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1.
Erscheinungsdatum:
11.06.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Zeitreise
Überschrift:
Zigarren für den Bischof
Zwischenüberschrift:
Das vielleicht älteste Lokal der Stadt: Die „Alte Gaststätte Holling″ ist 222 Jahre alt
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Die
„
Alte
Gaststätte
Holling″
in
der
Hasestraße
53
ist
eines
der
ältesten,
wenn
nicht
das
älteste
noch
existierende
Gasthaus
Osnabrücks.
In
seinen
Räumen
wurde
Stadtgeschichte
reflektiert,
diskutiert
und
manchmal
auch
gemacht.
Der
bekannte
Karikaturist
Fritz
Wolf
schöpfte
hier
aus
dem
Vollen,
wenn
er
Anregungen
brauchte.
Durch
den
kürzlich
erfolgten
Pächterwechsel
ist
der
Fortbestand
in
traditionsbewusster
Weise
gesichert.
Fritz
Wolf
(1918–2001)
kam
1949
nach
Osnabrück.
Seine
erste
Wohnung
war
in
der
Wittkopstraße.
Wenn
er
in
die
Stadt
musste,
kam
er
unweigerlich
bei
Holling
vorbei.
Am
Stammtisch,
später
als
„
Lästerecke″
berühmt
geworden,
war
immer
ein
Platz
für
ihn
frei.
Der
Hauskarikaturist
der
NOZ,
anerkannter
„
Stifter
des
Morgenlächelns″,
der
auch
im
„
Stern″
und
in
der
„
Brigitte″
gute
Laune
verbreitete,
hörte
aufmerksam
zu,
was
da
so
in
Männerrunden
zu
hören
war,
wenn
keine
bessere
Hälfte
Zensur
ausübte.
Er
verarbeitete
das
in
seinen
„
Bildern
aus
der
Provinz″
und
anderen
Serien.
Kurz
vor
Mitternacht
kamen
Redakteure,
Schriftsetzer
und
Korrektoren
ins
Lokal,
die
druckfrische
Zeitung
des
nächsten
Tages
unter
dem
Arm.
Ihr
Tisch
war
direkt
an
der
Theke,
in
der
Ecke
vor
der
Spüle.
Bis
tief
in
die
Nacht
wurde
Skat
gespielt
und
geklönt.
Wirt
Aloys
Wermelt
war
für
Fritz
Wolf
der
Sparringspartner,
den
er
brauchte,
der
meinungsstarke
Kneipier,
„
stets
aufgeschlossen
für
guten
Informationsfluss″,
wie
es
ein
Gast
mal
ausdrückte,
aber
auch
durchsetzungsstark,
wenn
ihm
etwas
nicht
passte.
Wolf
setzte
seinem
„
Lieblingswirt″
in
seinen
Karikaturen
zahlreiche
Denkmäler.
Nachdem
Wolf
2001
gestorben
war,
bekam
er
in
seiner
Stammkneipe
selbst
ein
Denkmal
gesetzt.
Der
Gewölberaum,
der
zuvor
den
Spitznamen
„
Sakristei″
trug,
wurde
offiziell
in
„
Fritz-
Wolf-
Gewölbe″
umgetauft.
Witwe
Edith
Wolf
und
Neffe
Marcus
Wolf
als
Vorsitzender
der
Fritz-
Wolf-
Gesellschaft
nahmen
an
der
Zeremonie
teil.
In
diesem
Jahr
wird
Holling
222
Jahre
alt.
Die
Zahl
1798
ist
in
die
Wetterfahne
auf
dem
Dach
eingestanzt.
Felix
Fidelis
Josef
Wieman
gründete
das
Lokal,
in
dem,
wie
früher
üblich,
nicht
nur
Bier
und
Speisen
verabreicht
wurden,
sondern
in
dem
man
auch
Lebensmittel
und
Kolonialwaren
einkaufen
konnte.
Felix
Wieman
war
Vorfahre
weiterer
stadtbekannter
Wiemänner
wie
des
Schauspielers
Matthias
Wieman
(1902–
1969)
und
des
dichtenden
und
musizierenden
Amtsgerichtsrats
Dr.
Bernard
Wieman
(1872–1940)
.
Einige
Generationen
später
heiratete
die
Erbin
des
Anwesens,
Anna
Sophie
Wieman,
1903
den
Münsteraner
Kaufmann
Hermann
Holling.
Seitdem
trägt
die
Gaststätte
den
Namen
Holling.
Sohn
Josef
Holling
war
designierter
Nachfolger.
