User Online: 2 |
Timeout: 17:34Uhr ⟳ |
Ihre Anmerkungen
|
NUSO-Archiv
|
Info
|
Auswahl
|
Ende
|
A
A
A
Mobil →
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Themen ▾
Baumschutz (112)
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) (360)
Die Arbeit der Stadtgaertner seit 1891 (975)
Die Hase und ihre Nebengewaesser (3007)
Gartenprojekte (22)
Klimageschichte (seit 1874) (162)
Konflikte um Kleingarten (25)
Konversionsflaechen (245)
Kooperation Baikal-Osnabrueck (25)
Umweltbildungszentrum(UBZ)1997-2018 (108)
Verein für Ökologie und Umweltbildung Osnabrueck (324)
Suche ▾
Einfache Suche
Erweiterte Suche
Listen ▾
Orte in Osnabrück
Themen zu Umwelt und Nachhaltigkeit
AkteurInnen
Bildung
Auswahllisten für wichtige Themen (im Aufbau)
Erscheinungsdatum (Index)
Ergebnis
Merkliste ▾
Merkliste zeigen
Merkliste löschen
Datensätze des Ergebnis
Suche:
Auswahl zeigen
Treffer:
1
Sortierungen:
Datum vorwärts
Datum rückwärts
1.
Erscheinungsdatum:
30.04.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Mieterin kämpft gegen Investor
Mieterin widersetzt sich großem Wohnprojekt
Zwischenüberschrift:
Neues Viertel an der Möserstraße: Investor bereitet Räumungsklage vor
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Dem
70-
Millionen-
Euro-
Wohnprojekt
im
Herzen
von
Osnabrück
droht
Ungemach.
Eine
von
30
Mietparteien
wehrt
sich
gegen
die
Kündigung
und
will
nicht
ausziehen.
Mit
allen
anderen
Mietern
hat
sich
der
Investor
inzwischen
geeinigt.
Das
Meppener
Unternehmen
Pro
Urban
plant
in
dem
Dreieck
zwischen
Möserstraße
und
Georgstraße
einen
Komplex
mit
381
Kleinstwohnungen
für
Senioren,
Studenten
und
Berufspendler.
Dem
Bau
müssen
mehrere
Wohn-
und
Geschäftshäuser
weichen,
darunter
auch
die
ehemalige
C&
A-
Filiale
(heute
Tedi)
.
Einge
Mieter
leben
schon
mehrere
Jahrzehnte
in
dem
Quartier,
darunter
auch
eine
64-
jährige
Unternehmerin.
Sie
lehnt
die
Umwandlung
des
Viertels
grundsätzlich
ab
und
steuert
auf
einen
Rechtsstreit
mit
dem
Investor
zu.
Kann
ihr
Widerstand
das
Gesamtprojekt
ausbremsen?
Osnabrück
29
Mietparteien
im
Möser-
Quartier
haben
sich
mit
dem
Investor
finanziell
geeinigt,
eine
wehrt
sich
und
will
nicht
weg.
Was
bedeutet
das
für
das
70-
Millionen-
Projekt
im
Herzen
von
Osnabrück?
„
Menschen
in
die
City
holen,
Autos
raus
und
Junge
und
Alte
zusammenbringen
–
wir
setzen
genau
das
um,
was
in
Osnabrück
großes
Thema
ist″:
So
beschreibt
Raphael
Wellen,
Geschäftsführer
von
Investor
Pro
Urban,
das
Konzept,
das
er
schon
in
anderen
Städten
umgesetzt
hat.
381
Appartements
sollen
zwischen
Möserstraße
und
Georgstraße
entstehen.
Sie
werden
zwischen
24
und
30
Quadratmeter
groß
und
voll
möbliert
sein.
Im
Erdgeschoss
werden
Serviceeinrichtungen
untergebracht,
die
den
Bewohnern
des
Hauses
das
Leben
angenehm
machen
sollen,
aber
auch
jedem
anderen
offen
stehen.
