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1.
Erscheinungsdatum:
08.04.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Zeitreise
Überschrift:
Tage zwischen Angst und Erleichterung
Zwischenüberschrift:
Zwei Deutsche und ein Brite: Zeitzeugen erzählen vom Briten-Einmarsch vor 75 Jahren
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Am
8.
Mai
1945
endete
der
Zweite
Weltkrieg.
In
Osnabrück
war
er
–
zumindest
gefühlt
–
sogar
schon
knapp
fünf
Wochen
vorher
zu
Ende
gegangen:
Am
4.
April
1945
marschierten
britische
Einheiten
in
die
Hasestadt
ein
und
übernahmen
sie
ohne
nennenswerte
Gegenwehr.
Die
Osnabrücker
gingen
in
jenen
Tagen
durch
ein
Wechselbad
der
Gefühle.
Da
war
die
Verzweiflung
im
Angesicht
des
Zusammenbruchs,
die
Angst
vor
möglicher
Rache
der
Sieger,
vor
noch
größerer
existenzieller
Not,
vor
einer
völlig
ungewissen
Zukunft.
Aber
viele
sehnten
auch
die
Befreiung
von
der
Nazi-
Herrschaft
herbei,
deren
grandioses
Scheitern
nun
selbst
für
den
Letzten
sichtbar
war.
Und
sie
hofften
auf
ruhige
Nächte
im
eigenen
Bett.
Eindringlicher
als
historische
Abhandlungen
lassen
Augenzeugenberichte
die
Ereignisse
vor
75
Jahren
nachempfinden.
Zwei
Deutsche
und
ein
Brite
erzählen.
Heinz
Ahlert
war
ein
14-
jähriger
Schüler,
der
mit
seinen
Eltern
in
der
Heinrichstraße
wohnte.
„
Uns
war
mulmig,
als
es
hieß,
dass
die
Engländer
kommen.
Man
hatte
uns
vorher
Schauergeschichten
erzählt.
Osnabrück
wäre
angeblich
zur
Festung
erklärt
worden,
und
deshalb
würden
die
Engländer
auf
alles
schießen,
was
sich
bewegt.
Wir
verkrochen
uns
im
Redlinger-
Bunker,
denn
noch
mehr
Angst
hatten
wir
vor
einem
Granatenbeschuss.
Im
Bunker
waren
neben
den
Zivilisten
ein
paar
versprengte
Soldaten
und
ungefähr
20
Polizisten.
Die
wollten
alle
nicht
mehr
kämpfen.
Sie
hatten
ihre
Gewehre
und
Pistolen
auf
einen
Haufen
geworfen,
und
wir
Hitlerjungen
sollten
die
zerstören.
Das
ging
ganz
einfach:
Man
nahm
den
Verschluss
heraus,
schlug
ein
paar
Mal
auf
einen
Stein,
dann
war
das
Gewehr
verbogen
und
unbrauchbar.
Die
Engländer
kamen
mit
Panzern
gar
nicht
in
die
Innenstadt
hinein,
denn
da
lag
noch
alles
voller
Trümmer
und
Schutt.
Es
waren
britische
Fußtruppen,
die
zu
uns
an
den
Bunker
kamen
und
uns
herausholten.
Soweit
ich
mich
erinnere,
fiel
kein
einziger
Schuss.
Es
war
günstig,
dass
die
Engländer
den
Haufen
mit
den
zerstörten
Waffen
sahen.
Unser
provisorisches
Zuhause
war
bei
meiner
Cousine
in
der
Parkstraße.
Unsere
eigene
Wohnung
in
der
Heinrichstraße
war
zweimal
ausgebombt.
Meine
gesamte
Kleidung
war
verbrannt.
Ich
besaß
nichts
außer
der
Hitlerjugend-
Uniform,
die
ich
am
Leibe
trug.
Erst
Wochen
später
bekam
ich
auf
Bezugsschein
eine
zivile
Hose.
Und
jemand
anders
schenkte
mir
eine
Uniformjacke.
Die
durfte
nicht
feldgrau
bleiben,
die
wurde
umgefärbt,
und
alle
Knöpfe
kamen
ab.
