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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wie kann Wasser besser geschützt werden?
Zwischenüberschrift:
Wasserbehörde fordert: Mehr Gülle aus dem Osnabrücker Land in andere Regionen exportieren
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Nachdem eine Studie des Umweltbundesamtes gezeigt hat, dass Landwirte im Osnabrücker Land deutlich mehr düngen, als der Boden an Nährstoffen aufnehmen kann, fordert der Leiter der Landkreis-Wasserbehörde, Detlef Wilcke, mehr Gülle aus unserer Region zu exportieren. Auch das Landvolk, die Landwirtschaftskammer, Politiker und Umweltschützer kommentieren die Studie, bewerten sie aber unterschiedlich.

Der Chef der Landkreis-Wasserbehörde wünscht sich eine deutlich bessere räumliche Verteilung der Stickstoffüberschüsse″. Die Nährstoffberichte der vergangenen Jahre zeigen ihm zufolge, dass der Export von Dünger aus dem Landkreis Osnabrück von Jahr zu Jahr zugenommen hat. Die Studie unterstreiche, dass dieser Trend aus Sicht des Gewässerschutzes dringend fortgesetzt werden muss″, sagte Wilcke auf Anfrage unserer Redaktion.

Die Vorgeschichte: Der Landkreis Osnabrück liegt beim Stickstoffüberschuss unter 402 Kreisen in Deutschland auf Rang 25. Das geht aus der sogenannten Stickstoff-Flächenbilanz″ hervor, die die Universität Gießen im Auftrag des Umweltbundesamtes erstellt und Ende 2019 vorgestellt hat. Der Überschuss im Mittel der Jahre 2015 bis 2017 lag im Osnabrücker Land demnach bei 130 Kilo Stickstoff pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche. Damit wurde deutlich mehr gedüngt als im bundesweiten (77 Kilo Stickstoff pro Hektar) sowie auch im landesweiten Mittel (108 Kilo Stickstoff pro Hektar). Der Fachgebietsleiter Landwirtschaft des Umweltbundesamtes, Knut Ehlers, hatte unserer Redaktion gesagt, es sei daher nicht verwunderlich″, dass das Grundwasser im Landkreis Osnabrück in einem schlechten chemischen Zustand″ ist.

Was ist Stickstoff? Stickstoff ist der wichtigste Nährstoff für Pflanzen und wird in Form von künstlichem Mineraldünger oder als Gülle also hauptsächlich Urin und Kot von Nutztieren wie Schweinen oder Rindern auf die Felder aufgebracht. In Verbindung mit Sauerstoff wird Stickstoff zu Nitrat, das unser Grundwasser gefährdet. Es trägt zur Nährstoffüberversorgung von Oberflächengewässern und Ökosystemen bei. Das Umweltbundesamt (UBA) warnt, dass ein Übermaß an Stickstoff und die Verlagerung in empfindliche Ökosysteme gravierende Auswirkungen auf die Umwelt haben können.

Naturschützer für Verminderung der Tierzahlen: Das Umweltforum Osnabrücker Land hält es als Dachverband der Umweltverbände in der Region für besonders erschreckend, dass der Landkreis Osnabrück zu dem kleinen Teil Deutschlands mit besonders hohen Stickstoff-Überschüssen gehört, wie das UBA eindrucksvoll darstellt″. Zum Schutz des Grund- und Oberflächenwassers und der Artenvielfalt sei eine umgehende Reduzierung der Gülle- und Nährstoffmengen unverzichtbar. Die Tierzahlen müssten daher deutlich vermindert werden. Wenn Gülle bloß in andere Regionen exportiert werde, verschiebe sich das Problem bloß. Matthias Schreiber vom Umweltforum kommentiert: Erste Schritte mit erheblichem Zusatznutzen für den Naturhaushalt sind breite ungedüngte und ungespritzte Randstreifen an allen Gewässern. Was dagegen gar nicht geht, sind immer neue Stallbauten, mit denen die Tierbestände weiter aufgestockt werden.″

Bauernverband Landvolk bemängelt veraltete Zahlen: Der Chef des Bauernverbands Landvolk im Kreis Osnabrück, Albert Schulte to Brinke, bedauert, dass die für die UBA-Studie zugrunde liegenden Zahlen leider veraltet sind″. Aktuelle Entwicklungen in der Landwirtschaft, insbesondere durch die Verschärfung der Düngeverordnung 2017, würden daher nicht abgebildet. Schulte to Brinke bezweifelt, dass der im UBA-Bericht dargestellte Überschuss von 130 Kilo Stickstoff pro Hektar landwirtschaftliche Fläche im Osnabrücker Land zutreffend ist. Seiner Einschätzung nach ist der Anrechenfaktor für Gülle oder für Biogas-Gärreste zu niedrig und für künstlichen Mineraldünger zu hoch angesetzt worden. Schulte to Brinke betont aber: Dennoch ist klar, dass die Landwirte im Landkreis Osnabrück das Stickstoffmanagement verbessern wollen, um die Bilanzüberschüsse zu senken.″

