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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ein verdächtiger Krater
Zwischenüberschrift:
Bombenräumung: Am Donnerstag müssen 2220 Menschen in Osnabrück ihre Häuser verlassen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Mehr als 2200 Anwohner im Bereich des Heger Holzes unter ihnen die Bewohner des Flüchtlingshauses müssen am morgigen Donnerstag, 23. Januar, bis 9 Uhr ihre Häuser verlassen haben. Im Wald liegt möglicherweise ein Bomben-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg.

Die Stadt Osnabrück wartet nicht, bis Blindgänger zufällig bei Bauarbeiten gefunden werden so wie es zum Beispiel am Montagabend in der Kölner Innenstadt der Fall war. Stattdessen macht sie sich seit Jahren selbst aktiv auf die Suche und wurde mal wieder fündig.

Was genau im Heger Holz in der Erde liegt, wird auch Jürgen Wiethäuper, der Leiter des Ordnungsamtes, erst am Donnerstag vom Sprengmeister erfahren. Doch er ist sich ziemlich sicher zu wissen, was der Niedersächsische Kampfmittelräumdienst in dem Waldgebiet finden wird.

Unversehrter Krater

Entdeckt wurde die mutmaßliche Sprengbombe nicht wie viele ihrer Vorgänger bei der Auswertung von Luftbildern der Aliierten. Diesmal haben wir aktuelle Luftbilder genommen, bei denen am Computer alles Grüne wie Bäume rausgerechnet wurde″, erklärte Wiethäuper. Übrig geblieben sei die Kontur der Erdoberfläche. Darauf konnte man dann ganz genau Explosionskrater sehen und diesen kleinen Einschlagskrater, der noch unversehrt war. Da war noch keiner dran.″ Deshalb geht der in Sachen Blindgängerräumungen mittlerweile routinierte Fachdienstleiter davon aus, dass unter der Erde keine 50 Meter von einem Fußweg entfernt wirklich eine scharfe Weltkriegsbombe liegt und kein bereits kurz nach dem Krieg entschärfter Sprengkörper oder harmloser Metallschrott.

Ein Grund, warum Osnabrück anders als die meisten anderen Kommunen aktiv nach Blindgängern sucht, ist, dass diese mit der Zeit immer gefährlicher werden. Denn aufgrund von Materialermüdung sind die über 70 Jahre alten Sprengkörper im wahrsten Sinne des Wortes tickende Zeitbomben: Sie können spontan explodieren, und niemand weiß, ob oder wann genau das passiert. Diese Fundstelle liegt zwar mitten im Wald, ist jedoch von einem nicht unerheblichen Wegenetz umgeben″, sagt Wiethäuper. Auch Kleingärten lägen relativ dicht an dem verdächtigen Objekt. Wenn in so einem Naherholungsgebiet etwas passiert, ist das Risiko hoch, dass die Folgen genauso schlimm sind wie mitten im bebauten Bereich″, erläuterte der Fachmann, warum der Blindgänger entfernt werden soll.

Am Donnerstag seien grundsätzlich drei Szenarien denkbar, führt Wiethäuper aus.

Variante eins: Die Bombe hat einen Aufschlagzünder, der mechanisch entfernt werden kann. Sobald wirklich alle Anwohner das Evakuierungsgebiet verlassen haben und der Sprengmeister loslegen kann, geht es in diesem Fall relativ fix.

Variante zwei: Der Blindgänger hat einen Säurezünder. Diese haben oft eine Ausbausperre und werden mit Wasserschneidetechnik entschärft. Dabei trennt eine Mischung aus Sand- und Wasserstrahl den Zünder von der Bombe. Das dauert etwas länger.

Variante drei: Der Blindgänger kann wieso auch immer nicht entschärft werden, sondern wird kontrolliert gesprengt. Dann müssen die Anwohner sich unter Umständen mehrere Stunden lang gedulden, bevor sie in ihre Häuser zurückkehren dürfen.

