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1.
Erscheinungsdatum:
19.11.2011
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
In diesem Bus geht die Post ab
In Twer leben Radler gefährlich, aber Alexej lässt sich nicht abschrecken
Zwischenüberschrift:
Twer: Marschrutka-Fahrer können gleichzeitig lenken, kassieren und telefonieren
Velo Twer setzt sich für Radwege ein, fühlt sich aber kaum ernst genommen
Artikel:
Originaltext:
TWER.
Sie
sind
klein,
sie
sind
gelb,
sie
sind
überall:
Wer
in
Twer
vorankommen
will,
hält
eine
Marschrutka
an.
Andere
Fahrzeuge
mögen
bequemer
sein
–
schneller
kommen
sie
auch
nicht
voran.
Und
billiger
schon
gar
nicht.
Auf
den
Hauptlinien
von
Osnabrücks
russischer
Partnerstadt
an
der
Wolga
fahren
die
großen
Trolleybusse.
Aber
die
gelben
Kleinbusse
der
Marke
Gazel
sind
das
Rückgrat
des
öffentlichen
Nahverkehrs.
Mit
der
Post
haben
sie
trotz
ihrer
Farbe
nichts
zutun;
betrieben
werden
sie
von
privaten
Unternehmen.
Genau
genommen,
handelt
es
sich
um
Sammeltaxis
im
Linienverkehr.
Aber
für
so
feinsinnige
Unterscheidungen
interessiert
sich
in
Twer
niemand.
Haltestelle
Komsomolskaja
Plocad.
Städtebotschafterin
Natascha
Koopmann
gibt
ein
Handzeichen,
als
sich
der
gelbe
Kleinbus
mit
der
Nummer
7
nähert.
Die
Marschrutka
bremst
scharf
ab,
Natascha
reißt
die
Schiebetür
auf.
Wir
sind
kaum
eingestiegen,
da
geht
die
Post
ab,
und
der
Fahrer
gibt
schon
wieder
Gas.
Bezahlen?
Fragend
stehe
ich
im
Gang
und
werde
energisch
aufgefordert,
mir
erst
mal
einen
Platz
zu
suchen.
Gar
nicht
so
einfach,
denn
inzwischen
rasen
wir
mit
80
Sachen
über
die
Hauptstraße,
und
dem
Fahrer
ist
es
ziemlich
egal,
wie
seine
Passagiere
mit
Schlaglöchern,
abrupten
Richtungswechseln
oder
rabiaten
Bremsmanövern
umgehen
können.
In
Osnabrück
bekäme
er
eine
Abmahnung,
in
Twer
zählt
nur
eins:
so
schnell
wie
möglich
weiterkommen!
Endlich
sitze
ich
und
sehe,
wie
Natascha
ihrem
Nebenmann
zwölf
Rubel
(umgerechnet
etwa
52
Cent)
in
die
Hand
drückt.
Der
reicht
das
Geld
weiter
an
seine
Nachbarin,
und
die
Kette
setzt
sich
fort
bis
zum
Fahrer,
einem
echten
Multitaskingtalent.
Er
kann
gleichzeitig
lenken,
kassieren
und
auch
noch
mit
seinem
Handy
telefonieren.
Ich
habe
den
Fahrpreis
nicht
passend,
also
schicke
ich
einen
20-
Rubel-
Schein
über
meinen
Nachbarn
auf
die
Reise
nach
vorn.
Der
Fahrer
rückt
acht
Rubel
Wechselgeld
heraus,
reicht
sie
überseine
Schulter
nach
hinten,
und
die
Kette
funktioniert
ebenso
reibungslos
in
der
Gegenrichtung.
Mein
Blick
wandert
durch
den
Innenraum
der
Marschrutka.
Zwei
Fahrgäste
können
vorne
auf
der
Bank
neben
dem
Fahrer
sitzen,
sofern
sie
durch
die
Beifahrertür
einsteigen.
Elf
Plätze,
mal
vorwärts,
mal
seitwärts,
mal
rückwärts
angeordnet,
stehen
hinten
zur
Verfügung.
Wer
keinen
Sitzplatz
gefunden
hat,
steht
vorn
übergebeugt.
Aufrecht
geht
nicht,
denn
die
kompakte
Bauweise
bringt
es
mit
sich,
dass
ein
ausgewachsener
Mitteleuropäer
sonst
an
die
Decke
stoßen
würde.
Auf
dem
Boden
liegen
mehrere
Zehn-
Kopeken-
Stücke,
nach
denen
sich
niemand
mehr
bückt.
In
großen
Fetzen
hängen
die
Türverkleidungen
herunter,
manchmal
sanft
überdeckt
von
den
vergilbten
Gardinen,
die
vielleicht
nur
verbrämen
sollen,
dass
die
Fensterscheiben
schon
lange
nicht
mehr
gereinigt
wurden.
Etwas
orientalisch
wirkt
ein
roter
Vorhang,
der
im
Luftraum
zwischen
Fahrerbank
und
Passagierkabine
die
Grenze
markiert.
Im
Cockpit
fallen
allerlei
Devotionalien
auf,
die
der
Fahrer
mit
sich
führt.
Ein
Rosenkranz,
eine
Ikone,
das
Etui
mit
den
Einnahmen,
eine
Schachtel
Zigaretten.
