User Online: 1 |
Timeout: 15:32Uhr ⟳ |
Ihre Anmerkungen
|
NUSO-Archiv
|
Info
|
Auswahl
|
Ende
|
A
A
A
Mobil →
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Themen ▾
Baumschutz (112)
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) (360)
Die Arbeit der Stadtgaertner seit 1891 (975)
Die Hase und ihre Nebengewaesser (3007)
Gartenprojekte (22)
Klimageschichte (seit 1874) (162)
Konflikte um Kleingarten (25)
Konversionsflaechen (245)
Kooperation Baikal-Osnabrueck (25)
Umweltbildungszentrum(UBZ)1997-2018 (108)
Verein für Ökologie und Umweltbildung Osnabrueck (324)
Suche ▾
Einfache Suche
Erweiterte Suche
Listen ▾
Orte in Osnabrück
Themen zu Umwelt und Nachhaltigkeit
AkteurInnen
Bildung
Auswahllisten für wichtige Themen (im Aufbau)
Erscheinungsdatum (Index)
Ergebnis
Merkliste ▾
Merkliste zeigen
Merkliste löschen
Datensätze des Ergebnis
Suche:
Auswahl zeigen
Treffer:
1
Sortierungen:
Datum vorwärts
Datum rückwärts
1.
Erscheinungsdatum:
01.10.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Inhalt:
Vor
100
Jahren
Überschrift:
Schülerstreik für Kaiser Wilhelm
Zwischenüberschrift:
September 1919: Kohlenmangel, Obstdiebstähle und Streik am Realgymnasium
Artikel:
Originaltext:
Osnabrück
Vor
100
Jahren
zeichnete
sich
ein
gravierender
Kohlenmangel
für
den
bevorstehenden
Winter
ab.
Die
Fördermenge
hatte
erst
65
Prozent
der
Vorkriegsförderung
erreicht,
was
unter
anderem
mit
Arbeitszeitverkürzung
und
Streiks
zusammenhing.
Zudem
beanspruchten
die
Siegermächte
erhebliche
Mengen
des
Energieträgers
als
Reparationsleistungen.
Der
Kohlenmangel
zieht
in
direkter
Folge
auch
Einschränkungen
bei
Gas
und
Elektrizität
nach
sich.
Die
städtischen
Kollegien
bereiten
sich
darauf
vor,
Schulen
zusammenzulegen
und
„
Luxusunternehmungen″
wie
etwa
Bälle
und
Varietés
zeitweise
zu
verbieten.
Als
Heizmaterial
will
die
Stadt
in
großen
Mengen
Holz
und
Torf
beschaffen
und
vorwiegend
zu
gestützten
Preisen
den
„
minderbemittelten″
Schichten
zur
Verfügung
stellen.
Auch
die
Wiedereröffnung
der
1898
stillgelegten
Kohleförderung
im
Piesberg
wird
diskutiert.
Generaldirektor
Haarmann
vom
Georgs-
Marien-
Bergwerks-
und
Hüttenverein
weist
allerdings
auf
die
Schwierigkeiten
der
Wasserhaltung
hin.
46
Kubikmeter
pro
Minute
müssten
abgepumpt
werden.
Das
sei
aber
noch
nicht
das
Schlimmste,
sondern
vielmehr
der
Salzgehalt
der
Grubenwässer,
deren
Klärung
nicht
zufriedenstellend
gelungen
sei.
Die
Einleitung
in
den
Stichkanal
sei
deshalb
stets
vom
Ministerium
abgelehnt
worden.
Ungerechtigkeiten
in
der
Kohlenversorgung
beklagt
Bürgervorsteher
Walter
Bubert
(SPD)
. „
Gewisse
Stadtteile″
seien
voll
beliefert
worden,
während
andere
überhaupt
noch
nichts
bekommen
hätten.
Bubert
benennt
eine
Reihe
von
Privathäusern,
vor
denen
große
Kohlenmengen
abgeladen
worden
seien.
Ungerechte
Verteilung
in
Verbindung
mit
Schleichhandel
rufe
in
den
benachteiligten
Kreisen
eine
große
Verbitterung
hervor,
die
leicht
zu
Ausschreitungen
führen
könne.
Betriebsdirektor
Schwers
hält
dagegen,
dass
das
Kohlenamt
sicherlich
keine
Schuld
trage.
