User Online: 2 |
Timeout: 06:30Uhr ⟳ |
Ihre Anmerkungen
|
NUSO
|
Info
|
Auswahl
|
Ende
|
A
A
A
Mobil →
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Themen ▾
Baumschutz (112)
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) (360)
Die Arbeit der Stadtgaertner seit 1891 (975)
Die Hase und ihre Nebengewaesser (3007)
Gartenprojekte (22)
Klimageschichte (seit 1874) (162)
Konflikte um Kleingarten (25)
Konversionsflaechen (245)
Kooperation Baikal-Osnabrueck (25)
Umweltbildungszentrum(UBZ)1997-2018 (108)
Verein für Ökologie und Umweltbildung Osnabrueck (324)
Suche ▾
Einfache Suche
Erweiterte Suche
Listen ▾
Themenauswahllisten
Erscheinungsdatum (Index)
Ergebnis
Merkliste ▾
Merkliste zeigen
Merkliste löschen
Datensätze des Ergebnis
Suche:
Auswahl zeigen
Treffer:
1
Sortierungen:
Datum vorwärts
Datum rückwärts
1.
Erscheinungsdatum:
27.01.2020
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Finanzamt darf noch mal abkassieren
Im Würgegriff des Finanzamtes
Zwischenüberschrift:
Warum eine unerfahrene Bauherrin zur Steuerhinterzieherin wurde und am Rechtsstaat zweifelt
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Das
Niedersächsische
Finanzgericht
Hannover
hat
die
Klage
einer
62-
jährigen
Osnabrückerin
gegen
das
Finanzamt
Osnabrück-
Stadt
abgewiesen.
Die
Frau
muss
Grunderwerbsteuer
in
Höhe
von
7600
Euro
nachzahlen.
Sie
steht
stellvertretend
für
ein
Dutzend
Bauherren
im
Stadtteil
Hellern,
denen
das
Finanzamt
vorsätzlichen
Steuerbetrug
vorwirft.
Im
konkreten
Fall
hatte
die
Frau
2012
ein
Baugrundstück
am
Rekershof
gekauft
und
anschließend
bebaut.
Zunächst
erhob
das
Finanzamt
die
Grunderwerbsteuer
für
das
unbebaute
Grundstück,
schwenkte
fünf
Jahre
später
aber
um.
Nun
wurde
die
Steuer
für
Grundstück
mit
Haus
verlangt.
Für
das
Gericht
spielte
es
keine
Rolle,
dass
das
Finanzamt
den
Beteiligten
mündlich
zuvor
eine
andere
Auskunft
gegeben
hatte.
Nun
drohen
Strafverfahren.
Osnabrück
Eine
62-
jährige
Sozialpädagogin
aus
Osnabrück
hat
sich
beim
Bau
ihres
Reihenhauses
ganz
auf
Fachleute
verlassen,
die
Ahnung
vom
Bauen
haben.
Jetzt
steht
sie
plötzlich
als
vorsätzliche
Steuerhinterzieherin
da
und
weiß
gar
nicht,
warum.
Der
Fall
zeigt,
wie
schnell
sich
unerfahrene
Bauherren
im
Steuergestrüpp
verheddern
können
und
am
Ende
die
harte
Hand
des
Staates
zu
spüren
bekommen.
„
Sie
haben
mit
voller
Absicht
Steuern
hinterzogen″,
schmetterte
die
Vorsitzende
Richterin
des
Niedersächsischen
Finanzgerichts
in
Hannover
der
Frau
aus
Hellern
ins
Gesicht,
das
sich
mit
jedem
weiteren
Wort
der
Richterin
zusehends
versteinerte.
„
Sie
können
sich
nicht
damit
herausreden,
dass
sie
unerfahren
und
in
einer
schwierigen
persönlichen
Lage
waren.
Haben
Sie
denn
kein
Unrechtsbewusstsein?
″
Die
62-
Jährige
kann
auch
nach
einem
dreijährigen
Klageverfahren
und
einer
fünfstündigen
mündlichen
Verhandlung
nicht
nachvollziehen,
dass
sie
vorsätzlich
und
angeblich
in
Kenntnis
der
Rechtslage
den
Fiskus
hintergangen
haben
soll.
