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1.
Erscheinungsdatum:
28.05.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Als die Maikundgebung noch 12 000 Menschen lockte
Zwischenüberschrift:
April/Mai 1920: „Tag der Arbeit″ mit großem Festumzug gefeiert / Debatte über Alt-Griechisch am Ratsgymnasium
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
In
der
Weimarer
Republik
hat
der
1.
Mai
als
„
Tag
der
Arbeit″
einen
schweren
Stand.
Im
frischen
Schwung
der
Revolution
war
es
1919
zwar
gelungen,
ihn
als
gesetzlichen
Feiertag
zu
etablieren
–
allerdings
nur
für
dieses
Jahr.
Schon
1920
gibt
es
zumindest
in
Preußen
in
der
Landesversammlung
keine
Mehrheit
mehr
dafür.
Auf
lokaler
Ebene
wird
unterschiedlich
damit
umgegangen.
In
Osnabrück
haben
Mehrheits-
und
Unabhängige
Sozialdemokraten
(MSPD
und
USPD)
einen
Festumzug
organisiert.
Dieser
Umzug
erlebt
am
1.
Mai
1920
großen
Zulauf.
Möglich
wird
dies
unter
anderem
dadurch,
dass
in
allen
Staatsbetrieben
Arbeitern
und
Beamten
ein
Tag
bezahlter
Urlaub
gewährt
wird.
Verkehrsbetriebe
halten
lediglich
ihren
Sonntagsdienst
aufrecht,
die
Oldenburgischen
Staatsbahnen
und
die
Osnabrücker
Straßenbahn
fahren
überhaupt
nicht.
Ein
Erlass
des
Kultusministers
überlässt
es
den
Schulen,
ob
Unterricht
stattfindet.
Aus
dem
Fernbleiben
vom
Unterricht
dürfe
keinem
Lehrer
und
keinem
Schüler
ein
Nachteil
erwachsen.
In
vielen
Fabriken
ruht
die
Arbeit.
Bekränzte
Räder
Der
Demonstrationszug
startet
am
Hasetor
und
bewegt
sich
durch
die
Innenstadt
zum
Schölerberg.
Mitglieder
des
Arbeiter-
Radfahrervereins
„
Wanderlust″
fahren
auf
bekränzten
Rädern
vorweg.
Mehrere
Musikkapellen
im
Zug
stimmen
die
Lieder
der
Arbeiterbewegung
an,
rote
Fahnen
werden
geschwenkt.
Fast
alle
Mitmarschierer
haben
rote
Blumen
angesteckt.
Angekommen
am
Schölerberg,
trägt
der
Arbeitersängerbund
zwei
Lieder
vor.
Zehn-
bis
zwölftausend
Menschen
verfolgen
die
Ansprache
des
Gewerkschaftssekretärs
Walter
Bubert
(MSPD)
.
Seit
30
Jahren
feiere
das
internationale
Proletariat
den
1.
Mai
als
Tag
der
Völkerversöhnung,
führt
er
aus.
Auch
wenn
die
bürgerlichen
Parteien
es
abgelehnt
hätten,
diesen
Tag
als
Feiertag
gesetzlich
festzulegen,
so
störe
sich
die
Arbeiterschaft
nicht
an
dem
Votum
und
feiere
ihn
auf
eigene
Faust.
Nachmittags
finden
Festlichkeiten
in
den
Lokalen
Klushügel,
Tivoli,
Bellevue,
Meyer
am
Schölerberge,
Hunger
und
Hellwig
(Eversburg)
statt.
Die
USPD
hat
die
Stadthalle
reserviert.
Ernährungsfragen
stehen
weiterhin
ganz
oben
auf
der
lokalpolitischen
Agenda.
Das
„
Osnabrücker
Tageblatt″
sehnt
sich
nach
den
Zeiten
zurück,
als
die
Milchverteilung
noch
in
Händen
der
Milchhändler
lag.
Jetzt,
wo
die
Rationierung
ab
den
Molkereien
erfolge,
sei
alles
viel
schlimmer.