Damit bei einer möglichen Sprengung die Druckwelle möglichst senkrecht nach oben abgeleitet wird, wurden bereits im Vorfeld rund um die Fundstelle Container aufgestellt. Dafür musste allerdings zunächst ein Waldweg bis zur Fundstelle verlängert und der Boden so gefestigt werden, dass ein Kran die schweren Behälter sicher an Ort und Stelle hieven konnte.

Geduldsfrage

Riesige Wassersäcke, die ebenfalls helfen sollen, die Druckwelle zu lenken und dämpfen, liegen bereit, müssten aber im Fall einer Sprengung noch jeweils mit 26 Kubikmeter Wasser befüllt werden. Zeitgleich würden in der Paracelsus-Klinik als Vorsichtsmaßnahme die Patienten in hintere Gebäudeteile verlegt werden. All das braucht Zeit.

Da die Evakuierung also durchaus mehrere Stunden dauern kann, sollten alle betroffenen Anwohner unbedingt notwendige Dinge wie Medikamente, Säuglings- oder Spezialnahrung sowie angemessene Kleidung mitnehmen. Zudem sollten sich die Betroffenen vor dem Verlassen ihrer Wohnung vergewissern, dass sie Elektro- und Gasgeräte ausgeschaltet und alle Wasserhähne geschlossen haben.

Im Gemeinschaftszentrum Lerchenstraße (Lerchenstraße 135–137) wird ein Evakuierungszentrum eingerichtet. Dort kann jeder auf die Entschärfung warten, der nicht anderweitig unterkommt.

Außerdem kann jeder sein Teil dazu beitragen, dass die Evakuierung möglichst schnell wieder aufgehoben wird, indem er den Evakuierungsbereich bis spätestens 9 Uhr verlässt und nicht darauf wartet, bis er von den Kräften, die von Haus zu Haus gehen, dazu aufgefordert wird. Denn in dem betroffenen Bereich zu bleiben ist keine Option auch nicht auf eigene Gefahr″, wie manche denken. Da helfen auch keine langwierigen Diskussionen, die die ganze Aktion unnötig in die Länge ziehen die Polizei macht in solchen Fällen keine Ausnahmen, sondern setzt die Evakuierungsanordnung konsequent durch.

Die Straßen im Evakuierungsgebiet werden von 9 Uhr an gesperrt. Der Linienbusverkehr ist nicht betroffen. Für bettlägerige oder kranke Personen bestehen Transportmöglichkeiten, die über die Regionalleitstelle Osnabrück angefordert werden können (Telefonnummer 0541 323-4455). Dabei ist unbedingt anzugeben, ob die Person sitzend oder liegend transportiert werden kann, ob ansteckende beziehungsweise infektiöse Krankheiten oder sogar eine Transportunfähigkeit bestehen. Notwendige Transporte müssen unbedingt vor der Maßnahme angemeldet werden. Je eher die Information erfolgt, desto besser kann für den Transport gesorgt werden″, schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung. Denn der Sprengmeister kann erst anfangen zu arbeiten, wenn Sicherheit herrscht″, sprich: niemand mehr im Evakuierungsbereich ist.

Prognose vom Fachmann

Auch Jürgen Wiethäuper wird am Donnerstag nicht im Evakuierungsbereich sein, wenn der Kampfmittelräumdienst arbeitet. Er hat jedoch aus seiner jahrelangen Erfahrung eine Theorie, was der Sprengmeister wohl im Heger Holz vorfinden wird: Mein Tipp: Es ist eine Fünf-Zentner-Bombe, deren Ziel die Flakstellung am Büdchen auf dem Westerberg war″, sagt der Fachdienstleiter.

Ein Bürgertelefon der Stadt Osnabrück ist bis inklusive Mittwoch, 22. Januar, von 8 bis 16 Uhr sowie am Donnerstag, 23. Januar, von 7 Uhr bis zum Ende der Maßnahme eingerichtet und unter der Telefonnummer 0541 323-4490 erreichbar.

Bildtext:
Die Vorbereitungen laufen bereits seit Tagen: Am Rande der Kleingartensiedlung im Heger Holz wird ein Bombenblindgänger vermutet, der am 23. Januar 2020 geräumt werden soll.
Foto:
David Ebener
Autor:
Claudia Sarrazin


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