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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Der Verkehr ist das größte Klima-Problem
 
Osnabrück beim Klimaschutz aus der Spur
Zwischenüberschrift:
Bericht offenbart: Kohlendioxid-Ausstoß im Verkehrssektor gestiegen
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Der erste Klimschutzbericht der Stadt Osnabrück für die Jahre 1990 bis 2016 offenbart ein Problem. Zwar konnte nach Angaben der Verwaltung der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid gegenüber 1990 insgesamt um 29 Prozent gesenkt werden, doch beim Verkehr zeigt die Kurve nach oben. Der CO2-Ausstoß stieg in diesem Sektor trotz großer Anstrengungen zur Förderung der nachhaltigen Mobilität″, wie es im Bericht heißt, um elf Prozent im Vergleich zu 1990. Grund sei ein stetiger Anstieg der Pkw- und der Lkw-Fahrleistungen, also der insgesamt zurückgelegten Strecke im Stadtgebiet″. Unterm Strich stellt die Verwaltung fest, dass die erreichte CO2-Reduktion deutlich zu gering ausgefallen ist, um die Klimaziele zu erreichen. Die Grünen äußern sich enttäuscht und fordern Konsequenzen.

Osnabrück Wie klimafreundlich ist Osnabrück heute? Was kann und was muss die Stadt noch tun, damit sie wie geplant spätestens 2050 kaum mehr zur Erderwärmung durch unnötigen CO2-Ausstoß beiträgt? Antworten gibt der amtliche Klimaschutzbericht der nach Ansicht von Kritikern mehr Rückschritte als Fortschritte offenbart.

Seit wann gibt die Stadt einen Klimaschutzbericht heraus und warum? Ende Mai 2019 hatte der Rat verschiedene Maßnahmen und Prüfaufträge beschlossen, um die Anstrengungen der kommunalen Klimapolitik zu verstärken. Unter anderem soll der Oberbürgermeister nun jährlich aufzeigen, wo wir stehen, welche Potenziale es zu heben und welche Defizite es zu beheben gilt″ um einmal aus Wolfgang Grieserts Vorwort zum Klimaschutzbericht 2019 zu zitieren. Im Kern geht es dabei um die CO2-Bilanz der Stadt, also einen Vergleich von Soll- und Ist-Werten beim Ausstoß von Kohlendioxid: einem Gas, das den Treibhauseffekt in der Atmosphäre verstärkt. Der jetzt vorgelegte Rapport ist mithin der erste seiner Art und nimmt wesentlich die Entwicklung in Osnabrück von 1990 bis 2016 in den Blick.

Wie beurteilt der Oberbürgermeister die Osnabrücker Klimaschutz-Bemühungen? Der Klimaschutz sei seit mehr als 30 Jahren fester Bestandteil des Lebens und der Politik in Osnabrück, berichtet Griesert. Die Stadt habe auf diesem Gebiet auch schon viel erreicht, weil sie so manches Mal Mut bewiesen″ habe und mit innovativen Projekten bundesweit vorangegangen″ sei. Nach Angaben der Verwaltung konnte der Ausstoß von klimaschädlichem CO2 gegenüber 1990 um 29 Prozent gesenkt werden. In spätestens 30 Jahren, so gibt es der Osnabrücker Masterplan vor, sollen es 95 Prozent sein. Der Weg dorthin ist allerdings noch lang″, mahnt der Oberbürgermeister. Nach aktueller CO2-Bilanz emittieren wir zwölf Prozent mehr Kohlendioxid, als unser Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 vorgibt.″

Warum ist die Stadt bei der Verringerung des CO2-Ausstoßes aus der Spur geraten? 2015 hatte die Stadt laut Klimaschutzbericht bei den CO2-Emissionen pro Kopf mit 8, 9 Tonnen den bisher niedrigsten Stand seit 1990 erreicht. 2016 liegt Osnabrück mit knapp 9, 1 Tonnen je Einwohner (insgesamt 1, 54 Millionen Tonnen) aber wieder auf demselben Niveau wie 2014. Die tatsächlich erreichte Reduktion der CO2-Emissionen ist seit 2010 deutlich zu gering ausgefallen″, stellt die Verwaltung fest. Ein wesentlicher Grund für diese Fehlentwicklung sei, dass auch der Energieverbrauch eher steige als nachlasse. 2016 betrug er in Osnabrück den Angaben zufolge mehr als 4, 5 Millionen Megawattstunden (26, 7 MWh pro Kopf). Nur weil Strom zunehmend aus erneuerbaren Quellen stamme, habe die Stadt zuletzt überhaupt eine CO2-Emissionsminderung erzielen können.

Wie fällt die CO2-Bilanz für Osnabrück in den wichtigsten Teilbereichen Haushalte, Wirtschaft und Verkehr aus? Die CO2-Emissionen der Haushalte sind bis zum Jahr 2005 um neun Prozent angestiegen, dann jedoch innerhalb von fünf Jahren, in denen die Energiepreise laut Bericht kurzfristig explodierten″, um 22 Prozent gesunken. Seit 2010 reduzierte sich der CO2-Ausstoß der Haushalte wiederum nur noch um ein Prozent, was wesentlich auf den stagnierenden Energieverbrauch zurückzuführen ist″. Der Sektor Wirtschaft, in dem Industrie, Gewerbe und öffentliche Verwaltung zusammengefasst sind, verursachte mit 43 Prozent auch 2016 noch den höchsten Anteil der Emissionen in Osnabrück. Gleichzeitig ist er aber auch der einzige Sektor, in dem der Trend zu einer kontinuierlichen Reduzierung des Energieverbrauchs und noch deutlicher des CO2-Ausstoßes ungebrochen ist″, heißt es. Ausschlaggebend dafür sei der bundesweit steigende Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung. Darüber hinaus habe sich gemessen an der Zahl der Beschäftigten der Schwerpunkt in Osnabrück seit 1990 von der energieintensiven, verarbeitenden Industrie hin zur Dienstleistung verschoben.

