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1.
Erscheinungsdatum:
24.09.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Die Homogenisierung der Klima-Berichterstattung
Artikel:
Originaltext:
Der
UN-
Gipfel
in
New
York
und
die
Bewegung
Fridays
for
Future
haben
denKlimawandel
wieder
an
die
Spitze
der
politischen
Agenda
gesetzt.
Aber
ist
dieÖffentlichkeit
tatsächlich
gut
informiert?
Ein
Wissenschaftsjournalist
hegt
Zweifel.
Hamburg
Am
27.
September
2013
um
kurz
nach
10
Uhr
morgens
geschah
etwas
Besonderes
im
Brewery
Conference
Centre
in
Stockholm.
Während
Klimaforscher
des
UN-
Klimarates
IPCC
den
neuen
UN-
Klimareport
vorstellten,
meldete
sich
überraschend
ein
Journalist
mit
einer
kritischen
Frage
–
ein
Ereignis,
das
auf
Pressekonferenzen
von
Klimaforschern
kaum
einmal
zu
erleben
ist.
Der
Reporter
einer
britischen
Zeitung
wollte
wissen,
warum
nahezu
sämtliche
Computersimulationen
das
Stocken
des
globalen
Temperaturanstiegs
in
den
vorherigen
15
Jahren
nicht
abgebildet
hätten.
Die
Antwort
des
Chefs
der
Weltorganisation
für
Meteorologie
(WMO)
fiel
ungeübt
aus:
„
Ihre
Frage
ist
falsch
gestellt″,
rüffelte
er
arrogant
den
Reporter,
ohne
dessen
Frage
zu
beantworten.
Die
Frage
auf
der
Pressekonferenz
in
Stockholm
sei
zu
Unrecht
abgewiesen
worden,
resümierten
zwar
Medienforscher
zwei
Jahre
später
im
Fachblatt
„
Nature
Climate
Change″
–
Klimaforscher
sollten
ihre
Unsicherheiten
deutlicher
hervorheben,
rügten
sie
in
ihrer
Studie
und
warnten:
Die
Ratgebersprache
der
Wissenschaftler
gegenüber
der
Öffentlichkeit
verführe
zu
Übertreibungen.
Die
Mahnung
verpuffte.
Auf
Pressekonferenzen
von
Klimatagungen
zeigen
Veranstalter
zur
Einstimmung
weiterhin
Filme
von
Wetterkatastrophen.
„
Willfährige
Sekretäre″
Journalisten
würden
von
Klimaforschern
als
„
willfährige
Sekretäre
betrachtet,
die
aufschreiben
und
massentauglich
zu
drucken
haben″,
hat
ein
Ethnologe
beobachtet,
der
die
Debatte
seit
Langem
analysiert.
Auf
Widerstand
stoßen
Wissenschaftler
selten,
sie
gelten
unter
den
meisten
Journalisten
als
sakrosankt,
nehmen
die
unangreifbare
Position
ein,
die
früher
Ärzte
oder
Priester
innehatten.
Beim
Klimawandel
erfährt
diese
Haltung
ihre
deutlichste
Ausprägung.
Das
ist
wenig
überraschend,
haben
doch
Klimaforscher
vor
23
Jahren
eine
überzeugende
und
beängstigende
Diagnose
präsentiert:
Der
Mensch
wärmt
mit
seinen
Abgasen
das
Klima.
Die
Belege
dafür
sind
vielfältig,
gefährliche
Folgen
der
Erwärmung
sind
messbar:
Gletscher
schmelzen,
der
Meeresspiegel
steigt,
Hitzewellen
werden
häufiger.
Eine
weitere
globale
Erwärmung
von
mehreren
Grad
birgt
massive
Risiken,
das
Thema
findet
sich
zu
Recht
zuoberst
auf
der
Agenda
der
Vereinten
Nationen.
Zur
Wahrheit
gehört
aber
auch,
dass
sich
in
den
meisten
Fällen
nicht
bestimmen
lässt,
wie
wahrscheinlich
die
Risiken
sind.
Auch
robuste
Klimaszenarien
für
einzelne
Regionen
sind
bislang
nicht
möglich,
und
Extremwetterphänomene
zeigen
häufig
noch
keinen
Trend.
Dem
braven
Umweltjournalismus
gegenüber
steht
also
ein
hochkomplexer
Wissenschaftszweig
mit
Tausenden
multikausalen
Wechselwirkungen,
mit
Widersprüchen
und
Wissenslücken.
Bei
der
Klimatologie
handelte
es
sich
um
„
postnormale
Wissenschaft″,
haben
die
Wissenschaftsphilosophen
Silvio
Funtowicz
and
Jerome
Ravetz
bereits
1991
festgestellt
–
hohe
Risiken
fallen
zusammen
mit
großen
Unsicherheiten.
