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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Panne beim Abbruch: Loch in der Wand
 
Plötzlich ein Loch in der Wand
Zwischenüberschrift:
Zoff in Atter: Wie ein Abrissbagger Nachbarn entzweit
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Maike Nolte war geschockt, als sie auf der Rückreise aus dem Urlaub eine Nachricht von ihrem Sohn erhielt: Im Gartenschuppen klaffte ein Loch, weil ein Abbruchbagger das Nachbargebäude abgerissen hatte. Zu dem Zeitpunkt wusste die Atteranerin nicht einmal, dass die Immobilie auf der anderen Seite des Zauns einen neuen Eigentümer hatte. Jetzt gibt es Streit, ob beim Abbruch Fehler gemacht wurden oder ob der Schuppen von Maike Nolte schon vorher baufällig war. Beide Seiten fühlen sich im Recht, die Korrespondenz läuft inzwischen über die Anwälte, die Angelegenheit droht zu eskalieren. Beide Gebäude stammen aus den 50er-Jahren, damals wurde häufig improvisiert. Wir haben uns auf eine Spurensuche begeben und dabei interessante Entdeckungen gemacht.

Osnabrück Weil der neue Nachbar von Maike Nolte den Bagger kommen ließ, klafft in ihrem Schuppen jetzt ein Loch. Und durch den Partyraum kann der Wind pfeifen. Ein Abbruch ohne Ankündigung, wie die Atteranerin beteuert. Für sie ein Schock, für die andere Seite eine Lappalie. Beide sehen sich im Recht und lassen ihre Anwälte sprechen.

Was war zuerst, die Henne oder das Ei? Vielleicht der Hühnerstall auf dem Grundstück Reichenberger Straße 3. Vielleicht aber auch der Schuppen auf dem Nachbargrundstück Reichenberger Straße 2. Die Siedler, die sich Mitte der 50er-Jahre in Atter niederließen, haben oft improvisiert. Da war es praktisch, wenn der Nachbar an der Grundstücksgrenze schon eine Wand hochgezogen hatte und man so beim eigenen Mauerwerk sparen konnte. Aber an der Reichenberger Straße sind die Dinge nicht so eindeutig.

Zwei Gebäude, ein Dach

Bis vor wenigen Wochen bildeten der Hühnerstall des einen und der Schuppen des anderen fast eine Einheit: durchgehender First, durchgehendes Dach. Bei Google Earth fällt gar nicht auf, dass es sich um zwei Gebäude handelt. Aber inzwischen hat ein Bagger die siamesischen Baukörper getrennt. Der ehemalige Hühnerstall wird auf dem nächsten Update der Satellitenbilder fehlen.

Auf der anderen Seite steht das Haus mit der Nr. 2, das Maike Nolte (50) von ihren Großeltern geerbt hat. Die gebürtige Atteranerin wohnt nicht dort, sie überlässt es ihrem Sohn und dessen Freundin. Aber es ist ihr wichtig, dass die Gebäude in Schuss gehalten werden. Über die Jahre wurde immer wieder investiert, neue Fenster, neue Böden, frische Farbe. Nebenan, bei Nr. 3, war das nicht so.

Maike Nolte hatte sich immer gewünscht, dass sich auch auf dem Nachbargrundstück etwas tun würde. Die Gebäude waren heruntergekommen, auch der ehemalige Hühnerstall bot keinen schönen Anblick. Im vergangenen Jahr starb die Nachbarin, eine ältere Dame, seitdem steht die Doppelhaushälfte leer. Dass die Immobilie verkauft werden sollte, war keine Überraschung. Aber dass es schon einen neuen Eigentümer gibt, kam erst heraus, als der Bagger auf dem Nachbargrundstück Tabula rasa machte.

Es war kurz vor Weihnachten, Maike Nolte wollte an dem Tag aus einem Kurzurlaub mit ihrem Lebensgefährten zurückkehren. Da erreichte sie auf dem Handy eine Nachricht ihres Sohnes Hendrik, garniert mit Fotos, auf denen zu sehen war, dass der Schuppen mit dem Rasenmäher und anderen Gartengeräten eine offene Flanke hatte. Und dass Mitarbeiter des Abbruchunternehmens dessen Überreste wohl mit Dachlatten vor dem Einsturz bewahrt hatten.

