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1.
Erscheinungsdatum:
06.02.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Woran scheitert die Verkehrswende in Osnabrück?
Zwischenüberschrift:
Wissenschaftler und Ratsherr Michael Kopatz: „Solange der Bus nicht schneller ist, fahren die Leute Auto″
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Michael
Kopatz
schlägt
ein
Treffen
in
einem
Bio-
Café
vor
und
kommt
mit
dem
Rad.
Dennoch
ist
es
eine
seiner
zentralen
Thesen,
dass
der
bewusste
Lebensstil
Einzelner
nicht
ausreicht,
um
den
Klimawandel
zu
stoppen.
In
seinem
neuen
Buch
„
Schluss
mit
der
Ökomoral!
Wie
wir
die
Welt
retten,
ohne
ständig
daran
zu
denken″
fordert
der
Umweltwissenschaftler,
Autor
und
Ratsherr
der
Grünen
in
Osnabrück,
dass
sich
die
Strukturen
ändern,
damit
„
öko″
zum
Normalfall
wird.
Herr
Kopatz,
in
Ihrem
Buch
kritisieren
Sie
den
„
unpolitischen
Öko″.
Wen
meinen
Sie
damit?
Es
gibt
viele
unpolitische
Ökos.
Viele
Leute
aus
meinem
Bekanntenkreis
haben
lange
gedacht,
das
sei
eine
Form
von
Politik:
im
Bioladen
einzukaufen
oder
ab
und
zu
das
Auto
stehen
zu
lassen.
Das
ändert
aber
nichts.
Wir
dürfen
unsere
Konsumentscheidung
nicht
mit
Politikgestaltung
verwechseln.
Bundeslandwirtschaftsministerin
Julia
Klöckner
hat
jüngst
zur
Grünen
Woche
eine
Kampagne
gestartet:
„
Du
entscheidest″
heißt
sie
und
ist
völlig
aus
der
Zeit
gefallen.
Viel
zu
lange
wurde
die
Verantwortung
für
Missstände
in
der
Lebensmittelindustrie
auf
Konsumenten
abgewälzt.
Ich
sage:
Privater
Konsumverzicht
ist
gar
nicht
so
wichtig.
Viel
wichtiger
ist,
dass
die
Menschen
politischer
werden.
Politischer
Druck
schafft
Veränderung.
Und
wir
müssen
die
Strukturen
verändern.
Sie
glauben,
dass
verantwortungsvoller
Konsum
und
klimafreundliche
Mobilität
einfacher
werden,
wenn
die
Verhältnisse
sich
ändern.
Erklären
Sie
mal!
In
meinen
beiden
Büchern
„
Ökoroutine″
und
„
Schluss
mit
der
Ökomoral!
″
beschreibe
ich,
warum
wir
nicht
tun,
was
wir
für
richtig
halten.
Und
warum
nicht
geschieht,
was
geschehen
muss.
Schuld
sind
strukturelle
und
psychologische
Faktoren.
Man
muss
eine
gute
Bahnverbindung
haben
oder
in
Osnabrück
die
Busspur.
Sonst
steigt
niemand
auf
öffentliche
Verkehrsmittel
um,
das
sind
Strukturen.
Psychologisch
geht
es
um
das
Gefühl,
dass
es
keinen
Zweck
hat,
alleine
das
Richtige
zu
tun.
Außerdem
will
man
das
haben,
was
die
anderen
haben.
Man
sieht
sich
immer
im
Vergleich.
Davon
bringe
ich
in
der
„
Ökomoral″
ganz
viele
Beispiele.
Alltagsgeschichten,
mit
denen
ich
eine
neue
Zielgruppe
erreichen
will.
Eine
Art
Klolektüre.
Das
haben
schon
einige
gesagt,
und
ich
nehme
das
als
Kompliment.
Es
sollen
Leute
verstehen,
die
nicht
regelmäßig
„
Zeit″
oder
„
Spiegel″
lesen.
Es
klingt
in
der
Tat
alles
sehr
einfach,
was
Sie
vorschlagen.
Gleichzeitig
kommt
die
Politik
aber
seit
Jahren
bei
grundlegenden
Fragen
des
Klimaschutzes
nicht
weiter.