Allwöchentlich
erfahre
man,
dass
an
gewissen
Tagen
nicht
einmal
hoffende
Frauen,
Kinder
und
Kranke
Frischmilch
bekämen,
„
gar
nicht
zu
reden
von
den
anderen
unterernährten
Familien,
in
denen
schon
seit
Wochen
und
Monaten
kein
Mensch
mehr
weiß,
wie
Milch
aussieht,
noch
weniger
wie
sie
schmeckt″.
Und
dann
die
Butterfrage.
„
Seit
Wochen
ist
in
der
Stadt
kein
Lot
Butter
zu
haben,
dafür
aber
gibt
es
Margarine,
deren
Geringwertigkeit
nur
durch
die
Höhe
des
Preises
(16,
50
Mark
das
Pfund)
übertroffen
wird″,
klagt
das
„
Tageblatt″.
„
Wenn
die
behördlichen
Verteilungsstellen
mit
ihrem
Latein
zu
Ende
sind,
dann
wäre
es
Zeit,
Schluß
zu
machen
mit
der
Rationierung
überhaupt.″
Und
weiter:
„
Schon
jetzt
müßte
jeder
verhungern,
der
sich
noch
auf
Lebensmittelrationierung
verlassen
wollte.″
Brotpreise
verdoppelt
Aufgrund
der
Erhöhung
der
Mehlpreise
durch
die
Reichsgetreidestelle
werden
die
Brotpreise
um
fast
das
Doppelte
steigen.
Denn
auch
die
Kosten
für
Zutaten
und
Feuerung,
für
Frachten
und
die
„
Sackflickauslagen″
und
nicht
zuletzt
die
Löhne
der
Bäckergesellen
hätten
erheblich
angezogen.
Beim
Bier
sieht
es
nicht
anders
aus.
Auch
hier
verlangen
die
Brauereien
einen
einhundertprozentigen
Aufschlag.
Der
genaue
Zeitpunkt
des
Inkrafttretens
der
Erhöhung
steht
noch
aus,
da
infolge
des
Dortmunder
Brauereistreiks
Verzögerungen
eingetreten
sind.
Auf
einer
Versammlung
des
Wirtevereins
haben
die
Vertreter
der
Osnabrücker
Brauereien,
der
Aktien-
Brauerei
und
der
Gertrudenberger
Brauerei,
einen
schweren
Stand.
Sie
rechnen
vor,
dass
die
vom
Reichswirtschaftsminister
genehmigte
Preiserhöhung
eigentlich
noch
zu
niedrig
ist,
angesichts
aller
gestiegenen
Kosten
und
Materialpreise
sowie
der
Umsatzverluste
durch
die
Kontingentierung.
Die
Wirte
fordern
in
einer
Resolution,
anstatt
der
geplanten
zwei
Bierarten
ein
einheitliches
Bier
auf
den
Markt
zu
bringen.
Durch
zweierlei
Qualität
werde
nur
das
Misstrauen
der
Gäste
gegen
die
Wirte
wachgerufen.
Die
Brauereivertreter
entgegnen,
das
gehe
nur,
wenn
man
mit
den
Dortmunder
und
Herforder
Brauereien
in
diesem
Punkt
Übereinstimmung
erzielen
könne.
Der
neue
Leiter
des
Ratsgymnasiums,
Dr.
August
Franke,
hat
sich
in
seiner
Antrittsrede
zur
Vorrangstellung
der
Altphilologie
–
sprich:
Alt-
Griechisch
und
Latein
–
an
seiner
Anstalt
bekannt.
Das
wird
zumindest
behauptet.
Damit
handelt
er
sich
unter
den
Leserzuschriften
des
„
Tageblatts″
einen
„
Shitstorm″
ein,
wie
man
heute
sagen
würde.
Der
Mann
habe
wohl
nicht
begriffen,
dass
„
wir
an
der
Schwelle
eines
neuen
Zeitalters
stehen″,
heißt
es
da,
und
man
wirft
die
Frage
auf:
„
Hat
man
die
Absicht,
weiterhin
das
Ratsgymnasium
als
Standesschule
zu
betrachten,
welche
ihre
Pforten
nur
für
diejenigen
öffnet,
deren
Eltern
das
Glück
hatten,
zu
den
besitzenden
Kreisen
zu
gehören?
