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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
So sieht ein Mega-Einkaufszentrum aus
 
Das Konzept: Grün, groß, gemütlich
Zwischenüberschrift:
In Osnabrücks Partnerstadt Angers entsteht „L′Atoll″ – Gigant mit 71 000 Quadratmetern Verkaufsfläche
 
Auf dem Dach 30 000 Quadratmeter Fotovoltaik
Artikel:
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Originaltext:
ANGERS. Wie ein Witz erscheint die Debatte um ein Einkaufszentrum am Neumarkt gegen das, was de-zeit im westfranzösischen Angers vor sich geht. Streitet man hierzulande über eine Größenordnung irgendwo zwischen 12 000 und 25 000 Quadratmetern, wird vor den Toren von Osnabrücks Partnerstadt ein Gebilde von satten 71 000 Quadratmetern Verkaufsfläche hochgezogen: L′Atoll, ein futuristisches Einkaufszentrum mit dem Schwerpunkt Möbel und Innenausstattung.

Die spinnen, die Gallier″, könnte man spotten. Und vielleicht tun sie das wirklich, denn selbst in den Reihen der Verbände, die dem Vorhaben ihren Segen erteilt haben, fragt man sich hinte rvorgehaltener Hand, wo die vielen Kunden denn überhaupt herkommen sollen.
Im März 2012 soll L′ Atollin Beaucouzé, einem Vorort von Angers, eröffnet werden: 91 000 Quadratmeter Grund- und 71 000 Quadratmeter Verkaufsfläche, 2700 Parkplätze, 50 Händler. Diese Zahlen muss man erst einmal sacken lassen. Einen großen Teil des Atolls wird Alinéaein nehmen, das französische Pendant zur schwedischen Möbelkette Ikea, außerdem soll es Geschäfte für Inneneinrichtung, Handwerker- und Gartenbedarf geben, aber auch Restaurants und Bekleidungsgeschäfte sind vorgesehen.
Von der Schnellstraße aussieht man es schon von Weitem: Ein wuchtiger weißer Ring erhebt sich hinter Kleingärten und Kuhweiden. Baubeginn war im März 2010, zur Grundsteinlegung im November kam unter anderen Jean-Claude Antonini, Bürgermeister von Angers und Präsident von Angers-Loire-Métropole einem Zusammenschluss der 31 Kommunen im Ballungsraum von Angers. Zu mehr als zwei Dritteln steht L′ Atoll bereits, die drei neuen Zugangsstraßen und Kreisel sind frisch asphaltiert.
Für das Pressefoto führt Baustellenleiter Pierre Vanderbeken den Besuch aus Deutschland aufs Dach. Vondort aus offenbart sich das gigantische Ausmaß des Vorhabens: So weit das Augereicht Metall, Beton, Dichtungsmaterial, Bagger, Kabelrollen und unzählige Bauarbeiter, die aus dieser Perspektive aussehen wie Playmobilmännchen. 300 seienes, sagt Vanderbeken. Sie alle tragen gelbe Warnwesten. Auf dem Rücken steht in großen Lettern L′ Atoll″, als könnten sich die Investoren nicht oft genug selbst versichern, dass es real ist, dass hier wirklich das größte an einem Stück gebaute Einkaufszentrum Frankreichs entsteht.

170 Millionen Euro

Die Superlative gehen noch weiter: größte private Baustelle Frankreichs, eines der ersten Einkaufszentren des Landes, die als umweltfreundlich und nachhaltig zertifiziert sind, 800 Arbeitsplätze, davon 400 neue. Die 300 Bauarbeiter müssen zum Mittagessen allerdings in die Stadt fahren. Eine Baustellenkantine oder Sonstiges gibt es nicht. Immerhin: ein paar Toiletten sind vorhanden.
170 Millionen Euro investiert die Compagnie de Phalsbourgh in das Mega-Center. Im April 2008 hat das französische Unternehmen, das auf Einkaufszentren spezialisiert ist, den Investorenwettbewerb gewonnen. Um das gigantische Vorhaben möglich zu machen, musste erst einmal der Grund und Boden von hiesigen Landwirten gekauft werden. Umweltschützer sind noch heute sauer, aber große Demonstrationen blieben aus. Neben der Riesenbaustelle weiden noch Kühe auf sattgrünen Wiesen so muss es hier wohl vorher ausgesehen haben. Damit diedirekten Anwohner das Einkaufszentrum nicht sehen müssten, würden noch hohe Erdwälle aufgeschüttet, erklärt Julie Froger, Projektverantwortliche bei Angers-Loire-Métropole.
Fürchtet man nicht, dassder Handel im Zentrum von Angers darunter leiden könnte? Die Presseabteilung der Industrie- und Handelskammer des Départements Maine-et-Loire lässt verlauten: Nein, wir waren immer für dieses Vorhaben.″ Eine Lokomotive für den Handel″ erwartet ihr Präsident Eric Groud, die die existierende Flucht des Handels in andere Ballungsgebiete bremsen soll″. Und Julie Froger beruftsich darauf, dass das Zentrum ja auf Möbel spezialisiert sein werde.
Das war übrigens der Ausgangspunkt des Ganzen: Die Region Angers-Loire-Métropole, also die Stadt Angers und die umgebenden Kommunen, waren der Meinung, dass ein großes Möbelhaus fehle. Die nächstgelegene Ikea-Filiale findet sich in Nantes, knapp 100 Kilometer westlich von Angers.