In
den
nächsten
Tagen
gingen
die
Engländer
dann
von
Haus
zu
Haus
und
durchsuchten
jeden
Raum,
ob
sich
dort
Soldaten
versteckt
halten,
ob
alles,
was
abgabepflichtig
war
–
wie
Waffen,
Fotoapparate
und
so
weiter
–
auch
wirklich
abgegeben
war.
Wer
größere
Mengen
an
Bettwäsche
hatte,
musste
sie
auch
abgeben.
Das
wurde
für
andere,
die
gar
nichts
hatten,
beschlagnahmt.
Bei
uns
war
aber
schon
nichts
mehr
zu
holen.
Sicher,
der
Krieg
war
nun
verloren,
und
alles
war
kaputt.
Aber
im
Großen
und
Ganzen
war
man
doch
froh,
dass
Ruhe
einkehrte,
dass
es
keinen
Fliegeralarm
mehr
gab,
dass
man
nachts
durchschlafen
konnte.
Und
wir
waren
erleichtert,
dass
Osnabrück
praktisch
kampflos
übergeben
wurde,
dass
die
Gerüchte
von
der
,
Festung′
nicht
stimmten.″
Udo
Goedecke
war
damals
13
Jahre
alt.
Das
Elternhaus
mit
der
Zahnarztpraxis
des
Vaters
stand
in
der
Lotter
Straße.
„
Den
Einmarsch
hatten
wir
erwartet.
Es
war
eine
endlose
Kolonne,
die
sich
durch
die
Lotter
Straße
schob.
Das
hörte
überhaupt
nicht
auf.
Wir
bekamen
so
richtig
vor
Augen
geführt,
welche
gewaltige
Materialübermacht
die
Engländer
aufbieten
konnten.
Das
Ganze
passierte
weitgehend
kampflos.
Organisierten
Widerstand
gab
es
wohl
überhaupt
nicht.
Aber
die
Briten
fürchteten
einzelne
fanatische
Heckenschützen.
Und
so
kam
es
zu
diesem
schrecklichen
Missverständnis
in
der
Werderstraße.
Da
stand
der
Herr
Schreck
auf
dem
Balkon,
ehemals
Stadtdirektor
von
Bad
Ems,
der
wegen
seiner
Anti-
Nazi-
Haltung
frühzeitig
in
den
Ruhestand
gegangen
war.
Er
winkte
den
einmarschierenden
Truppen
begeistert
zu.
Die
deuteten
das
falsch,
sahen
nur
jemanden
mit
den
Armen
herumfuchteln
–
und
erschossen
ihn.
Viele
Mitbürger,
die
sich
in
den
Luftschutzräumen
und
Bunkern
verkrochen
hatten,
kamen
hervor
und
schwenkten
weiße
Handtücher.
Die
Engländer
taten
ihnen
nichts,
man
ging
zurück
in
die
Wohnungen,
das
war
alles
recht
unproblematisch.
An
den
Folgetagen
kamen
Durchsuchungstrupps.
Wir
mussten
alle
Schränke
und
Türen
aufsperren.
Die
haben
nach
Waffen
gesucht.
Sicher,
der
eine
oder
andere
Fotoapparat
ging
dabei
wohl
auch
hops.
Meiner
Tante
erging
es
allerdings
schlechter.
Ihr
Haus
an
der
Mozartstraße
wurde
beschlagnahmt.
Warum
ausgerechnet
ihres,
weiß
ich
nicht.
Zehn
oder
zwölf
Engländer
hausten
in
ihrer
Wohnung
und
haben
die
ziemlich
verwüstet
und
manches
entwendet,
während
sie
selber
im
Keller
eingesperrt
war.
Wie
wir
hinterher
hörten,
war
das
aber
eine
Ausnahme.
Das
öffentliche
Leben
kam
recht
schnell
wieder
in
Gang.
Man
wusste,
was
zu
tun
war.
Jeder
hatte
Schutt
wegzuräumen
und
etwas
zu
reparieren.
Wir
Jungen
sind
durch
die
Altstadt
gestreift
und
haben
uns
die
Zerstörungen
angeguckt.
Ich
weiß
noch,
was
das
für
ein
schockierender
Anblick
war,
dass
man
vom
Eingang
der
Bierstraße
auf
den
Turmstumpf
der
Marienkirche
einen
völlig
freien
Blick
hatte.