″
Der
Lehrplan
müsse
doch
so
gestaltet
sein,
dass
er
den
„
wirklichen
Anforderungen,
die
ein
Volksstaat
an
seine
befähigten
Köpfe
stellen
muß″,
Rechnung
trägt.
Das
sei
nicht
die
Theorie
der
Antike,
die
für
Philosophen
und
Dichter
ihre
Reize
haben
möge,
sondern
die
„
rein
deutsche
Wissenschaft″.
Alles
andere
sei
„
Kraftverschwendung,
die
sich
unser
deutsches
Volk
nicht
mehr
erlauben
kann,
dazu
liegen
wir
zu
tief
darnieder″.
Alt-
Griechisch
dürfe
nur
noch
eine
Rolle
als
Wahlfach
spielen,
weil
sonst
„
der
größere
Teil
der
Schüler
am
Wege
liegen
bleibt″.
Aber
es
gibt
auch
Gegenstimmen:
Franke
habe
doch
das
Nebeneinander
von
humanistischem
und
„
deutschem″
Gymnasium
begrüßt,
habe
sich
für
mehr
Deutschstunden
in
Mittel-
und
Oberstufe
ausgesprochen
und
kenne
kein
höheres
Bildungsziel
als
das
Verständnis
des
deutschen
Kultur-
und
Geisteslebens.
Keinesfalls
sei
das
Ratsgymnasium
eine
Standesschule,
niemandem
sei
je
aus
Standesrücksichten
die
Aufnahme
verweigert
worden.
Für
fähige
Köpfe
aus
weniger
begüterten
Elternhäusern
werde
durch
Freistellen
besser
gesorgt
als
an
anderen
höheren
Schulen
der
Stadt.
„
Das
Schicksal,
sich
für
sein
etwa
in
der
Tertia
hängen
gebliebenes
Söhnchen
nach
einem
anderen
Bildungsgang
umsehen
zu
müssen,
kann
ebenso
gut
den
Direktor
einer
Anstalt
wie
den
Hausmeister
treffen.″
Gänserich
statt
Gans
Ein
Leser
beschwert
sich,
dass
er
bei
einem
Preisschießen
anstatt
der
ausgesetzten
Gans
einen
Gänserich
bekommen
habe.
Der
Briefkasten-
Onkel
des
„
Tageblatts″
rät
von
einem
juristischen
Vorgehen
dagegen
aber
ab:
„
Ganz
allgemein
gehen
bei
solchen
Gelegenheiten
Gänseriche
als
Gänse
mit
durch.″
Wer
zu
einem
Geflügelschießen
gehe,
von
dem
werde
angenommen,
„
dass
er′s
nicht
wegen
des
Gänsegeschlechts
und
zu
Zuchtzwecken
tut,
sondern
des
Gänsebratens
wegen.″
Und
der
müsse
nicht
besser
oder
schlechter
schmecken
als
ein
Gänserich-
Braten.
Münzgeld
aus
Porzellan
Metall-
Not
macht
erfinderisch.
In
der
Staatlichen
Porzellanmanufaktur
Meißen
werden
im
Auftrag
des
Reichsschatzamtes
Versuche
unternommen,
Geldstücke
aus
Porzellan
herzustellen.
Zunächst
geht
es
um
Zwei-
und
Fünf-
Mark-
Stücke
aus
sogenanntem
Bisquitporzellan.
Sie
haben
die
Größe
der
entsprechenden
früheren
Silberstücke.
Eine
Fälschung
dürfte
ausgeschlossen
sein,
da
zur
Herstellung
besondere
technische
Einrichtungen
und
sehr
hohe
Temperaturen
notwendig
sind.
Der
lutherische
Jungfrauenverein
unter
Leitung
von
Frau
Pastor
Goudefroy
begeht
sein
Jahresfest.
Die
neu
konfirmierten
Mädchen
der
Gemeinde
können
nichts
Besseres
tun,
als
ihm
beizutreten,
meint
das
„
Tageblatt″.
