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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Kaum Mängel bei den gelben Tonnen
 
Wie gut trennen die Osnabrücker ihren Müll?
Zwischenüberschrift:
Reingeschaut: So lief die Stichproben-Kontrolle der gelben Tonnen im Stadtteil Schinkel
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Seit Montag kontrolliert der Osnabrücker Servicebetrieb (OSB) die gelben Tonnen in der Stadt. Bislang war der Kontrolleur in den Stadtteilen Schinkel, Eversburg, Dodesheide, Haste und Fledder unterwegs. Das Zwischenfazit des OSB fällt überraschend positiv aus: Kaum eine Tonne wird stehen gelassen, weil sie komplett falsch befüllt ist, etwa mit reinem Rest- oder Biomüll. Allerdings gibt es zahlreiche Fehlwürfe, die vom OSB geduldet werden. Plastikmüll, der keine Verpackung ist –, beispielsweise Einwegbesteck gehört eigentlich in den Restmüll und nicht in die gelbe Tonne. So ist das im Dualen System Deutschlands geregelt und das ist kompliziert. Eine unkomplizierte Regelung wäre die Einführung einer Wertstofftonne, die vor einigen Jahren in Eversburg getestet wurde.

Osnabrück Im Januar hat in Osnabrück die gelbe Tonne den gelben Sack abgelöst. Damit ist das anonyme Wegwerfen vorbei, denn jede Tonne trägt einen Adressaufkleber. Was gehört hinein und was nicht? Und warum ist die Mülltrennung überhaupt so kompliziert?

Die Stichprobe: Frank Hüttemann hebt den Deckel einer 240-Liter-Tonne an und schaut hinein. Schön lose, perfekt″, sagt er. Er drückt auf den Zähler in seiner Hand: Es ist die 299. Tonne, die er heute seit kurz vor 6 Uhr kontrolliert hat, bevor seine Kollegen von der Müllabfuhr sie später leeren.

Die Tonne in der Kreuzstraße mitten im Stadtteil Schinkel steht stellvertretend für die vielen anderen Behälter, in die er bislang einen Blick geworfen hat. In Haste, Dodesheide, Eversburg und Fledder war er schon. Und siehe da: Nur ein einziges Mal, und zwar im Fledder, musste er bislang einen der gelben Anhänger an die Tonne hängen, auf denen steht: Tut uns leid, aber wir haben Ihre gelbe Tonne nicht geleert. Sie enthält Stoffe, die keine Leichtverpackungen sind.″ Die Tonne war mit einem Sack voller Bio-, Rest- und Verpackungsmüll gefüllt.

Der OSB lässt solche Behälter nur stehen, wenn gravierende Mängel″ bei der Befüllung vorliegen, wie es OSB-Sprecherin Katrin Hofmann ausdrückt. Sie und ihre Kollegen waren von erheblich mehr Tonnensündern ausgegangen und hatten viele gelbe Anhänger produziert, die auf das Fehlverhalten hinweisen.

Doch bislang bleiben sie in Frank Hüttemanns Tasche. Das heißt allerdings nicht, dass alle Tonnen perfekt gefüllt sind. Mal sind einzelne benutzte Taschentücher mit drin, mal ist es ein Eierkarton, der eigentlich in den Papiermüll gehört. Viele Osnabrücker haben ihren Verpackungsmüll wie gewohnt in einem gelben Sack gesammelt und diesen dann in die neue Tonne geworfen. Oder der Müll steckt in einem zugeknoteten Plastik-Müllsack. Der OSB hat es zwar lieber lose, weil volle Säcke beim Auskippen gerne mal in der Tonne stecken bleiben aber verboten ist die Verwendung von Müllsäcken nicht.

Die nächste Tonne, die Frank Hüttemann im Schinkel inspiziert, sieht ebenfalls nicht vorbildlich aus. Von reinen Verpackungen wie Folien, leeren Dosen oder Milchtüten, die hineingehören, ist keine Spur. Stattdessen: ein schwarzer Eimer und andere Plastikteile.