„
Ich
wollte
doch
keine
Fehler
machen″,
hatte
sie
im
Schlusswort
vor
Gericht
gesagt.
Die
Fehler
haben
andere
gemacht.
Sie
muss
dafür
zahlen
und
sieht
sich
auch
noch
einer
Strafverfolgung
ausgesetzt.
Der
Sachverhalt:
Die
Frau
steht
stellvertretend
für
etwa
40
Familien,
die
vor
gut
zehn
Jahren
im
Baugebiet
Rekershof/
Grieseling
in
Hellern
Grundstücke
in
Erbpacht
von
den
Evangelischen
Stiftungen
erworben
haben
und
ebenfalls
in
den
Sucher
des
Finanzamtes
gerieten.
Erbbaunehmer
müssen
wie
Grundstückskäufer
Grunderwerbsteuer
zahlen.
Sie
betrug
für
die
unbebauten
Grundstücke
im
Schnitt
gut
1000
Euro.
Die
Frau
in
unserem
Fall
erhielt
2012
einen
Bescheid
vom
Finanzamt
über
1059
Euro.
2017
stellte
das
Finanzamt
plötzlich
neue
Bescheide
aus
mit
im
Schnitt
zehnfach
höheren
Steuerforderungen.
Das
Finanzamt
sprach
in
den
neuen
Bescheiden
von
einem
„
einheitlichen
Vertragswerk″.
Das
heißt:
Der
Fiskus
ging
jetzt
davon
aus,
dass
die
Bauherren
das
Grundstück
gemeinsam
mit
dem
darauf
noch
zu
bauenden
Haus
in
einem
Paket
erworben
hatten.
In
solchen
Fällen
besteuert
das
Finanzamt
nicht
nur
das
unbebaute
Grundstück,
sondern
Grundstück
und
Gebäude.
Das
Gesetz
sieht
es
so
vor.
Die
Betroffenen
bestreiten
aber,
dass
sie
Grundstück
und
Haus
in
einem
Paket
erworben
haben.
Das
Finanzamt
verlangte
jetzt
im
konkreten
Fall
7600
Euro.
Die
Frau
legte
Einspruch
ein
und
klagte
schließlich
gegen
den
Bescheid.
Aus
der
Sicht
der
Klägerin:
Der
Anwalt
der
Klägerin,
der
selbst
am
Rekershof
wohnt
und
betroffen
ist,
argumentiert
so:
Da
in
dem
Baugebiet
verschiedene
Bauunternehmen
zum
Zuge
kamen,
könne
von
einem
„
einheitlichen
Vertragswerk″
keine
Rede
sein.
Die
Bauherren
hätten
alle
die
freie
Wahl
gehabt,
mit
wem
und
wie
sie
bauten.
Das
bestätigten
auch
die
Unternehmer
und
die
Evangelischen
Stiftungen.
Außerdem
hätte
das
Finanzamt
keine
„
Änderungsbefugnis″
gehabt
–
die
Bescheide
also
nicht
nachträglich
ändern
dürfen.
Die
Fakten
seien
dem
Amt
von
Anfang
an
bekannt
gewesen.
Dem
Finanzamt
warf
er
„
Willkürlichkeit″
im
Umgang
mit
den
Bauherren
vor.
Einige
mussten
nach
seinen
Angaben
nur
fürs
Grundstück
zahlen,
einige
die
Steuer
mit
Haus,
einzelne
hatten
mit
einem
Einspruch
Erfolg,
andere
nicht.
Und:
In
einem
Gespräch
im
April
2008
zwischen
je
zwei
Vertretern
des
Finanzamtes
und
der
Evangelischen
Stiftungen
sowie
eines
Bauunternehmers
sei
die
Steuerfrage
geklärt
worden.
Über
das
Treffen
gibt
es
ein
zusammenfassendes
Protokoll.
