User Online: 2 | Timeout: 08:27Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Bürger sollen über Bäume abstimmen
 
Drei Frauen wollen diese Bäume retten
Zwischenüberschrift:
Initiative beantragt Bürgerbegehren zum Dominikaner-Parkplatz
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Werden die Osnabrücker bald wieder an die Wahlurne gebeten? Drei Frauen haben ein Bürgerbegehren auf den Weg gebracht. Sie wollen verhindern, dass der Parkplatz am Dominikanerkloster mit einem Verwaltungsgebäude bebaut wird, und fordern den Erhalt des alten Baumbestandes. Der Platz erfülle verschiedene Funktionen, die wertvoll für das Stadtklima sind″. Das Trio hat am Montag den Antrag auf ein Bürgerbegehren im Büro von Oberbürgermeister Wolfgang Griesert abgegeben. Sollten Rechtsamt und Verwalltungsausschuss die Rechtmäßigkeit des Begehrens anerkennen, hat die Initiative sechs Monate Zeit, knapp 10 000 Unterschriften zu sammeln. Gelingt das, folgt ein Bürgerentscheid. Um den unscheinbaren Platz ist eine heftige Kontroverse entbrannt.

Osnabrück Der Parkplatz am Dominikanerkloster führt unter hohen Bäumen ein Schattendasein. Rein auf seine Funktion reduziert, ohne Anbindung an Kloster und Kirche, nicht schön, nicht lebendig. Nun plötzlich wird das Grundstück zum Streitpunkt um Baumschutz und Behördenbau.

Stephanie Jörns, Annette Hanekamp und Madeleine Herand haben am Montag den Antrag auf ein Bürgerbegehren unter dem Titel Freiraum und Baumbestand am Dominikanerkloster erhalten″ im Büro des Oberbürgermeisters abgegeben.

Wer zettelt das Bürgerbegehren an? Die drei Frauen sind Mitglieder des frisch gegründeten Bündnisses Baumbestand am Dominikanerkloster″. Die Initiative, die nach Angaben von Madeleine Herand inzwischen 90 Mitglieder hat, will verhindern, dass die heute als Parkplatz genutzte Fläche bebaut wird und ein Teil des Baumbestandes verschwindet. Der Platz mit den schützenswerten Bäumen sei charakteristisch für das Erscheinungsbild der historischen Altstadt und erfüllt verschiedene Funktionen, die wertvoll für das Stadtklima sind″, heißt es in einer Mitteilung der Initiative.

Das Rechtsamt der Stadt prüft nun, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Mit einer Antwort wird kommende Woche gerechnet. Die Frage, die den Bürgern gestellt werden soll, lautet: Soll die Freifläche vor dem Dominikanerkloster, die zurzeit als Parkplatz genutzt wird, als Freiraum erhalten bleiben und auch der auf ihr befindliche Bestand an Bäumen (Bäume mit mindestens 80 cm Umfang und mindestens 5 m Höhe) bewahrt werden?

Osnabrück hat schon Erfahrung mit dieser Form der direkten Demokratie. Eine Initiative hat im Mai parallel zur Europawahl per Bürgerentscheid durchgesetzt, dass die Stadt eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft gründen muss.

Warum soll der Platz bebaut werden? Die Verwaltung braucht Büros. Daher schlägt sie vor, zwei Drittel des etwa 3000 Quadratmeter großen Platzes mit einem Bürogebäude zu bebauen. Die Politik ist gefordert, einen Grundsatzbeschluss zu fassen: bebauen ja oder nein.

Stadtbaurat Frank Otte warb gestern Abend im Immobilienausschuss, für ein Stadthaus an dieser Stelle. Die Verwaltungsarbeit leide darunter, dass Abteilungen ausgelagert sind. Das Umweltamt, das in Ottes Zuständigkeit fällt, ist im ehemaligen Telekomgebäude an der Hannoverschen Straße untergebracht. Das behindert uns sehr″, sagte Otte, denn nicht alles lässt sich per E-Mail oder Telefon regeln.″ Otte wies darauf hin, dass Teile der Verwaltung in Räume ausgelagert seien, die besser für den Einzelhandel geeignet wären in der Bierstraße zum Beispiel. Der Stadtbaurat will dem Rat möglichst schnell eine Gesamtübersicht über die angemieteten Büros darlegen.

Gibt es nicht andere Flächen für ein neues Stadthaus? Nach Jahren des personellen Stillstands sind im Rathaus zahlreiche neue Stellen geschaffen worden. Wo können die Mitarbeiter untergebracht werden? Das ehemalige Finanzamt an der Hannoverschen Straße war mal im Spiel, der Rat hat den Kauf aber abgelehnt. Der Grund: Das Haus ist asbestverseucht, Kauf und Neubau wären zu teuer. Gekauft hat die Stadt dagegen die Konzernzentrale der Parcelsus-Kliniken an der Sedanstraße. Der Para-Konzern nutzt das Gebäude allerdings weiterhin und zahlt Miete. Wann dort städtische Bedienstete einziehen werden, ist offen.