Um
sich
auf
den
Klimawandel
sinnvoll
vorbereiten
zu
können,
müssten
Bürger
erfahren,
was
die
Wissenschaft
drüber
weiß.
Doch
hier
wird
es
problematisch.
Die
Komplexität
des
Klimawandels
darzustellen
kann
Journalisten
in
die
Ecke
der
„
Klimaleugner″
manövrieren,
das
ist
jene
häufig
politisch
motivierte
Gruppe,
die
Risiken
des
Klimawandels
herunterspielt,
dem
Stand
der
Forschung
widersprechend.
Folge
des
Ausgrenzungsdrucks
ist
eine
beachtliche
Homogenisierung
der
Berichterstattung
zum
Klimawandel.
Diese
Woche
erreicht
sie
einen
neuen
Höhepunkt.
Medien
aus
aller
Welt,
darunter
„
taz″,
„
Stern″
und
„
Spiegel″,
haben
sich
der
Initiative
„
Covering
Climate
Now″
angeschlossen,
die
anlässlich
des
UN-
Klimagipfels
„
die
Berichterstattung
über
die
Folgen
der
Klimakrise
maximieren
soll″.
Auch
viele
andere
großen
Medien
in
Europa
und
Nordamerika,
die
nicht
an
der
Kampagne
beteiligt
sind,
haben
für
Klimawandel-
Schlagzeilen
dieser
Tage
ihre
Titelseiten
frei
geräumt.
Munter
werden
Umweltprobleme
aller
Art
mit
oft
unklarem
Klimawandelzusammenhang
gemischt
mit
Appellen
zum
Klimaschutz.
Fast
wirkt
es,
als
hätten
Umweltverbände
die
Massenmedien
übernommen.
Das
Thema
Klima
scheint
der
Sphäre
der
Wissenschaft
weitgehend
entschwunden,
was
angesichts
von
Umfrageergebnissen
unter
Journalisten
nicht
überrascht:
Bei
einer
Befragung
von
2014
beispielsweise
gaben
zwei
Drittel
der
Befragten
an,
sie
wollten
mit
ihrer
Berichterstattung
die
Notwendigkeit
ökologischer
Reformen
in
Politik
und
Wirtschaft
hervorheben
–
Überzeugungsarbeit
also,
statt
„
sagen,
was
ist″.
Die
Mehrheit
wollte
laut
Umfrage
eher
über
Risiken
statt
über
Unsicherheiten
des
Klimathemas
informieren.
Zwar
haben
Medienforscher
ermittelt,
dass
Dramatisierung
das
Vorhaben
konterkariert,
Menschen
aufrütteln
zu
wollen
–
je
gravierender
der
Klimawandel
dargestellt
werde,
desto
eher
würden
sich
Leute
von
dem
Thema
abwenden.
Immer
neue
Horrorszenarien
schaden
demnach
dem
Klimaschutz.
Doch
Genauigkeit
in
der
Berichterstattung
fällt
schwer,
weil
es
längst
um
einen
Lagerkampf
von
„
Gut
gegen
Böse″
geht.
Journalisten,
die
nicht
ausdrücklich
die
Absicht
zur
Warnung
vor
dem
Klimawandel
demonstrieren,
sind
verdächtig,
auf
der
falschen
Seite
zu
stehen.
Der
britische
Regierungsberater
Nicholas
Stern
gab
den
Ton
vor,
als
er
2006
Gegner
seiner
hochambitionierten
Klima-
Agenda
zu
„
Forces
of
Darkness″
erklärte.
Und
das
andere
Lager
handelt
mit
ähnlichem
Korpsgeist:
Die
Verschweiger
der
Risiken
des
Klimawandels
–
häufig
„
Klimaleugner″
genannt
–
sehen
sich
als
aufrechte
Kämpfer
gegen
eine
korrumpierte
Wissenschaft.
Vermittler
zwischen
den
Lagern
gelten
als
Verräter,
sie
werden
kurzerhand
einer
Seite
zugerechnet:
Weniger
Waldbrand?
Wer
das
korrekt
feststellt,
muss
Klimaleugner
sein,
also
Risiken-
Verschweiger.
Gefährlicher
Meeresspiegelanstieg?
Wer
das
korrekt
feststellt,
muss
Alarmist
sein,
also
Unsicherheiten-
Verschweiger.
Moralisierung
politischer
Konflikte
hat
den
Vorteil,
dass
sie
die
Auseinandersetzung
erspart
–
mit
dem
Bösen
redet
man
nicht,
über
das
Gute
lässt
sich
nicht
verhandeln.
Soziologen
sprechen
von
der
„
Noble
Cause
Corruption″,
wenn
für
die
Überzeugung
von
als
wichtig
empfundenen
Zielen
Dinge
verschwiegen
werden,
die
die
eigene
Argumentation
schwächen
könnten.