Wir
schauten
den
britischen
Räumpanzern
zu,
die
die
Straßen
frei
räumten,
damit
die
eigenen
Verbände
schneller
durchmarschieren
konnten.
In
die
entgegengesetzte
Richtung,
also
Richtung
Lotte,
fuhren
bald
Lkws
mit
deutschen
Kriegsgefangenen
auf
der
offenen
Pritsche.
Die
riefen
manchmal
den
Passanten
ihre
Namen
zu
und
baten,
dass
man
ihren
Angehörigen
ein
Lebenszeichen
übermittelt.
Als
die
große
Befreiung
habe
ich
den
Einmarsch
der
Briten
damals
nicht
empfunden.
Man
war
irgendwie
gespalten.
Einerseits
brach
die
Welt
zusammen,
an
die
ich
bis
dahin
als
kleiner
Pimpf
doch
mehr
oder
weniger
geglaubt
hatte.
Geländespiele,
Lagerfeuer,
Kameradschaft
–
ich
hab
gern
beim
Jungvolk
mitgemacht.
Auch
die
Blitzsiege
am
Anfang
des
Krieges
hatten
mich
schwer
beeindruckt.
Das
war
nun
alles
perdu.
Andererseits
war
man
froh,
dass
endlich
die
Fliegeralarme
vorbei
waren
und
die
Chance
zum
Neustart
gegeben
war.
So
richtig
ans
Nachdenken
über
all
das,
was
passiert
war,
kam
man
gar
nicht.
Man
schob
das
beiseite,
weil
es
ja
zunächst
ums
eigene
Durchkommen
ging.
Eric
Taylor
(1917–1995)
nahm
als
Angehöriger
der
Eliteeinheit
„
46
Royal
Marine
Commando″
(46.
Marineinfanteriebataillon)
an
der
Rückeroberung
des
Kontinents
teil,
von
der
Landung
in
der
Normandie
1944
bis
zum
Elbübergang
bei
Lauenburg
im
April
1945.
Aus
seinen
Tagebüchern
und
weiteren
Dokumenten
hat
dessen
Sohn
Keith
Taylor
die
Geschichte
der
Truppe
1944/
45
niedergeschrieben.
Der
erste
Band,
der
die
Kämpfe
in
der
Normandie
zum
Gegenstand
hat,
ist
bereits
im
Eigenverlag
erschienen.
Zum
Jahresende
soll
ein
Folgeband
–
er
schildert
das
Vorrücken
in
der
norddeutschen
Tiefebene
–
hinzukommen.
Darin
wird
auch
die
Besetzung
Osnabrücks
geschildert.
Hier
ein
Vorabdruck
aus
Corporal
Eric
Taylors
Tagebuch:
„
Die
erste
Kommando-
Brigade,
die
Osnabrück
einnehmen
sollte,
bestand
aus
dem
3.
und
dem
6.
Army
Commando
sowie
aus
dem
45.
und
46.
Marine
Commando,
insgesamt
etwa
1600
Mann.
Um
3
Uhr
morgens
am
4.
April
brachen
wir
von
unserem
Sammelpunkt
etwa
fünf
Meilen
westlich
der
Stadt
auf.
Der
Einmarsch
war
ziemlich
unspektakulär.
Wir
trafen
nur
auf
wenige
versprengte
feindliche
Soldaten,
mit
denen
wir
schnell
fertig
wurden.
In
den
Außenbezirken
waren
viele
Wohnhäuser
unbeschädigt,
aber
in
der
Innenstadt
sahen
wir,
wie
akkurat
die
Royal
Air
Force
zugeschlagen
hatte.
Bahnanlagen
und
Industriebetriebe
waren
total
zerstört.
Gegen
8
Uhr
hatten
wir
den
uns
zugewiesenen
Bereich
in
der
Innenstadt
erreicht.
50
Deutsche
wurden
getötet
oder
verwundet
und
450
gefangen
genommen.
Eigene
Opfer
hatten
wir
nicht.
Es
folgten
dann
Patrouillen
im
Gebiet
bis
zum
Hauptbahnhof,
bis
wir
auch
hier
sicher
sein
konnten,
dass
sich
keine
Heckenschützen
mehr
versteckten.
In
den
kommenden
Tagen
war
unsere
Hauptaufgabe,
Plünderungen
zu
unterbinden,
die
sowohl
von
den
,
displaced
persons′
[gemeint
sind
vor
allem
ehemalige
Zwangsarbeiter,
Anm.
d.
