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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
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Überschrift:
Karmann: Millionen-Streit vor dem Ende
 
Der Millionen-Sieger will teilen
Zwischenüberschrift:
Karmann-Insolvenzverwalter fürchtet im Steuerstreit 50 Millionen Zinsverlust
Artikel:
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Originaltext:
OSNABRÜCK. Im Streitum die 166-Millionen-Euro-Steuerrückzahlung des Osnabrücker Finanzamtes an Karmann räumt das Gericht den Gesellschaftern nur geringe Chancen ein. Das erklärte Landgerichtspräsident Antonius Fahnemann gestern nach dem zweiten Verhandlungstag in einer vorläufigen Einschätzung des Gerichts. Damit sind die Erfolgsaussichten groß, dass Karmann-Insolvenzverwalter Ottmar Hermann die Steuer-Millionen für die insolvente Karmann-Betriebsgesellschaft zugesprochen bekommt. Dennoch sucht Hermann eine Einigung mit den Gesellschaftern, um so den mehr als 7000 Karmann-Gläubigern viele Millionen Euro zuretten. Ein langjähriger Rechtsstreit durch mehrere Instanzen würde in den Augen Hermanns dazu führen, dass den Gläubigern ein Zinsverlust in Höhe von 50 Millionen Euro entstünde. Informierte Kreise rechnen bis spätestens Ende September mit einer Einigung der Parteien.

OSNABRÜCK. Im 166-Millio-nen-Euro-Prozess vor dem Osnabrücker Landgericht zeichnet sich ein Sieger ab: Ottmar Hermann. Der Insolvenzverwalter des einstigen Autobauers Karmann will die gewaltige Steuerrückzahlung trotzdem mit der Gegenseite teilen um so möglichst viel Geld für die Gläubiger des Traditionsunternehmens zu retten.

Es war wohl das Meisterstück des Landgerichtspräsidenten: Vieles deutete noch vor Kurzem darauf hin, dass der Streit zwischen den Gesellschaftern und dem Insolvenzverwalter des einstigen Osnabrücker Traditionsunternehmens Karmann die Gerichte über mehrere Instanzen und über viele Jahre beschäftigen würde. Schließlich streiten sich die beide Parteien vor Landgerichtspräsident Antonius Fahnemann um die größte Summe, die jemals vor dem Landgericht in Osnabrück verhandelt wurde. Es geht um 166 Millionen Euro Umsatzsteuer, die von der Karmann-Besitzgesellschaft in den Jahren 2006 bis 2009 zu viel an das Finanzamt gezahlt wurden.
Inklusive der seither aufgelaufenen Zinsen summiert sich der Betrag auf mittlerweile über 180 Millionen Euro. Dieses Geld kam allerdings von der seit zwei Jahren insolventen Betriebsgesellschaft, die zuvor die Summe als Pachtzahlung an die Besitzgesellschaft abgeführthatte.
Fahnemann erklärte gestern nach nur dreistündiger Verhandlung in ruhigen Worten den Anwälten beider Parteien seine vorläufige Bewertung des Falls: Demnach ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Urteil des Landgerichts zugunsten von Insolvenzverwalter Hermann und seiner Karmann-Betriebsgesellschaft fallen wird. Das bedeutet, dass die Besitzgesellschaft die zurückerhaltenen Millionen des Finanzamtes an die insolvente Betriebsgesellschaft abtreten müsse. Dort würden mit dem Geld offene Forderungen von mehr als 7000 Gläubigern beglichen. Und außerdem: Es dauere wohl einige Jahre, bis in letzter Instanz ein Urteil zu den Steuerrückzahlungen fallen werde und der Streit damit endgültig vorbei sei.
Mit diesen wenigen Sätzen weichte Fahnemann schlagartig die zuvor völlig verhärteten Fronten zwischen den Streitenden auf.
Hermann bot den Juristen der Karmann-Gesellschafteran: Ich bin an einer Einigung interessiert.″ Der Grund: Würden beide Parteien den Rechtsstreit in den nächsten Jahren bis zum Bundesgerichtshof ausfechten, bedeutete das einen Zinsverlust für die Gläubigerin Höhe von 50 Millionen Euro – „ selbst wenn wir am Ende gewinnen.″ Der Insolvenzverwalter kündigte gestern nach dem Prozesstag gegenüber unserer Zeitung an, dass man versuchen werde, bis Ende September eine Einigung mit der Gesellschafter-Seite zu erzielen.
Auch die Juristen der Karmann-Gesellschafter zeigten sich angesichts der drohenden Niederlage zu Gesprächen bereit. Voraussetzung sei aber, dass beide Seiten aufeinander zugingen: Es darf nicht heißen: Ihr bekommt alles, und wir bekommen nichts.″
Somit wird es wohl zu keinem weiteren Termin vor Gericht kommen. In die Gespräche soll auch das Osnabrücker Finanzamt einbezogen werden, um dann in diesem Dreierbund nach einer Lösung zu suchen. Die Einbindung der Finanzbehörde ist offensichtlich auch wichtig, weil noch nicht geklärt ist, ob die Gesellschafter-Seite möglicherweise noch mit Steuernachzahlungen konfrontiert werden könnte. Auch davon hängt ein Vergleich ab.

Position gestärkt

Die Zeichen stehen klar auf Einigung: Hermann hatte allerdings bereits am Vortag angekündigt, dass er nicht bereit sei, einen größeren Teil der 180 Millionen Euro an die Gegenseite abzutreten. Das Geld stehe schließlich den Tausenden Karmann-Gläubigern zu. Mit dergestrigen Bewertung des Gerichts dürfte die Position Hermanns in den kommenden Verhandlungen deutlich gestärkt sein.
Die Zeugenaussagen des gestrigen Verhandlungstages gaben auch einen tiefen Einblick in die Situation des Osnabrücker Traditionsunternehmens nach der Insolvenz im Frühsommer 2009. So erklärte Thomas Fiedler, Rechtsanwalt im Insolvenzteam von Ottmar Hermann, gegenüber dem Gericht, dass Volkswagen Anfang des Jahres 2010 gegenüber den Karmann-Gesellschaftern 38 Millionen Euro für das Osnabrücker Werksgelände geboten habe. Dazu gehörte auch die hoch moderne Lackierstraße, die wenige Jahre zuvor für 120 Millionen Euro errichtet worden war.
Aus informierten Kreisen heißt es, dass Volkswagen später insgesamt nur 30 Millionen Euro an die Gesellschafter zahlte. Der Insolvenzverwalter habe damals zudem an die Gesellschafter eine Sonderpachtzahlung″ in Höhe von 20 Millionen Euro gezahlt, um sie damit von weiteren Gesprächen über die Zukunft des Werkes auszuschließen, erklärte Fiedler im Zeugenstand.

Bildtext:
Im Mittelpunkt der Finanzströme und Forderungen in dem Rechtsstreit steht die Steuerzahlung der Karmann-Betriebsgesellschaft, die als Pachtzahlung an die Besitzgesellschaft abgeführt wurde.
Grafik:
Petra Boettcher
Autor:
Stefan Prinz


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