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1.
Erscheinungsdatum:
21.09.2019
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
„Gute Nacht Kameraden″
Artikel:
Originaltext:
Fast
acht
Jahrzehnte
lang
bewahrte
die
ehemalige
Osnabrücker
MusikstudentinGertrud
Knuth
ein
ganz
besonderes
Erinnerungsstück.Ein
Reisetagebuch,
das
sie
1941
verfasste,
als
sie
mit
einer
Spielschardes
städtischen
Konservatoriums
zur
Truppenunterhaltungan
die
Westfront
nach
Frankreich
geschickt
wurde.
Für
das
heutige
Institutfür
Musik
ein
Dokument
von
immensem
Wert.
Es
ist
Anfang
August
1941.
In
Europa
tobt
der
Zweite
Weltkrieg.
Im
Osten
treibt
das
Dritte
Reich
unter
Hitler
seinen
„
Russlandfeldzug″
voran.
Im
Westen
ist
etwa
die
Hälfte
Frankreichs
seit
über
einem
Jahr
von
den
Deutschen
besetzt.
Die
Front
verläuft
mitten
durch
das
Land.
Gertrud
Knuth,
Studentin
des
1919
gegründeten
Osnabrücker
Konservatoriums,
schreibt
dieser
Tage
in
ein
Reisetagebuch:
„
Hurra,
heute
am
4.8.1941
ist
es
so
weit,
unser
Wunschtraum
geht
endlich
in
Erfüllung.
Wir,
das
heißt
dreißig
Jungen
und
Mädel
der
Bann-
und
Untergauspielschar
Osnabrück,
sind
angetreten
zu
einer
Fahrt
in
das
besetzte
Frankreich.
Wohin
fahren
wir?
Wir
wissen
nichts
Genaues.
In
Köln
erfahren
wir
dann:
es
geht
nach
Paris.″
77
Jahre
lang
bewahrte
Gertrud
Knuth,
die
heute
in
Bad
Zwischenahn
lebt,
das
in
Leder
gebundene
Fotoalbum
auf,
in
das
sie
im
Alter
von
17
Jahren
diese
Worte
schrieb.
48
Seiten
umfasst
das
Erinnerungsstück.
Die
eine
Hälfte
davon
ist
mit
vergilbten
Fotos
von
der
Reise
versehen,
die
andere
Hälfte
ist
von
ihrer
filigranen
Schrift
gefüllt,
weiße
Buchstaben
auf
dunkelbraunem
Grund.
Inzwischen
ist
Knuth
95
Jahre
alt.
„
Ich
bin
im
Moment
dabei,
meinen
Haushalt
zu
verkleinern.
Doch
als
ich
das
Album
wiederfand,
konnte
ich
es
nicht
übers
Herz
bringen,
es
in
den
Müll
zu
werfen″,
sagt
sie
im
Gespräch
mit
unserer
Redaktion.
Deshalb
übergab
sie
2018
ihren
Reisebericht
an
Sascha
Wienhausen,
Dekan
des
Osnabrücker
Instituts
für
Musik,
das
1999
aus
dem
Konservatorium
hervorging.
Wienhausen
geriet
ins
Staunen,
als
das
Album
auf
seinem
Schreibtisch
lag.
Anlässlich
des
100-
jährigen
Bestehens
des
Konservatoriums
in
diesem
Jahr
hatte
er
lange
nach
Quellen
gesucht,
die
sich
mit
der
Geschichte
der
Einrichtung
während
des
Zweiten
Weltkriegs
beschäftigten
–
vergeblich.
„
Ich
war
wie
elektrisiert″,
verrät
er.
„
Das
Reisetagebuch
war
eine
unglaubliche
Möglichkeit,
die
damalige
Zeit
für
nachfolgende
Generationen
aufzuarbeiten.″
Knuths
Tagebuch
sei
ein
„
einzigartiges
und
unverwässertes
Dokument″.
Mit
17
Jahren
gehörte
die
Violinen-
und
Blockflötenstudentin
Gertrud
Knuth
zu
den
älteren
Teilnehmern
der
Fahrt
an
die
Westfront.
Die
Jüngsten
waren
gerade
einmal
14.
Aus
diesem
Grund
beauftragte
ihre
Blockflötenlehrerin,
Anneliese
Friedrich,
Knuth
mit
einem
Reisebericht
als
Erinnerung
für
die
gesamte
Gruppe.
Rückblickend
erzählt
die
ehemalige
Musikstudentin:
„
Ich
war
in
der
Schule
keine
große
Aufsatzschreiberin.
Meine
Noten
waren
selten
besser
als
vier.″
Aus
diesem
Grund
habe
sie
in
ihren
Ausführungen
einfach
den
Jargon
der
Hitlerjugend
übernommen.