Der Verkehr ist laut Klimaschutzbericht der einzige Sektor, in dem seit 1990 keine Kohlendioxid-Reduzierung erreicht werden konnte, sondern es im Gegenteil sogar zu einer Steigerung der absoluten Kohlendioxid-Emissionen kam. Konkret bemisst sich diese trotz großer Anstrengungen zur Förderung der nachhaltigen Mobilität″ auf elf Prozent. Hier ist die Stadt heute also weiter vom Ziel entfernt als 1990.″ Grund sei ein stetiger Anstieg der Pkw- und der Lkw-Fahrleistungen, also der insgesamt zurückgelegten Strecke im Stadtgebiet″.

Welche Schlussfolgerungen zieht der Klimaschutzbericht? Die Stadt hinkt ihrem selbst gesteckten Ziel, bis 2050 nahezu klimaneutral zu sein, weit hinterher. 2016 seien 290 000 Tonnen CO2 mehr ausgestoßen worden, als der Pfad vorgebe, rechnet die Verwaltung vor. Diese Menge entspreche ungefähr drei Viertel der Emissionen, die in Osnabrück durch den Verkehr verursacht werden. Die Stadt müsse ihre Anstrengungen beim Klimaschutz deshalb deutlich erhöhen″. Weil aber der Einflussbereich der Kommune ebenso begrenzt sei wie ihre personellen und finanziellen Kapazitäten, empfiehlt der Bericht eine konsequente Priorisierung und Fokussierung auf solche Maßnahmen und Projekte, in denen das größte Einsparpotenzial steckt und deren Kosten-Nutzen-Bilanz entsprechend positiv ausfällt″. Im Verkehr etwa, wo die Stadt noch relativ viel selbst regeln könne, sei die Zielerreichung bis 2050 nur möglich, wenn die Attraktivität des motorisierten Individualverkehrs gesenkt und der nachhaltigen Mobilität grundsätzlich Vorrang eingeräumt wird″.

Wie reagiert die Politik auf den Klimaschutzbericht 2019? Die Grünen haben sich enttäuscht über den nach ihrer Ansicht unzureichenden Klimaschutz in Osnabrück geäußert. Der Bericht offenbare nicht nur fehlende Fortschritte beim Klimaschutz, sondern sogar Rückschritte, erklärte die Umweltpartei in einer Mitteilung was Fraktionsmitglied Michael Kopatz kürzlich im Rat unterstrich. Zwar gebe es viele gelungene Maßnahmen und vorbildliche Absichten. Aber die Ergebnisse seien absolut unzureichend. Dramatisch″ nannte Kopatz die Entwicklung des Straßenverkehrs. Die Verschlechterung in Osnabrück komme zustande, weil die Zahl der Autos zugenommen habe, ebenso die Pendelfahrten. Dazu habe der Straßenausbau massiv beigetragen. Wir brauchen endlich mehr Verkehrsraum für Rad, Bus und Schiene. Wir müssen ernsthaft überlegen, wie wir am Wall eine Umweltspur hinkriegen″, forderte der Grüne. Auch im Bereich Wohnen seien konsequentere Schritte nötig. Denn zu rund einem Drittel, so Kopatz, befeuerten die Osnabrücker die Klimahitze″ mit ihren Heizungen.

Bildtext:
Um elf Prozent ist der Kohlendioxid-Ausstoß im Osnabrücker Verkehr seit 1990 gestiegen. Da halfen alle Bemühungen nicht, umweltfreundlche Mobilität zu fördern. Das Foto zeigt den Heger-Tor-Wall.
Archivfoto:
Michael Gründel

Kommentar
Verkehrspolitik darf nicht an der Stadtgrenze enden

Es führt kein Weg daran vorbei: Die Stadt wird ihr Tempo in der Klimapolitik erheblich anziehen und den Blick dabei vor allem auf die Verkehrspolitik richten müssen. Das ist der Sektor, der wie kein anderer dem Willen von Politik und Bevölkerung″ unterliegt, wie es im Klimaschutzbericht zu Recht heißt. Hier verfügt die Kommunalpolitik über den größten Hebel, hier holt sie sich aber auch den größten Ärger ins Haus mit den Pendlern nämlich.

Das Problem ist: Die städtische Verkehrspolitik endet an der Stadtgrenze. Die Kommunalpolitik versucht ja sehr viel, um Rad und Bus für innerstädtische Wege attraktiver zu machen. Je mehr Osnabrücker auf den Umweltverbund umsteigen, so das Kalkül dahinter, umso mehr Platz ist dann auf den Straßen für jene, die auf das Auto angewiesen sind. Das sind in der Regel die Berufspendler und Kunden des Einzelhandels aus dem Umland. Das alleine reicht aber nicht, die Straßen in der Stadt langfristig zu entlasten und die Klimaziele zu erreichen. Es braucht eine gemeinsame Verkehrspolitik für die vernetzte Region. Eine Regionalpolitik, die den Umweltverbund stärkt und automobile Pendler nicht verprellt.

w.hinrichs@ noz.de
Autor:
Sebastian Stricker, Wilfried Hinrichs


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