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1.
Erscheinungsdatum:
23.10.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Zeitreise
Überschrift:
Bis zur Unkenntlichkeit entstellt
Zwischenüberschrift:
Der Bauhaus-Stil hat in Osnabrück einen schweren Stand / Buchveröffentlichung führt 1984 zu einem Eklat
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Vor
100
Jahren
wurde
das
Bauhaus
in
Weimar
gegründet.
Spuren
hat
die
Bauhaus-
Bewegung
auch
in
Osnabrück
hinterlassen,
wenn
auch
mit
fünf
bis
zehn
Jahren
Verspätung
und
nicht
sehr
zahlreich.
Einige
dieser
Gebäude
im
Stil
der
„
neuen
Sachlichkeit″,
die
den
Bombenkrieg
überstanden
hatten,
wurden
auch
noch
in
den
70er-
und
80er-
Jahren
abgerissen
oder
bis
zur
Unkenntlichkeit
entstellt.
Prominentes
Beispiel
dafür
ist
das
Haus
Bartlitz
in
der
Krahnstraße.
Der
1928
fertiggestellte
Eckbau
zur
Dielingerstraße
wurde
beschrieben
als
„
einfach
und
schlicht,
ohne
irgendwelche
Künstelei
und
unnützes
Zierwerk,
eine
in
sich
abgewogene
Baumasse,
klar
den
Zweck
der
einzelnen
Bauteile
erkennen
lassend,
in
allen
seinen
Teilen
nur
Sachlichkeit
widerspiegelnd″.
Architekt
war
Justus
Haarmann,
der
Sohn
des
Hüttendirektors
und
Stifters
des
Haarmannsbrunnens,
August
Haarmann.
Justus
Haarmann
(1884–1968)
gilt
als
konsequentester
Verfechter
des
neusachlichen
Baustils
in
Osnabrück.
Sein
Vorzeige-
Bauwerk
wurde
1977
abgerissen,
weil
es
der
„
autogerechten
Stadt″
im
Wege
war.
Die
Stadt
hatte
im
Rahmen
der
Altstadt-
Sanierung
beschlossen,
Dielinger-
und
Lortzingstraße
zu
einer
vierspurigen
„
Stadtautobahn″
auszubauen.
Dafür
mussten
im
östlichen
Teil
der
Dielingerstraße
die
nördliche
Gebäudezeile
und
weiter
zum
Wall
hin
die
südliche
Gebäudezeile
weichen.
Bekanntlich
wurde
es
nichts
mit
der
vierspurigen
Magistrale,
aber
die
abgerissenen
Gebäude,
darunter
auch
das
Haus
Schöningh
am
Domhof,
waren
unwiederbringlich
verloren.
Zu
den
Vertretern
des
Neuen
Bauens
in
Osnabrück
gehörte
neben
Haarmann,
Paul
Thor,
Otto
Schneider,
Wilhelm
Nietmann
und
Stadtbaurat
Friedrich
Lehmann
auch
Fritz
Komossa.
In
seinem
Atelier
in
der
Bismarckstraße
60
entwarf
er
unter
anderem
das
Wohnhaus
für
den
Hammersen-
Spinnereidirektor
A.
Schweizer
am
Lieneschweg
15.
In
der
Beschreibung
des
damaligen
städtischen
Denkmalpflegers
Bruno
Switala
gelang
Komossa
mit
dem
Haus
Schweizer
im
Jahr
1933
„
eine
konsequente
Umsetzung
der
formästhetischen
Forderungen
der
Architekten
des
,
Neuen
Bauens′″.
Wichtige
Elemente
sind
das
Flachdach,
die
klare
kubische
Gliederung,
Verzicht
auf
eine
„
Fassade″
und
jegliche
Ornamentik,
der
„
rhythmische
Wechsel
von
Fenster-
und
Wandflächen″
und
die
ansteigende
Staffelung
der
Gebäudeteile,
mit
der
Komossa
die
Hanglage
am
Westerberg
aufgriff.