Interessant
ist
doch
erst
mal
die
Erkenntnis,
dass
es
an
sich
einfach
wäre.
Klimafreundliche
Standards
für
Fahrzeuge
sind
unfassbar
einfach.
Man
muss
nur
hingehen
und
den
Standard
immer
weiter
verschärfen.
Oder
ein
anderes
Beispiel:
Es
ist
sehr
einfach
zu
beschließen,
dass
Schweine
einen
halben
Quadratmeter
mehr
Auslauf
bekommen.
Aber
das
scheint
politisch
ja
nicht
gewollt
zu
sein.
Haben
wir
es
im
Bereich
Klimaschutz
und
Tierwohl
mit
einem
Politikversagen
zu
tun?
Wir
wählen
Volksvertreter,
aber
die
lösen
das
Problem
nicht?
Von
der
Mehrheit
der
Bevölkerung
ist
eine
tierfreundlichere
Haltung
sehr
wohl
gewollt.
An
der
Stelle
finde
ich
die
politische
Debatte
verlogen.
Ich
bin
mir
sicher:
Wenn
wir
jetzt
auf
europäischer
Ebene
dafür
sorgen,
dass
Schweine
mehr
Auslauf
bekommen,
dann
wird
es
keine
Proteste
gegen
diesen
höheren
Standard
in
Berlin
geben.
Glauben
Sie
nicht,
dass
die
Bauern
Sturm
laufen?
Warum
sollten
sie?
Für
sie
ist
die
Wettbewerbskonformität
wichtig.
Das
heißt,
sie
müssen
wissen,
dass
die
Spanier
und
Niederländer
die
gleichen
Vorgaben
haben,
und
dann
gibt
es
zumindest
innerhalb
der
Europäischen
Union
keinen
Nachteil
gegenüber
Billigproduzenten.
Ein
weiteres
Beispiel
in
Ihrem
Buch
ist
das
Thema
Verkehr.
Sie
machen
auch
da
sehr
einfache
Vorschläge
zum
Klimaschutz.
Man
dürfe
den
Straßenausbau
nicht
vorantreiben,
stattdessen
müsse
man
den
Rad-
und
Nahverkehr
stärken.
Gleichzeitig
merken
Sie
als
grüner
Ratsherr
in
Osnabrück
doch
regelmäßig,
wie
schwierig
selbst
Minimalkompromisse
sind.
Wie
gehen
Vision
und
Wirklichkeit
zusammen?
In
den
Städten
ist
es
schwierig,
das
stimmt.
Deutschland
ist
ein
Autoland.
Es
gibt
wahrscheinlich
nur
wenige
Städte
in
Europa,
wo
es
so
schwerfällt,
eine
Politik
auf
den
Weg
zu
bringen,
die
den
Rad-
und
Nahverkehr
systematisch
fördert,
sobald
es
zulasten
des
Autoverkehrs
geht.
Woran
liegt
das?
Natürlich
am
Stellenwert
der
Automobilindustrie.
Es
liegt
aber
auch
an
Routinen.
Osnabrück
wurde
40
Jahre
lang
autogerecht
gestaltet.
Die
Stadtbahn
wurde
abgeschafft,
damit
Autos
mehr
Platz
haben
und
weil
Busse
angeblich
billiger
waren.
Man
hat
Straßen
verbreitert
und
jede
Menge
Parkplätze
geschaffen,
was
man
noch
heute
tut.
Was
haben
diese
Strukturen
mit
dem
Verhalten
der
Menschen
zu
tun?
Ganz
einfach:
Verhältnisse
schaffen
Verhalten.
Ein
Beispiel:
Es
ist
zur
Routine
geworden,
dass
die
Menschen
von
Melle
oder
Bramsche
oder
Ibbenbüren
in
die
Osnabrücker
Innenstadt
fahren
und
da
auch
noch
schnell
und
billig
einen
Parkplatz
bekommen.
Solange
das
so
ist,
wird
keiner
sein
Auto
zu
Hause
am
Bahnhof
abstellen
und
den
Zug
nehmen.
Es
gibt
vielleicht
einen
Unterschied
im
Vergleich
zu
früher:
Manche
Leute
fühlen
sich
schlecht
dabei.
