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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Tiertransfers im Zoo unter der Lupe
 
Partnertausch gegen das Artensterben
Zwischenüberschrift:
Von wo der Zoo Osnabrück Tiere erhält und wohin er welche abgibt
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Wenn im Zoo neue Tiere einziehen oder von dort weggehen, passiert das nicht aus Jux und Tollerei. Stattdessen folgt ihre Umsiedlung einem wissenschaftlichen Plan, der in erster Linie ein Ziel hat: die jeweilige Art durch gezielte Nachzucht zu erhalten und so eine stabile Population abseits der freien Wildbahn aufzubauen. Allerdings spielt die Natur nicht immer mit. Der Fall eines jungen Schimpansen, der im Dezember nur zwei Monate nach seiner Umsiedlung vom Schölerberg in den Zoo Basel von Artgenossen getötet wurde, hat die Frage nach Sinn und Unsinn von Tiertransfers neu aufgeworfen. Unsere Redaktion hat sich die Situation im Zoo deshalb genauer angeschaut. Sie listet auf, wie viele Zu- und Abgänge es bei den tierischen Bewohnern gab, woher sie kamen und wohin sie gingen.

Osnabrück Die Zootierwelt ist in Bewegung und zwar buchstäblich. Beinahe wöchentlich ziehen ausgewählte Arten im Zoo Osnabrück ein und aus. Allein 2019 waren es 70 Tiere, die entweder neu an den Schölerberg kamen oder ihn verließen.

Wie der Zoo Osnabrück auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt, siedelten im vergangenen Jahr insgesamt 38 Tiere in einen anderen Zoo um. Nicht immer geht die Reise dabei so weit wie im Fall einer Tüpfelhyäne, die im April nach Miami (Florida/ USA) gebracht wurde.

Manchmal liegt das neue Zuhause ganz nah: in Detmold zum Beispiel, seit November Heimat für einen höchst seltenen Balistar aus Osnabrück, oder Herford, wohin im Mai sieben Eurasische Zwergmäuse wanderten.

Umgekehrt zogen 2019 insgesamt 32 Tiere neu am Schölerberg ein darunter eine Schwarzbärin, die aus Malta kam, eine Sandkatze aus dem französischen Lyon sowie ein Rothandtamarin aus Jerusalem. Aber eben auch zwei Europäische Nerze aus Bissendorf, sieben Waldrappe aus Rheine und ein Bartkauz aus Bielefeld.

Was ist der Grund für das Kommen und Gehen? Zu den wichtigen Aufgaben des modernen Zoos gehören Naturschutz und Arterhaltung″, erklärt Tobias Klumpe, wissenschaftlicher Kurator im Osnabrücker Zoo. Dank spezieller Zuchtprogramme gelinge es, bedrohte Tiere in Zoos zu vermehren, und manchmal sogar, sie wieder auszuwildern.

Ein gutes Beispiel dafür sei der Wisent: Er wäre ohne die Hilfe der Zoos längst ausgestorben. 1927 wurde das letzte frei lebende Tier im Kaukasus getötet. Zwölf Exemplare gab es zu dem Zeitpunkt noch in Zoogehegen. 1952 wurden die ersten nachgezüchteten Wisente in Polens Urwald Bialowieza entlassen. Inzwischen leben wieder mehr als 3000 Stück in freier Wildbahn.

Um eine stabile und gesunde Tierpopulation zu erhalten, könne man in vielen Fällen aber nicht ausschließlich mit den Tieren des eigenen Zoos züchten, erklärt Klumpe. Das führt früher oder später zu Inzucht.″ Deswegen tauschen die Zoos und Tierparks die Tiere untereinander.

Wer behält den Überblick, wer bestimmt den Austausch? Koordiniert werden Zuchtprogramme auf europäischer Ebene von dem Europäischen Verband Zoologischer Gärten und Aquarien (EAZA) sowie weltweit im Rahmen von internationalen Zuchtbüchern. Jedes Zootier bekommt eine eigene Identifikationsnummer und ist damit im Computerprogramm des Zoological Information Management Systems zu finden. Das ist ein bisschen wie das Facebook der Tiere″, sagt Klumpe: Einige Tiere seien dort sogar mit Foto angelegt.

