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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Aus der Not der Nachkriegszeit geboren
Zwischenüberschrift:
Für die Mission, für die Diaspora: 100 Jahre Netter Schwestern
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Zu den Jubiläumsfeiern, die Corona zur Strecke gebracht hat, gehört das 100-jährige Bestehen des Missionsordens in Kloster Nette. Eigentlich wollten die Netter Schwestern am 25. März mit dem Osnabrücker Bischof Bode, dem Hamburger Weihbischof Eberlein, ihren Mitschwestern aus den Auslandsmissionen und viel geistlicher und weltlicher Lokalprominenz ihren runden Geburtstag feiern daraus wurde ein stiller Tag der inneren Einkehr im kleinen Kreis.

Die Missionsschwestern vom heiligen Namen Mariens, so der vollständige Name der Ordensgemeinschaft, sind in der allgemeinen Wahrnehmung seit Ewigkeiten mit dem Kloster Nette an einer der schönsten Stellen des Flüsschens am Östringer Weg in Haste verbunden. So ewig lange ist das aber noch gar nicht ihr Zuhause. Anders als die Haster Ursulinen, für die eigens ein Kloster 1903 an der Bramstraße gebaut wurde, bekamen die Netter Schwestern erst 1941 den Gebäudekomplex zugewiesen, der in seinen Ursprüngen wesentlich älter ist und zu anderem Zweck errichtet wurde.

Viel älter als der Orden

Wie man bei Wido Spratte in der Haster Chronik nachlesen kann, ist das Kloster Nette aus einem Gutshof tor Nette″ hervorgegangen, der im 16. Jahrhundert als wehrhafte Anlage auf einer noch älteren Hofstelle errichtet wurde. Der kleine Rittersitz besaß die Form eines rechteckigen Kastells mit vier Ecktürmen, von denen die Reste des nordwestlichen noch heute zu erkennen sind. Der nordöstliche Turm wurde 1853 in den Bau der Gutskapelle mit einbezogen. Das umgeleitete Wasser der Nette schützte die Anlage von drei Seiten. Lang gestreckte Bruchsteinmauern entlang eines wasserführenden Grabens im Norden der Anlage sind heute in die Gartenanlagen des Gutsparks integriert. Hauptgebäude in dem Komplex ist das Herrenhaus von 1674, das nach 1850 seine heutige Gestalt erhielt, als das Gut sich über längere Zeit im Besitz der Familie von Böselager befand. Im Laufe der Jahrhunderte davor und auch noch danach wechselte das Gut häufig seine Eigentümer.

Kirchlich-karitativen Zwecken dient das Anwesen seit 1925, als der Bischöfliche Stuhl es erwirbt und zu einem Müttererholungsheim macht. 1941 kommen erstmals die Missionsschwestern vom heiligen Namen Mariens ins Spiel. Sie finden hier Zuflucht, nachdem die Gestapo sie aus ihrem Mutterhaus in Meppen vertrieben hat. 1946 entscheidet Bischof Wilhelm Berning, dass das Mutterhaus nicht nach Meppen zurückverlegt wird, sondern in Osnabrück-Haste bleibt. So wird aus Gut Nette das Kloster Nette.

Die Anfänge der Ordensgemeinschaft vor hundert Jahren fallen in die Zeit großer wirtschaftlicher, sozialer und geistiger Not nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Bischof Berning gründet sie am 25. März 1920 als Diözesankongregation, die in der riesigen Diaspora des Bistums Osnabrück den Priestern bei der Bekämpfung dieser Not zur Seite stehen soll. Erste Mitglieder sind Schwestern einer Lyoner Missionsgemeinschaft, die Frankreich wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit verlassen müssen. Mutterhaus wird ein kleines Gebäude in Meppen. 1922 gründet der Orden mit dem Kinderheim St. Ursula in Graal-Müritz eine erste Mecklenburger Niederlassung, der bis 1950 elf weitere in Mecklenburg folgen.

Vertreibung aus Meppen

Der nationalsozialistische Machtapparat setzt den Schwestern schwer zu. Alle Heime, Kindergärten und Bildungseinrichtungen werden geschlossen und am 15. Mai 1941 auch das Mutterhaus in Meppen konfisziert. Die Schwestern müssen das Gebäude innerhalb von 24 Stunden verlassen. Der Bischof weist ihnen als Asyl das Bischöfliche Gut Nette zu. Hier bekommen sie auferlegt, sich still zu verhalten und keinen Kontakt mit dem Volke zu suchen″, weil man sie sonst auch hier davonjagen würde. Doch schon bald droht neues Unheil. Im September 1941 sollen alle Schwestern Haste verlassen, um in einer Celler Munitionsfabrik zu arbeiten. Im letzten Moment kommen Wehrmachtsoffiziere der Gestapo zuvor, indem sie das Gut Nette zum Militärischen Sperrbezirk erklären und die Schwestern zu Lagerarbeiterinnen in der Außenstelle des Wehrkreissanitätsparks IV, Abt. Arzneimittel″ dienstverpflichten. So können sie auf Gut Nette bleiben.