Fälle
von
Schleichhandel
würden
selbstverständlich
nachhaltig
verfolgt,
nur
müssten
sie
nicht
pauschal
behauptet,
sondern
unter
genauer
Angabe
aller
Einzelheiten
dem
Kohlenamt
angezeigt
werden.
Kohlenmangel
ist
auch
für
stockende
Margarinelieferungen
verantwortlich.
Die
linksrheinischen
Margarine-
und
Ölhärtungswerke
können
nicht
genug
produzieren,
weil
sie
nicht
genug
Kohle
zugewiesen
bekamen.
So
müsse
derzeit
die
Speisefettration
von
150
Gramm
pro
Kopf
und
Woche,
die
die
Preußische
Landesfettstelle
festgesetzt
habe,
auf
100
Gramm
abgesenkt
werden.
Ferien
verlegen?
Zur
Schonung
des
Kohlenverbrauchs
sollen
die
Schulferien
im
Herbst
entfallen
und
dafür
die
Weihnachtsferien
entsprechend
verlängert
werden.
Dagegen
regt
sich
Widerspruch.
In
kleineren
Städten
und
auf
dem
Lande
dürften
die
Herbstferien
nicht
entfallen,
weil
die
Kinder
durchaus
nötig
seien
zur
Kartoffelernte.
Außerdem
könne
es
im
Oktober
schon
genauso
kalt
werden
wie
im
Januar.
Man
würde
in
der
ersten
und
zweiten
Oktoberwoche
die
Schulstuben
heizen
müssen,
aber
wenig
oder
gar
keine
Kinder
darin
haben.
Der
preußische
Unterrichtsminister
hat
ein
Einsehen
und
nimmt
aufgrund
der
Eingaben
verschiedener
Provinzialschulkollegien
Abstand
von
einer
Verlegung
der
Herbstferien.
Am
11.
September
treten
Primaner
des
Realgymnasiums
an
der
Lotter
Straße
in
einen
Streik.
Sie
protestieren
damit
gegen
die
amtliche
Entfernung
der
Kaiserbilder,
die
sie
sich
selbst
angeschafft
hatten,
nachdem
die
Reichsregierung
die
Abhängung
aller
offiziellen
Schulbilder
mit
dem
Konterfei
des
Kaisers
durchgesetzt
hatte.
An
den
Folgetagen
weitet
sich
der
Streik
auf
Unterprima,
Ober-
und
Untersekunda
und
Obertertia
aus.
Vier
Wortführer
aus
der
Oberprima
schreiben
dem
Kultusminister:
„
Auf
Ihren
Erlaß
hin
[…]
sind
sämtliche
Bilder
der
Hohenzollern
aus
den
Schulen
entfernt
worden.
Was
die
Hohenzollern
dem
ganzen
deutschen
Volke
und
damit
auch
Ihnen,
Herr
Kultusminister,
gewesen
sind,
das
wissen
Sie
mindestens
ebenso
gut
wie
wir.
[…]
Fünfhundertjähriger
Hohenzollernherrschaft
haben
wir
es
zu
verdanken,
daß
das
Deutsche
Reich
bis
vor
der
Revolution
erste
Weltmacht
war
[…].
Wie
verträgt
sich
überhaupt
Ihre
Bilderstürmerei
mit
Ihrem
Programm,
das
Freiheit
und
Gleichheit
fordert?
Wir
hier
in
Osnabrück
verstehen
allerdings
unter
wahrer
Freiheit
zum
mindesten,
daß
den
Schülern
zugebilligt
wird,
selbst
darüber
zu
entscheiden,
ob
sie
ein
Kaiserbild
in
ihrer
Klasse
haben
wollen
oder
nicht.
[…]
Wir
bitten
um
Drahtantwort.″
In
den
Leserbriefspalten
des
„
Osnabrücker
Tageblatts″
kreuzen
Befürworter
und
Gegner
des
Schülerstreiks
heftig
die
Klingen.
Absolventen
des
Katholischen
Lehrerseminars
schreiben
etwa:
„
Der
angegebene
Grund
für
die
Wiederaufhängung
des
Kaiserbildes
ist
geradezu
lächerlich.
Können
wirklich
17-
jährige
junge
Leute
schon
beurteilen,
ob
ein
Herrscherhaus
uns
glücklich
gemacht
hat
oder
nicht?