Dazu
gehören
ein
Restaurant,
eine
Tagespflege,
Fitness-
und
Sportfläche,
Lounge
und
Aufenthaltszone,
eine
Wäscherei
und
ein
frei
zugänglicher,
begrünter
Innenhof.
Die
Gewerbeflächen
waren
allesamt
befristet
oder
mit
kurzfristig
kündbaren
Mietverträgen
verpachtet.
Bei
den
Wohnungen
ist
die
Situation
anders.
Einige
Menschen
wohnen
dort
schon
ihr
halbes
Leben
–
wie
Erdmute
Immel
(80)
und
Eva-
Maria
Jakob
(64)
.
Die
beiden
Mieterinnen
reagieren
aber
ganz
unterschiedlich
auf
die
Pläne
des
Investors.
Sie
ist
zufrieden
Erdmute
Immel
ist
am
1.
Januar
1977
in
die
100-
Quadratmeter-
Wohnung
in
der
Georgstraße
20
eingezogen.
Damals
arbeitete
sie
in
der
Lagerhalle,
organisierte
Lesungen
und
Diskussionen
zu
Themen
der
Zeit.
Dass
das
Haus,
in
dem
sie
wohnt,
an
die
Pro
Urban
verkauft
wurde,
erfuhr
sie
im
Dezember
2019
aus
unserer
Zeitung.
Der
ersten
Überraschung
folgte
die
Neugier:
„
Ich
wollte
mehr
wissen,
was
die
hier
vorhaben.″
Pro-
Urban-
Geschäftsführer
Raphael
Wellen
sagt,
er
habe
mit
allen
30
Mietern
ein
persönliches
Gespräch
geführt.
So
saß
er
an
einem
Tag
im
Januar
auch
Erdmute
Immel
gegenüber,
die,
wie
sie
selbst
sagt,
dem
jungen
Mann
„
richtig
Kontra
gegeben″
habe.
Sie
sei
anfangs
skeptisch
gewesen,
ob
dieses
Konzept
der
kleinen
Appartements
wirklich
trage.
„
Wir
haben
diskutiert,
und
ich
habe
erkannt,
dass
solche
Wohnungen
heute
gewünscht
sind″,
sagt
die
80-
Jährige.
„
Es
war
ein
sehr
konstruktives
Gespräch.″
Am
Ende
kam
auch
etwas
bei
dem
Gespräch
heraus,
was
Erdmute
Immel
„
anständig″
nennt:
Pro
Urban
zahlt
ihr
den
Umzug
und
legt
ein
finanzielles
„
Sahnehäubchen″
obendrauf,
wie
die
Rentnerin
sagt.
Erdmute
Immel
zieht
ein
kurzes
Stück
weiter
in
das
Eckhaus
Georgstraße
8
direkt
an
der
Hase
um.
„
Ich
bleibe
in
meinem
Kiez″,
so
Immel.
Die
neue
Wohnung,
die
sie
sich
selbst
besorgt
hat,
ist
mit
60
Quadratmetern
kleiner
und
etwas
teurer
als
ihre
heutige.
Aber
sie
werde
in
ihrem
Alter
ohnehin
nicht
mehr
so
viel
reisen,
sodass
mehr
Geld
für
die
Miete
bleibe.
Von
Pro
Urban
fühlt
sie
sich
„
fair
behandelt″.
Sie
will
nicht
ausziehen
Ein
anderes
Bild
vom
Investor
zeichnet
Eva-
Maria
Jakob,
die
seit
27
Jahren
in
einer
Dachwohnung
in
der
Georgstraße
18
lebt.
Ihr
ist
es
grundsätzlich
suspekt,
wenn
Investoren
mit
viel
Geld
in
der
Hand
ganze
Viertel
aufkaufen
und
die
Mieter
vertreiben.
Sie
möchte
nicht,
dass
es
in
Osnabrück
so
werde
„
wie
in
Berlin
und
Hamburg″.
Auch
Eva-
Maria
Jakob
hatte
Raphael
Wellen
zu
Besuch.
Die
beiden
sind
sich
in
dem
gut
einstündigen
Gespräch
aber
keinen
Schritt
nähergekommen.