Nach Kriegsende steht der Orden vor der Frage, nach Meppen zurückzukehren oder in Osnabrück-Haste zu bleiben. Die Entscheidung fällt für das Gut Nette, weil man hier bessere Entwicklungsmöglichkeiten sieht. Für den wachsenden Orden werden ab 1950 neue feste Gebäude errichtet, sodass die provisorischen Unterkünfte in Scheune und Baracken ein Ende finden. 1951 wird mit der Entsendung von vier Schwestern nach Stockholm die erste Auslandstätigkeit aufgenommen, 1956 gehen sechs Schwestern nach Brasilien, 1998 weitere nach Paraguay. Als die Haster Ordensgemeinschaft 1970 ihr 50-jähriges Bestehen feiert, zählt sie in 87 Niederlassungen 504 Schwestern, 23 Novizinnen und neun Postulantinnen.

Nur dem Papst unterstellt

1979 erhebt die römische Kongregation sie in ein Institut päpstlichen Rechts. Die Netter Schwestern haben sich damit auch von ihrer Verfasstheit her ein Stück weit über die Grenzen des Bistums hinaus erhoben. Als 2014 das neue Exerzitien- und Gästehaus eingeweiht wird, möchte Schwester Karola Wamhof, als Generalökonomin″ des Ordens für Verwaltung und Finanzen zuständig, sich nicht so gerne über die Höhe der Baukosten verbreiten. Das Bistum gebe zwar fachliche Ratschläge, aber kein Geld. Als Orden päpstlichen Rechts verfüge die Kongregation über andere Geldquellen in ausreichender Höhe. Wir unterstehen nur dem Papst″, erklärt die Generaloberin Schwester Andrea Walterbach nicht ohne ein Schmunzeln.

Heute gehören 259 Schwestern der Kongregation an, die außer in Deutschland nach wie vor in Schweden, Brasilien und Paraguay vertreten ist. Kloster Nette ist das Mutterhaus und damit Sitz der Generalverwaltung. 20 Schwestern wohnen ständig im Kloster Nette. Gästezimmer werden gebraucht, wenn Schwestern aus den weltweiten Niederlassungen oder Mitarbeiter aus den Ordens-Einrichtungen zusammenkommen, sei es zu Verwaltungssitzungen oder zu Tagen der geistlichen Einkehr. 2001 wird dem Orden eine GmbH angegliedert, die drei Alten- und Pflegeheime in Wallenhorst, Meppen und Twist verwaltet.

Offen für die Gesellschaft

Zunehmend öffnet sich das Kloster. Ökumenische Pfingst-Gottesdienste im Klostergarten, Zeltlager-Vorbereitungen für die benachbarten Kirchengemeinden, Taizé-Einkehrtage für Studierende der Sozialpädagogik, Kloster auf Zeit″-Angebote oder Besinnungs-Nachmittage für interessierte Osnabrücker Bürger sind Beispiele.

Unsere Gemeinschaft wird kleiner, unsere Möglichkeiten nehmen ab″, schreibt die Generaloberin Schwester Andrea in ihrem nicht gehaltenen Grußwort für die abgesagte Festveranstaltung. Der Blick auf unsere kleiner werdende Schar muss und soll uns aber nicht entmutigen. Im Gegenteil, er lässt uns mit Vertrauen und Zuversicht nach vorn schauen. Unsere ersten Schwestern wussten genauso wenig wie wir, wie sich die Zukunft der Kongregation gestalten würde. Aber sie waren gut gerüstet: Sie waren mutig, sie hatten einen starken Glauben und ein großes Gottvertrauen. Diesen Mut und dieses gläubige Vertrauen wünsche ich uns Schwestern auch heute.″

Bildtexte:
Das Kloster Nette in Haste und sein weitläufiger Park.
Die Kapelle des Klosters Nette mit dem Herrenhaus (links) und dem Konradhaus. Rechts: Oberin Mutter Marcella mit Novizinnen und Postulantinnen im Jahr 1932.
Fotos:
Bistumsarchiv, Archiv Nette-Kloster.
Autor:
Joachim Dierks


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