Anscheinend
haben
sie
am
eigenen
Leibe
noch
nicht
erfahren,
in
welch
„
glückliche
Lage″
der
morsche
Staatskarren
des
monarchischen
Regimes
das
deutsche
Volk
hineingefahren
hat.″
Muss
auch
Moltke
weg?
Auch
in
Minden
und
weiteren
preußischen
Städten
kommt
es
zu
Irritationen
in
der
Auslegung
des
Kultusminister-
Erlasses
zur
„
Entfernung
von
Wahrzeichen
der
alten
Staatshoheit″.
Vielfach
sind
auch
Bilder
Friedrichs
des
Großen,
des
Freiherrn
vom
Stein,
Bismarcks,
Moltkes
und
anderer
preußischer
Persönlichkeiten
entfernt
worden.
Kultusminister
Konrad
Haenisch
(SPD)
präzisiert
daraufhin:
„
Zu
entfernen
sind
nur
Bildnisse
des
letzten
deutschen
Kaisers
und
des
Kronprinzen,
nicht
auch
solche
von
Persönlichkeiten,
deren
Wert
und
Bedeutung
unabhängig
von
ihrer
Beziehung
zu
der
jeweiligen
Staatsautorität
geschichtlich
feststeht.″
Auf
dieser
Basis
geht
der
Schülerstreik
am
Realgymnasium
zu
Ende:
In
Anwesenheit
eines
Schulrats
aus
Hannover
werden
diverse
Hohenzollernbilder
wieder
aufgehängt
–
mit
Ausnahme
Wilhelms
II.
und
des
Kronprinzen.
Schüsse
auf
Obstdieb
Obstdiebstähle
nehmen
dramatisch
zu.
Besonders
Alleebäume
sind
betroffen.
In
Nahne
wird
in
einer
der
letzten
hellen
Nächte
ein
auf
einem
Baume
sitzender
„
ungebetener
Obstpflücker″
von
Mitgliedern
der
Einwohnerwehr
überrascht.
Der
Dieb
unternimmt
einen
Fluchtversuch.
Einer
der
Wehrmänner
sieht
sich
nach
vergeblichem
Haltruf
veranlasst,
Feuer
zu
geben.
Der
Flüchtige
kommt
mit
ernster
Schussverletzung
ins
Marienhospital.
„
Der
Vorfall
mag
zur
Warnung
dienen″,
schreibt
das
„
Tageblatt″,
„
das
Obst
an
den
Landstraßen
steht
begreiflicherweise
gerade
jetzt
unter
besonders
scharfer
Bewachung″.
Im
Rathaus
hat
man
sich
mit
dem
Erstattungsanspruch
eines
Lehrers
zu
befassen,
dem
während
der
Einquartierung
von
Soldaten
in
der
evangelischen
Volksschule
am
Kronprinzenwall
(heute:
Natruper-
Tor-
Wall)
seine
wertvolle
Geige
gestohlen
worden
ist.
Bürgervorsteher
Dr.
Böger
spricht
sein
Befremden
darüber
aus,
dass
der
betreffende
Lehrer
ein
Musikinstrument
im
Wert
von
1200
Mark
in
einer
von
Soldaten
belegten
Schule
belassen
habe.
Senator
Hermann
klärt
auf,
dass
der
Lehrer
zur
fraglichen
Zeit
krank
im
Lazarett
lag
und
von
der
Einquartierung
nichts
erfahren
habe.
Die
Kollegien
sprechen
sich
„
aus
Billigkeitsgründen″
für
die
Erstattung
aus,
ein
Rechtsanspruch
werde
damit
aber
nicht
begründet
–
genauso
wenig,
wie
die
Stadt
von
den
Eltern
für
abhandengekommene
Kleidungsstücke
der
Kinder
haftbar
gemacht
werden
könne.
Bildtext:
Das
Realgymnasium
an
der
Lotter
Straße,
das
spätere
EMA-
Gymnasium,
sorgt
im
September
1919
für
Schlagzeilen:
Primaner
streiken
für
das
Recht,
weiterhin
Bilder
des
letzten
deutschen
Kaisers
im
Klassenraum
aufhängen
zu
dürfen.
Die
historische
Ansichtskarte
entstammt
der
Sammlung
von
Helmut
Riecken.
Autor:
Joachim Dierks