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1.
Erscheinungsdatum:
22.05.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Calmeyer-Haus für Grüne nur ein Arbeitstitel
„Beihilfe zum Mord in x Fällen″
Zwischenüberschrift:
Judenretter und Nazi-Verbrecher: Wie ein Osnabrücker Strafverteidiger den Fall Hans Calmeyer sieht
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Der
Ratsbeschluss
für
ein
Hans-
Calmeyer-
Haus
in
Osnabrück
fiel
Ende
2017
einstimmig.
Hat
die
Politik
damals
vorschnell
entschieden
und
muss
den
Begriff
am
Ende
vielleicht
zurücknehmen?
„
Nein,
denn
das
ist
eine
sehr
einseitige
Auslegung
des
Ratsbeschlusses″,
sagt
Grünen-
Ratsherr
Thomas
Klein.
Der
Beschluss
sei
damals
ohne
inhaltliche
Debatte
im
Rahmen
von
Haushaltsberatungen
gefasst
worden
und
habe
sich
eher
um
finanzielle
Dinge
gedreht,
die
es
mit
Blick
auf
den
Museumsstandort
Villa
Schlikker
zu
regeln
galt.
Insofern
handele
es
sich
bei
der
Bezeichnung
Calmeyer-
Haus
nur
um
„
einen
Arbeitstitel″.
Klein
selbst
mahnt
in
der
Namensfrage
zur
Vorsicht.
Denn
als
Strafverteidiger
habe
er
einen
ganz
besonderen
Blick
auf
den
Fall
des
Osnabrücker
Judenretters
und
Nazi-
Verbrechers.
Osnabrück
Der
Osnabrücker
Hans
Calmeyer
gilt
vielen
als
größter
deutscher
Judenretter,
war
aber
auch
unbestritten
ein
Rad
im
Getriebe
der
NS-
Mordmaschinerie.
Darf
die
Stadt
dann
ein
Museum
nach
ihm
benennen?
Strafverteidiger
und
Grünen-
Ratsherr
Thomas
Klein
mahnt
zur
Vorsicht.
Welche
Rolle
spielte
Calmeyer
im
Dritten
Reich?
Calmeyer
(1903–72)
war
ein
Rechtsanwalt
aus
Osnabrück.
Im
Zweiten
Weltkrieg
entschied
er
in
Diensten
der
Nazis
mit
seiner
Unterschrift
über
Leben
und
Tod
von
niederländischen
Juden.
Als
Leiter
der
NS-
Entscheidungsstelle
für
„
rassische
Zweifelsfälle″
in
Den
Haag
war
der
Jurist
dafür
mitverantwortlich,
Verfolgte
in
Konzentrations-
und
Vernichtungslager
zu
deportieren.
Die
meisten
Juden,
deren
Anträge
Calmeyer
bearbeitete,
bewahrte
er
jedoch
davor
–
oft
mithilfe
bürokratischer
Tricks,
für
die
er
auch
sein
eigenes
Leben
aufs
Spiel
setzte.
Welche
Folgen
hätte
sein
Handeln
für
Calmeyer
heute?
Würde
Calmeyer
noch
leben,
würde
er
für
sein
Tun
wohl
bestraft.
Davon
ist
der
Osnabrücker
Strafverteidiger
Thomas
Klein
überzeugt.
Calmeyers
Rettungswerk,
das
ihm
1992
posthum
den
von
der
israelischen
Holocaust-
Gedenkstätte
Yad
Vashem
verliehenen
Ehrentitel
„
Gerechter
unter
den
Völkern″
eintrug
und
das
jetzt
seine
Heimatstadt
Osnabrück
sogar
veranlasst,
ihm
ein
Museum
zu
widmen,
würde
sich
aber
strafmildernd
auswirken.
Was
genau
würde
Calmeyer
vorgeworfen?
„
Die
Staatsanwaltschaft
würde
Anklage
wegen
Beihilfe
zum
Mord
in
x
Fällen
zum
Schwurgericht
beim
Landgericht
Osnabrück
erheben″,
sagt
Klein,
von
unserer
Redaktion
mit
diesem
hypothetischen
Fall
konfrontiert.
Gegenstand
der
Anklage
wären
laut
dem
Rechtsanwalt
die
von
Calmeyer
geprüften
Fälle,
in
denen
er
zu
dem
Ergebnis
gekommen
war,
„
dass
diese
Menschen
aus
rassischen
Gründen
der
NS-
Mordmaschinerie
zugeführt
werden
konnten″.
Die
angeklagten
Taten
wären
auch
nicht
verjährt,
da
Mord
nicht
verjährt,
so
Klein
weiter.
„
Im
Verurteilungsfall
würde
eine
Freiheitsstrafe
drohen.″
Welche
Argumente
könnten
zu
Calmeyers
Verteidigung
vorgetragen
werden?
Angesichts
der
wissenschaftlich
sehr
gut
erforschten
Tätigkeit
Calmeyers
wäre
die
Beweislage
wohl
erdrückend,
meint
Strafverteidiger
Klein.
Zu
behaupten,
Calmeyer
habe
nicht
gewusst,
was
mit
Juden
passiert,
sei
unglaubwürdig.
„
Es
war
ja
gerade
Grund
seines
Handelns
gewesen,
gefälschte
Unterlagen
zu
akzeptieren,
um
diese
Menschen
vor
der
Deportation
und
dem
Gaskammer-
Tod
zu
bewahren.″
Daher
spräche
laut
Klein
sehr
viel
dafür,
eine
sogenannte
„
Strafmaßverteidigung″
zu
führen
–
also
die
Handlungen
einzuräumen
und
Gründe
vorzutragen,
die
sie
in
einem
günstigeren
Licht
erscheinen
lassen,
„
vor
allem
seine
erfolgreichen
Bemühungen,
einer
Vielzahl
von
Menschen
das
Leben
gerettet
zu
haben″.
