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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Die Kraft, eine Betonbrücke zu versetzen
 
So wird eine Eisenbahnbrücke verschoben
Zwischenüberschrift:
17 Meter in acht Stunden: An der Petersburg bewegen Hydraulikpressen 1900 Tonnen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Dass der Glaube Berge versetzen kann, ist nicht gesichert, aber dass moderne Technik Brücken versetzen kann, schon. An der Petersburg im Fledder war am Freitag zu sehen, wie ein 1900 Tonnen schweres Teilstück der neuen Eisenbahnüberführung um 17 Meter versetzt wurde. Für 12 Millionen Euro ersetzt die Deutsche Bahn die 110 Jahre alte Stahlbrücke auf der Nord-Süd-Strecke zwischen Hamburg und dem Ruhrgebiet durch einen modernen Betonbau. Um die Zeit einer Streckensperrung möglichst kurz zu halten, wurden die beiden Teilstücke der neuen Überführung seitlich der Bahntrasse errichtet, um sie zum Zeitpunkt X nach dem Abbruch der alten Brücke an die passende Stelle zu rücken. Bis zuletzt blieb es spannend, ob dieses kühne technische Vorhaben gelingen würde.

Osnabrück So einen schweren Brocken hat in Osnabrück noch niemand verschoben. An der Petersburg wurde am Freitag eine 1900 Tonnen schwere Eisenbahnbrücke von zwölf Hydraulikpressen an ihren endgültigen Standort gerückt. Die gewaltigen Kräfte bewegten das Bauwerk zwar langsam, aber immerhin sichtbar voran. Wenn auch das zweite Teilstück planmäßig verschoben ist, können Ende Oktober wieder Züge über die Eisenbahnüberführung rollen.

Für die Bahn war die Brückenverschiebung im Fledder so spektakulär, dass ein ansehnliches Grüppchen von Mitarbeitern aus Hamburg, Hannover und anderen Dienststellen angereist war, um dem technischen Schauspiel zu folgen. In Osnabrück hatte jedoch kaum jemand etwas von dem Ereignis mitbekommen, und die Passanten, die es zufällig an die Petersburg verschlagen hatte, staunten nur über die vielen Schaulustigen mit den orangefarbenen Warnwesten, ohne zu wissen, dass da etwas Bedeutendes im Schneckentempo bewegt wurde. Aber die Entdeckung der Langsamkeit setzt nun einmal voraus, dass der Beobachter selbst für eine kurze Zeitspanne still stehen bleibt.

Unter Zeitdruck

Einen Weg von 17 Metern musste das Betonungetüm zurücklegen, um ein Teil der Eisenbahntrasse zwischen Bremen und Münster zu werden. Acht Stunden haben die Bauingenieure für diese Wegstrecke kalkuliert, das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 3, 5 Zentimetern pro Minute. In Wirklichkeit geht es etwas schneller, und wohl deshalb kann das menschliche Auge erkennen, dass da etwas geschoben wird. Zwischendurch müssen aber immer wieder Pausen eingelegt werden, um die Schubstangen zu verlängern, die den Druck der Pressen weitergeben.

Dass die neue Überführung nicht gleich in Endlage″ gebaut wurde, ist für Projektleiter Daniel Groß eine Folge von Sachzwängen: Der Zugverkehr auf der wichtigen Nord-Süd-Achse durfte nur für möglichst kurze Zeit unterbrochen werden. So dringend die 110 Jahre alte Stahlbrücke ersetzt werden musste, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hat, so kurz sollte aber auch der Zeitraum für eine baustellenbedingte Streckensperrung sein. Deshalb setzte die Bahn die neue Brücke neben die Trasse, um sie zum Zeitpunkt X an die richtige Stelle zu schieben.

Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen. Seit einigen Tagen wird der Fernverkehr über Rheine und Bielefeld umgeleitet, für den Nahverkehr springen Busse ein. Die alte Überführung von 1909, zumindest der westliche Teil davon, ist inzwischen abgetragen worden. Am Freitag um 12.07 Uhr hieß es deshalb: Bahn frei für den ungewöhnlichsten Schwertransport, den Osnabrück je gesehen hat!

Straße bleibt gesperrt

Von Anfang an war das Bauwerk so konstruiert worden, dass es um einige Zentimeter angehoben und vom Fleck bewegt werden kann. Und tatsächlich rutschte der 1900-Tonnen-Koloss auf zwei mit Teflonauflagen bezogenen Stahlträgern Zentimeter für Zentimeter seinem Ziel entgegen. Für diese Hightech-Beton-Verschiebung wurde ein Spezialistenteam von Thyssenkrupp engagiert. Die Fachleute haben schon etliche Schwergewichte von A nach B gehievt, aber jede neue Baustelle ist für sie eine neue Herausforderung. Wer über die Kraft verfügt, die Berge versetzen kann, muss gut dosiert damit umgehen. Offenbar ist das gelungen: Am Freitagnachmittag war schon die Hälfte der 17-Meter-Bahn geschafft.

Am Wochenende soll es ohne Unterbrechung weitergehen im Kreuzungsbereich von Klöntrupstraße, Dammstraße, Schepelerstraße und An der Petersburg″. Um den straffen Zeitplan nicht zu gefährden, wird der Bahndamm links und rechts von der neuen Überführung lagenweise aufgefüllt, schon in wenigen Tagen sollen auch die Gleise wiederhergestellt werden. Doch damit ist die Klöntrupstraße″, wie die Eisenbahnüberführung im Bahnjargon genannt wird, noch nicht fertig. An der östlichen Seite wiederholt sich die Prozedur mit dem zweiten Teilstück. Ein 1000 Tonnen schwerer Betonklotz wartet auf seine Verschiebung. Zuvor muss aber die alte Stahlbrücke abgerissen werden, über die derzeit noch der Haller Willem fährt.

12 Millionen Euro kostet es die DB Netz AG, das gesamte Bauwerk zu modernisieren. Am 28. Oktober sollen die Gleise wieder befahrbar sein. Die Straße An der Petersburg″ wird aber bis Mitte November gesperrt bleiben, weil noch Restarbeiten zu erledigen sind, wie Egbert Meyer Lovis, der Pressesprecher der Deutschen Bahn, betont. Er bittet die Anwohner um Verständnis, dass auch nachts und am Wochenende gearbeitet wird. Obwohl modernste Arbeitsgeräte und Technologien eingesetzt würden, lasse sich der Lärm nicht vermeiden.

Bildtexte:
Schiebung: Als dieses Foto entstand, hatte das 1900 Tonnen schwere Bauwerk an der Petersburg noch einen Weg von 17 Metern vor sich.
Wer die Kraft hat, Berge zu versetzen, muss behutsam damit umgehen.
Um 17 Meter musste die neue Brücke (links) bis zur Endlage″ verschoben werden. Rechts das zweite Teilstück der alten Eisenbahnbrücke, das demnächst abgerissen wird.
Fotos:
Michael Gründel
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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