Ja,
immerhin
das
haben
wir
erreicht.
Es
gibt
eine
hohe
Bereitschaft
für
Klimaschutz,
insofern
ist
Moral
wichtig.
Aber
was
das
tatsächliche
Verhalten
anbelangt,
passiert
wenig.
Eigentlich
hat
sich
nur
verändert,
dass
wir
jetzt
mit
schlechtem
Gewissen
fliegen
und
Auto
fahren.
Was
schlagen
Sie
vor?
Limits,
steigende
Standards
und
eine
Änderung
der
Strukturen.
Noch
ein
Beispiel:
die
Busspur
für
Osnabrück.
Da
kämpfe
ich
seit
Jahren
für.
Gestern
habe
ich
eine
Freundin,
die
in
den
ländlichen
Raum
gefahren
ist,
überredet,
den
Bus
zu
nehmen.
Das
Ticket
für
die
20
Kilometer
hat
7,
70
Euro
gekostet.
Ihr
Bus
hatte
zwölf
Minuten
Verspätung,
und
sie
hat
im
strömenden
Regen
gewartet
–
ohne
Bushäuschen.
Woran
lag
das?
Der
Bus
hat
wie
die
anderen
Autos
im
Stau
gestanden.
Darunter
leidet
der
Osnabrücker
Nahverkehr
massiv:
Er
ist
nicht
verlässlich.
Wenn
Leute
einmal
so
eine
schlechte
Erfahrung
gemacht
haben,
steigen
die
nie
wieder
ein
–
und
das
erzählen
die
noch
30-
mal
weiter.
Heute
sitzen
im
Bus
überwiegend
Alte,
Arme,
Arbeitslose
und
Schüler.
Damit
sich
das
ändert:
Es
muss
sich
cleverer
anfühlen,
das
Richtige
zu
tun.
Was
bedeutet
das
in
dem
Fall?
Wenn
ich
mit
dem
Bus
schneller
bin,
als
Sie
mit
dem
Auto,
dann
fühlt
es
sich
cleverer
an,
das
Richtige
zu
tun.
Park
&
Ride
werden
die
Leute
nur
machen,
wenn
sie
mit
dem
Bus
nicht
auf
dem
Weg
in
die
Stadt
im
Stau
stecken
bleiben.
Ein
anderer
Fall:
Wenn
ich
einen
breiten,
ordentlichen
Radweg
habe,
auf
dem
ich
sicher
andere
Radfahrer
überholen
kann,
dann
fühlt
es
sich
cleverer
an,
das
Richtige
zu
tun.
Wenn
Parken
schwerer
und
teurer
wird,
dann
sind
die
Leute
eher
bereit,
aufs
Rad
oder
auf
den
Bus
umzusteigen.
Sie
schlagen
für
viele
Bereiche
Limits
vor:
für
Flüge,
für
den
Straßenbau,
für
die
Flächenversiegelung,
für
Parkplätze.
Das
klingt
arg
nach
grüner
Verbotspolitik.
Es
muss
sich
aber
nicht
unbedingt
so
anfühlen.
Was
wäre
zum
Beispiel
mit
einem
Parkplatzlimit
für
Osnabrück?
Das
habe
ich
mal
vorgeschlagen:
einfach
in
bestimmten
Innenstadtbezirken
netto
keine
zusätzlichen
Parkplätze
zu
schaffen.
Das
wurde
von
einigen
im
Rat
als
weltfremd
abgetan.
Weltfremd
ist
es
aber,
neue
Parkplätze
zu
bauen.
Wir
wollen
weniger
Autos
in
der
Stadt,
bauen
aber
mehr
Parkplätze.
Da
frage
ich
mich,
welche
Argumentation
inkonsistent
ist.
Wo
brauchen
wir
noch
Limits?
Zum
Beispiel
für
Flughäfen:
keine
zusätzlichen
Starts
und
Landungen
mehr.
Das
Faszinierende
dabei:
Man
müsste
nichts
dafür
tun.
Wenn
die
Bundesregierung
einfach
nicht
handeln
würde,
wäre
mein
Limit
automatisch
umgesetzt.
Ich
wünsche
mir
nur
Unterlassung.
