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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Die Tram hat Angers verändert
Zwischenüberschrift:
Seit einem halben Jahr fährt die Bahn durch Osnabrücks französische Partnerstadt
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
ANGERS. Sie fährt. Nochzuckt der eine oder andere Angeviner zusammen, wenn er beim Schlendern über den zentralen Place du Ralliement das helle Warnklingeln der Tram hört. Doch solangsam gewöhnen sich die Bewohner von Angers daran und sind der Faszination für die Bahn im Regenbogendesign erlegen. Während in Osnabrück immer wieder über die Einführung einer Straßenbahn diskutiert wird, war die Linie in der westfranzösischen Partnerstadt vor einem halben Jahr feierlich eröffnet worden.

Prochaine station: Placedu Ralliement″, sagt die Stimme aus dem Lautsprecher – „ Nächster Halt: Placedu Ralliement.″ Fahrgästesteigen aus, neue strömen hinein und halten ihre Tickets im Scheckkartenformat an den elektronischen Entwerter, der ein kurzes Brummen von sich gibt. Validé″ zeigt das Display an und leuchtet grün auf – „ entwertet″.
Eine Straßenbahn wie jede andere, könnte man meinen, doch für die Bewohner von Angers ist es noch immer etwas Besonderes, endlich mit ihrer″ Tram zu fahren. Seit dem ersten Tag nehme ich die Tram″, sagt ein Fahrgast stolz. Es ist ein bisschen wie in der Métro von Paris″, findet eine ältere Dame. Und ein dritter Fahrgast betont: Ich bin jetzt viel schneller im Zentrum als mit dem Bus! Ist die Bahn an der Endstation Avrillé noch völlig leer, füllen sich in Richtung Zentrum nach und nach die grünen Sitze.

Grün und bunt

Grün sind übrigens nicht nur die Polster, grün ist auch ein großer Teil der mit Rasen bepflanzten Gleisbetten, über die die Bahn fast lautlos gleitet. Und an der Decke eines jeden Straßenbahnwagen sprangen bunt verschnörkelte Vögel, Blumen und Schmetterlinge. Angers ist Zentrumeiner der wichtigsten Gartenbauregionen Frankreichs, des Anjou, und wollte sich auch bei der Konzeption der Straßenbahn darauf beziehen: Umweltbewusst sei man, der Region verbunden.
Von außen erscheint die Tram im Regenbogendesign. Schwulenverbände hätten schon gejubelt, erinnert sichTabea Hörnschemeyer schmunzelnd und erklärt außerdem, dass die Nasen der Bahnen mit ihrer spitz zulaufenden Form den traditionellen Booten in Maine und Loire nachempfunden seien. Die ehemalige Städtebotschafterin aus Osnabrück hat die Einführung der Tram hautnah miterlebt und für einige deutsche Delegationen gedolmetscht.
Knapp 300 Millionen Euro hat die westfranzösische Stadt mit etwa 150 000 Einwohnernin die Linie A investiert, die sich von der Station Avrillé, einem Vorort im Norden, bis zur Station Roseraie im Süden schlängelt. Eine Linie B seibislang aber noch vage Zukunftsmusik, sagt Projektleiterin Marie-Pierre Trichet.
Bislang ist sie zufrieden: Die Tram wird sehr gut angenommen, und die Zahl der Unfälle hält sich in Grenzen dabei müssen sich nicht nur Fußgänger umgewöhnen, auch Autos und Radfahrerhaben nun einen zusätzlichen Verkehrsteilnehmer zubeachten. Man sagt, dass es ungefähr ein Jahr dauert, bis sich alle daran gewöhnt haben″, sagt Trichet und zieht die Erfahrungen heran, die zum Beispie die südwestfranzösische Stadt Bordeaux gemacht hat. Seit 2003 gibt es dort eine Tram, inzwischen mit drei Linien.
Die ersten Anlieger der Linie A in Angers hatten sich allerdings schon im August vergangenen Jahres über Risse in den Wänden ihres Hauses beschwert. Es handelt sich um ein altes Gebäude″, sagt Marie Pierre Trichet und runzelt die Stirn. Wir warten erst einmal die Untersuchungen ab.″
Stolz lächeln die Tramfahrer in die Kamera, wenn sie sehen, dass sie mit ihrer Bahn fotografiert werden und das werden sie oft. Christian Andounin ist einer vonihnen. Wie seine Kollegen ist er auch Busfahrer und wurde nach umfangreichen Stresstests als Tramfahrer auserwählt. Mit der linken Handkontrolliert er die Geschwindigkeit und bremst. Maximal 50 km/ h schnell kann er fahren, das Minimum sind 15 km/ h. Permanent muss der Fahrer seine Hand am Gashebel bewegen. Sonst blockiert die Tram automatisch″, erklärt er. Ein Kontrollmechanismus. Man muss sehr aufmerksam sein.″ Dierechte Hand hat Monsieur Andounin immer in der Nähe des silbernen Klingelknopfes, der Fußgänger und Radfahrer warnen soll. Vor jeder Station klingelt er mal einmal, mal dreimal, je nachdem, was auf der Straße los ist. Über Kameras hat er im Blick, was seitlich geschieht.
Für den Ernstfall gibt es ei-en dicken roten Notbremse-Knopf in seinem Cockpit. Da bitte nicht draufdrücken″, sagt er grinsend, aber hier dürfen Sie ruhig mal″ und zeigt auf den silbernen Klingelknopf, der verlockend schimmert. Diese Gelegenheit würde sich natürlich keine Reporterin entgehen lassen. Außerdem ist hier in Avrillé Endstation, und zurückgeht es erst in drei Minuten.„Bing″, erklingt es hell beim ersten Drücken und noch schöner sind mehrere nacheinander: Bing, bing, bing.″

Bildtexte:
So langsam gewöhnen sich die Bewohner Angers an die leise gleitende Tram. Bei der Einfahrt auf die autofreie Place du Ralliement im Zentrum der Stadt ist die Bahn jedenfalls ein Hingucker.
Die Fahrer in ihren Hightech-Cockpits müssen ihre Augen überall haben. Das Bild zeigt Monsieur Andounin.
Der kleine silberne Knopf, das ist die glockenhelle Warnklingel.
Fotos:
Sandra Dorn
Autor:
Sandra Dorn


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