„
Ich
ziehe
hier
nicht
aus″,
sagt
die
64-
jährige
Unternehmerin.
Wellen
hatte
ihr
zum
Gespräch
einen
Aufhebungsvertrag
mitgebracht.
Einen
solchen
Vertrag
haben
inzwischen
alle
anderen
Mietparteien
unterzeichnet,
wie
Wellen
sagt.
Die
Mieter
stimmen
darin
zu,
bis
spätestens
Ende
Februar
2021
die
Wohnung
zu
räumen.
Dafür
zahlt
Pro
Urban
den
Mietern
Geld
–
wie
viel,
das
behalten
alle
Beteiligten
für
sich.
Mit
jeder
Mietpartei
schnürte
der
Investor
in
persönlichen
Gesprächen
individuelle
Pakete.
Nur
mit
Eva-
Maria
Jakob
gelang
das
bislang
nicht.
„
Ich
bin
nicht
käuflich″,
sagt
sie
im
Gespräch
mit
unserer
Redaktion.
Oder
vielleicht
doch?
Pro
Urban
hat
sie
auf
der
Grundlage
eines
ähnlichen
Falles
in
Erfurt
eine
Rechnung
aufgemacht:
73
000
Euro
müsste
der
Investor
ihr
als
Ablösesumme
zahlen.
Eine
Forderung,
die
Raphael
Wellen
für
völlig
überzogen
hält
und
die
offenbar
weit
entfernt
von
jenen
Summen
liegt,
die
die
anderen
Mieter
erhalten.
Räumungsklage
droht
Der
Konflikt
zwischen
Investor
und
Mieterin
ist
inzwischen
eskaliert.
Die
Parteien
verkehren
über
Anwälte
miteinander.
Gestritten
wird
über
das
Gewerbe,
das
Eva-
Maria
Jakob
in
ihrer
Wohnung
seit
15
Jahren
betreibt.
In
ihrer
„
Textwerkstatt″
verfasst
und
redigiert
sie
Texte,
berät
Jobsuchende
bei
der
Formulierung
ihrer
Bewerbungen
und
bietet
andere
Dienstleistungen
rund
ums
Schreiben
an.
Dazu
kommen
die
Kunden
auch
zu
ihr
in
die
Wohnung.
Der
frühere
Vermieter
hat
ihr
das
erlaubt,
die
Pro
Urban
will
das
nicht.
Pro
Urban
hat
eine
außerordentliche
Kündigung
des
Mietverhältnisses
damit
begründet,
dass
Eva-
Maria
Jakob
gegen
den
Willen
des
Vermieters
in
ihrer
Wohnung
ein
Gewerbe
mit
Publikumsverkehr
unterhalte.
Die
von
Pro
Urban
gesetzte
Räumungsfrist
endete
am
23.
März.
Eine
Räumungsklage
ist
in
Vorbereitung.
Es
ist
ein
Nervenkrieg.
Der
Investor
ließ
die
Klingelschilder
mit
der
Aufschrift
„
Textwerkstatt″
entfernen.
Die
Folge:
Jakobs
Kunden
stehen
irritiert
vor
der
Tür,
und
die
Post
kommt
nicht
immer
an.
Denn
die
Boten
dürfen
keine
an
die
„
Textwerkstatt″
adressierten
Sendungen
einwerfen,
wenn
das
Schild
fehlt.
Eva-
Maria
Jakob
steckt
alle
paar
Tage
eine
Visitenkarte
in
den
Klingelschlitz
an
der
Haustür,
der
Hausmeister
entfernt
sie
wieder.
Das
sagt
der
Mieterverein
Carsten
Wanzelius,
Rechtsanwalt
und
Geschäftsführer
des
Mietervereins
Osnabrück,
glaubt
nicht,
dass
die
Räumungsklage
von
Pro
Urban
Erfolg
haben
wird.
Die
Begründung,
die
Mieterin
betreibe
in
der
Wohnung
ein
Gewerbe
mit
Publikumsverkehr,
sei
offensichtlich
„
konstruiert″,
um
die
Mieterin
loszuwerden.