Wenn
wir
uns
selbst
ernst
nehmen
beim
Klimaschutz,
dann
dürfen
Flughäfen
nicht
mehr
wachsen.
Selbst
wenn
wir
deutschlandweit
die
Klimaziele
erreichen,
dann
sind
wir
nur
eine
Nation
von
vielen.
Und
viele
Länder
tun
wenig
bis
nichts.
Macht
unser
Engagement
dann
überhaupt
Sinn?
Der
deutsche
Anteil
am
weltweiten
CO2-
Austoß
liegt
bei
zwei
Prozent.
Da
kann
man
also
fragen,
was
bringt
das
schon?
So
wie
sich
jeder
Einzelne
fragt,
der
sein
Auto
stehen
lassen
soll,
was
das
bringt.
Nun
haben
wir
uns
aber
als
Nation
mit
dem
Pariser
Abkommen
dazu
verpflichtet,
den
CO2-
Ausstoß
pro
Bundesbürger
auf
zwei
Tonnen
zu
reduzieren.
Momentan
liegen
wir
bei
zehn
Tonnen
pro
Bundesbürger,
die
Chinesen
liegen
im
Mittel
bei
sieben
Tonnen.
Wir
emittieren
pro
Einwohner
mehr
als
die
vermeintlich
schmutzigen
Chinesen.
Und
auch
die
müssen
auf
zwei
Tonnen
runterkommen.
Was
bringt
es,
wenn
die
Deutschen
vorangehen?
Es
gibt
ja
viele
andere
Länder,
die
mitmachen.
Irgendwer
muss
anfangen.
Beim
Thema
Energiewende
kann
man
das
sehen.
Alle
reden
von
der
deutschen
Energiewende.
Peking
investiert
in
einem
unfassbaren
Ausmaß
in
Windkraft
und
Solar.
Das
ist
ein
riesiges
Geschäftsmodell
geworden
–
und
zwar,
weil
wir
es
zum
Geschäftsmodell
gemacht
haben.
Ihre
Forderung
an
Bürger
lautet:
„
Arsch
hoch″
–
engagiert
euch
und
protestiert!
Sie
empfehlen
auch,
notfalls
mal
einen
Bagger
zu
besetzen.
Für
manche
ist
das
eine
Straftat.
Wo
setzen
Sie
die
Grenze?
Das
muss
jeder
selber
entscheiden,
aber
im
Zweifelsfall
ist
ziviler
Ungehorsam
notwendig.
Ich
würde
aber
keine
Empfehlung
aussprechen.
Vor
allem
ist
es
wichtig,
sich
überhaupt
zu
engagieren.
Das
kann
bei
einer
Demo
sein,
beim
Fahrradprotest
der
„
Critical
Mass″,
mit
einer
Petition,
durch
das
Mitwirken
in
einer
Partei
oder
durch
die
Unterstützung
einer
Initiative.
Jede
Form
des
Sich-
Einmischens
ist
besser,
als
zu
Hause
vorm
Fernseher
zu
sitzen
und
die
Zustände
zu
beklagen.
Bildtext:
Mit
dem
Bus
in
den
Innenstadt-
Stau:
Solange
der
Nahverkehr
in
Osnabrück
nicht
verlässlich
ist,
werden
ihn
zu
wenig
Leute
nutzen,
sagt
Michael
Kopatz
im
Interview.
Foto:
Jörn
Martens
Zur
Person
Michael
Kopatz
ist
Soziologe,
Umweltwissenschaftler
und
Projektleiter
am
Wuppertal
Institut
für
Klima,
Umwelt,
Energie.
Seine
Hauptarbeitsfelder
sind
kommunaler
Klimaschutz,
Arbeit
und
Nachhaltigkeit
sowie
nachhaltiger
Wohlstand.
Sein
Buch
„
Ökoroutine″
fand
in
der
Debatte
um
die
Herausforderungen
des
Klimawandels
große
Beachtung.
Der
48-
jährige
Autor
lebt
in
Osnabrück.
Bei
den
niedersächsischen
Kommunalwahlen
2016
wurde
er
für
die
Partei
Bündnis
90/
Die
Grünen
in
den
Rat
der
Stadt
Osnabrück
gewählt.