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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wer kehrt die Reste der Böller auf?
 
Hat die Böller-Debatte Spuren hinterlassen?
Zwischenüberschrift:
Fazit der Silvesternacht: Wer den Müll wegräumt und wie sich die Feinstaubbelastung entwickelt hat
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück Am zweiten Tag nach der Silvesterknallerei sahen einige Straßen in Osnabrück gestern noch aus wie ein Partykeller nach einem rauschenden Fest. Auf Gehwegen, etwa an der Mindener Straße, hatten Feiernde die Reste ihrer Böller achtlos zurückgelassen. Sieben Trupps des Osnabrücker Service-Betriebes (OSB) sind seit gestern unterwegs, die Straßen zu fegen. Für die Gehwege sind die jeweiligen Anlieger zuständig, wie OSB-Sprecherin Katrin Hofmann sagte. Im Extremfall kann die Stadt Bußgelder verhängen, wenn Anwohner ihrer Reinigungspflicht nicht nachkommen. Schmutzig war auch die Luft in der Silvesternacht, wie aus den Daten des Lufthygienischen Überwachungssystems hervorgeht. Die Feinstaubbelastung stieg ab 23 Uhr deutlich an, jedoch nicht so stark wie in anderen Städten.

Osnabrück Knallen, böllern, zündeln: Genau 24 Stunden ist es den Menschen erlaubt, das alte Jahr auf diese Weise zu verabschieden und das neue zu empfangen. In dieser kurzen Zeitspanne fällt stets enorm viel Müll an, der teilweise nicht weggeräumt wird. In wessen Verantwortung die Aufräumarbeiten fallen und wie hoch die Feinstaubbelastung in der Silvesternacht war.

Müll: Am Morgen nach der Silvesternacht sind die Straßen in Osnabrück rotbraun verschmiert von der Tonerde in den Böllern und übersät mit den Raketenkappen, Batteriekartons und aufgeweichten Böllerresten. Eigentlich sind die Bürger aufgefordert und verpflichtet, ihre Hinterlassenschaften selbst zu entsorgen. Doch trotz möglicher Strafen bleibt vieles an den Mitarbeitern der Stadt hängen.

Die erste Tour der Stadtreinigung startete am Donnerstagmorgen. Alle sieben Trupps waren unterwegs, um die Straßen wieder frei zu kehren aber auch nur die Straßen. Die Gehwege sind Anliegersache, da räumen wir nicht″, erläutert Katrin Hofmann von den Osnabrücker Service-Betrieben (OSB).

Ob Anwohner ihren Gehweg räumen, kontrolliert der Fachbereich Bürger und Ordnung. Bleibt der Müll liegen, können auch Bußgelder verhängt werden. Laut der Pressesprecherin der Stadt ist dies jedoch in den seltensten Fällen notwendig. Ärgerlich wird es, wenn Personen ihren Feuerwerksmüll vor dem Haus anderer liegen lassen. Denn auch dann sind nicht die Verursacher, sondern die Anlieger für ihren Abschnitt zuständig.

Während in den meisten Stadtteilen etwa gleich viel geböllert wird, haben die Anwohner der Innenstadt besonders viel zu tun: Laut Hofmann ist hier die Partymeile″. Doch auch in diesem Jahr hat die muslimische Gemeinde Khuddam-ul-Ahmadiyya zusammen mit Mitarbeitern des OSB den Neujahrsputz übernommen und bereits am 1. Januar die Innenstadt vom Müll befreit. Und in diesem Jahr, so war zumindest der Eindruck der Reinigungstrupps, kam etwas weniger Silvesterschutt zusammen als in den vergangenen Jahren.

Feinstaub: Und dann ist da noch die Frage nach dem Dreck, der zwar nicht auf der Straße liegt, aber in der Luft hängt.

Schon vor Mitternacht war die Belastung mit Feinstaub (PM10) in Osnabrück sukzessiv angestiegen. Um 23 Uhr maß die Station am Schlosswall 35 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft um 1 Uhr bereits 43 Mikrogramm. Mit 51 Mikrogramm wurde von 4 bis 6 Uhr der Höchstwert erreicht, wie aus Zahlen des Lufthygienischen Überwachungssystems Niedersachsen hervorgeht.

Damit war die Belastung in diesem Jahr deutlich höher als im vergangenen Jahr, als von 9 bis 11 Uhr 34 Mikrogramm gemessen worden waren. 2016 indes hatte die Station im Tagesverlauf bis zu 67 Mikrogramm registriert.

