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1.
Erscheinungsdatum:
05.02.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Zeitreise
Überschrift:
Die Molkerei in der Innenstadt
Zwischenüberschrift:
Schevemann produzierte bis 1972 angelieferte Milch in Osnabrück
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Früher,
als
die
Wirtschaft
noch
kleinteiliger
war,
gab
es
auch
in
der
Stadt
Osnabrück
Molkereien.
Eine
davon,
die
Molkerei
Schevemann,
verarbeitete
bis
1972
die
angelieferte
Milch
in
der
Großen
Rosenstraße
8–14.
Dann
fiel
sie
dem
Konzentrationsprozess
zum
Opfer
und
ging
im
Milchhof
Harderberg
auf.
1907
begründet
Hermann
Schevemann
den
Molkereistandort
in
der
Innenstadt.
Er
verfügt
über
gute
Kontakte
zu
den
Bauern
im
Umland
und
spielt
daher
schon
bald
eine
gewichtige
Rolle
auf
dem
Beschaffungsmarkt.
In
mehreren
Stufen
erweitert
er
die
zunächst
sehr
beengten
Produktionsverhältnisse
1926
und
1936
und
erwirbt
Nachbarparzellen
hinzu.
Das
Geschäft
brummt.
Die
auf
eine
Stundenleistung
von
3000
Litern
ausgelegten
Kapazitäten
werden
auf
bis
zu
6000
Liter
ausgereizt.
1937
wird
Schevemann
von
einigen
seiner
15
Beschäftigten
angezeigt,
wegen
ständigen
Überschreitens
der
erlaubten
Arbeitszeit.
Die
Gewerbeaufsicht
greift
„
hart″
durch
und
stellt
ihm
einen
Strafbefehl
über
50
Reichsmark
aus.
Er
würde
ja
gern
mehr
Arbeiterinnen
einstellen,
aber
er
finde
keine,
verteidigt
sich
der
damals
schon
71
Jahre
alte
„
Betriebsführer″.
Für
die
ortsnahe
Erfassung
der
Milch
im
Kreis
Bersenbrück
baut
er
einen
kleineren
Zweigbetrieb
in
Rieste
auf.
In
der
Eigenwerbung
bezeichnet
sich
Schevemann
als
„
aeltester
Betrieb
am
Platze″,
allerdings
mit
„
ganz
neuzeitlichen
Anlagen″
und
sichert
„
hygienische
Herstellung
der
Produkte″
zu.
Zu
den
Produkten
gehören
„
Markenbutter,
Schichtkäse,
Speisequarg″
und
natürlich
„
bakteriologisch
einwandfreie
Trinkmilch″.
Schornstein
zu
niedrig
Palmsonntag
1945
wird
der
Betrieb
durch
Spreng-
und
Brandbomben
weitgehend
zerstört.
Der
jetzt
79
Jahre
alte
Hermann
Schevemann
lässt
sich
nicht
unterkriegen
und
treibt
mit
Hilfe
seines
Prokuristen
Hans
Bohnenkamp
den
Wiederaufbau
voran.
Der
ist
im
Oktober
1946
fürs
Erste
abgeschlossen.
1949
gibt
es
Stress
mit
Anwohnern.
Sie
beklagen
Rauchbelästigung
und
„
Auswurf″
von
Rußpartikeln
aus
dem
Schornstein.
Der
Kessel
fahre
permanent
im
Überlastbereich,
heißt
es.
Schevemann
verspricht,
dass
bald
ein
neuer,
größerer
Jumey-
Kessel
kommt,
und
lässt
den
Schornstein
von
15
auf
30
Meter
erhöhen.
Am
11.
Dezember
1953
verstirbt
Hermann
Schevemann.
Hans
Bohnenkamp
ist
Alleinerbe
und
führt
den
Betrieb
fort.
Und
das
nicht
ohne
Erfolg:
Wander-
und
Ehrenpreise
des
niedersächsischen
Landwirtschaftsministeriums
werden
in
Serie
abgeräumt.
Bei
der
Käseprüfung
1965
in
Oldenburg
erringt
die
Molkerei
Schevemann
zum
zwölften
Mal
den
ersten
Preis
unter
allen
Molkereien
in
Weser-
Ems.