„
Meine
Sätze
waren
kurz
und
bündig″,
erinnert
sich
Knuth.
„
Der
Bericht
war
sehr
sachlich.
Meine
persönlichen
Gefühle
habe
ich
nur
selten
einfließen
lassen.″
Geradlinig
berichtet
sie
im
Tagebuch
davon,
wie
die
Spielschar
zur
Unterhaltung
der
„
Feldgrauen″
–
also
der
deutschen
Soldaten
–
mit
Volkstanz,
Musik
und
Kaspertheater
bei
Flakstellungen,
in
Lazaretten
und
auf
Kriegsschiffen
in
verschiedenen
Orten
entlang
der
Westfront
auftrat.
Knuth
schreibt
nach
einem
Auftritt
in
Lorient,
einem
kleinen
Ort
in
der
Bretagne:
„
Hier,
wo
die
jungen
Soldaten
oft
durch
feindliche
Bomben
bedroht
sind,
ist
es
eine
wunderschöne
Aufgabe
für
uns,
ihnen
mit
unserem
Spiel
eine
kleine
Abwechslung
in
die
Eintönigkeit
ihres
Lebens
zu
bringen.
Wie
strahlen
die
Augen,
wie
freuen
sich
diese
Feldgrauen
auf
vorgeschobenem
Posten.″
Allerorts
seien
die
Auftritte
der
Spielschar
von
den
Soldaten
„
mit
großem
Beifall
aufgenommen″
worden.
„
Für
unsere
Gruppe
war
das
ein
starkes
Erlebnis″,
erinnert
sich
Knuth
heute.
Um
die
Ereignisse
auch
mit
Bildern
zu
dokumentieren,
habe
sie
ihre
Kamera
immer
griffbereit
gehabt.
Auf
den
analogen
Film
passten
damals
allerdings
nur
acht
Bilder.
Deshalb
war
ihre
Reisetasche
mit
etlichen
Filmdosen
gefüllt.
Angst
vor
den
Auswirkungen
des
Krieges
habe
sie
damals
kaum
empfunden.
Angriffe
der
Alliierten
seien
zur
Zeit
der
Reise
nicht
zu
befürchten
gewesen.
„
Wir
wurden
immer
sehr
üppig
empfangen.
Meist
wurden
wir
besser
bewirtet
als
die
Soldaten
selbst.″
Ausklang
der
Liederabende
sei
oftmals
das
Stück
„
Gute
Nacht
Kameraden″
gewesen.
Ein
Lied
des
Komponisten,
Lehrers
und
letztlich
auch
NS-
Funktionärs
Hans
Baumann.
Der
Text
über
Soldaten,
die
weit
entfernt
vom
Vaterland
versichert
bekommen,
dass
sie
in
der
Heimat
nicht
vergessen
werden,
habe
Knuth
zufolge
regelmäßig
für
ein
tränenreiches
Konzertende
gesorgt.
Die
Fahrt
der
Osnabrücker
Spielschar
war
jedoch
keine
Einzelaktion,
sondern
erklärte
Propagandastrategie
der
Nationalsozialisten.
Einrichtungen
wie
das
Konservatorium
wurde
mit
Vorliebe
zur
kulturellen
Gleichschaltung
verwendet
und
die
Ensembles
zur
„
Truppenbetreuung″
abkommandiert.
Das
Regime
gab
sich
alle
Mühe,
das
musikalische
Leben
in
Deutschland
neu
zu
organisieren
und
harmlose
Volkslieder
in
Soldaten-
und
Marschlieder
umzudichten.
„
Eine
wirkliche
Wahl
hatten
wir
damals
nicht″,
sagt
Knuth.
Die
Freiheit
der
Kunst
war
bereits
1935
Geschichte,
als
das
Konservatorium
von
der
Katharinenstraße
in
eine
Stadtvilla
an
der
Rolandsmauer
umzog.
Die
NSDAP
hatte
die
städtische
Freimaurergilde,
der
das
Gebäude
ursprünglich
gehörte,
enteignet.
Der
neue
Standort
versprach
mehr
Räume
und
bessere
Möglichkeiten
für
den
Unterricht.
Schnell
wurde
jedoch
klar,
dass
die
Nazis
nicht
nur
einen
besseren
Studienort
für
die
Musiker
schaffen
wollten,
sondern
auch
ein
„
Gemeinschaftshaus
für
nationalsozialistische
Feierstunden″.
Drei
Jahre
später
übernahm
dann
auch
noch
Karl
Schäfer,
erklärter
Anhänger
der
Nazis,
bis
1944
die
Leitung
des
Konservatoriums.