Und
natürlich
das
Handy,
sofernes
sich
der
Steuermann
nicht
gerade
an
sein
Ohr
hält.
Wird
neben
dem
Fahrer
ein
Platz
frei,
springt
hinten
jemand
auf,
entschwindet
durch
die
Schiebetür
und
flutscht
vorne
wieder
rein.
Auch
das
fast
mit
Lichtgeschwindigkeit,
dawai,
dawai!
Angetrieben
von
der
Unruhe
des
Fahrers,
der
sich
gebä-
det,
als
hätte
er
Angst,
dass
ihn
die
nächste
Marschrutka
überholt.
Wer
aussteigen
will,
ruft
einfach
den
Namen
der
Haltestelle.
Für
Ausländer
ohne
Russischkenntnisse
zunächst
mal
eine
Hemmschwelle.
Wer
in
die
Innenstadt
will,
muss
sich
nur
„
Trjochsvjatskaja″
merken.
Das
kann
doch
jedes
Kind!
Ich
muss
es
auf
jeden
Fall
noch
üben.
Bildtexte:
Die
Marschrutka
ist
das
Rückgrat
im
öffentlichen
Nahverkehr
von
Twer.
Im
Hintergrund
ein
elektrisch
betriebener
Trolleybus.
Mit
Schlaglöchern,
abrupten
Richtungswechseln
oder
rabiaten
Bremsmanövern
müssen
die
Passagiere
umgehen.
Ein
Video
über
das
Busfahren
in
Twer
ist
bei
os1.tv
zu
sehen.
Fotos:
R.
Lahmann-
Lammert
TWER.
Ganz
im
Ernst:
Radfahren
in
Twer
ist
lebensgefährlich.
Überall
in
Russland
gilt
auf
der
Straße
das
Recht
des
Stärkeren,
da
macht
Osnabrücks
Partnerstadt
an
der
Wolga
keine
Ausnahme.
Für
Autofahrer,
die
ihre
Freiheit
am
Steuer
erst
seit
15
oder
20
Jahren
ausleben
können,
sind
Radler
Verkehrshindernisse,
und
die
werden
gnadenlos
an
die
Seite
gedrängt.
Doch
neuerdings
schließen
sich
die
Pedalisten
zusammen
und
stellen
Forderungen.
Alexej
Shabaskov
ist
Vorsitzender
des
Fahrradclubs
Velo
Twer.
Der
45-
jährige
Arzt
gehört
zu
den
wenigen
Radlern,
die
sich
nicht
abschrecken
lassen.
Mit
seinem
roten
Helm
und
seinem
leuchtgrünen
Rucksack
beansprucht
er
seinen
Raum
auf
der
Straße.
Und
wird
von
den
Autofahrern
als
Querulant
wahrgenommen,
der
sie
nur
an
ihrem
Vorwärtsdrang
hindert.
„
Ich
bin
schon
verrückt″,
sagt
der
Clubvorsitzende,
der
mit
einer
Mischung
aus
Trotz
und
Galgenhumor
sein
Recht
auf
Mobilität
verteidigt.
Dass
er
sich
auf
einen
gefährlichen
Kampf
eingelassen
hat,
ist
ihm
bewusst.
Im
vergangenen
Jahr
sei
er
dreimal
von
Autos
angefahren
worden,
erzählt
Alexej
Shabaskov.
In
Russland
gebe
es
viele
schlechte
Autofahrer,
lautet
seine
Erklärung
dafür.
Leute,
die
niemals
eine
Fahrschule
besucht
und
stattdessen
den
Führerschein
„
gekauft″
hätten.
Alibi-
Radweg
Velo
Twer
soll
aus
rund
100
zahlenden
Mitgliedern
bestehen
und
mehrere
Hundert
Sympathisanten
haben.
Vor
zwei
Jahren
fand
der
Verein
mit
einer
Umfrage
heraus,
dass
es
in
der
400
000-
Ei-
wohner-
Stadt
mehr
als
100
000
Fahrräder
geben
soll.
Offensichtlich
trauen
sich
die
meisten
ihrer
Besitzer
aber
nicht,
sie
im
Straßenverkehr
einzusetzen.
Das
will
der
Verein
ändern.
In
Briefen
an
den
Oberbürgermeister
und
die
Stadtverwaltung
wird
der
Bau
von
Radwegen
eingefordert.
Mitglieder
von
Velo
Twer
bringen
sich
inzwischen
auch
in
Bürgerforen
und
Runde
Tische
ein.
Bislang
ohne
Erfolg,
sagt
Alexej
Shabaskov.
Einen
500
Meter
langen
Radweg
habe
die
Stadt
zwar
kürzlich
zwischen
der
Autobahn
und
dem
Krankenhaus
gebaut,
dochder
sei
nur
ein
Alibi
und
nütze
fast
niemandem.
Weitere
Projekte
würden
stets
mit
dem
Hinweis
auf
das
fehlende
Geld,
auf
die
zu
schmalen
Straßen
und
den
langen
Winter
abgelehnt.
Aber
die
Twerer
Radler
wollen
nicht
lockerlassen.
Bildtext:
Nur
wenige
Radler
trauen
sich
in
Twer
auf
die
Straße.
Alexej
Shabaskov
ist
einer
von
ihnen.
Foto:
Lahmann-
Lammert
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert