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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Zum Verbrennen eigentlich zu schade
Zwischenüberschrift:
Sägewerker Martin Hagensieker entdeckt neue Anwendungen für den Rohstoff Holz
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
OSNABRÜCK/ BAD ESSEN. Es dauert nicht einmal fünf Minuten, dann ist aus einer 120 Jahre alten Buche ein Stapel handlicher Bretterge worden. Bei jedem Gang durch die Gattersäge trennen die beiden Bandsägeblätter rechts und links einegenau 35 Millimeter starke Bohle ab. Sägewerker Martin Hagensieker klopft sich etwas puderweißes Sägemehl vom schwarzen Leinensakko, während die Männer hinter der Säge die anfallenden Bohlen sortieren: Jetzt zeigt sich zum ersten Mal, was in einem solchen Baumstamm steckt.″

Rubinrote Laserstrahlenflirren durch den Raum und tasten den Stamm ab, denn Präzision ist wichtig in diesem Geschäft. In fünf Wochen werden aus den Bohlen bereits Fensterrahmen, Fußbodendielen oder ein Terrassenbelag geworden sein.
Das Sägewerk Hagensieker bei Bad Essen verarbeitet etwa 25 000 Festmeter Rundholz im Jahr. Und zwar ausschließlich Laubholz: Buche, Esche und Roteiche, aber auch Pappel. Vor 30 Jahren hat Martin Hagensieker den Familienbetrieb vom Vater übernommen und modernisiert. Während seine Branche einen tief greifenden Strukturwandel erlebte viele kleine Sägereien sind in den letzten Jahren vom Markt verschwunden –, setzte Hagensieker auf Innovation: Es müsse doch möglich sein, Tropenholz durch einheimisches Holz zu ersetzen, sagte sich der Maschinenbau-Ingenieur und entwickelte vor gut zehn Jahren ein Thermoholz-Verfahren. Die gesägten Kanthölzerwerden dabei zunächst mit Wasserdampf behandelt, dann getrocknet und anschließend in einer Thermokammer unter Luftabschluss über drei Tage auf 180 bis 200 Grad Celsius erhitzt. Derart behandelt, ist selbst Buchenholz wasserfest und formstabil, es kann im Außenbereich für Fensterrahmen oder Terrassendielen verwendet werden.
Durch die Hitze karamellisieren die Zuckermoleküle im Holz und die OH-Gruppen im Lignin verkohlen″, so erläutert Hagensieker. Lignin, das ist eine Gruppe von Molekülen, die die Verholzung einer Zelle bewirken. Deshalb nimmt das Holz kein Wasser auf, Pilzbefalltritt nicht auf, Thermobuche hat dieselbe Dauerhaftigkeit wie Teakholz″, erklärt Hagensieker.

Viele Kontrollen

Bis allerdings aus einem Buchen- oder Eschenstamm fertige Kanthölzer für den Fensterbau oder verlegefertige Terrassendielen geworden sind, durchläuft das Schnittholz verschiedene Kontroll- und Bearbeitungsschritte. So werden am Ende aus 25 000 Kubikmeter Rundholz 6000 Kubikmeter Fertigware. Der große Rest ist Abfall: Rindeund Schwartenbretter, der Verschnitt, die Späne und nicht zu vergessen der erhebliche Wasseranteil bei der Trocknung summieren sich auf fast 75 Prozent der Ausgangsmenge. Dafür verkaufen wir aber auch ein Fertigprodukt, der Kunde hat praktisch keine Verluste mehr″, unterstreicht Martin Hagensieker.
Andere Holz verarbeitende Betriebe haben eine andere Stoffbilanz: Wenn ein Sägewerk Fichten zu Brettern und Dachlatten verarbeitet, so wandern nur 30 Prozent in den Abfall. Doch selbstverständlich werden auch diese Sägeabfälle noch weiter genutzt: Als Rindenmulch im Gartenbau, als Pellets, Hackschnitzel oder Brennholz in der thermischen Verwertung.
Nun ist allerdings die Veredlung von heimischem Laubholz zu einem Baustoff mit Tropenholz-Qualitäten nur eine exklusive Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes aus deutschen Wäldern. Eine vollständige Marktübersicht zu Holzbedarf und Holznutzung in Deutschland hat Prof. Udo Mantau im Institut für Weltfortwirtschaft an der Uni Hamburg erstellt. Danach wachsen allein in Deutschland jährlich 80 Millionen Kubikmeter Holz nachhaltig hinzu, es werden aber je nach Konjunktur nur 50 bis 70 Millionen Kubikmeter eingeschlagen und genutzt werden. Rund zehn Millionen Kubikmeter davon werden sogar exportiert.

Vier Prozent Eichen

Im Jahr 2009 zum Beispielbetrug der Jahreseinschlag 48, 1 Millionen Kubikmeter, so zählt Mantau auf: Darunter mit 56 Prozent mehr als die Hälfte Fichte oder Douglasie, 21 Prozent die anderen Nadelholzarten Kiefer und Lärche.Nur vier Prozent des gefällten Holzes lieferte die Eiche, 19 Prozent die Buche. Aufschlussreich auch seine Übersicht zur Verwendung des Rohstoffes Holz in Deutschland: Es werden 58, 5 Prozent als Stammholz zu Brettern oder Balkenverarbeitet, 22, 1 Prozent Industrieholz gehen in dieSpanplatten- oder Zellstoff- und Papierproduktion und 14, 3 Prozent der Rohholzmenge werden als Energieholz in Großfeuerungsanlagen oder Kaminöfen verbrannt.
Dabei ist Holz ein faszinierender Werkstoff mit immer neuen Anwendungsmöglichkeiten″, sagt Sägewerker Martin Hagensieker, Bio-Komposite, hergestellt aus umgewandeltem Holz und geeigneten Klebern, könnten einmal sogar die Kunststoffe ersetzen.″ Es einfach nur zu verbrennen, dazu sei der Rohstoff Holz jedenfalls eigentlich zu schade.

Bildtext:
Sägewerker Martin Hagensieker (oben) blickt auf sein Reich: 25 000 Festmeter Rundholz verarbeitet er jährlich. In der Gattersäge (rechts) wird aus einem Buchenstamm im Handumdrehen ein Stapel massiver Bretter.
Fotos:
Jörn Martens
Autor:
Frank Henrichvark


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