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1.
Erscheinungsdatum:
27.05.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Calmeyer-Biograf würde „auf Freispruch plädieren″
CDU widerspricht: Hans-Calmeyer-Haus mehr als ein Arbeitstitel
Zwischenüberschrift:
Beihilfe zum Mord? Diskussion um Osnabrücker Judenretter
Debatte um Museumspläne / CDU-Ratsfraktion: Historische Person nicht mit heutigen Rechtsmaßstäben zu messen
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Juristen
streiten
über
den
Fall
Hans
Calmeyer:
Während
Strafverteidiger
Thomas
Klein
glaubt,
dass
ein
Gericht
den
Osnabrücker
NS-
Funktionär
und
Judenretter
heute
wohl
der
„
x-
fachen
Beihilfe
zum
Mord″
für
schuldig
befinden
würde,
kommt
Rechtsanwalt
und
Calmeyer-
Biograf
Mathias
Middelberg
zu
einem
ganz
anderen
Schluss.
In
einem
Bericht
unserer
Redaktion
hatte
Klein
den
Standpunkt
vertreten,
dass
Calmeyer
sich
aus
heutiger
Sicht
als
Leiter
der
NS-
Entscheidungsstelle
in
Den
Haag
im
Zweiten
Weltkrieg
wahrscheinlich
der
„
x-
fachen
Beihilfe
zum
Mord″
schuldig
gemacht
habe.
Vor
Gericht
drohe
Calmeyer
deshalb
eine
Freiheitsstrafe.
Sein
Rettungswerk,
dem
nachweislich
mehrere
Tausend
Juden
ihr
Leben
verdanken,
könne
jedoch
mildernde
Umstände
bedeuten.
Die
Stadt
Osnabrück
müsse
bei
der
Benennung
ihres
geplanten,
Calmeyer
gewidmeten
Museums
in
jedem
Fall
vorsichtig
sein,
mahnte
Klein,
der
auch
für
die
Grünen
im
Rat
sitzt.
Falsche
Annahmen?
Der
Osnabrücker
Calmeyer-
Biograf
Mathias
Middelberg,
selbst
Rechtsanwalt,
widerspricht
dieser
Auffassung.
Die
Frage
der
Namensgebung
für
das
geplante
Museum
könne
man
zwar
durchaus
kritisch
diskutieren,
erklärt
er
im
Gespräch
mit
unserer
Redaktion.
„
Die
juristische
Bewertung
von
Thomas
Klein
zu
einer
–
sicher
absehbaren
–
Verurteilung
Hans
Calmeyers
wegen
Mordbeihilfe
ist
allerdings
nicht
haltbar.″
Sie
beruhe
möglicherweise
auf
falschen
Annahmen
zum
Sachverhalt.
Klein
gehe
offenbar
davon
aus,
Calmeyer
habe
in
den
Fällen,
in
denen
er
negativ
über
die
Abstammung
von
niederländischen
Juden
entschied,
„
diese
Menschen
aus
rassischen
Gründen
der
NS-
Mordmaschinerie
zugeführt″
und
insofern
einen
Tatbeitrag
geleistet.
Das
sieht
Middelberg
anders.
Die
Nazis
hätten
in
den
Niederlanden
durch
das
vorhandene
Bevölkerungsregister
und
durch
eine
erzwungene
Meldeaktion
etwa
140
000
Personen
als
Juden
registriert.
„
Schon
diese
Registrierung
bedeutete
die
Aufnahme
auf
eine
Todesliste″,
betont
der
Experte.
Calmeyers
Aufgabe
habe
darin
bestanden,
in
„
Zweifelsfällen″
zu
prüfen,
ob
jemand,
wenn
er
eine
nicht
jüdische
Abstammung
belegen
konnte,
von
dieser
Liste
zu
streichen
war.