Hüttemann holt Informationsflyer zur richtigen Trennung aus der Tasche und wirft sie in den Briefkasten des Hauses, zu dem die Tonne gehört. Der klare Vorteil gegenüber dem gelben Sack: Wir können die Urheber identifizieren″, sagt OSB-Sprecherin Hofmann. Denn an jeder gelben Tonne haben ihre Kollegen Aufkleber mit der Adresse angebracht, zu der die Tonne gehört. Und auffällige Tonnen wollen sie auch bei den nächsten Abholterminen im Blick behalten.

Hüttemanns Kollegen, die später mit dem Müllwagen kommen, werden die Tonne mit dem Plastikmüll trotzdem leeren. Es sind sogenannte intelligente Fehlwürfe″: Das Plastik gehört zwar nicht hinein, weil es sich nicht um Verpackung handelt, wird aber geduldet, weil es ja mit recycelt werden kann. Das ist verwirrend, liegt aber am System.

Das Duale System: Das Duale System startete 1991 mit der Verpackungsverordnung, deren Ziel es war, den Müll zu reduzieren. Sie wurde mehrmals novelliert und am 1. Januar 2019 durch das neue Verpackungsgesetz abgelöst.

In die gelbe Tonne beziehungsweise den gelben Sack gehören ausschließlich sogenannte Leichtverpackungen. Es gibt in Deutschland neun Firmen, die das Sammeln, Sortieren und Recycling des Verpackungsmülls organisieren, die bekannteste davon ist der Grüne Punkt.

Der Osnabrücker Servicebetrieb hat von diesen dualen Systemen seit Anfang des Jahres den Sammelauftrag und inspiziere den Inhalt der Tonnen nicht zuletzt deshalb, weil er die Qualität sicherstellen müsse, erläutert Sprecherin Hofmann. Es sei ein Irrglaube, dass die Sortieranlagen, zu denen die Systembetreiber den Inhalt der gelben Tonnen bringen lassen, das alles erledigen könnten.

Die gelbe Tonne wurde den Osnabrückern kostenlos vor die Häuser gestellt. Bezahlt hat jeder Einzelne sie bereits an der Supermarktkasse: Industrie und Handel melden ihre Verpackungsmengen an und zahlen dafür Lizenzentgelte an die dualen Systeme, die sie letztlich auf den Verkaufspreis wieder draufschlagen. Der OSB sammelt den Verpackungsmüll und bringt ihn zur Osnabrücker Abfallwirtschaftsgesellschaft (OAG). Dort wiederum holen die von den dualen Systemen beauftragten Firmen den Müll ab und bringen ihn zu den Sortieranlagen. Jeder der neun Systembetreiber bekommt entsprechend seinem Marktanteil eine gewisse Menge des Verpackungsmülls das führt bisweilen dazu, dass die OAG für kleine Firmen wie etwa Veolia mit einem Marktanteil von gerade mal einem Prozent winzige Mengen überbehalten muss.

Das Recycling: Von den Sortieranlagen aus geht es teilweise ins Recycling. Anfang 2019 sah das Umweltbundesamt da noch Verbesserungsbedarf. 49, 6 Prozent der Kunststoffverpackungen wurden demnach im Jahr 2016 recycelt, 10, 6 Prozent wurden exportiert. Seit dem Verpackungsgesetz 2019 sind die Mengen, die wiederverwertet werden müssen, höher: Bei Kunststoffverpackungen müssen 58, 5 Prozent wiederverwertet werden, ab 2022 sogar 63 Prozent. Der Kunststoff wird dabei zu Granulat verarbeitet, aus dem dann beispielsweise neue Verpackungen entstehen können. Exporte werden nur anerkannt, wenn das Recycling nachgewiesen wird. Bei Weißblech und Aluminium müssen 80 Prozent wiederverwertet werden (vorher 70 und 60 Prozent), ab 2022 sogar 90 Prozent. Die Metalle werden eingeschmolzen.

Die Bilanz der Stichprobe: Wieder ein großes Lob an die Osnabrücker″, betont OSB-Sprecherin Katrin Hofmann. Schon der Start der Umstellung vom gelben Sack auf die gelbe Tonne im Januar lief reibungslos auch weil der OSB gelbe Säcke mitnimmt, obwohl eigentlich nur noch die Tonnen geleert werden sollen. Bald hat sich das Problem erledigt: Den Osnabrückern gehen nach und nach die gelben Säcke aus. Holprig war die Umstellung nur Ende des Jahres, als die Tonnen verteilt wurden. Viele Osnabrücker nutzten sie direkt, aber dann blieben sie voll am Straßenrand stehen. Geleert werden sie erst seit Januar.