„
Sie
werden
dort
sittlich-
religiös
beeinflußt,
finden
Gelegenheit,
sich
in
allerlei
Dingen
weiter
zu
bilden,
guten
Verkehr
und
edle
Geselligkeit
zu
pflegen.″
Zwölf
Mädchen
erhalten
die
silberne
Vereinsbrosche
für
jahrelange
treue
Mitgliedschaft
überreicht.
„
Durch
Aufsagen
eines
hierzu
passenden
Gedichts
gestaltete
sich
der
kleine
Akt
sehr
feierlich.″
Pastor
Goudefroy
mahnt,
„
sich
vom
Vergnügungstaumel
unserer
Tage
fernzuhalten
und
einen
Unterschied
zwischen
erlaubten
Freuden
und
verbotenen
Früchten
zu
machen″.
Erheiternd
wirkt
das
Lustspiel
„
Immenart″,
da
es
trotz
seines
Humors
einen
tiefen
Sinn
hat:
Es
zeigt,
„
daß
der
auf
Brautschau
ausgegangene
Freier
weder
Reichtum
noch
Gelehrsamkeit
schätzt,
sondern
nur
die
mit
,
Bienenfleiß′
Schaffende
heimholt″.
Streit
um
Krankenwagen
Die
Stadt
hat
ihr
erstes
motorisiertes
Krankenfahrzeug
bestellt.
Noch
vor
der
Auslieferung
teilt
der
Hersteller
zu
seinem
größten
Bedauern
mit,
dass
der
Preis
sich
leider
nahezu
verdoppelt
habe.
Er
belegt
das
detailliert
anhand
seiner
gestiegenen
Vorkosten.
Die
Städtischen
Kollegien
sehen
keine
Alternative
zu
der
Nachbewilligung
von
10
720
Mark.
Aber
dann
bricht
wieder
eine
Diskussion
los,
die
schon
im
März
ohne
Ergebnis
geendet
ist:
Soll
das
Krankenautomobil
nur
dem
städtischen
Krankenhaus
zur
Verfügung
stehen
oder
auch
dem
Marienhospital?
Stadtarzt
Dr.
Bitter
meint,
dass
das
Gefährt
für
Stadtkrankenhaus
und
Marienhospital
und
darüber
hinaus
sogar
auch
noch
für
die
Hebammenlehranstalt
und
das
Kinderhospital
ausreiche.
Bürgervorsteher
Dr.
Böger
bezeichnet
die
Krankentransportfrage
als
eine
originär
kommunale
Aufgabe.
Daher
sei
es
logisch,
dass
das
Auto
beim
Stadtkrankenhaus
zu
stationieren
sei
und
diesem
zu
dienen
habe.
Schließlich
habe
die
Stadt
das
Auto
bestellt
und
werde
es
alleinig
bezahlen.
Andere
Redner
weisen
darauf
hin,
dass
keine
Konkurrenz
zwischen
beiden
Häusern
bestehe,
sondern
sie
Hand
in
Hand
zusammenarbeiten.
Man
einigt
sich
schließlich
darauf,
dass
beide
Häuser
darauf
zugreifen
dürfen,
was
die
Stadt
ja
auch
von
den
Unterhaltungskosten
des
Automobils
teilweise
entlaste.
Wenn
beide
Häuser
gleichzeitig
Bedarf
anmelden,
soll
nach
der
Dringlichkeit
der
Fälle
entschieden
werden.
Bildtext:
Das
Ratsgymnasium
auf
einer
Ansichtskarte
des
Jahres
1919.
Der
Verlag
Cramers
Kunstanstalt
aus
Dortmund
empfand
den
davorstehenden
mittelalterlichen
Plümersturm
wohl
als
Beeinträchtigung
des
architektonischen
Gesamteindrucks
und
retuschierte
ihn
kurzerhand
heraus.
Die
handschriftliche
Widmung
auf
der
Karte
lautet:
„
Gymnasium,
du
sollst
mir
stets
in
Ehren
sein,
doch
kriegt
kein
Pferd
mich
wieder
rein.″
Ansichtskarte
Sammlung
Helmut
Riecken.
Foto:
Verlag
Cramers
Kunstanstalt
aus
Dortmund
Autor:
Joachim Dierks