„
Calmeyer
hat
also
niemanden
auf
eine
Deportationsliste
gesetzt,
sondern
nur
Menschen
von
dieser
Liste
gestrichen.″
Nun
lasse
es
der
Bundesgerichtshof
zwar
genügen,
dass
„
die
Hilfeleistung
die
Haupttat
in
irgendeiner
Weise
erleichtert
oder
fördert″,
so
Middelberg
weiter.
Aber
auch
diese
Erleichterung
oder
Förderung
sei
vorliegend
nicht
zu
erkennen.
„
Im
Gegenteil:
Calmeyer
behinderte
den
Ablauf
der
Deportationen.″
Von
sich
aus
habe
der
Osnabrücker
NS-
Funktionär
eine
Liste
eingerichtet,
in
die
alle
eingetragen
worden
seien,
die
ihre
Abstammung
überprüfen
lassen
wollten
–
zuletzt
fast
6000.
Wer
auf
dieser
Liste
stand,
sei
zunächst
vor
Deportation
geschützt
gewesen
und
habe
so
kostbare
Zeit
gewonnen,
um
zum
Beispiel
ein
Untertauchen
vorzubereiten.
„
Auch
die
Abgelehnten
wurden
durch
Calmeyers
Tun
deshalb
nicht
schlechter,
sondern
besser
gestellt″,
unterstreicht
Middelberg.
Der
Vize-
Chef
der
SS
habe
sich
bei
Calmeyer
beklagt:
Die
„
Aussiedlung″
werde
„
erschwert″,
weil
immer
mehr
Juden
plötzlich
auf
eine
„
Rückstellung
wegen
laufender
Abstammungsprüfung″
verweisen
konnten.
Einer
Anweisung
des
Reichskommissars
für
die
Niederlande
von
Dezember
1942,
die
Abstammungsprüfungen
einzustellen,
sei
Calmeyer
nicht
gefolgt,
sondern
habe
weitere
Anträge
zugelassen.
„
Für
viele
Personen,
deren
Antrag
kaum
bewilligt
werden
konnte,
weil
sie
etwa
prominente
Mitglieder
der
portugiesisch-
israelitischen
Gemeinde
waren,
ersann
Calmeyer
alternative
Rettungswege″,
führt
der
Biograf
aus.
Statt
Deportation
habe
er
Übersiedlung
nach
Spanien
oder
Portugal
gefordert.
Denn
„
rassisch
betrachtet″,
zitiert
Middelberg
Calmeyer,
handele
es
sich
bei
den
portugiesischen
Juden
um
Iberer,
nicht
um
Juden.
Kein
Aufrechnen
In
Bezug
auf
den
von
Rechtsanwalt
Klein
geäußerten
Vorwurf
der
„
Beihilfe
zum
Mord
in
x
Fällen″
stellt
Middelberg
fest:
„
Es
fehlt
daher
an
einem
fördernden
Tatbeitrag.″
Unbeschadet
dessen
seien
auch
Kleins
Überlegungen
zur
Rechtfertigungsebene
nicht
überzeugend.
Es
gehe
nicht
um
ein
Aufrechnen
von
Menschenleben.
„
Wenn
Calmeyer
aber
meinte,
vor
allem
in
den
letzten
Monaten
nicht
mehr
alle
retten
zu
können,
weil
die
Rettungsaktion
sonst
insgesamt
aufgeflogen
und
dann
alle
–
auch
die
bereits
Geretteten
–
bedroht
gewesen
wären,
wäre
das
ganz
gewiss
ein
beachtlicher
Notstandssachverhalt
schon
auf
der
Rechtfertigungs-
,
jedenfalls
auf
der
Schuldebene″,
ist
Middelberg
überzeugt.
„
Ich
würde
deshalb
klar
auf
Freispruch
plädieren.″
Bildtexte:
Der
Osnabrücker
Calmeyer-
Biograf,
Rechtsanwalt
und
CDU-
Bundestagsabgeordnete
Mathias
Middelberg
Bleibt
eine
umstrittene
Figur:
der
Osnabrücker
NS-
Funktionär
und
Judenretter
Hans
Calmeyer,
hier
eine
Aufnahme
aus
den
Jahren
um
1940.