Auch
bei
der
Trinkmilch
in
verkaufsfertigen
Verpackungen,
die
immer
wichtiger
werden,
ist
Schevemann
1965
die
Nummer
eins.
Schulmilch
und
-
kakao
Wer
in
den
1950er-
und
1960er-
Jahren
in
Osnabrück
eine
städtische
Schule
besuchte,
hat
mit
hoher
Wahrscheinlichkeit
in
der
großen
Pause
–
der
„
Milchpause″
–
auch
einmal
Schevemann-
Milch
oder
-
Kakao
genuckelt.
Den
Markt
teilte
sich
Schevemann
mit
der
zweiten
Molkerei
im
Stadtgebiet,
der
1930
gegründeten
Zentral-
Molkerei
ZEMO
in
der
Schlachthofstraße,
die
im
Übrigen
auch
eine
Milchbar
am
Nikolaiort
betrieb.
Die
subventionierte
Schulmilch
war
ein
Relikt
der
amtlichen
Schulspeisung
der
Nachkriegszeit,
mit
der
die
Mangelernährung
vieler
Kinder
ausgeglichen
werden
sollte.
Ein
Viertelliter-
Fläschchen
kostete
zunächst
nur
10,
später
20
Pfennig.
In
jeder
Klasse
gab
es
einen
Milchbeauftragten,
der
das
Milchgeld
einsammelte
und
mit
dem
Hausmeister
abrechnete.
Dieser
Mitschüler
nahm
dann
auch
in
der
Pause
den
Draht-
Tragekorb
mit
den
Flaschen
für
seine
Klasse
entgegen
und
sorgte
dafür,
dass
das
Leergut
wieder
vollzählig
zurückkam.
Der
europäische
Agrarmarkt
nimmt
in
den
1960er-
Jahren
Formen
an
und
stellt
die
deutschen
Landwirte
vor
neue
Herausforderungen.
Landvolkverband
und
Genossenschaftsverbände
erkennen,
dass
kein
Weg
an
Rationalisierung
und
Konzentration
vorbeigeht.
Sie
leisten
Geburtshilfe
bei
der
Gründung
der
„
Milchhof
Osnabrück
eGmbH″
im
Mai
1969.
Viele
genossenschaftlich
organisierte
Landmolkereien
beschließen
den
Beitritt.
Und
was
machen
die
Privatmolkereien?
Werden
sie
in
einen
unseligen
Preiswettbewerb
eintreten?
Schevemann
ist
eine
der
größten
und
würde
mit
einer
Produktionsmenge
von
20
Millionen
Kilogramm
Milchprodukte
im
Jahr
zu
fast
einem
Viertel
die
geplante
neue
Produktionsstätte
auslasten.
Am
29.
Januar
1970
unterschreibt
Hans
Bohnenkamp
den
Beitritt
seiner
Molkerei.
Das
macht
er
wohl
etwas
vorschnell,
jedenfalls
ohne
sich
vorher
mit
seinen
650
Milchlieferanten
abgestimmt
zu
haben.
Unruhe
kommt
auf.
Bohnenkamp
ruft
alle
seine
Erzeuger,
mit
denen
er
Ablieferungsverträge
geschlossen
hat,
zusammen.
Sie
erscheinen
fast
vollzählig
am
20.
Februar
1970
in
der
Ludwigshalle
Hehmann.
Zunächst
herrscht
Proteststimmung.
Verschiedene
Verbandsvertreter
versuchen,
durch
ruhige
und
sachliche
Informationen
die
Wogen
zu
glätten.
Jahrzehntelang
hätten
die
Landwirte
keine
andere
Sorge
als
den
Milchauszahlungspreis
gehabt.
Mit
Blick
auf
Europa
käme
jetzt
aber
die
Sorge
um
den
Absatz
hinzu.
Nur
mit
einem
leistungsfähigen
Zusammenschluss
ließen
sich
Abnahmepreis
und
-
menge
garantieren
und
das
Absatzgebiet
Richtung
Ruhrgebiet
ausweiten.