Obwohl
für
einen
wohlhabenden
Bauherrn
gebaut,
geht
es
nicht
um
Repräsentation,
sondern
in
seiner
strengen
Sachlichkeit
um
einen
Ausdruck
des
Lebensgefühls
im
modernen
Industriezeitalter,
um
Zweckrationalität,
der
die
äußere
Form
zu
folgen
hat.
Das
Haus
stand
1982
nicht
unter
Denkmalschutz.
„
Das
wäre
heute
sicherlich
anders″,
sagt
Switala
rückblickend.
„
Damals
waren
wir
gerade
froh,
unsere
umfangreiche
Schutzliste
in
Hannover
durchgesetzt
bekommen
zu
haben,
wir
wollten
nicht
zu
viel
draufsatteln.
Die
Häuser
der
Weimarer
Zeit
standen
noch
nicht
im
Fokus.
Deshalb
fiel
das
Haus
Schweizer
leider
durch
das
Raster.″
So
kam
es
1983/
84
zur
durchgreifenden
Überformung,
wie
Architekten
es
höflich
ausdrücken.
Man
kann
auch
sagen:
Verhunzung.
Alle
Maßnahmen,
die
dem
Wohnkomfort
dienten,
etwa
die
Terrassen,
die
durch
das
Versetzen
der
Kuben
entstanden,
und
die
großen
Fenster,
die
sich
nicht
an
einer
symmetrischen
Ordnung,
sondern
an
den
spezifischen
Helligkeitsanforderungen
der
einzelnen
Räume
orientierten,
wurden
der
Gewinnung
zusätzlicher
Wohnfläche
geopfert.
Es
entstand
ein
Komplex
mit
acht
Eigentumswohnungen
in
austauschbarer
Optik,
ohne
Einfühlung
in
die
umgebende
Architektur.
Inge
Frankmöller,
später
Inge
Jaehner
(1956–2016)
,
war
1984
Kuratorin
einer
Ausstellung
in
der
Dominikanerkirche
mit
dem
Titel
„
Neues
Bauen
in
Osnabrück
während
der
Weimarer
Republik″.
Im
gleichnamigen
Begleitbuch
zur
Ausstellung
gehen
sie
und
ihr
wissenschaftlicher
Mentor
Karl-
Georg
Kaster
recht
scharf
mit
der
Ignoranz
der
städtischen
Bauverwaltung,
die
so
etwas
zulasse,
ins
Gericht.
Auf
dem
Rückumschlag
des
Buches
heißt
es:
„
Was
von
den
Bomben
des
2.
Weltkriegs
nicht
zerstört
wurde,
ist
heute
von
einer
dritten
Zerstörung
durch
die
Stadtsanierung
betroffen.″
Das
wiederum
gefiel
der
dermaßen
angegriffenen
Stadtverwaltung
überhaupt
nicht.
Wenige
Stunden
vor
der
Ausstellungseröffnung
untersagte
sie
die
Auslieferung
des
Begleitbandes.
Dazu
sah
sie
sich
berechtigt,
da
das
Kulturgeschichtliche
Museum
der
Stadt
als
Herausgeber
fungierte.
Davon
war
Oberbürgermeister
Carl
Möller
nicht
informiert
worden.
Bei
der
Ausstellungseröffnung
dankte
er
in
wohlgesetzten
Worten
den
Ausstellungsmachern
und
dem
Rasch-
Verlag
für
die
gelungene
Publikation.
Das
Peinliche
dabei:
Es
war
weit
und
breit
keine
Publikation
zu
sehen.
Die
Verwaltung
hatte
in
dem
Satz
eine
ungerechtfertigte
pauschale
Verurteilung
der
Stadtsanierung
gesehen.
Sie
forderte
daher
den
Verlag
auf,
den
Satz
unkenntlich
zu
machen.
Er
wurde
mit
einem
dicken
roten
Balken
überdruckt.
Als
Kultusdezernent
Siegfried
Hummel
dessen
gewahr
wurde,
fürchtete
er
den
Vorwurf
der
Zensur
und
stoppte
die
Auslieferung
insgesamt.