Er
starb
jedoch
1941
als
Soldat
im
Krieg.
Da
fiel
die
Aufgabe
der
Fortführung
des
Betriebes
an
dessen
Schwester
Gertrud.
Sie
war
mit
Aloys
Wermelt
aus
Greven
verheiratet.
Die
beiden
hatten
in
Münster
das
renommierte
Ausflugslokal
Café
zum
Aasee
übernommen.
Sie
gaben
ihre
Münsteraner
Existenz
auf
und
kehrten
nach
Osnabrück
zurück,
wo
Aloys
Wermelt
auch
schon
zuvor
im
Holling
gearbeitet
hatte.
Der
Krieg
verschonte
das
Gasthaus
Holling
nicht.
Volltreffer
zerstörten
1944
das
Gebäude,
das
bis
zur
Häuserfront
vorn
an
der
Hasestraße
reichte.
Nach
Kriegsende
machte
sich
Gertrud
als
„
Trümmerfrau″
zunächst
weitgehend
allein
an
den
Wiederaufbau.
Sie
fuhr
jeden
Tag
mit
dem
Fahrrad
von
Glandorf,
wohin
sie
evakuiert
war,
nach
Osnabrück,
um
Schutt
wegzuschaffen
und
Steine
zu
klopfen.
Aloys
kehrte
1946
aus
der
Kriegsgefangenschaft
zurück.
Mit
vereinten
Kräften
schafften
sie
den
Wiederaufbau
in
zurückgesetzter
Front
über
dem
alten
Gewölbekeller,
der
erhalten
geblieben
war.
1948
war
der
erste
Bauabschnitt
so
weit,
dass
die
Gaststätte
wieder
eröffnen
konnte,
1951
war
auch
der
zweite
Bauabschnitt
mit
dem
hohen
Ziergiebel
vollendet.
Was
die
Wermelts
aus
dem
Münsterland
mitgebracht
hatten,
war
das
Rezept
für
Töttchen
–
jene
Ragoutspeise,
die
traditionell
aus
Kalbsköpfen
und
allerlei
Innereien
zubereitet
wird.
„
Der
liebe
Gott
weiß
alles,
nur
nicht,
was
im
Töttchen
drin
ist″,
lautet
ein
alter
Kalauer.
Und
natürlich
erlebten
auch
die
Wermelts
Frotzeleien
nach
dem
Motto:
„
Wie
kriegt
ihr
da
bloß
den
Fleischgeschmack
rein?
″
Aber
das
änderte
nichts
daran,
dass
Töttchen
nach
Gertruds
Spezialrezeptur
ein
begehrter
Dauerrenner
auf
der
Speisekarte
war,
der
bei
ihr
nur
aus
schierem
Rindfleisch
bestand.
Ohne
Holling
wäre
dieses
Münsterländer
Gericht
in
Osnabrück
wohl
unbekannt
geblieben.
Zum
Gymnasium
Carolinum
bestanden
immer
enge
Beziehungen.
Das
ging
zurück
bis
in
die
Vorkriegszeit,
als
die
aus
Hollage
oder
Rulle
angeradelten
Schüler
ihre
Fahrräder
bei
Holling
abstellten,
dann
zu
Fuß
weiter
zur
Schule
gingen,
nach
dem
Unterricht
wieder
hereinkamen
und
noch
rasch
eine
Runde
Billard
spielten.
Viele
andere
Grüppchen
fanden
im
Holling
eine
zweite
Heimat.
Da
war
der
Stammtisch
der
Staatsanwälte.
Oder
die
Skatrunde
der
„
Wermelt-
Brüder″.
Die
hatten
1962
ihren
Namen
in
Anlehnung
an
die
damals
stadtbekannten
„
Wermut-
Brüder″
gewählt,
die
sich
bevorzugt
am
Herrenteichswall
aufhielten.
Die
Nähe
zum
Dombezirk
brachte
es
mit
sich,
dass
auch
einige
geistliche
Würdenträger
zu
den
Stammgästen
gehörten.
Um
deren
Besuche
ranken
sich
manche
Anekdoten,
in
deren
Mittelpunkt
häufig
der
Generalvikariatsrat
Dr.
Heinrich
Lünenborg
stand.
Zu
den
harmlosen
Geschichten
gehört,
dass
mit
Lünenborg
im
Hintergrund
die
drei
Wermelt-
Töchter
Rita,
Mechthild
und
Maria
dem
Bischof
Wilhelm
Berning
stets
zum
Namenstag
gratulierten.
Am
28.
