User Online: 3 | Timeout: 18:08Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Nutria-Population nimmt überhand
Zwischenüberschrift:
„Auf dem Weg zu einer Plage″
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Sie sehen niedlich aus, doch sie richten große Schäden an und können gefährlich werden: Nutrias. In Osnabrück nimmt ihre Zahl stetig zu. Wir sind auf dem Weg zu einer Plage″, sagt Osnabrücks Jagdaufseher Reinhold Rethschulte. Die Jägerschaft bekämpft sie nun mit 16 neuen funkgesteuerten Lebendfallen.

An seine erste Nutria in der Stadt Osnabrück erinnert sich Rethschulte noch genau. Es war im Januar 2016, er schaute gerade die Tagesschau, als der Anruf kam: Am Haarmannsbrunnen sei eine verletzte Bisamratte unterwegs. Vor Ort stellte sich jedoch raus, dass es eine Nutria war rein optisch eine Kreuzung aus Biber, Meerschweinchen und Ratte. Das war damals noch Neuland für mich″, sagt der Jagdaufseher heute.

Seitdem musste er immer wieder verletzte oder verirrte Nutrias auch Biberratte oder Sumpfbiber genannt in der Stadt erlegen: in Gärten, an kleinen Flüssen oder Teichen, auf einem Schulgelände, im VW-Werk und zuletzt am Adolf-Reichwein-Platz. Wie viele Nutrias in Osnabrück leben, könne man nicht sagen. Aber es werden immer mehr″, sagt Rethschulte. Sie seien an allen Ecken und Kanten″.Neue Lebendfallen

Das größte Problem sei ihre rasante Vermehrung. Zwei- bis dreimal im Jahr kann ein Weibchen Nachwuchs mit durchschnittlich fünf Jungtieren bekommen. Diese sind dann bereits nach einem halben Jahr selbst geschlechtsreif. Von einer Plage will der Jagdaufseher trotzdem noch nicht reden, aber wir sind auf dem Weg dorthin″. Das bestätigt auch Kreisjägermeister Jürgen Lambrecht: Wenn wir jetzt nichts machen, haben wir in zwei, drei Jahren eine Plage, und dann kommen wir nicht mehr dagegen an.″Mehr als 200 Tiere getötet

Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben von Lambrecht rund 200 bis 250 Nutrias in den Revieren der Stadt Osnabrück getötet. Zum Vergleich: Im Jagdjahr 2016/ 17 waren es noch 79. In Niedersachsen waren die Biberratten laut dem Landesjagdbericht 2018/ 19 das meistgejagte Tier und dürfen das ganze Jahr gejagt werden. Seit Kurzem setzt die Jägerschaft Osnabrück auch 16 Lebendfallen mit einem elektronischen Fangmeldesystem ein.

Krabbelt eine Biberratte in das Rohr, wird durch ihr Gewicht die Falle geschlossen und ein elektronischer Sensor ausgelöst. Der Jäger erhält umgehend eine Nachricht über eine App auf seinem Handy, dass die Falle geschlossen ist. Das ist ein ganz tolles System″, sagt Rethschulte. Es verkürzt die Stresssituation des Tieres, weil es nur kurzzeitig gefangen ist.″ Die Nutrias werden dann von den Jägern erlegt. Wie gut die neuen Fallen funktionieren, muss sich noch zeigen. Für ein Fazit ist es jetzt noch zu früh″, sagt Lambrecht.

Nutrias können bis zu 65 Zentimeter lang und bis zu 14 Kilogramm schwer werden. Rethschulte hat sogar schon ein Tier erlegt, dass 16 Kilogramm auf die Waage brachte. Das Fell und den Schädel mit den markanten braunen Zähnen hat er bei sich zu Hause.

Die Biberratten stammen aus Südamerika und wurden Anfang des 19. Jahrhunderts wegen ihres Pelzes meist in unterschiedlichen Brauntönen, in Ausnahmen auch mal weiß nach Deutschland geholt. In der DDR wurden sie nach Angaben von Rethschulte und Lambrecht gezüchtet und nach der Wende einfach frei gelassen.

Vor zehn Jahren hatten wir hier in der Region auch schon recht viele, aber im Frühjahr waren sie immer weg″, berichtet Kreisjägermeister Lambrecht. Denn Nutrias sind sehr frostempfindlich und erfrieren in ihren Höhlen. Wenn wir vernünftige Winter hätten, würde ein Großteil sterben″, nennt Rethschulte ein weitere Ursache für die stetig steigende Population.

Schädlich sind die Tiere für die Landwirtschaft wenn sie auf nah gelegenen Äckern Nahrung suchen aber vor allem für die Böschungen an Flüssen. Denn die Nutria graben ihre Höhlen weit in die Flussufer hinein. In Osnabrück sind besonders die Hase, Nette und Düte betroffen. Bereits mehrfach sind in der Region Trecker abgesackt, wenn sie über die Bauten der Biberratten gefahren sind. Auch Rethschulte selbst landete schon im Wasser, weil die Böschung unter ihm wegrutschte. In den Niederlanden richten die Nutria mit ihren Höhlen millionenschwere Schäden an den Deichen an.Von Natur aus friedlich

Gefährlich werden sie laut Lambrecht nur, wenn sie sich bedroht fühlen. Rethschulte wurde bereits berichtete, dass eine Biberratte mit ihren scharfen Krallen und Zähnen einen Hund schwer verletzt habte allerdings habe dieser zuvor auch die Jungtiere angegriffen. Sowohl der Jagdaufseher als auch der Kreisjägermeister warnen dringend davor, die Nutrias zu füttern.

Dem Osnabrücker Naturfotografen Hans-Detlev Kampf kommen die Nutrias immer wieder vor die Linse. Ich finde es interessant und spannend, dass sie in der Natur ihre Nische gefunden haben und dort überleben können″, sagt Kampf. Das Nutria-Problem müsse seiner Meinung aber mit mehr Bedacht angegangen werden. Auch diese Tiere hätten ihre Berechtigung, hier zu leben. Ich bin nicht gegen die Jagd der Nutria dort, wo sie Schaden anrichten, aber das Thema darf nicht in Richtung Hass und Hetze driften.″

Bildtexte:
Eigentlich ganz süß: Die Nutrias vermehren sich in Osnabrück allerdings rasant. Der Osnabrücker Naturfotograf Hans-Detlev Kampf lichtete dieses Exemplar an der Hase in Eversburg ab.
Die neuen Lebendfallen der Jägerschaft Osnabrück.
Nutria-Höhlen an der Hase.
Nutria-Nachwuchs an der Hase in Eversburg.
Fotos:
Hans-Detlev Kampf, Reinhold Rethschulte
Autor:
Lea Becker


Anfang der Liste Ende der Liste