„
Kurios
ist,
dass
Schäfer
im
Jahr
1954
–
also
nach
dem
Zweiten
Weltkrieg
–
abermals
die
Leitung
anvertraut
wurde″,
sagt
der
heutige
Dekan
des
Instituts,
Sascha
Wienhausen.
„
Diese
Geschichtsblindheit
zieht
sich
leider
durch
einen
Großteil
der
Historie
des
Konservatoriums.″
Er
sehe
für
das
Institut,
als
Teil
der
Friedensstadt
Osnabrück,
jedoch
eine
Verpflichtung,
auch
die
Zeit
des
Zweiten
Weltkriegs
aufzuarbeiten
und
sie
nicht
einfach
so
unter
den
Tisch
zu
kehren.
Seine
Vorgänger
hätten
sich
dieser
Aufgabe
weitestgehend
verweigert.
Für
Gertrud
Knuth
bestimmten
die
Kriegsanstrengungen
der
Nazis
ihren
kompletten
weiteren
Lebensweg:
„
Mein
Examen
stand
im
Jahr
1944
an″,
sagt
sie.
„
Das
war
das
Jahr,
in
dem
alle
Kultur
dem
totalen
Kriegseinsatz
–
so
nannten
es
die
Nazis
wohl
–
geopfert
wurde″,
erinnert
sich
Knuth
wehmütig.
Das
Konservatorium
wurde
geschlossen.
Anfang
Juli
fand
die
Musikstudentin
sich
statt
im
Konzertsaal
als
Aushilfe
im
Osnabrücker
Kupfer-
und
Drahtwerk
wieder.
Nach
dem
Krieg
sei
ihrem
ehemaligen
Geigenlehrer,
als
Mitglied
der
SA,
ein
vorläufiges
Berufsverbot
auferlegt
worden.
Andere
Lehrer
seien
zu
teuer
gewesen.
Ihre
Instrumente
tauschte
Knuth
daraufhin
schweren
Herzens
gegen
eine
Ausbildung
als
Weberin.
Das
Musizieren
habe
sie
dennoch
nie
ganz
aufgegeben.
„
Bis
zu
meinem
80.
Lebensjahr
habe
ich
immer
Musik
gemacht.
In
der
Gemeinde,
mit
Freunden
–
eben
immer,
wenn
sich
die
Gelegenheit
bot″,
erklärt
sie
stolz.
Dann
hätten
ihre
schlechter
werdenden
Augen
und
Ohren
ihr
langsam,
aber
sicher
einen
Strich
durch
die
Rechnung
gemacht.
Ihre
Begeisterung
für
die
Musik
habe
sie
sich
jedoch
bis
ins
hohe
Alter
bewahrt.
Bildtexte:
Zu
Gast
an
der
Front:
Musikerin
Gertrud
Knuth
mit
deutschen
Soldaten,
die
im
Westen
Frankreichs
an
einer
Flakstellung
Dienst
taten.
Unbeschwerte
Auftritte
im
Kriegsgebiet:
Die
Osnabrücker
Bann-
und
Untergauspielschar
war
1941
auf
Tour
im
besetzten
Westfrankreich.
Das
ehemalige
Konservatorium
an
der
Katharinenstraße.
Fotos:
Knuth,
Nieders.
Landesarchiv
Das
Gespräch
mit
Gertrud
Knuth,
die
das
Reisetagebuch
der
Osnabrücker
Spielschar
vor
fast
80
Jahren
verfasste,
hat
unseren
Autor
Bastian
Rabeneck
nachhaltig
beeindruckt.
Auch
wenn
Hör-
und
Sehvermögen
der
95-
Jährigen
inzwischen
nachgelassen
haben,
konnte
er
feststellen:
Das
Gedächtnis
hat
die
ehemalige
Musikstudentin
keinesfalls
im
Stich
gelassen.
Er
sieht
in
Knuth
eine
wertvolle
Zeugin,
die
unverfälschte
Erinnerungen
an
eine
Zeit
liefert,
die
unser
Autor
sonst
nur
aus
Geschichten
seiner
eigenen
Großeltern
kannte.
Bedrückend
war
es
für
ihn,
aus
erster
Hand
davon
zu
hören,
wie
die
Nationalsozialisten
Kulturschaffende
für
ihre
Propaganda
einsetzten.
Für
umso
wichtiger
hält
er
die
Ambitionen
von
Sascha
Wienhausen,
dem
heutigen
Dekan
des
Instituts
für
Musik,
die
Ereignisse
nicht
verblassen
zu
lassen,
sondern
pflichtbewusst
aufzuarbeiten.
Autor:
Bastian Rabeneck