Der
Bauunternehmer,
der
damals
mit
am
Tisch
saß,
sagte
vor
Gericht
als
Zeuge
aus:
„
Für
mich
war
es
nach
dem
Gespräch
ganz
klar,
dass
keine
Grunderwerbsteuer
auf
das
Haus
anfällt.″
Aus
der
Sicht
des
Finanzamtes:
Der
Vertreter
des
Finanzamtes
bestritt,
dass
es
eine
solche
Absprache
gegeben
hat.
Der
Gesprächsvermerk
enthalte
nur
vage
Aussagen,
jeder
Einzelfall
müsse
geprüft
werden.
Er
hielt
der
Klägerin
vor,
in
einem
Fragebogen
des
Finanzamtes
falsche
Angaben
gemacht
zu
haben,
um
den
Fiskus
zu
täuschen.
Zuerst
sei
ein
Bauvertrag
mit
dem
Bauunternehmer
abgeschlossen
worden,
danach
erst
der
Erbbauvertrag
mit
den
Evangelischen
Stiftungen.
Daraus
sei
eindeutig
abzuleiten,
dass
es
sich
um
ein
„
einheitliches
Vertragswerk″
gehandelt
habe.
Nach
Rechtsprechung
des
Bundesfinanzhofes
seien
in
diesen
Fällen
Grundstück
und
Bauwerk
Bemessungsgrundlage.
Warum
das
Finanzamt
nach
fünf
Jahren
neue
Bescheide
verschickte:
Der
Landesrechnungshof
war
es,
der
die
Sache
vor
drei
Jahren
ins
Rollen
brachte.
Die
Prüfer
beanstandeten
im
Jahresbericht
2017
Bearbeitungsfehler
und
Versäumnisse
des
Finanzamtes
Osnabrück-
Stadt.
Die
Behörde
habe
in
einigen
Fällen
nicht
erkannt,
dass
die
Gebäudeherstellungskosten
in
die
Steuerbemessung
hätten
einbezogen
werden
müssen.
Der
Rechnungshof
ging
davon
aus,
dass
die
Evangelischen
Stiftungen
und
drei
Bauunternehmen
gemeinsame
Sache
gemacht
haben.
Nach
diesem
Rüffel
aus
Hannover
schaltete
das
Osnabrücker
Finanzamt
die
Steuerfahnder
ein,
die
die
Geschäftsräume
der
drei
Bauunternehmen
durchsuchten
und
Unterlagen
beschlagnahmten.
Dabei
fielen
den
Ermittlern
auch
belastende
E-
Mails
der
Klägerin
in
die
Hände.
Das
Finanzamt
habe
aufgrund
neuer
Tatsachen
die
alten
Bescheide
aufheben
müssen,
sagte
der
Amtsvertreter
vor
Gericht.
So
entschied
das
Gericht:
Das
Finanzgericht
wies
die
Klage
der
Osnabrückerin
in
Bausch
und
Bogen
ab,
gab
dem
Finanzamt
in
allen
Punkten
recht,
stimmte
die
Frau
schon
mal
auf
einen
Strafprozess
ein
und
ließ
am
Ende
noch
eine
Bemerkung
fallen,
die
die
ebenfalls
betroffenen
Bauherren
in
Hellern
getrost
als
Warnung
verstehen
durften:
Sollten
sie
gegen
das
Finanzamt
klagen,
werden
sie
hier
ebenfalls
keine
Chance
haben.
Das
Gericht
sieht
in
den
Vorgängen
ein
„
einheitliches
Vertragswerk″.
Es
gebe
einen
„
sachlichen
und
zeitlichen
Zusammenhang″
zwischen
dem
Erbbauvertrag
und
dem
Bauvertrag,
so
die
Vorsitzende.
Dabei
sei
es
unerheblich,
ob
auch
andere
Bauunternehmen
zum
Zuge
gekommen
seien.
Unerheblich
sei
auch,
ob
es
irgendwelche
Absprachen
mit
dem
Finanzamt
gegeben
haben
könnte.
Darauf
könnten
sich
die
Steuerpflichtigen
nicht
berufen.
Das
Finanzamt
durfte
den
ersten
Bescheid
aufheben,
weil
die
Frau
nach
Einschätzung
des
Gerichts
vorsätzlich
falsche
Angaben
gemacht
hatte.