Red.]
wie
auch
von
den
Deutschen
selbst
versucht
wurden.
Unsere
Verpflegung
bestand
aus
dem
üblichen
Milch-
Tee-
Gemisch
und
Zwieback,
dazu
etwas
Käse,
Corned
Beef
und
Dosenschinken.
Das
war
zwar
etwas
eintönig,
dafür
aber
ausreichend
vorhanden.
Während
unseres
Aufenthalts
in
Osnabrück
gab
es
auch
lustige
Momente.
Einmal
ließ
unser
Nachrichtenoffizier
vor
einer
Gaststätte
haltmachen.
Mit
dem
bisschen
Deutsch,
das
er
konnte,
gab
er
dem
Wirt
zu
verstehen,
dass
wir
seine
Hühner
unberührt
lassen
würden,
wenn
er
ein
anständiges
Frühstück
servieren
würde.
Der
verschüchterte
Deutsche
willigte
sofort
ein.
Jeder
von
uns
bekam
vier
Spiegeleier
mit
Schinken
und
einem
merkwürdigen
braunen
Brot
vorgesetzt,
hinterher
sogar
noch
Obst
und
Sekt
(wer
sagt
denn,
dass
die
Deutschen
Hunger
leiden?
).
Merkwürdig
war
nur,
dass
bei
unserem
Aufbruch
doch
einige
Federn
durch
die
Gegend
flogen…
(Wir
ließen
schließlich
doch
ein
paar
Hühner
mitgehen,
um
unsere
Standard-
Futterage
etwas
zu
variieren.)
Wiederholt
wurden
wir
eingeteilt,
die
Plünderungen
großer
Verpflegungslager
zu
stoppen.
Der
Osnabrücker
Bürgermeister
war
erleichtert
und
so
dankbar,
dass
er
uns
aufforderte,
uns
selbst
aus
den
Vorräten
zu
bedienen.
Das
war
natürlich
einer
der
angenehmeren
Einsätze.
Wir
schlossen
die
Türen
und
sahen
uns
um.
Wir
fühlten
uns
ein
wenig
wie
der
Dieb
Fagin
im
Roman
„
Oliver
Twist″.
Aber
dann
dachten
wir,
wenn
wir
es
nicht
nehmen,
dann
holen
es
sich
morgen
andere.
Und
wir
dachten
an
unsere
Familien,
die
schwer
unter
den
deutschen
Bombenangriffen
und
den
V1
und
V2
zu
leiden
hatten.
Ich
nahm
für
meine
Verlobte
daheim
sechs
Paar
Seidenstrümpfe
und
einen
seidenen
Pyjama
an
mich.
Bei
meinem
nächsten
Heimaturlaub
wollten
wir
heiraten.
Als
meine
Liebste
später
die
Strümpfe
anprobierte,
stellte
sich
heraus,
dass
die
Strumpffüße
viel
zu
klein
gearbeitet
waren.
Wer
beschreibt
meinen
Verdruss!
″
Bildtexte:
Britische
Armeeeinheiten
am
4.
April
1945
auf
der
Suche
nach
Scharfschützen
in
den
Ruinen
von
Osnabrück
(Blick
von
der
Wittekindstraße
zur
Möserstraße)
.
Heinz
Ahlert
Udo
Goedecke
Eric
Taylor
Panzer
des
3.
Royal
Tank
Regiment
auf
der
Römerbrücke
zwischen
Eversburg
und
Pye.
Bereits
am
3.
April
1945,
einen
Tag
vor
der
Besetzung
der
Stadt,
umging
diese
Einheit
Osnabrück
im
Norden.
Die
Römerbrücke
überspannt
heute
den
Altarm
der
Hase.
Die
Brücke
über
die
regulierte
Hase
folgt
weiter
hinten.
Marineinfanterist
Eric
Taylor.
Eric
Taylor
(dritter
von
links)
als
Schütze
hinter
dem
MG,
das
fest
auf
dem
Jeep
montiert
ist.
Fotos:
Imperial
War
Museum/
Archiv
des
Medienzentrums
Osnabrück,
Joachim
Dierks,
Archiv/
K.
Taylor
Autor:
Joachim Dierks