Seit 2005 begrenzt die EU den Tagesmittelwert für Feinstaub (PM10) auf 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Allerdings darf dieser Wert 35-mal im Jahr überschritten werden. Am Neujahrsmorgen gab es in Osnabrück folglich mit 51 Mikrogramm die erste Überschreitung.

Im landesweiten Vergleich schneidet Osnabrück sehr gut ab. Von allen sieben Verkehrsstationen in Niedersachsen registrierte die am Schlosswall die geringste Belastung. In Hannover wurden vom Mittag bis zum Abend Stundenwerte von mehr als 200 Mikrogramm erreicht. In Braunschweig waren es am Neujahrsabend 105 Mikrogramm, in Hildesheim 95.

Die bislang vorliegenden Spitzenwerte an Neujahr im Land: Hannover: 203 Mikrogramm (20 Uhr), Braunschweig: 105 Mikrogramm (20 Uhr), Hildesheim: 95 Mikrogramm (15 bis 20 Uhr), Göttingen: 88 Mikrogramm (7 bis 20 Uhr), Oldenburg: 74 Mikrogramm (18 bis 20 Uhr), Wolfsburg: 61 Mikrogramm (20 Uhr), Osnabrück: 51 Mikrogramm (4 bis 6 Uhr).

Eine Erklärung für die vergleichbar geringen Werte in Osnabrück: weniger Böller. Schon im vergangenen Jahr hatte der OSB den Eindruck gehabt, weniger Feuerwerksmüll als in den Vorjahren auf den Straßen vorgefunden zu haben. Vor einem Jahr hatten zudem Wind und Nieselregen die Feinstaubbelastung gering gehalten. Diese Faktoren halfen in diesem Jahr nicht, die Belastung gering zu halten.

Im Oktober hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wegen der Feinstaubbelastung ein Böllerverbot für Osnabrück und 97 weitere Städte beantragt. Osnabrücks Verwaltung prüfte und kam zu der Einschätzung: Ein generelles Böllerverbot lasse sich rechtlich nicht durchsetzen und sei nicht zu kontrollieren. Ohnehin sei ein solches Verbot in Osnabrück nicht gewollt. Lediglich die Grünen sprachen sich dafür aus.

Den Jahresmittelwert begrenzt die EU auf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Hier liegt Osnabrück gänzlich im Rahmen: Bis Ende November 2019 lag der Mittelwert bei lediglich 20 Mikrogramm sechsmal wurden die 50 Mikrogramm gerissen.

Bildtexte:
Was von der Party übrig bleibt: Feuerwerksmüll lag am Donnerstag noch auf den Straßen, hier auf der Mindener Straße.
Viel zu sehen war in der Silvesternacht nicht erst aufgrund des Nebels, dann aufgrund des Rauchs.
Fotos:
Gert Westdörp, David Ebener

Kommentar
Gegenwind für die Knallerfraktion

Den Feinstaub verwirbelt der Wind, die ausgebrannten Raketen landen in Nachbars Garten, und für die Hinterlassenschaften am Boden gibt es ja die Stadtreinigung. So denken viele, die in der Silvesternacht unbeschwert böllern. Aber wer seinen Dreck so nonchalant anderen hinterlässt, kann sich heute nicht mehr so einfach herausreden. Es sei denn, er offenbart seine schlechte Erziehung. Daran zeigt sich: Die Diskussion um ein Böllerverbot wirkt.

Wer es knallen lässt, muss auch aufräumen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber bisher wurde stets ein Auge zugedrückt, wenn am Neujahrstag die Hinterlassenschaften der nächtlichen Licht- und Donnerorgien zum Vorschein kamen. Es ist eine Zumutung, wenn Fußgänger auf den Gehwegen ganzen Batterien rußgeschwärzter Startrampen und leeren Flaschen ausweichen müssen. Und es ist eklig, wenn sich die Pappreste beim ersten Niederschlag in einen zähen Brei verwandeln, der gerne an den Schuhsohlen kleben bleibt.

Gut, dass es zu Neujahr keinen Regen gab. Gut aber auch, dass die Knallerfraktion den Gegenwind zu spüren bekommt, den manche Hallodris mit ihren Böller- und Müllexzessen provoziert haben. Es kann auch nicht schaden, wenn mal ein Bußgeld fällig wird. Dass in diesem Jahr nicht mehr ganz so viel Silvester-Dreck liegen blieb, ist schon mal ein guter Anfang. Weiter so!

rll@ noz.de
Autor:
Finja Jaquet, Jörg Sanders, Rainer Lahmann-Lammert


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