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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
Das Ende Alt-Osnabrücks
Zwischenüberschrift:
Vor 75 Jahren zerstörte ein Bombenangriff Rathaus, Marienkirche und Dom
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Der Bombenangriff Palmsonntag 1945 gilt als der schwerste, den Osnabrück zu erleiden hatte. Doch er konnte vielfach nur die schon vorhandenen Trümmer ein weiteres Mal umpflügen. Das Ende Alt-Osnabrücks wurde bereits am 13. September 1944 besiegelt, also heute vor 75 Jahren.

Die 14 Minuten zwischen 18.26 und 18.40 Uhr reichten 300 britischen Bombern aus, 2170 Sprengbomben und 181 000 Brandbomben abzuwerfen und einen Feuersturm zuvor nicht gekannten Ausmaßes anzurichten. Ein Viertel der Einwohnerschaft Osnabrücks wurde obdachlos, 145 verloren ihr Leben.

Die Altstadt mit Rathaus, Marienkirche, Dom und den vielen Ackerbürgerhäusern in Bierstraße, Krahnstraße und Lohstraße war nur noch ein qualmender Trümmerhaufen. Auch die Bischöfliche Kanzlei, die Giebelhäuser des Marktes, die Adelshöfe in der Hakenstraße, der Vitihof, das Theater, das Carolinum, die Ursulaschule, das Kloster Zur ewigen Anbetung, das Marienhospital, der Hauptbahnhof sowie viele Geschäftshäuser der Großen Straße, um nur die bekanntesten Gebäude zu nennen, wurden zerstört oder schwer beschädigt. Seit dem Angriff vom 13. September gab die Stadtverwaltung es auf, Schätzungen über die entstandenen Schäden in Reichsmark zu beziffern.Vollalarm um 17.52 Uhr

In Wido Sprattes Buch Im Anflug auf Osnabrück″ lässt sich der minutiöse Ablauf dieses 36. Luftangriffs auf die Stadt nachvollziehen. Der 13. September 1944 war ein Mittwoch. Tagsüber erschienen vereinzelt Flugzeuge über der Stadt und verschwanden wieder, ohne anscheinend eine Gefahr zu bedeuten. Es waren in Wirklichkeit schnelle Aufklärer, die die Sichtbedingungen erkunden sollten. Um 16.19 Uhr ertönten erstmals die Sirenen, weil zwölf Flugzeuge auf Ostkurs über der holländischen Küste gemeldet wurden. Sie hatten aber nicht die Hasestadt im Visier. Anders drei starke Bombergruppen mit insgesamt 300 Maschinen, die um 17.52 Uhr über dem Westrand der Zuidersee auftauchten. Sie lösten sofort Vollalarm in Osnabrück aus, was bedeutete, dass jedermann unverzüglich einen Luftschutzraum aufzusuchen hatte. Bereits um 18.07 Uhr kurvten vorausfliegende Begleitjäger und Markierungsflugzeuge über Osnabrück. Um 18.17 Uhr stand die Spitze der nachfolgenden Bomberverbände bei Meppen und zwei Minuten später bei Fürstenau, von wo sie auf den verhängnisvollen Südostkurs abschwenkten. Um 18.26 Uhr öffneten die Flieger in 8000 Meter Höhe ihre Bombenschächte.

Insgesamt 1137 Häuser wurden total zerstört und weitere 1420 so weit beschädigt, dass sie teilweise unbewohnbar waren. Für die 22 000 Osnabrücker, die Haus und Hab und Gut verloren, war der Verlust ihrer unmittelbaren Lebensgrundlage natürlich das Schlimmste. Ein Schmerz von anderer Qualität traf alle Osnabrücker: Das über Jahrhunderte gewachsene Erscheinungsbild der Altstadt ging unter. Kirchtürme prägen die Silhouette einer Stadt und stiften ihren Bewohnern Identität und Vertrautheit. Zwei Hauptkirchen wurden vor 75 Jahren ihrer Turmhauben beraubt.

Wie brennende Fackeln erschienen Dom und Marienkirche als Fanale des Untergangs. Dach und Türme wurden von Brandbomben getroffen. Das Feuer ergriff die Holzkonstruktionen und zerschmolz die Kupferplatten. Gegen 20.30 Uhr stürzten die Wahrzeichen der Stadt funkensprühend zusammen.

Was für New York der Nine-Eleven″ war, der 11. September 2001 mit dem Zusammenbruch der Zwillingstürme des World Trade Center, das erlebte die Stadt Osnabrück bei ihrem Nine-Thirteen″ am 13. September 1944. Allerdings mit dem Unterschied, dass in Osnabrück auch im weiten Umkreis alles brannte.Dom mit Notmützen″

Rathaus, Dom und Marienkirche wurden wiederhergestellt, wenn auch im Falle des Doms mit sehr vereinfachten Hauben in Pyramidenform. Lange Jahre diskutierte man, ob die Westtürme des Doms ihre ursprüngliche barocke Gestalt zurückerhalten sollten. Eine vom Heimatbund Osnabrücker Land (HBOL) angestrengte Sammlung brachte bei Weitem nicht genug Geld zusammen. Und, was noch entscheidender war, der Bischöfliche Stuhl versagte der Initiative aus bauhistorischen Gründen seine Unterstützung. Er folgte der Strömung in der Denkmalpflege, bei Rekonstruktionen auf den Ursprungsstil zurückzugehen und modische Veränderungen zwischenzeitlicher Baustile zu ignorieren. So blieb es bei den Notmützen″, die aus der Knappheit an Geld, Zeit und Baumaterial 1946/ 47 entstanden waren. Längst haben sich die Gemüter beruhigt und die Augen an die Pyramidendächer gewöhnt. Die neue Domsilhouette ist in stilisierter Form zum Logo des Bistums geworden, als wäre sie schon immer so gewesen.

Bildtexte:
Die Altstadt versinkt im Feuersturm: Noch stehen die Domtürme.
Die Silhouette Osnabrücks bis zum 13. September 1944 mit den Türmen (von links) von St. Marien, Dom Nordwest, Dom Vierung, Dom Südwest und Herz Jesu. Ansichtskarte der Kunstanstalt Cramer, Dortmund, Archiv Herbert Ellinghaus.
Am nächsten Morgen recken die enthaupteten Kirchen Dom St. Peter (links) und St. Marien ihre Turmstümpfe in den dunstverhangenen Himmel.
Fotos:
OKD-Archiv W. Büttner, aus: Wido Spratte, Im Anflug auf Osnabrück, Verlag Wenner Osnabrück, 1985.


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