Fotos:
dpa,
Yad
Vashem
Osnabrück
Dem
Osnabrücker
NS-
Funktionär
und
Judenretter
Hans
Calmeyer
soll
in
seiner
Heimatstadt
ein
Museum
gewidmet
werden.
Wie
es
heißen
wird,
darüber
scheint
das
letzte
Wort
noch
nicht
gesprochen
–
oder
doch?
Anders
als
die
Grünen
sieht
die
CDU-
Fraktion
im
Begriff
„
Calmeyer-
Haus″
mehr
als
einen
Arbeitstitel.
Der
Name
„
Hans-
Calmeyer-
Haus″
taucht
in
einem
Ende
2017
gefassten
Ratsbeschluss
zur
geplanten
Nutzung
der
Villa
Schlikker
–
einst
Osnabrücker
Hauptquartier
der
NSDAP
–
gleich
mehrfach
auf.
Für
viele
gilt
die
Bezeichnung
deshalb
als
gesetzt.
Wissenschaftler,
die
die
Stadt
bei
ihren
Museumsplänen
beraten,
sind
in
der
Frage
gespalten:
Manche
sagen,
wo
Calmeyer
drin
sei,
müsse
auch
Calmeyer
drauf
stehen.
Andere
halten
es
für
unverantwortlich,
das
geplante
Museum
nach
einem
Mann
zu
benennen,
der
im
Zweiten
Weltkrieg
aktiv
zum
Holocaust
beigetragen
habe
–
möge
er
diesen
zugleich
noch
so
erfolgreich
sabotiert
haben.
Auch
Teile
des
Osnabrücker
Rates
finden
den
Begriff
Calmeyer-
Haus
kritikwürdig.
In
einem
Interview
mit
unserer
Redaktion
erklärte
vorige
Woche
etwa
der
Grüne
Thomas
Klein,
seine
Fraktion
sehe
darin
nur
einen
„
Arbeitstitel″.
Die
Politik
habe
damals
im
Rahmen
von
Haushaltsberatungen
entschieden,
ohne
eine
inhaltliche
Debatte
über
den
Namen
zu
führen.
Die
CDU-
Ratsfraktion
widerspricht
dem.
„
Kleins
Behauptung
entbehrt
jeder
Grundlage
und
entspricht
nicht
der
Wahrheit″,
sagte
der
CDU-
Fraktionsvorsitzende
Fritz
Brickwedde
am
Montag
laut
Mitteilung.
Bereits
in
der
Finanzausschuss-
Sitzung
am
14.
November
2017
habe
es
eine
Diskussion
zum
Hans-
Calmeyer-
Haus
gegeben.
Ein
CDU-
Änderungsantrag
sei
fraktionsübergreifend
begrüßt
worden.
Ferner
habe
es
in
der
Verwaltungsvorlage
für
die
Kulturausschuss-
Sitzung
am
23.
November
2017
und
die
Ratssitzung
am
5.
Dezember
2017
unter
der
Überschrift
„
Die
Villa
Schlikker
wird
zum
Hans-
Calmeyer-
Haus″
eine
Begründung
gegeben,
aus
der
hervorgehe,
dass
es
„
nie
um
eine
Heroisierung
Calmeyers″
gegangen
sei,
betonte
Brickwedde.
Wörtlich
heiße
es
in
der
Vorlage:
„
Der
Osnabrücker
Hans
Calmeyer
arbeitete
als
Referent
für
die
nationalsozialistische
Verwaltungsstruktur,
rettete
dabei
jedoch
etwa
3000
bis
5000
Juden.
Die
israelische
Holocaust-
Gedenkstätte
Yad
Vashem
zählt
ihn
zu
den
Gerechten
unter
den
Völkern.