„
Das
Gericht
hält
Sie
für
unglaubwürdig″,
sagte
die
Richterin
der
Klägerin.
Diese
Folgen
hat
das
Urteil:
Eine
zweite
Instanz
gibt
es
nicht.
Möglich
wäre
nur
eine
Revision
beim
Bundesfinanzgerichtshof.
Dazu
müsste
nachgewiesen
werden,
dass
das
Finanzgericht
Rechtsfehler
begangen
hat.
Der
Anwalt
der
Klägerin
ist
davon
überzeugt
und
will
Rechtsmittel
einlegen.
Er
beruft
sich
darauf,
dass
ihm
die
Akten
nicht
vollständig
zur
Verfügung
gestanden
hätten
und
das
Gericht
die
Anhörung
einer
weiteren
Zeugin
abgelehnt
habe.
Für
„
sehr
bedenklich″
hält
er
die
Vorverurteilung
seiner
Mandantin.
Es
stehe
der
Finanzrichterin
nicht
zu,
die
Klägerin
öffentlich
als
„
vorsätzliche
Steuerhinterzieherin″
zu
bezeichnen.
Damit
nehme
sie
Einfluss
auf
die
laufenden
Ermittlungen
der
Strafverfolgungsbehörden,
sagte
der
Anwalt.
Die
Klägerin
muss
nun
–
wie
andere
Bauherren
in
Hellern
auch
–
damit
rechnen,
wegen
Steuerhinterziehung
angeklagt
zu
werden.
Bildtext:
Das
Baugebiet
Rekershof/
Grieseling
in
Hellern
geriet
2017
in
den
Blick
des
Landesrechnungshofes
–
sehr
zum
Entsetzen
der
Bewohner.
Das
Foto
entstand
2014.
Foto:
Archiv/
Gert
Westdörp
Kommentar
Unfair
und
ungerecht
Das
Finanzgericht
hat
zwar
Recht
gesprochen,
aber
Ungerechtigkeit
geschaffen.
Wer
die
Vorgänge
im
Baugebiet
in
Hellern
nicht
mit
den
Augen
eines
Juristen,
sondern
mit
dem
Blick
eines
Steuerzahlers
betrachtet,
kommt
zu
dem
Schluss:
Hier
läuft
etwas
schief,
hier
wird
das
Opfer
zum
Täter
gemacht.
Das
nun
in
Hannover
gesprochene
Urteil
ist
ein
Dokument
der
größtmöglichen
Entfernung
zwischen
den
Buchstaben
des
Gesetzes
und
dem
realen
Leben.
Ja,
es
gibt
Fakten,
die
für
die
Annahme
sprechen,
dass
Grundstück
und
Haus
im
Paket
verkauft
wurden.
Aber
es
gibt
auch
gewichtige
Indizien
und
Zeugenaussagen,
die
dieser
Annahme
widersprechen.
Diese
Zweifel
hat
das
Finanzgericht
nicht
an
sich
herangelassen.
Es
hat
sich
die
Entscheidung
zu
leicht
gemacht.
Es
hat
zu
keinem
Zeitpunkt
in
Betracht
gezogen,
dass
es
auch
ganz
anders
gewesen
sein
könnte,
dass
die
Papiere
vielleicht
nicht
das
reale
Handeln
widerspiegeln.
Es
hat
ignoriert,
dass
die
Beteiligten
vorab
die
Einschätzung
des
Finanzamtes
eingeholt
hatten.
Das
Gericht
sagt
damit
auch:
Ein
Steuerbürger
ist
selber
schuld,
wenn
er
Auskünften
der
Finanzbehörden
vertraut
und
sein
Handeln
danach
ausrichtet.
Welch
unglaubliche
Aussage.
Am
Ende
erlaubte
sich
die
Vorsitzende
Richterin
sogar
noch
eine
beleidigende
und
fast
unverschämte
Grenzverletzung,
als
sie
die
Klägerin
eine
„
vorsätzliche
Steuerhinterzieherin″
nannte.
Das
zu
beurteilen
steht
nur
dem
Strafgericht
zu.
w.hinrichs@
noz.de
Autor:
Wilfried Hinrichs