Zu 80 Prozent sind die Tonnen gut sortiert″, sagt OSB-Logistikleiter André Richtering. Die restlichen 20 Prozent sind intelligente Fehlwürfe.″ Hätte Osnabrück statt der gelben Tonne eine Wertstofftonne, läge die Erfolgsquote bei annähernd 100 Prozent, gibt Richtering zu bedenken. In Eversburg gab es vor einigen Jahren mal einen Modellversuch. Da durften Bürger alles hineinwerfen, was recycelbar ist: Metall, Holz, Elektroschrott, Kunststoff und Verpackungen. Sortiert und verwertet wurde später. Diese Verwertung ist ein Milliardengeschäft. Doch die Wertstofftonne scheiterte an der Bundesgesetzgebung. Statt einem Wertstoffgesetz, das sich viele gewünscht hatten, trat am 1. Januar 2019 lediglich das neue Verpackungsgesetz in Kraft. Würde die Stadt eine Wertstofftonne einführen, müsste sie das auf eigene Kosten tun und damit auf Kosten der Bürger.

Bildtexte:
Frank Hüttemann kontrolliert rund 500 bis 600 Tonnen, bevor seine Kollegen mit dem Müllwagen kommen.
Eher selten in Gebrauch: ein gelber Anhänger, der die Tonnen-Befüller auf ihr Fehlverhalten hinweist.
Fotos:
Michael Gründel

Das gehört hinein

Es ist eigentlich ganz einfach: In die gelbe Tonne gehört ausschließlich Verpackungsmüll, sofern es sich nicht um Pappe, Papier oder Glas handelt. Alles sollte leer und trocken sein, ein Ausspülen ist aber nicht nötig. Ein paar Beispiele: Farbeimer, Kunststoffflaschen von Reinigungsmitteln oder Shampoo, Kunststofffolien, - beutel und - tüten, Margarine- und Joghurtbecher, geschäumte Schalen für Obst und Gemüse, Metallverpackungen und Aludeckel, Getränkekartons für Saft und Milch.

Nicht hinein gehören zum Beispiel: Strumpfhosen, Plastikmüll, Staubsaugerbeutel, Windeln, Pflaster, Klarsichtfolien, Kinderspielzeug und Elektrokleingeräte.

Kommentar
Gar nicht doof im Gegenteil

Wer hätte das gedacht? Die Osnabrücker sind bei der Mülltrennung zumindest bei der gelben Tonne vorbildlich unterwegs. Das zahlt sich aus: Je besser der Müll getrennt wird, desto geringer ist der Restmüllanteil und desto geringer sind die Kosten für dessen Entsorgung. An zwei Grundproblemen ändert das aber leider nichts.

Rund 2000 gelbe Tonnen hat der OSB bislang umgetauscht und viele Bürger wollten nicht etwa kleinere, sondern größere gelbe Tonnen. Wer schlau trennt, kann im Idealfall von einer großen auf eine kleinere Restmülltonne umsteigen und damit bares Geld sparen. Nur: Eigentlich sollte das Ziel lauten, den Verpackungsmüll zu reduzieren, schließlich ist global viel zu viel Plastik im Umlauf.

Grundproblem Nummer zwei ist die Absurdität des gesamten Systems: Ein Kleiderbügel, der zusammen mit einem Sakko als Verpackung verkauft wird, gehört in die gelbe Tonne. Ein separat gekaufter Kleiderbügel hingegen ist keine Verpackung und gehört somit formal in den Restmüll. Und dann wird er verbrannt, anstatt die Chance auf Recycling zu bekommen.

Und all das nur, weil der Gesetzgeber nicht in der Lage war, ein Wertstoffgesetz zu verabschieden. Das hätte beim Bürger für erheblich mehr Akzeptanz gesorgt. In Osnabrück ist das Bild eindeutig: Gäbe es die Wertstofftonne, würden die Bürger zu annähernd 100 Prozent alles richtig machen.

s.dorn@ noz.de
Autor:
Sandra Dorn


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