Deshalb ist der Parkplatz am Dominikanerkloster weiter im Spiel. Das Bauamt schreibt in der Vorlage für die Ratsmitglieder, der Großbaumbestand sei wertvoll und erhaltenswert″. Die Auswirkungen einer Bebauung für das Stadtklima müssten näher geprüft werden.

Warum ist der Platz nie bebaut worden? Der Platz an der Hasemauer ist einer der wenigen Plätze im Herzen der Stadt, die nie bebaut worden sind. 1295 stifteten die Brüder Rembert und Albert Düvel an der Stelle ein Kloster für den Dominikanerorden. Bis 1803 hatte es Bestand, dann zog ein Infanterieregiment des Königreichs Hannover in das säkularisierte Kloster ein. Aus dem Klostergarten wurde ein Exerzierplatz. In den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts übernahm die städtische Bauverwaltung die Klosterkaserne″. Aus dem Exerzierplatz wurde ein Parkplatz, der keine historischen und städtebaulichen Bezüge zum ehemaligen Kloster hat.

Ein kleiner Stadtpark als Alternative? Der Bund Osnabrücker Bürger (BOB) macht sich dafür stark, aus dem Parkplatz einen kleinen Stadtpark mit Aufenthaltsqualität zu schaffen. Die Fläche sei wichtig für das Kleinklima, sagt der BOB. Ein Stadthaus 3″ für die Verwaltung lehnt der Bürgerbund an dieser Stelle kategorisch ab. Bemerkenswert: Die beiden BOB-Ratsmitglieder stimmten in der jüngsten Ratssitzung zusammen mit CDU und Grünen dafür, eine Bebauung des Parkplatzes mit einem Büro- und Wohngebäude grundsätzlich zu prüfen.

Bildtext:
Abholzen und bebauen? Der Parkplatz am Dominikanerkloster steht plötzlich im Mittelpunkt der politischen Debatte:
Die Initiatorinnen des Bürgerbegehrens: (von links) Madeleine Herand, Stephanie Jörns und Annette Hanekamp.
Foto:
Archiv/ Jörg Martens, pr

Kommentar
Bitte nicht immer die Bürger befragen

Wer sich für direkte Demokratie einsetzt, kann sich des Beifalls von vielen Seiten sicher sein. Doch Vorsicht: Bürgerbefragungen, - begehren und - entscheide sind kein Allheilmittel gegen Politikverdrossenheit. Sie bergen die Gefahr, dass demokratische Prozesse ins Stocken geraten und sie dort zum Einsatz kommen, wo es viel bessere Möglichkeiten der Entscheidungsfindung gibt.

Beispiel Dominikaner-Parkplatz: Für solche Fälle sieht das Baugesetzbuch das Bauleitverfahren vor, also die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplanes. In den oft mehrjährigen Verfahren werden alle Fakten ermitteln, Sachfragen kleinlich untersucht, Anregungen gesammelt und die Öffentlichkeit intensiv beteiligt. Jeder ob Betroffener oder nur Beobachter hat die Möglichkeit, seine Bedenken zu äußern und in einem geregelten Prozess auf die Politik einzuwirken,

Doch die Entscheidung treffen am Ende nicht die Bürger in einer Volksabstimmung, sondern deren gewählten Vertreter im Rat nach Abwägung aller widerstrebenden Interessen. So funktioniert repräsentative Demokratie: Wir beauftragen Männer und Frauen unseres Vertrauens, sich in öffentliche Angelegenheiten zu vertiefen und Entscheidungen zu treffen. Das ist effizienter und erfolgreicher als in kurzen Abständen alle Bürger in Einzelfragen zu den Urnen zu rufen.

w.hinrichs@ noz.de

Bürgerbegehren

Ein Bürgerbegehren führt im Erfolgsfall zu einem Bürgerentscheid. Die Hürden sind hoch. Zunächst müssen 7, 5 Prozent der Wahlberechtigten ein Bürgerbegehren (zur Durchführung eines Bürgerentscheids) unterschreiben, in Osnabrück sind das 7, 5 Prozent von 131 077 Wahlberechtigten (maßgeblich ist die letzte Kommunalwahl), also 9830 Unterschriften. In sechs Monaten müssen die Unterschriften gesammelt sein. Hat das geklappt, wird der Bürgerentscheid innerhalb von drei Monaten wie eine Wahl durchgeführt. Er muss als Frage formuliert sein, auf die die Wähler mit Ja″ oder Nein″ antworten können. Erfolgreich ist ein Bürgerentscheid, wenn die Mehrheit mit Ja″ gestimmt hat und diese Mehrheit mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten beträgt.
Autor:
Wilfried Hinrichs


Anfang der Liste Ende der Liste