Benötigt ein Zoo nun ein Tier für die Zucht oder um seinen Bestand zu vergrößern, kann er im System sehen, welche anderen Zoos genetisch geeignete Individuen haben und somit die Nachzucht unterstützen können. Das Tier selbst trägt seine Nummer auf einem Transponder unter der Haut oder, bei Vögeln, auf einem Ring am Bein. Nur einige Arten werden nicht als Individuum, sondern als Gruppe erfasst, so zum Beispiel die Eurasischen Zwergmäuse oder kleine Fische wie die Roten Neons.

Werden die Tiere vor dem Transport narkotisiert? Bevor ein Tier seine Reise von Zoo zu Zoo antritt, wird es vom Tierarzt genau untersucht. Es muss fit für den Transport sein und darf keine Krankheiten in seine neue tierische WG einschleppen. In Ausnahmefällen wird bei besonders scheuen Fluchttieren, wie zum Beispiel den Antilopen, ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht, damit die Tiere möglichst stressfrei in die Transportkiste gelangen″, berichtet Kurator Klumpe. Lange dürfe das Mittel aber nicht wirken, denn zu Reisebeginn müsse ein Tier voll bei Bewusstsein sein. Ein angedröhntes Tier, wackelig auf den Beinen, würde umfallen, wenn mal gebremst wird.″ Die Erfahrung zeige, dass viele Tiere durch die monotonen Fahrgeräusche schnell ruhig würden und sich hinlegten.

Wie transportiert man Giraffen, Nashörner und Elefanten? Einige Tierarten erfordern hohen logistischen Aufwand. So ist zum Beispiel für die Verfrachtung einer Giraffe laut Klumpe ein Anhänger mit höhenverstellbarem Dach nötig, das bei Brücken und Tunneln heruntergefahren wird, dahinter aber direkt wieder hoch, damit sich das langhalsige Tier nicht zu lange bücken muss.

Elefanten werden mithilfe eines Krans in Spezialcontainern auf Schwertransporter verladen. Ähnlich geht der Zoo Osnabrück bei Nashörnern vor.

Wie reisen Fische und Reptilien? Ganz andere Aspekte gilt es bei Fischen zu beachten: Ihre Transporttüten müssen mehrfach gesichert sein, damit kein Wasser ausläuft. Arten mit Stachel, wie etwa Rochen, kommen samt Wasser und Sauerstoffversorgung in Kunststoffbehälter. Reptilien wiederum benötigen elektrische Wärmematten oder Wärme-Packs umhüllt mit Tüchern, damit sie unterwegs nicht auskühlen.

Was passiert, wenn ein Tier ins Flugzeug steigen muss? Reist ein Tier nicht nur auf der Straße, sondern auch auf dem Luftweg, spricht der Zoo im Vorfeld mit der Fluggesellschaft über die benötigte Temperatur im Flugzeugbauch. Tiere wie Menschenaffen oder Elefanten, die eine starke Bindung zu ihren Pflegern aufbauen, werden von diesen nach Möglichkeit auf ihrer Tour begleitet. Im neuen Zoo bleibt der Tierpfleger noch einige Tage vor Ort und unterstützt das Eingewöhnen. Die auf der Reiseroute liegenden Zoos werden informiert und können als Zwischenstopp dienen, sollte sich der Gesundheitszustand eines Tieres während der Fahrt verschlechtern oder eine Reinigung der Transportbox nötig sein. Sowieso werden regelmäßig Pausen eingelegt, um den Zustand des Tieres zu kontrollieren und Wasser und Futter zu reichen″, versichert Klumpe.

Wer bezahlt den Transport, und was kosten die Tiere? In der Regel zahlt der Empfänger″, sagt der Osnabrücker Zoo-Kurator. Dabei fallen ausschließlich die Transportkosten an, die bei manchen Tieren aber durchaus im vierstelligen Bereich lägen. Die Tiere selbst kosten nichts.
Autor:
sst, Carolin Hlawatsch


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