Mai
wurden
sie
in
feinste
Sonntagskleider
gesteckt
und
bekamen
einige
Zigarren
der
besten
Brasil-
Sorte
in
die
Hand
gedrückt.
Damit
marschierten
sie
hinüber
ins
Bischöfliche
Palais,
um
dem
Oberhirten
ein
Gedicht
aufzusagen
und
zusammen
mit
den
Zigarren
die
nachbarschaftlichen
Grüße
zu
überbringen.
Der
bischöfliche
Garten
und
Wermelts
Garten
stießen
aneinander.
Zu
Ostern
revanchierte
sich
der
Bischof,
indem
er
die
Kinder
in
seinen
Garten
zum
Ostereiersuchen
herüberbat.
„
Könnt
Ihr
mal
eben
rüberkommen?
″
Diesen
Hilferuf
haben
die
Töchter
noch
im
Ohr.
Wenn
es
mal
wieder
personell
eng
wurde,
erwartete
Mutter
Gertrud
Hilfe
beim
Kartoffelschälen
in
der
Küche
oder
beim
Gläserspülen
am
Buffet.
Als
erwachsene
Frauen
entschieden
sich
Rita
Herschbach,
Mechthild
Herschbach
und
Maria
Reil-
Wermelt
jedoch
für
andere
Berufe.
So
kam
es,
dass
nach
1978,
als
die
Eltern
Wermelt
in
den
verdienten
Ruhestand
traten,
fremde
Pächter
das
Zepter
im
Holling
übernahmen.
Für
viele
Gäste
haben
die
Namen
Schmidt,
Keidel,
Schrage,
Borgmann
und
Agarius
noch
einen
guten
Klang.
Ab
2006
war
es
das
Ehepaar
Henner
und
Marita
Hummen,
das
den
Betrieb
führte.
Tragischerweise
verstarb
Marita
Hummen
im
Januar
dieses
Jahres.
Seit
dem
1.
April
2020
sind
Carsten
Kottwitz
und
Tochter
Janine
die
neuen
Pächter.
Nach
Renovierungsarbeiten
und
Corona-
Zwangspause
hat
das
Holling
nun
wieder
geöffnet.
Die
beiden
sind
in
der
Osnabrücker
Gastro-
Szene
keine
Unbekannten,
betreiben
sie
doch
hier
seit
2011
das
Flammkuchen-
Restaurant
„
Le
Feu″
und
inzwischen
zahlreiche
„
Le
Feu″-
Ableger
in
anderen
Städten.
Im
Holling
jedoch
knüpfen
sie
an
die
222-
jährige
Tradition
an,
servieren
„
gutbürgerliche
Küche
mit
moderner
Note″,
halten
Gedenkorte
wie
das
„
Fritz-
Wolf-
Gewölbe″
in
Ehren
und
stehen
zu
der
Fototapete
mit
Aufnahmen
der
historischen
Hasestraße.
Bildtexte:
222
Jahre
alt:
Die
Gaststätte
Holling,
das
Bild
oben
zeigt
den
Wiederaufbau,
nach
dem
Krieg
in
zurückgesetzter
Bauflucht.
Dieser
erste
Bauabschnitt
wurde
1948
bezogen.
Die
Namensgeber
des
Lokals
waren
Hermann
Holling
und
Frau
Anna,
geborene
Wieman
(kleines
Bild,
links)
.
Das
kleines
Bild
rechts
zeigt
den
Nebenraum,
der
erst
„
Sakristei″,
dann
„
Fritz-
Wolf-
Gewölbe″
hieß.
Neben
einen
Blick
in
den
Hauptraum
des
Lokals,
wie
er
sich
imJahr
1951
bot,
ist
unten
ein
aktuelles
Bild
der
Gasststätte
zu
sehen.
Einweihung
des
„
Fritz-
Wolf-
Gewölbes″
mit
(von
links)
Rita
Herschbach,
Witwe
Edith
Wolf
und
Neffe
Marcus
Wolf.
Gaststätte
Holling
in
der
Hasestraße,
um
1927.
In
der
Tür
grüßt
Hermann
Holling.
Frische
Farbe
hatte
es
1935
gegeben.
Der
Anbau
mit
dem
hohen
Ziergiebel
war
1951
fertiggestellt.
Gertrud
und
Aloys
Wermelt,
die
Wirtsleute
von
1933
mit
Unterbrechungen
bis
1978.
Der
Hauptraum
des
Lokals,
nach
1951.
Fotos:
Archiv
Wermelt-
Herschbach,
Joachim
Dierks
Autor:
Joachim Dierks