Zweifel bleiben

Damit die Innenstadt nicht ausblutet, setzte die regulierende Département-Kommission CDAC (siehe Infobox Wer entscheidet in Frankreich?″) fest, dass maximal sieben Bekleidungsgeschäfte wie C& A oder die Schuhkette Eram einziehen dürfen, maximal vier Geschäfte mit Spielzeug (darunter Toys R′ Us) oder sonstigen Geschenkartikeln.
Und dennoch bleiben Zweifel. Viele finden, dass wir zu weit gegangen sind″, sagt ein Mitarbeiter von Angers-Loire-Métropole. Die Abgeordneten fühlten sich alle geschmeichelt von dem Projekt. Aber diese großen monothematischen Einkaufscenter funktionieren doch gar nicht mehr.″
Es gebe die Befürchtung, dass die Möbelläden im Atollirgend wann dichtmachen würden und dann durch weitere Bekleidungsgeschäfte ersetzt werden könnten zum Nachteil der Innenstädte. Vom Verband der Einzelhändler in Angers hieß es auf Nachfrage übrigens: Kein Kommentar.″ Doch schonder nächst beste Passant im Zentrum Angers′, den mannach seiner Meinung fragt, sagt: L′ Atoll? Das ist verrückt. Die Zeiten der großen Einkaufscenter sind doch längst vorbei. Die Leute gehen lieber hier in den kleinen Geschäften einkaufen.″

Bildtexte:
Dies ist kein Ufo, auch kein Fußballstadion, sondern das künftige Einkaufszentrum L′Atoll mit einer Verkaufsfläche von 71 000 Quadratmetern. Die Eröffnung soll im März 2012 sein.
Ein Bauarbeiter blickt auf die größte private Baustelle Frankreichs.
Der äußerer Ring des Einkaufszentrums L′Atoll wird einen Umfang von 1, 6 Kilometern haben.
Baustellenleiter Pierre Vanderbeken von der Compagnie de Phalsbourgh.
Grafik:
Compagnie de Phalsbourgh
Fotos:
Sandra Dorn

ANGERS. Das Einkaufszentrum bekommt die Form einer Ellipse. Der innere Ring hat einen Umfang von einem Kilometer, der äußere von 1, 6 Kilometern. Da, wo im inneren Bereich jetzt noch Bagger aneinander vorbeifahren und Bauarbeiter nach irgendeinem Masterplan ihrer Arbeit nachgehen, sind Parkplätze und Restaurants vorgesehen, er wird zum Himmel hin offen sein. Die Bäume kämen übrigens aus Deutschland, betont Baustellenleiter Pierre Vanderbeken überwiegend aus Düsseldorf. Die weiß verkleidete Ellipse soll bis zu 50 Geschäfte beheimaten. Damit die Kunden die über einen Kilometer lange Strecke bewältigen können, soll es sogar einen Minibus geben, der seine Runden in der Ellipse dreht. Für Lieferwagen ist der äußerste Ring vorgesehen: unsichtbar von außen wegen der weißen Verkleidung und unsichtbar für die Kunden von innen. Einen Superlativ hat die Firma noch zu bieten: Auf dem Dach sollen Solarzellen auf einer Fläche von 30 000 Quadratmetern für Energie sorgen dafür gab es auch die Zertifizierung als umweltfreundliches Einkaufszentrum, mit der sich die Compagnie de Phalsbourgh schmückt.

Bildtext:
Innerer Bereich des Centers.
Zugang zu den Geschäften.
Grafiken:
Compagnie de Phalsbourgh

Wer entscheidet in Frankreich?

1000 Quadratmeter Verkaufsfläche das ist die magische Grenze in Frankreich. Soll ein Einzelhändler oder Einkaufszentrum größer werden, kann ei-e Kommune nicht mehr in Eigenregie darüber entscheiden. Die CDAC (Commission Départementale d′ Aménagement Commercial) muss ihre Zustimmung erteilen, das ist die beim Departement zuständige Kommission für Handel. Für L′ Atoll erteilte sie am 4. Mai 2009 grünes Licht. An der Atoll-Entscheidung nahmen die 16 CDAC-Mitglieder teil, darunter die Bürgermeister von Angers und Beaucouzé, aber auch der Präsident des Generalrates und Vertreter der umliegenden Departements. DasVotum war eindeutig positiv: 15 zu eins. Solch eine Abstimmung ist vergleichbar mit den Abstimmungen deutscher Stadt- und Gemeinderäte überprojekt bezogene Bebauungspläne und Vorhaben- und Erschließungspläne von Investoren.
Autor:
Sandra Dorn


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