Paracelsus Klage gegen das Klinikum ein. Der Vorwurf: Vertragsbruch und Betrug.

Die Sache erledigte sich mit der Insolvenz der Para-Gruppe wenig später, aber der Streit um die Neuromedizin blieb ungelöst. Die Paracelsus-Klinik besitzt nach wie vor den Versorgungsauftrag für die Region. Unabhängig davon hat das Klinikum ein neuromedizinisches Zentrum höchster Kompetenz aufgebaut. Auch das Marienhospital will von diesem Kuchen ein Stück und ist im Begriff, am Natruper Holz ein weiteres neurologisches Zentrum in Konkurrenz zum Klinikum aufzubauen.

Wie es scheint, sind die Osnabrücker Häuser selbst nicht in der Lage, den Konflikt zu lösen. Also muss Hannover eine Entscheidung treffen, eine klare hoffentlich, die im Interesse der Patienten und Beitragszahler die Kompetenzen aller drei Standorte bündelt und die beste Versorgung garantiert. Bitte nicht wieder so ein Wischiwaschi wie 2014. w.hinrichs@ noz.de
Autor:
Wilfried Hinrichs


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