An
seinem
Beispiel
lässt
sich
lernen,
wie
auch
in
Zeiten
der
Unterdrückung
Handlungsspielräume
für
Zivilcourage
bleiben.″
Im
Kulturausschusses
sei
damals
zum
Hans-
Calmeyer-
Haus
„
ausführlich
diskutiert″
worden,
stellte
der
CDU-
Fraktionsvorsitzende
fest.
Das
Protokoll
verzeichne
drei
Seiten
zu
diesem
Thema,
und
dabei
sei
es
„
nicht
um
Geld,
sondern
um
Inhalte″
gegangen.
Es
sei
auf
die
wissenschaftlichen
Publikationen
von
Peter
Niebaum,
Mathias
Middelberg,
Joachim
Castan
und
Petra
van
den
Boomgaard
hingewiesen
worden,
die
sich
„
ausführlich
und
differenziert″
mit
Calmeyer
auseinandergesetzt
hätten.
Einstimmig
habe
der
Kulturausschuss
der
Umbenennung
der
Villa
Schlikker
in
Hans-
Calmeyer-
Haus
zugestimmt
und
sich
für
eine
neue,
moderne
interaktive
Ausstellung
zu
Hans
Calmeyer
eingesetzt,
„
die
dem
aktuellen
Forschungsstand
entspricht
und
vor
allem
junge
Menschen
anspricht″.
Eine
Zusammenarbeit
mit
den
Niederlanden
sei
anzustreben,
so
der
einstimmige
Beschluss.
Brickwedde:
„
Dieses
Ergebnis
ausführlicher
Diskussionen
und
Abwägungen
in
den
Fachausschüssen
und
in
der
Verwaltung
wurde
dann
vom
Rat
am
5.
Dezember
2017
einstimmig
bestätigt.″
Es
sei
absolut
üblich,
dass
bei
einstimmigen
Empfehlungen
der
Fachausschüsse
der
Rat
nicht
mehr
erneut
in
Debatten
einsteige.
Die
juristische
Sichtweise
des
Strafverteidigers
Klein
auf
den
Fall
Calmeyer
könne
in
der
geplanten
Museumsausstellung
diskutiert
werden,
schlug
Brickwedde
vor.
Klein
ist
der
Auffassung,
dass
Calmeyer
–
würde
er
noch
leben
–
sich
heute
wegen
„
Beihilfe
zum
Mord
in
x
Fällen″
vor
Gericht
verantworten
müsse
und
eine
Verurteilung
wahrscheinlich
sei.
Wobei
Calmeyers
Rettungswerk
laut
Klein
strafmildernd
wirken
dürfte.
Die
CDU-
Ratsfraktion
hält
dagegen,
es
sei
„
unhistorisch,
Calmeyer
heute
mit
den
Maßstäben
eines
freiheitlichen
Rechtsstaates
zu
messen″.
Der
Osnabrücker
NS-
Funktionär
sei
„
in
einem
Unrechtsstaat
seinem
Gewissen
gefolgt″
und
habe
„
mit
seiner
Sabotage
der
totalitären
Diktatur
viele
Menschenleben
gerettet″.
Brickwedde
bemühte
einen
Vergleich:
„
Man
stelle
sich
einmal
vor,
Stauffenberg
wäre
nach
dem
Attentat
auf
Hitler
am
20.
Juli
1944
ins
Ausland
geflohen
und
hätte
überlebt.
Hätte
man
ihn
dann
–
der
strafrechtlichen
Logik
Kleins
folgend
–
nach
dem
Krieg
vor
Gericht
gestellt,
weil
bei
dem
Attentat
vier
Menschen
starben?
Das
ist
absurd.″
Bildtext:
Die
Villa
Schlikker,
einst
NSDAP-
Parteizentrale
in
Osnabrück,
soll
zu
einem
Ausstellungshaus
umgebaut
werden,
das
sich
dem
Osnabrücker
NS-
Funktionär
und
Judenretter
Hans
Calmeyer
widmet.
Über
den
Namen
für
das
geplante
Museum
gibt
es
Streit.
Foto:
Gert
Westdörp
Autor:
Sebastian Stricker