Ob
es
um
die
Bewahrung
des
Vaterlandes
in
Kriegszeiten
oder
um
den
Schutz
der
Umwelt
in
Klimawandelzeiten
geht
–
stets
glaubt
eine
Mehrheit
von
Journalisten,
aus
noblem
Grund
die
Berichterstattung
korrumpieren
zu
müssen.
Was
Berichte
dann
sicher
nicht
liefern:
ein
Abbild
der
Wirklichkeit.
Verschärfend
kommt
hinzu,
dass
Medien
sich
eher
nicht
an
der
Wissenschaft
orientieren,
sondern
an
anderen
Medien.
Das
„
Insider-
Syndrom″
sorgt
dafür,
dass
omnipräsente
Fehler
kaum
problematisiert
werden,
weil
sie
Redaktionen
nicht
unter
Rechtfertigungsdruck
setzen.
Korrekturwünsche
aus
der
Wissenschaft
erreichen
die
Redaktionen
selten
wegen
sachlicher
Fehler,
sondern
eigentlich
nur,
wenn
Wissenschaftler
sich
aufgrund
eines
Berichts
in
nachteiliges
Licht
gerückt
wähnen.
Hingegen
können
korrekte
Berichte
am
Pranger
landen,
sofern
die
Mehrheit
der
Medien
in
betreffender
Sache
falsch
berichtet,
das
Korrekte
deshalb
als
rechtfertigungsbedürftig
erscheint.
Die
Klimaforschung
selbst
erschwert
die
Wahrheitsfindung
für
Nichteingeweihte,
denn
die
meisten
Wissenschaftler
halten
sich
fern
von
der
öffentlichen
Debatte.
Der
Publizistikforscher
Mike
Schäfer
hat
diesen
Tatbestand
empirisch
für
die
Schweiz
belegt:
Seinen
Zählungen
zufolge
sind
es
immer
dieselben
wenigen
Wissenschaftler,
die
in
den
Massenmedien
vorkommen.
Die
überwältigende
Mehrheit
der
Professoren,
rund
96
Prozent,
erhält
so
gut
wie
keine
Medienaufmerksamkeit.
Ihre
Abwesenheit
sorgt
für
Verzerrung,
denn
in
die
Öffentlichkeit
drängen
nicht
unbedingt
jene
Gelehrten
mit
ausgleichendem
Gemüt.
Vielmehr
sind
es
oft
Forscher
mit
Sendungsbewusstsein
oder
Karriereinstinkt,
die
mit
starken
Thesen
den
Opportunismus
der
Journalisten
füttern.
Heimliche
Herrscher
Diese
„
Media
Scientists″,
man
könnte
sie
auch
„
Spin-
Doktoren″
nennen,
sind
die
heimlichen
Herrscher
der
Klimadebatte.
Ihre
Autorität
ziehen
sie
aus
ihrem
Status
als
Wissenschaftler,
der
ihren
Thesen
Glaubwürdigkeit
sichert.
Weil
auch
Wissenschaftler
aber
weder
interessenlos
noch
fehlerlos
sind,
gelangt
über
die
Media
Scientists
nicht
selten
ein
Spin
in
die
Massenmedien,
der
den
Stand
der
Wissenschaft
verzerrt.
Besonders
häufiges
Phänomen
ist
selektives
Zitieren:
Die
Media
Scientists
sagen
wenig
Falsches,
lassen
jedoch
Fakten
außen
vor,
die
ihre
These
nicht
stützen.
Unterschiedliche
Thesen
von
Wissenschaftlern
kritisch
abzuwägen
–
das
wäre
eigentlich
Aufgabe
von
Journalisten.
Nur
wenn
wissenschaftliche
Daten
weder
verfälscht
noch
verleugnet
werden,
wird
sich
die
Gesellschaft
vernünftig
auf
den
Klimawandel
vorbereiten
können.
Bildtext:
Durch
das
Tele-
Objektiv
wirkt
die
Sonne
bedrohlich:
Menschen
sind
nur
noch
als
Schattenumrisse
zu
erkennen.
Foto:
dpa/
Julian
Stratenschulte
Axel
Bojanowski
Die
Klimadebatte
verfolgt
Axel
Bojanowski
seit
1994,
seit
1997
als
Wissenschaftsjournalist.
Der
Diplom-
Geologe
(Diplom
über
Klimaforschung)
war
bis
vor
Kurzem
Wissenschaftsredakteur
bei
„
Spiegel
Online″.
Zum
1.
Oktober
wird
er
Chefredakteur
von
„
Bild
der
Wissenschaft″
und
„
Natur″.
Er
schrieb
den
„
Klimajournalisten-
Blues″
und
twittert
unter
@
Axel_Bojanowski.
Der
vorliegende
Text
war
am
20.
September
zuerst
im
Informationsdienst
„
Übermedien″
erschienen.
Autor:
Axel Bojanowski