Hummel
sagte
am
nächsten
Tag,
dass
Kritik
an
dem,
was
die
Stadt
tue,
„
weder
unterdrückt,
noch
übersehen,
noch
missachtet,
sondern
ermutigt
werden″
solle.
Eine
derart
pauschale
Verurteilung
der
Stadtsanierung
in
einer
Eigenpublikation
der
Stadt
könne
er
allerdings
nicht
hinnehmen.
OB
Möller
ließ
erklären,
er
distanziere
sich
von
dem
Satz.
Dass
der
Katalog
aber
nicht
ausgeliefert
werde,
sei
ohne
sein
Wissen
angeordnet
worden.
Er
halte
diesen
Schritt
der
Verwaltung
für
überzogen.
Und
wie
reagierte
die
Autorin
Inge
Frankmöller?
„
Sie
hat
das
ganze
Theater
eher
belustigt
aufgenommen″,
erinnert
sich
ihr
späterer
Ehemann
Jürgen
Jähner,
„
sie
hat
etwas
an
dem
roten
Balken
mit
dem
Fingernagel
geknibbelt
und
sich
diebisch
gefreut,
als
sie
merkte,
dass
man
ihn
ganz
leicht
entfernen
kann″.
Tage
später
teilte
die
Stadtverwaltung
dem
Rasch-
Verlag
offiziell
mit,
dass
sie
keine
rechtliche
Handhabe
gegen
die
Auslieferung
des
Buchs
habe.
Es
könne,
egal
ob
mit
oder
ohne
Abdeckung
des
umstrittenen
Satzes,
in
den
Vertrieb
gehen.
So
geschah
es.
Die
städtischen
Einrichtungen
wie
die
Museen
bekamen
allerdings
die
Order,
das
Buch
nicht
auszulegen.
Denkmalpfleger
Switala
sieht
in
dem
Buch
der
späteren
Nussbaum-
Haus-
Direktorin
und
der
Ausstellung
einen
wichtigen
Impuls,
der
die
Wertschätzung
des
Neuen
Bauens
als
Teil
des
historischen
Erbes
der
Stadt
gefördert
hat.
Sein
Credo:
„
Historisch
gesehen,
hat
jede
Epoche
gleichen
Anspruch
auf
Beachtung
und
Erhaltung,
fern
aller
Stilmoden
und
Vorlieben
der
Gegenwart,
gleichgültig,
ob
sie
uns
heute
besonders
nahesteht,
ob
ihre
Intentionen
in
die
Ideologie
unserer
Gesellschaft
passen
oder
nicht.″
Bildtexte:
Beispiel
des
„
Neuen
Bauens″
in
Osnabrück:
Das
Wohnhaus
Schweizer
am
Lieneschweg
15
im
Stadtteil
Westerberg.
Die
Aufnahme
entstand
im
Jahr
1983
kurz
vor
Umbaubeginn,
daher
der
etwas
abgetakelt
wirkende,
ungepflegte
Eindruck
des
Gebäudes.
Inge
Frankmöller,
veröffentlicht
in:
Inge
Frankmöller,
„
Neues
Bauen″
in
Osnabrück,
Bramsche
1984
Das
Haus
Lieneschweg
15
heute:
Soweit
ja
ganz
nett
anzuschauen,
doch
leider
auf
Kosten
eines
Hauses
im
Bauhaus-
Stil
entstanden.
Fleischerei
im
Bauhaus-
Stil:
Das
Haus
Bartlitz
nahm
von
1928
bis
1977
die
Ecke
von
Krahn-
und
Dielingerstraße
ein.
Die
Straßenbahnschienen
markieren
den
Verlauf
der
Krahnstraße.
Das
Foto
von
Justus
Haarmann
aus
dem
Archiv
Henning
Haarmann
wurde
veröffentlicht
in:
Inge
Frankmöller,
„
Neues
Bauen″
in
Osnabrück,
Bramsche
1984.
Fotos:
Inge
Frankmöller,
Joachim
Dierks
Autor:
Joachim Dierks