Auch
Bohnenkamp
verteidigt
seinen
Schritt:
Ohne
seine
Beteiligung
wäre
eine
Erfolg
versprechende
Rationalisierung
des
Osnabrücker
Milchmarktes
gescheitert.
Zunächst
bleibe
sowieso
alles
beim
Alten.
Die
Milchabholung
von
jedem
Hof
an
jedem
Tag
auch
bei
kleinen
Mengen
bleibe
gewährleistet.
Die
Molkerei
Schevemann
sei
zwar
verkauft,
produziere
aber
über
ein
Pachtverhältnis
weiter,
bis
der
neue
zentrale
Milchhof
die
Produktion
aufnehme.
Am
Ende
der
Versammlung
stimmt
die
Mehrheit
der
Bauern
für
das
Zusammengehen
mit
dem
neuen
Milchhof.
Für
25
Millionen
DM
entsteht
in
Georgsmarienhütte-
Harderberg
der
neue
Betrieb,
in
dem
zunächst
acht
ehemals
selbstständige
Molkereien
aufgehen.
3000
Milchlieferanten,
darunter
die
650
von
Schevemann,
sind
seine
Genossen
geworden.
Dass
damit
der
Konzentrationsprozess
noch
lange
nicht
beendet
ist,
ist
eine
andere
Geschichte.
Über
die
Humana-
Milchunion
ist
der
Betrieb
Harderberg
mittlerweile
Bestandteil
der
Deutsches
Milchkontor
GmbH
(DMK)
mit
Hauptsitz
in
Bremen.
Für
Schevemann
in
der
Großen
Rosenstraße
endet
die
Produktion
im
Herbst
1972.
Unklar
ist,
wie
es
mit
dem
Sanierungsgebiet
weitergeht.
Im
Mai
1987
wird
der
30
Meter
hohe
Schornstein
gesprengt,
werden
auch
alle
anderen
Schevemann-
Gebäude
eingeebnet.
Areal
wird
zum
Parkplatz
Wöhrl
baut
1996/
97
das
Parkhaus
auf
der
nach
Osten
anschließenden
Fläche.
Eine
neue
Zweckbestimmung
für
das
zwischenzeitlich
als
Parkplatz
genutzte
Schevemann-
Areal
zeichnet
sich
erst
2011
mit
dem
Plan
des
Einkaufszentrums
am
Neumarkt
ab.
Der
Bebauungsplan
Nr.
600
schließt
die
Schevemann-
Fläche
ein.
Vor
der
Neubebauung
bekommt
die
Stadt-
und
Kreisarchäologie
2016
die
Gelegenheit
zum
Graben.
Sie
findet
erwartungsgemäß
zunächst
den
rot-
weiß-
gekachelten
Fußboden
der
alten
Molkerei,
darunter
aber
auch
ältere
Hausgrundrisse
und
zahlreiche
Keramikgegenstände
aus
dem
späten
Mittelalter
bis
zur
frühen
Neuzeit.
Das
Grabungsfeld
ist
noch
eingezäunt,
aber
zugewuchert.
Nach
der
Absage
des
Neumarkt-
Centers
ist
nun
wieder
offen,
was
mit
der
Schevemann-
Fläche
wird.
Bildtexte:
Die
Molkerei
Schevemann
in
der
Großen
Rosenstraße
war
bis
1972
in
Betrieb.
Das
Foto
von
Joachim
Behrens
von
April
1987
zeigt
die
Betriebsgebäude
einschließlich
Kesselhaus
und
Schornstein
(links)
kurz
vor
dem
Abriss
im
Mai
1987.
Schevemanns
Milch
und
Milchkakao
war
beliebtes
Pausengetränk,
hier
beim
Ratsgymnasiums
im
Sommer
1966.
Der
frühere
Titgemeyer-
Komplex
wird
heute
von
der
Universität
genutzt.
Das
davorliegende
alte
„
Schevemann-
Gelände″
ist
unbebaut.
Es
sollte
Teil
des
vorerst
geplatzten
Neumarkt-
Centers
werden.
Die
Absperrzäune
rechts
umgrenzen
das
archäologische
Grabungsfeld.
Fotos:
Joachim
Dierks
Autor:
Joachim Dierks