„
Nach
meiner
Lesart
ist
das
einmalig,
was
sich
da
abspielt.″
Das
deutsche
Mietrecht
schütze
Mieter
vor
einem
wirtschaftlich
motivierten
Zugriff
des
Vermieters
auf
die
Wohnung.
Wanzelius
sieht
auch
kein
öffentliches
Interesse,
mit
dem
Pro
Urban
die
Entmietung
begründen
könnte.
Es
bleibe
dem
Investor
daher
nur
der
Weg,
sich
mit
der
Mieterin
finanziell
zu
einigen.
2021
will
Pro
Urban
mit
dem
Bau
beginnen.
Die
Frage
ist:
Wenn
Pro
Urban
mit
der
Räumungsklage
scheitert
und
Eva-
Maria
Jakob
ihren
Widerstand
fortführt
–,
kann
der
Investor
dann
mit
dem
Abriss
des
Viertels
beginnen,
wenn
mittendrin
noch
jemand
wohnt?
Bildtexte:
Im
Dreieck
zwischen
Georgstraße
und
Möserstraße
soll
ab
2021
ein
neuartiges
Wohnkonzept
mit
Kleinstwohnungen
für
Studenten,
Senioren
und
Berufspendler
realisiert
werden.
Erdmute
Immel
fühlt
sich
vom
Investor
„
anständig″
behandelt.
Eva-
Maria
Jakob
wehrt
sich
gegen
die
Kündigung
ihres
Mietvertrages.
Grafik:
Pro
Urban
Fotos:
M.
Gründel
Kommentar
Dem
Investor
ist
kein
Vorwurf
zu
machen
Unsere
Häuser
sind
nicht
für
die
Ewigkeit
gebaut.
Sie
müssen
fortlaufend
renoviert,
neuen
Bedürfnissen
angepasst
und
manchmal
auch
komplett
abgerissen
werden,
um
Neuem
Platz
zu
machen.
Unsere
Gesellschaft
muss
diese
Veränderungen
ermöglichen
und
dabei
das
richtige
Maß
finden
zwischen
dem
berechtigten
wirtschaftlichen
Interesse
von
Investoren
und
den
Lebenslagen
der
Mieter.
Es
gibt
viele
Beispiele,
wo
dieser
Ausgleich
nicht
gelingt
und
Mieter
alten
und
billigen
Wohnraum
verlieren,
weil
neue
Eigentümer
mit
modernisierten
Wohnungen
mehr
Geld
verdienen
wollen.
Das
Projekt
an
der
Möserstraße
ist
aber
anders
und
nicht
mit
Auswüchsen
in
Berlin
oder
Hamburg
vergleichbar.
Ja,
hier
verschwinden
zwei
Dutzend
Wohnungen,
die
in
die
Kategorie
„
bezahlbar″
einzuordnen
sind.
Aber
sie
machen
Platz
für
eine
neue
Wohnform,
die
es
in
Osnabrück
bislang
nicht
gibt
und
die
dazu
geeignet
ist,
wichtige
strategische
Ziele
der
Stadt
zu
erfüllen.
Von
daher
gibt
es
auch
ein
öffentliches
Interesse
an
der
Entwicklung
dieses
Quartiers.
Vor
allem
aber
agiert
hier
kein
Raubtierkapitalist.
Der
Chef
des
mittelständischen
Unternehmens
spricht
selbst
mit
den
Mietern.
Er
lässt
ihnen
14
Monate
Zeit
für
Wohnungssuche
und
Umzug,
er
bietet
ihnen
Hilfe
an
und
ist
bereit,
eine
angemessene
Summe
auf
den
Tisch
zu
legen.
Wenn
eine
80-
jährige
Langzeitmieterin
sagt,
sie
fühle
sich
anständig
behandelt,
ist
das
ein
Wort.
Dem
Investor
ist
im
Umgang
mit
den
Mietern
nichts
vorzuwerfen.
w.hinrichs@
noz.de
Autor:
Wilfried Hinrichs