Die Landwirte im Osnabrücker Land sieht Schulte to Brinke auf dem richtigen Weg″. Die Zahlen aus dem Nährstoffbericht 2018 in Niedersachsen würden belegen, dass die Tierzahlen rückläufig und der Absatz von künstlichem Mineraldünger zurückgegangen sei. Dieser Trend werde sich aller Voraussicht nach fortsetzen, was sich auch im kommenden Nährstoffbericht noch deutlicher widerspiegeln werde. Die vom Bund geplante pauschale Reduzierung der Düngung hält Schulte to Brinke für den falschen Weg. Brotweizen und viele Gemüsearten könnten dann nicht mehr angebaut werden. Die Ertrags- und Qualitätseinbußen der Ernten gefährdeten die Existenz der Betriebe.

Wie Nitrat aus Sicht des Landvolks vermindert werden kann: Um den Stickstoffüberschuss in der Region zu reduzieren, schlägt Schulte to Brinke beispielsweise vor, den Anfall von Stickstoff aus der Tierhaltung zu senken, indem eiweiß- und phosphorreduziertes Futter eingesetzt wird. Für einige Betriebe komme sicherlich auch eine geringere Tierzahl im Zuge von Tierwohlmaßnahmen infrage. Darüber hinaus könnten durch den Anbau von Zwischenfrüchten Nitrat-Auswaschungen in den niederschlagsreichen Wintermonaten verhindert werden, so der Chef des Bauernverbands im Osnabrücker Land. Überschüssiger Dünger aus dem Osnabrücker Land müsse zudem in die Ackerbauregionen transportiert werden, um dort künstlichen Mineraldünger zu ersetzen und den Humusaufbau zu erleichtern. Auch die Wasserwirtschaft müsse hinterfragen, ob bei der Aufbereitung des Abwassers Emissionen reduziert werden könnten. Das Gleiche gelte für Industrie und Verkehr beim Thema Stickoxide.

Das sagt die Landwirtschaftskammer: Auch der Leiter der Bezirksstelle Osnabrück der Landwirtschaftskammer, Jörg Schomborg, sagte auf Anfrage unserer Redaktion, wie Landwirte auf den Stickstoffüberschuss im Osnabrücker Land reagieren sollten: Die Problematik der Nährstoffüberschüsse ist in der Landwirtschaft bekannt, es wird bereits seit Längerem an Verbesserungen und Lösungen gearbeitet.″ Die Verbringung von Wirtschaftsdüngern und Gärresten aus dem Landkreis Osnabrück sei laut Nährstoffbericht 2018 um 60 Prozent gestiegen. Im Landkreis Osnabrück sei zudem weniger künstlicher Dünger eingesetzt worden. Die Landwirtschaft in der Region werde diese Anstrengungen weiter fortsetzen″.

Keine Neuigkeit, dass Deutschlands Böden überdüngt sind: Für den umweltpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Martin Bäumer, zeigt die Studie des Umweltbundesamtes: Es gibt zu viel Stickstoff in der Umwelt.″ Es sei aber keine Neuigkeit, dass Deutschlands Böden überdüngt seien. Zudem sei schon etwas passiert, um den Stickstoffüberschuss zu begrenzen. Die Studie des Umweltbundesamts betrachtet die Vergangenheit, die Praxis ist schon längst weiter″, teilt Bäumer in einer Mitteilung mit. Schließlich habe das Umweltbundesamt nur Zahlen bis 2017 ausgewertet. Der Bund habe aber 2017 eine neue, verschärfte Düngeverordnung in Kraft gesetzt. Dadurch ergaben sich schon erhebliche Verbesserungen, wie der Rückgang der Nutztiere und eine Verminderung des Einsatzes von mineralischem Stickstoff zeigen″, so Bäumer. Somit zeige die Düngeverordnung bereits eine erste positive Wirkung. Der Landtagsabgeordnete aus Glandorf fordert: Wir sollten den Landwirten mehr Zeit geben, sich auf einen geringeren Stickstoffausstoß einstellen zu können, und sie nicht mit zu vielen Gesetzen überfordern.″

Bildtext:
Der Landkreis Osnabrück liegt beim Stickstoffüberschuss unter 402 Kreisen in Deutschland auf Rang 25. Das geht aus der sogenannten Stickstoff-Flächenbilanz hervor, die das Umweltbundesamt Ende 2019 vorgestellt hat.
Foto:
Michael Gründel
Autor:
Jean-Charles Fays


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