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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Als die Angelaschule zwangsweise Kriegslazarett war
Zwischenüberschrift:
Das Ursulinen-Kloster in Haste ist aus der Not geboren
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Die Anfänge der Ursulaschule an der Kleinen Domsfreiheit und der Angelaschule in Haste sind eng miteinander verknüpft. Beide sind Gründungen der Ordensgemeinschaft der Ursulinen, die sich in besonderer Weise um die Erziehung und Bildung von Mädchen kümmerten. Zeitweise schickten Familien aus ganz Deutschland ihre höheren Töchter″ zum Unterricht nach Haste.

Dass es in Osnabrück gleich zwei Konvente der Ursulinen gab, lässt sich erklären. Der ältere siedelte sich 1865 im Schatten des Doms an. Er bestand aus drei Schwestern, die Bischof Paul Melchers vom Ursulinen-Mutterhaus in Dorsten erbeten hatte, um den Fortbestand einer kleinen katholischen Mädchenschule zu sichern. Diese drei Schwestern nahmen 1865 den Unterricht für 34 Schülerinnen auf. Die junge Ursulaschule wuchs schnell an Lehrenden und Lernenden und beanspruchte bald mehr Raum, der an der Kleinen Domsfreiheit aber ein knappes Gut war.

Parallel dazu entwickelten sich die Haster Ursulinen als ein Ableger des Mutterhauses Haselünne. Die dortigen Ursulinen waren während ihres Verbots in Zeiten des Kulturkampfs im Kaiserreich nach Nymwegen/ Niederlande emigriert. Dort gründeten sie unter anderem eine deutsche Internatsschule und ein Lehrerinnen-Seminar. Als 1899 der preußische Staat verfügte, dass Lehramtskandidatinnen sich nicht mehr im Ausland auf das Examen vorbereiten durften, gaben die Haselünner Ursulinen ihr niederländisches Exil auf und kehrten ins Bistum Osnabrück zurück, zumal die Beschränkungen des Klostergesetzes″ seit 1887 aufgehoben waren. 41 Schwestern strebten eine Wohngemeinschaft mit den Osnabrücker Ursulinen an, die aber ihrerseits auf 48 Ordensfrauen und zehn Novizinnen angewachsen waren. Für zwei Konvente erwies sich das Haus in der Stadt vollends als zu klein.

Bischof Hubertus Voß ließ Domkapitular Franz Gerhard Harling ausschwärmen und nach einem geeigneten Grundstück suchen. Er fand es in Haste zwischen Bramstraße und Nette. In idealer Weise entsprach es dem Wunsch der Schwestern, dass an der Stadtgrenze, in ruhiger und gesunder Gegend″ ein neues und geräumiges Haus″ erbaut werden solle, wie es in der Grundstein-Urkunde heißt. Namensgeberin des Schulklosters wurde die Stifterin des Ursulinen-Ordens, die heilige Angela von Merici (1474 bis 1540).

Dombaumeister Alexander Behnes entwarf den Gebäudekomplex im neugotischen Stil, Bauunternehmer Carl Möller zog ihn hoch. Im August 1903 war er fertig, und bereits im Oktober 1903 nahm die Haushaltsschule ihren Betrieb auf.

Es folgte die Gründung der Höheren Mädchenschule, die 1910 die Anerkennung als Lyzeum erhielt, und 1911 der Frauenschule, aus der später die Frauenoberschule hervorging. Der gute Ruf der Haster Ursulinen führte dazu, dass katholische Familien aus ganz Deutschland und sogar aus dem europäischen Ausland ihre höheren Töchter″ nach Haste schickten, zumal im zugehörigen Pensionat ein behütetes Aufwachsen fernab aller weltlichen Verlockungen gewährleistet schien. In den Klosterkomplex integrierte Behnes die 1904 geweihte Klosterkirche St. Angela, die bis zum Bau der Christus-König-Kirche 1934 von den Haster Katholiken quasi als ihre Pfarrkirche aufgesucht wurde. 1904 waren auch die Außenanlagen weitgehend fertiggestellt, wozu der Klostergarten auf der anderen Straßenseite, der Tennisplatz und der vom Wiesenbaumeister August Flerlage geschaffene Park mit Teich, Flusslauf der Nette, Brücken und künstlicher Grotte gehörten.

1933 zählte der zusammengelegte Konvent rund 100 Ordensfrauen. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wuchsen die Schwierigkeiten für konfessionelle Bildungseinrichtungen. Im August 1939 mussten Frauenschulhaus, Säuglingsstation und Kindergarten für ein HNO-Lazarett der Wehrmacht geräumt werden.

