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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wulff wird Ehrenbürger in Osnabrück
 
Darum hat Wulff die Ehrung verdient
Zwischenüberschrift:
ANALYSE Ein Gewerkschafter gab dem Stadtrat einen Schubs
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Sieben Jahre nach seinem Rücktritt und fünf Jahre nach seinem Freispruch soll der frühere Bundespräsident Christian Wulff zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Osnabrück ernannt werden. Dem Stadtrat liegt zu seiner Sitzung am kommenden Dienstag der Vorschlag vor, den 60-Jährigen mit der besonderen Auszeichnung zu ehren. Eine Mehrheit scheint sicher zu sein, nachdem sich der Rat viele Jahre mit der Ehrenbürgerwürde für Wulff schwergetan hatte. Wulff ist in Osnabrück aufgewachsen, hier begann er seine politische Laufbahn. Gewürdigt wird von allen Seiten sein Brückenbau zum Islam und der Einsatz für den Autostandort Osnabrück nach der Karmann-Pleite. So war es auch ein Gewerkschaftsfunktionär, der mit einem Satz den Auschlag gab, dass Wulff doch noch Ehrenbürger wird.

Osnabrück Es ist Tradition in Deutschland, dass alle Bundespräsidenten Ehrenbürger ihrer jeweiligen Heimatstadt werden. Nur Osnabrück tat sich lange schwer damit, Christian Wulff in diesen Adelsstand zu erheben. Warum eigentlich?

Der Schritt ist überfällig. Spätestens nach dem lupenreinen Freispruch vor fünf Jahren hätte der Stadtrat die Initiative ergreifen können. Er tat es nicht, denn: Eine solche Würdigung verlangt eine große Mehrheit, am liebsten Einstimmigkeit. Die war zu dem Zeitpunkt im Rat nicht abzusehen.

Die Idee geht zurück auf den Verkehrsverein Osnabrück Stadt und Land (VVO). 2011 richtete der damalige VVO-Vorsitzende Hans-Jürgen Fip übrigens selbst Ehrenbürger von Osnabrück die Bitte an den Rat, den Sohn Osnabrücks und damaligen Bundespräsidenten zum Ehrenbürger zu ernennen. Fips Brief ging just an dem Tage im Dezember 2011 dem Verwaltungsausschuss zu, als die Bild″-Zeitung erstmals über die vermeintliche Kreditaffäre Wulffs berichteten und die öffentliche Demontage des Staatsoberhauptes begann.

Der Verwaltungsausschuss legte den Vorschlag beiseite aber nicht vom Tisch. Als Wulffs Freispruch 2014 rechtskräftig wurde, ploppte die Diskussion um eine Ehrung Wulffs in Osnabrück erneut auf. Oberbürgermeister Wolfgang Griesert legte sich damals eindeutig fest: In einem rechtsstaatlichen Verfahren ist Wulff ohne Wenn und Aber von allen gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen worden. Somit ist aus meiner Sicht der Weg frei, Wulff die Ehrenbürgerschaft anzutragen.″ CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde bekräftigte 2014, die Union halte an dem Ziel fest, den großen Sohn der Stadt mit der Ehrenbürgerschaft zu würdigen. Doch die Zeit war noch nicht reif dafür. Auch Brickwedde mahnte damals, die Entscheidung nicht übers Knie zu brechen″ und in Ruhe zu beraten.

Zuletzt hatte der Betriebsratsvorsitzende von VW Osnabrück, Wolfram Smolenski, sich für Wulff in die Bresche geworfen. Zum zehnten Jahrestag der Karmann-Pleite und dem Volkswagen-Einstieg in Osnabrück sagte Smolinski in einem Interview mit unserer Redaktion im April dieses Jahres, die Stadt sollte Wulff mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde danken. Wulff habe wesentlichen Anteil daran gehabt, dass die Autofabrik und damit über 2500 Arbeitsplätze erhalten blieben.

Dieses Interview habe er zum Anlass genommen, das Thema erneut vorzubringen, sagte CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde unserer Redaktion. In einer interfraktionellen Runde habe es positive Rückmeldungen, aber auch kritische Nachfragen″ gegeben. Brickwedde erstellte eine fünfseitige Dokumentation über Wulffs Wirken für Osnabrück, die offenbar die anderen Fraktionen überzeugte.

In der SPD-Fraktion gab es lange Zeit Vorbehalte gegen eine Würdigung Wulffs, die aber in weiten Teilen überwunden sind. In einer Probeabstimmung haben sich neun der 13 SPD-Ratsmitglieder für die Ehrung ausgesprochen, vier enthielten sich. Nach dem Freispruch erster Klasse sei Wulff juristisch vollständig entlastet und rehabilitiert, sagte Henning. Politisch allerdings gebe es in Wulffs Wirken Licht und Schatten. Licht sieht Henning im Einsatz Wulffs für den Autostandort Osnabrück nach der Karmann-Pleite, Schatten liegt nach seinen Worten über dem Verkauf des früheren Landeskrankenhauses an Ameos. In der Abwägung überwiegen für mich aber die positiven Seiten, ich stimme dafür″, sagte Henning.

Die Ehrenbürgerschaft sei bei den Grünen intensiv diskutiert worden, sagte Fraktionschef Volker Bajus. Schließlich gab es wegen der Nähe zu Wirtschaftsvertretern und Boulevardzeitungen viel Kritik an Wulff, was ja schließlich auch zu seinem Rücktritt geführt hat.″ Überzeugt habe die Grünen aber sein engagierter Einsatz für Toleranz und Integration, der sich auch im berühmten Zitat vom Islam, der zu Deutschland gehört″ ausdrücke. Osnabrück habe ihm viel zu verdanken, unter anderem das VW-Werk und die Unterstützung von Uni und Hochschule. Bajus: Grundsätzlich ist es für jede Stadt etwas sehr Besonderes, wenn sie die Heimatstadt eines Bundespräsidenten ist, und daher auch üblich, diesem die Ehrenbürgerschaft zu verleihen.″

In Russland unterwegs

Außer Wulff sind alle bisherigen Bundespräsidenten Ehrenbürger ihrer Heimatstädte. Zuletzt wurde Joachim Gauck diese Ehrung in Rostock zuteil.

Wulff ist ein Kind Osnabrücks. Hier ging er zur Schule, studierte und begann seine politische Karriere. Von 1986 bis 2001 war er Mitglied des Rates, ab 1989 als Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion. Ab 1994 vertrat er den Wahlkreis Osnabrück-West im Landtag, wo er Chef der CDU-Fraktion wurde. Im dritten Anlauf gewann er 2003 die Landtagswahl und wurde Ministerpräsident. Nach dem Rücktritt von Horst Köhler als Bundespräsident 2010 wählte die Bundesversammlung Wulff zum Staatsoberhaupt.

Der Bundespräsident a. D. ist in diesen Tagen in offizieller Mission in Russland unterwegs. Wir erreichten ihn telefonisch bei einem Zwischenstopp in Moskau. Zu der möglichen Ehrung will er sich erst äußern, wenn der Rat entschieden hat.
Autor:
Wilfried Hinrichs


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