User Online: 4 | Timeout: 16:31Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Schwer korrigierbare Schieflage
Zwischenüberschrift:
Leserbrief
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Zum Artikel Mietwucher und Sozialmissbrauch″ (Ausgabe vom 16. September).

In der Debatte um Bulgaren und vermuteten Sozialleistungsbetrug geht es mir zu viel um die Rollenverteilung von Tätern und Opfern. Diese dürfte nämlich vor allem strafrechtliche Bedeutung haben, um in aller Härte gegen die kriminellen Praktiken der , Hintermänner′ vorgehen zu können. Aber das vielschichtige Grundsatzproblem kann meines Erachtens bei dieser selektiven Betrachtung nur zum Teil gelöst werden.

Wie sich jetzt in Osnabrück erneut herausgestellt hat, gehen die , Hintermänner′ in den zahlreich betroffenen Städten nach identischen Mustern vor. Obwohl die Angriffsflächen also gut sichtbar sind, muss wegen der schwierigen Beweislage in jedem Einzelfall in Sisyphusarbeit ermittelt werden eine hohe Belastung für kommunale Behörden und Polizei. Schafft es eine Stadt mit hohem Aufwand, punktuell dort das bundesweit agierende kriminelle Netzwerk zurückzudrängen, verlagert sich die Szene offenbar dann umso schneller in andere Städte und demnächst vermutlich bevorzugt in kleinere Städte, da die weniger wehrhaft sind.

Schrottimmobilien gibt es fast überall. Ein Ende ist daher nicht abzusehen. Die , Hintermänner′ können recht einfach zunächst am durchaus legalen Zugang von EU-Ausländern zum öffentlichen Leistungssystem ansetzen. Denn es reicht die Aufnahme eines Mini-Jobs beziehungsweise einer entsprechenden Selbstständigkeit aus, um die Arbeitnehmereigenschaft zu erhalten. Daraus ergibt sich dann automatisch das Aufenthaltsrecht in Deutschland sowie der Anspruch auf aufstockende Sozialleistungen für den EU-Arbeitnehmer und seine Familie vom ersten Tag der Arbeitsaufnahme an.

Einmal durch Zuerkennung der Arbeitnehmereigenschaft in Gang gesetzt, ist dieser rechtliche Automatismus später schwer zu durchbrechen. Nach EU-Rechtsprechung muss die Arbeitsaufnahme nicht existenzsichernd sein und kann somit je nach Familienkonstellation daher auch völlig unbeabsichtigt zu sofortigen Aufstockungsleistungen des Job-Centers führen. Eine Rechtslage im Spannungsfeld von nationalen Ansprüchen und EU-rechtlichen Bestimmungen, die man sich wertfrei also losgelöst von Sozialbetrug ohnehin näher ansehen sollte.

Den nach Deutschland gelockten Menschen, denen eigentlich die Vorzüge der Arbeitnehmerfreizügigkeit gar nicht zugestanden haben, wird man die einmal so , erworbenen Ansprüche′ auf Aufenthaltsrecht und Anspruch auf öffentliche Leistungen kaum wieder entziehen können.

Ob ahnungslos oder nicht, eine Vielzahl der Bulgaren, insbesondere die Türkisch sprechende Minderheit, kann man schon aus rein humanitären Gründen nicht in das heimatliche Elend zurückschicken. Integrationslasten bleiben in den Kommunen, finanzielle Lasten beim Steuerzahler. Ist eine solche auch rechtliche Schieflage in Deutschland erst einmal entstanden, bleibt sie schwer korrigierbar. Für die weitere Ursachenbekämpfung spricht vor diesem Hintergrund viel dafür, auch die Kriterien für den Zugang zur Arbeitnehmereigenschaft sorgfältig auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls an die EU heranzutragen. Bundesweit scheint es hierfür ja durchaus Zustimmung zu geben.″

Elisabeth Rauch-Noël
Bielefeld

Bildtext:
Im Problem-Dreieck an der Buerschen Straße leben überwiegend bulgarische Staatsbürger.
Foto:
Gert Westdörp
Autor:
Elisabeth Rauch-Noël


Anfang der Liste Ende der Liste