Ohne ein Wort

Der Bau hat Risse bekommen, die äußere Reihe der Dachpfannen hat kaum noch Halt, im Partyraum ist es zugig geworden, und bei Regen wird die Decke feucht. Inzwischen sind die kritischen Stellen abgestützt und mit Hartfaserplatten geschlossen worden. Die endgültige Reparatur steht noch aus.

Maike Nolte ist fassungslos, dass da jemand ohne ein Wort den Bagger aufs Nachbargrundstück schickt und ihr solchen Ärger beschert. Inzwischen hat sie herausgefunden, dass die Immoankauf Direkt GmbH aus Georgsmarienhütte die neue Eigentümerin ist. Telefonate wurden geführt, Mails geschickt und Fristen gesetzt. Nun läuft die Korrespondenz über die Anwälte.

Der alte Hühnerstall sei baufällig gewesen und deshalb abgerissen worden, heißt es in einem Schreiben der Gegenseite. Und dann folgt der Satz, über den Maike Nolte nur bitter lachen kann: Hierdurch sind jedoch keine Schäden an den Nebengebäuden Ihrer Mandantin entstanden.″ Falls es doch Schäden gegeben habe, dann seien die bereits vor der Baumaßnahme altersbedingt eingetreten″. Fazit: Die Grundstückseigentümerin müsse selbst für die Reparatur und für eine Verschließung″ der offenen Stellen sorgen.

Bei der Immoankauf Direkt herrscht Verwunderung darüber, dass ein so banaler Zwischenfall wie der in Atter so hohe Wellen schlägt, ja, dass sogar die Zeitung nachfragt. Die Sache sei zwar unglücklich″ gelaufen, meint ein Unternehmenssprecher, doch so viel könne er mit Gewissheit sagen: Der Hühnerstall habe zuerst gestanden, mit einer Wand auf der Grenze, und dann hätten die Nachbarn ihren Teil einfach drangebaut, so wie es häufig geschehen ist in der Nachkriegszeit. Und im Laufe der Jahrzehnte sei das Wissen um die Verletzlichkeit der Konstruktion wohl verloren gegangen.

Was stand zuerst?

Dagegen spricht, dass die Gebäude auf der Seite von Maike Nolte doch eine Außenmauer haben. Und bei genauerem Hinsehen zeigt sich noch mehr: Die Mitarbeiter der Abbruchfirma stießen überall auf durchgehende Deckenbalken und Dachlatten und durchtrennten sie vor 65 Jahren müssen also beide Nachbarn gemeinsame Sache gemacht haben. Offensichtlich so vertrauensvoll, dass ein weiterer Anbau zunächst mit zwei Durchfahrten versehen wurde, die aufs andere Grundstück führen.

Mit dem Vertrauen ist es jetzt erst einmal vorbei. Maike Nolte und ihr Lebensgefährte Sven Horstmann stellen voller Entrüstung immer wieder diese eine Frage: Darf man auf seinem Grundstück einfach Gebäudeteile abreißen, ohne den unmittelbar betroffenen Nachbarn zu informieren? Im Prinzip ja, lässt der Sprecher von Immoankauf Direkt durchklingen, aber eigentlich hätte die Nachbarin eine Benachrichtigung erhalten sollen.

Und was sagt das Abbruchunternehmen zu dem Malheur in Atter? Für die Profis der Josef Weber GmbH in Georgsmarienhütte ist die Angelegenheit eine klare Sache: Wir gehen davon aus, dass der Auftraggeber das klärt″, bekundet Geschäftsführerin Eva Maria Weber. Probleme mit alter Bausubstanz gebe es immer wieder. Als ein Haus in der Großen Straße für die Bären-Apotheke habe weichen müssen, sei ganz unvermittelt der Blick ins Wohnzimmer eines Nachbarn freigelegt worden. Aber in diesem Fall hätten alle Beteiligten schon vorher die Köpfe zusammengesteckt, um alle Eventualitäten zu erörtern.

Bildtexte:
Plötzlich freie Sicht, wo vorher eine Mauer war: der Schuppen von Maike Nolte nach dem Hausabbruch.
Fassungslos: Maike Nolte und ihr Lebensgefährte Sven Horstmann mit ihrem Haus im Hintergrund.
Foto:
Swaantje Hehmann, Maike Nolte
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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