Im Juli 1941 holte die Gestapo zum großen Schlag aus und besetzte das gesamte Kloster. Grundbesitz und Vermögen wurden eingezogen. Innerhalb von drei Tagen sollten alle Schwestern das Gebäude verlassen haben.

Es kam dann aber etwas anders: 40 Nonnen erhielten Befehl zu bleiben, wurden zu Wehrmachtsangehörigen deklariert und hatten Pflegedienst im Wehrmachtslazarett zu leisten, das nun alle Kloster- und Schulgebäude beanspruchte. Wo die Ordensfrauen bisher junge Mädchen in die Schönheit der deutschen Sprache und Literatur, in mathematische Formeln, in Musik- und Kunstgeschichte eingeführt hatten, pflegten und trösteten sie nun Verwundete und Sterbende.

St. Angela erhielt bei den Luftangriffen keine ernsthaften Treffer. Weil die meisten anderen Krankenhäuser Osnabrücks zerstört waren, wurde das Lazarett nach Kriegsende in ein allgemeines Krankenhaus auch für Zivilpersonen umgewandelt, das bis März 1948 Bestand hatte. Die ausgewiesenen Schwestern kehrten zurück. Nach und nach kam auch der Schulbetrieb wieder ans Laufen.

Einschneidendes Ereignis der Nachkriegszeit war ein Großbrand am 23. März 1962, der die Obergeschosse fast aller Trakte vernichtete und durch das Löschwasser auch in den unteren Etagen große Schäden anrichtete. Mit dem Wiederaufbau begannen gleichzeitig größere räumliche Veränderungen und Erweiterungen, die wegen der auf nahezu 600 angewachsenen Zahl der Schülerinnen schon länger geplant waren. Im Oktober konnte das Unterrichtsgeschehen, das behelfsweise im Schichtbetrieb in die Ursulaschule ausgelagert worden war, wieder nach Haste zurückkehren.

Neben den Schulnonnen″, die sich im Gegensatz zu den in Haus, Küche und Garten eingesetzten Schwestern als Mater″ anreden ließen, gab es bereits seit 1912 auch einige weltliche Lehrkräfte. Ihr Anteil stieg im Laufe der Jahre kontinuierlich. Bis 1996 lag die Schulleitung in Händen einer Ordensfrau (zuletzt Schwester Tarcisia Lieske), bis 1992 hatte der Orden auch die Schulträgerschaft inne. Weil der kleiner gewordene Kreis der Schwestern die Aufgaben nicht mehr allein tragen konnte, wurde die Angelaschule 1992 ein staatlich anerkanntes Gymnasium in Trägerschaft der Schulstiftung des Bistums. Seit 1977 werden auch Jungen unterrichtet.

Beim 100-jährigen Bestehen von Schule und Kloster 2003 bestand der Konvent noch aus 22 Schwestern. Da sie nicht mehr so viel Platz brauchten, gab das Kloster Räume an die wachsende Angelaschule ab. Später wurden ein Wohnheim für Studentinnen und 2011 eine Einrichtung der Tagespflege hereingenommen. Neuzugänge in den Konvent gibt es schon länger nicht mehr. Heute sind es noch 13 Schwestern, die in Klausur leben. Nein, in der St.-Elisabeth-Tagespflege mithelfen, das können wir nicht mehr, überlegen Sie mal, unser Durchschnittsalter ist 87, 5 Jahre!″, sagt die 84-jährige Oberin Schwester Uta Brockschmidt, die vor 16 Jahren von den Thuiner Franziskanerinnen ausgeliehen″ wurde. Wir verbringen in der klösterlichen Gemeinschaft in Frieden unseren letzten Lebensabschnitt im Geiste des Loslassens dankbar für das, was gewesen ist.″

Bildtexte:
Im Jahr 1902 ist das Angela-Kloster in Haste im Rohbau fertiggestellt. Bauhandwerker haben sich stolz davor versammelt.
Die Gartenansicht des Angelaklosters in Haste aus der Vogelperspektive mit Park im Vordergrund und dem Neubaukomplex der Thomas-Morus-Schule auf der anderen Seite der Bramstraße. Das Bild entstand 2017.
Als Hilfslazarett der Wehrmacht diente das Kloster im Zweiten Weltkrieg. Haster Ursulinen, Thuiner Franziskanerinnen, Rotkreuz-Schwestern und Wehrmachtssanitäter waren zur Zusammenarbeit verpflichtet worden.
Fotos:
Archiv Werner Franke, Gert Westdörp, Bistumsarchiv
Autor:
Joachim Dierks


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