Es
würde
ferner
darum
gehen
zu
erklären,
warum
er
diese
Tätigkeit
ausübte.
Wie
sehr
ihm
persönlich
die
Verfolger
im
Nacken
saßen
und
er
Angst
davor
hatte
aufzufliegen.
Aber
auch,
ob
und
in
welchem
Maß
Calmeyer
selbst
von
seiner
letztlich
todbringenden
Tätigkeit
psychisch
beeinträchtigt
war.
Ist
es
aus
rechtlicher
Sicht
bedeutsam,
dass
die
Zahl
der
von
Calmeyer
geretteten
Juden
nachweislich
um
ein
Vielfaches
höher
ist
als
die
Zahl
derer,
denen
er
nicht
half?
„
Nein,
überhaupt
nicht″,
betont
Klein.
„
Unsere
Rechtsordnung
lässt
ein
solches
Aufwiegen
aus
guten
Gründen
nicht
zu.″
Es
gebe
zwar
im
Strafgesetzbuch
den
Paragrafen
34
(Rechtfertigender
Notstand)
.
Es
sei
jedoch
in
Rechtsprechung
und
Literatur
unbestritten,
dass
„
menschliches
Leben
einer
saldierenden
Abwägung
nicht
zugänglich
ist,
da
es
nur
individuelle
Menschenrechte
und
kein
unterschiedlich
wertvolles
menschliches
Leben
gibt″.
Das
gelte
auch
dann,
„
wenn
durch
Tötung
eines
Menschen
mehrere
andere
gerettet
werden″.
Wissenschaftler,
die
sich
ausführlich
mit
Calmeyer
beschäftigt
haben,
sind
der
Auffassung,
dass
er
nur
deshalb
viele
Menschen
retten
konnte,
weil
er
es
in
manchen
Fällen
unterließ.
Könnte
Calmeyer
unter
diesen
Umständen
heute
wirklich
als
Kriegsverbrecher
angesehen
und
als
solcher
zur
Rechenschaft
gezogen
werden?
Calmeyer
werde
zwar
nicht
als
„
Kriegsverbrecher″
zu
bezeichnen
sein,
meint
Klein.
Jedoch
verdecke
die
Formel
„
Wer
alle
retten
wollte,
rettete
keinen″
den
„
grundlegenden
Unterschied
zwischen
Menschen,
die
aktiv
wurden,
um
bedrohtes
Leben
vor
den
Nazis
zu
retten,
und
solchen,
die
wie
Calmeyer
ein
nicht
unwichtiger
Teil
der
NS-
Mordmaschinerie
waren″.
Darüber
hinaus
seien
jede
einzelne
Person
und
ihre
Taten
individuell
zu
beurteilen.
SS-
Mann
Oskar
Gröning
etwa
sei
in
Auschwitz
unter
anderem
als
Bewachung
an
der
Rampe
eingesetzt
gewesen,
und
er
war
Buchhalter
in
der
Häftlingsgeld-
Verwaltung.
„
Aber
er
war
in
keinem
Fall
an
der
Entscheidung
über
Leben
oder
Tod
beteiligt″,
sagt
Klein.
Gleichwohl
wurde
Gröning
2015
vom
Landgericht
Lüneburg
wegen
Beihilfe
zum
Mord
in
300
000
Fällen
zu
einer
Freiheitsstrafe
von
vier
Jahren
verurteilt.
Warum
tut
sich
die
Stadt
Osnabrück
so
schwer
damit,
ein
Museum
nach
Calmeyer
zu
benennen
–
erst
recht,
wenn
es
sich
kritisch
mit
ihm
auseinandersetzt?
Nach
Ansicht
von
Strafverteidiger
und
Grünen-
Ratsherr
Klein
haben
Mitglieder
des
wissenschaftlichen
Beirats
bereits
„
gute
Argumente
vorgetragen,
warum
eine
Benennung
des
Hauses
nach
Calmeyer
kritikwürdig
sein
könnte″.
Dass
der
Rat
der
Friedensstadt
Osnabrück
diese
Argumente
ernst
nehme,
sei
richtig.
Trüge
das
geplante
Museum
Calmeyers
Namen,
würde
„
ausschließlich
die
Seite
hervorgehoben,
die
zur
Rettung
von
Menschen
geführt
hat,
und
Calmeyer
damit
heroisiert″.
Dagegen
bliebe
die
andere
Seite,
nämlich
Calmeyers
Mitwirkung
an
der
Shoa,
also
dem
nationalsozialistischen
Völkermord
an
den
Juden
Europas,
„
auf
den
ersten
Blick
unbeachtet″
und
wäre
erst
Teil
der
inhaltlichen
Ausgestaltung.
Klein:
„
Ein
Calmeyer-
Haus
würden
Angehörige
der
Überlebenden
besuchen,
aber
eben
nicht
die
Angehörigen
der
Ermordeten.
Und
die
sollen
ihre
Trauer
auch
dort
wiederfinden
und
erleben,
was
wir
Nachkommenden
tun,
dass
es
keine
Wiederholung
gibt.″
Bildtexte:
Angehörige
niederländischer
Juden,
denen
Calmeyer
damals
nicht
half,
protestieren
in
Osnabrück
gegen
die
Pläne
für
ein
Hans-
Calmeyer-
Haus.
Hans
Calmeyer
in
den
50er-
Jahren.
Thomas
Klein,
Anwalt
und
Grünen-
Politiker.
Fotos:
Evangelische
Omroep
(EO)
,
Filmkontor
Castan,
Gründel
Autor:
Sebastian Stricker