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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
„Umweltministerium täuschte den Landtag″
Zwischenüberschrift:
Grüne kritisieren Antwort der Landesregierung zu 1-Meter-Gewässerrandstreifen-Regelung im Landkreis
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück Die Grünen werfen der Landesregierung vor, den Landtag getäuscht zu haben. Hintergrund ist, dass das Land eine kritische Einschätzung des Bundes zu nur einen Meter breiten Gewässerrandstreifen im Landkreis Osnabrück im Nachgang korrigierte. Das Land hatte auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Landtag geantwortet, dass das Bundesministerium die neue Regelung in der Schutzgebietsverordnung des Landkreises für gut nachvollziehbar″ halte. Das Bundesumweltministerium zeigt sich nun irritiert.

Was geschah bislang?
Unsere Redaktion hatte im April berichtet, dass das Bundesministerium es für fraglich″ halte, ob ein Gewässerrandstreifen von einem Meter dem Schutzanspruch in einem FFH-Gebiet gerecht werden könne. Zuvor hatte der Osnabrücker Kreistag mehrheitlich beschlossen, dass nur noch ein Schutzstreifen von einem Meter für das Spritzen von Pestiziden auf Äckern in einem Meller Landschaftsschutzgebiet gelten soll. Die CDU-Kreistagsfraktion hatte bereits angekündigt, dass dieser Beschluss Signalcharakter auch für die Festsetzung von weiteren FFH-Gebieten haben soll, die dem Schutz von Pflanzen, Tieren und Lebensräumen dienen. Die FFH-Richtlinie dient etwa dazu, die Lebensbedingungen für Steinbeißer, Bachneunaugen und andere Fischarten wie die Groppe zu verbessern.

Wie hat das Bundesumweltministerium reagiert?
Angesprochen darauf, warum das Bundesumweltministerium (BMU) die neue Regelung in der Schutzgebietsverordnung des Landkreises Osnabrück nun auf einmal für gut nachvollziehbar″ halte, sagte ein Ministeriumssprecher unserer Redaktion: Das BMU hat seine Aussagen oder Bewertungen in der genannten Angelegenheit nicht geändert und dem Landkreis auch keine anderslautende Bewertung mitgeteilt.″ Der Sprecher fügte hinzu, es erscheine aus Sicht des Bundesumweltministeriums weiterhin fraglich″, ob ein Gewässerrandstreifen von einem Meter dem Schutzanspruch in einem FFH-Gebiet gerecht werden kann.

Warum hat das Land das Bundesumweltministerium nicht selbst befragt?
Wie kam es also zu der anderen Darstellung durch die Landesregierung? Die Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums, Sabine Schlemmer-Kaune, antwortete unserer Redaktion: Die Aussage basiert auf dem Bericht des Landkreises Osnabrück vom 10. Juli, der seitens des niedersächsischen Umweltministeriums zur Beantwortung der Kleinen Anfrage beim Landkreis angefordert wurde.″ Darin werde dargelegt, dass sich der Landkreis nach der Berichterstattung unserer Redaktion per Mail an die Leiterin der Naturschutzabteilung im BMU gewandt und den Sachverhalt darin vollständig dargestellt habe. Die Abteilungsleiterin des BMU habe daraufhin mitgeteilt, dass sie die Ausführungen nachvollziehen kann″. Die Antwort des BMU auf die Nachfrage des Landkreises sei von der Landesregierung daher aufgenommen worden. Für das niedersächsische Umweltministerium habe keine Veranlassung bestanden, beim BMU nach dessen Einschätzung zu fragen″.

Wie schätzt das Land die Landkreis-Regelung ein?
Auf Nachfrage unserer Redaktion, ob die Landesregierung einen Meter breite Gewässerrandstreifen in niedersächsischen FFH-Gebieten generell befürworte, wenn nach dem Landkreis-Modell auf dem verbleibenden 1-Meter-Randstreifen Proben zur Bodenbelastung genommen werden, antwortete Schlemmer-Kaune, die im Landkreis praktizierte 1-Meter-Randstreifen-Regelung sei durch das ergänzende Schutzgebietsmonitoring″ aus Sicht des Umweltministeriums ein vertretbarer Weg″.

Was empfiehlt der Landesbetrieb für Naturschutz?
Zuvor hatte der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft-, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) dem Landkreis Osnabrück noch einen mindestens fünf Meter breiten Schutzstreifen an Gewässern wie der Else empfohlen, um Einträge aus der Landwirtschaft zu verhindern und um hier eine höhere Sicherheit zu erhalten″. Der jetzige unbefriedigende ökologische Zustand der Else in dem Meller FFH-Gebiet, für das der Landkreis die neue Verordnung erlassen hatte, spiegele auch die Einflüsse aus der Landwirtschaft wider.

Warum kritisieren die Grünen nun Umweltminister Lies (SPD)?
Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Landtag, Christian Meyer, bezeichnete es auf Anfrage unserer Redaktion als dreist, dass das niedersächsische Umweltministerium sich so wenig um eine EU- und naturschutzkonforme Umsetzung der FFH-Richtlinie einsetzt und BMU und Medien falsch darstellt und kritisiert″. Sowohl die Kreisverwaltung, die im Entwurf der Schutzgebietsverordnung selbst noch einen 5-Meter-Gewässerrandstreifen vorsah, als auch Umweltminister Olaf Lies (SPD) würden den Naturschutz mit Füßen treten″. Meyer konstatierte: Da das BMU bei seiner kritischen Stellungnahme bleibt, hat das Umweltministerium den Landtag getäuscht, wenn es fälschlich darstellt, die Aussagen des Bundes hätten sich geändert.″

Meyer will beim niedersächsischen Umweltministerium daher erneut nachfragen, auf welchen Grundlagen es behauptet, das BMU hätte seine Kritik an unzureichenden Schutzstreifen zurückgezogen. Der naturschutzpolitische Sprecher der Grünen im Landtag bezeichnete es als sehr ungewöhnlich″, dass das niedersächsische Umweltministerium es in dieser Angelegenheit nicht für nötig hielt, selbst beim Bund nachzufragen, sondern ausschließlich beim betroffenen Landkreis. Meyer kritisierte: Es ist kein guter Stil gegenüber dem Bund, sich vom Kreis eine Interpretation der Kritik des Bundes geben zu lassen.″ Lies vertrete damit nicht die notwendigen Interessen des Natur- und Gewässerschutzes, sondern die wirtschaftlichen Interessen derjenigen, die im Gewässerrandstreifen überhaupt für eine Belastung und Gefährdung der Gewässer sorgen, weshalb man ja einen Schutzstreifen braucht″. Zudem riskiere Lies Strafzahlungen von mehr als 300 Millionen Euro pro Jahr, wenn die von der EU vorgeschriebene FFH-Richtlinie weiterhin ungenügend umgesetzt werde.

Trägt die CDU die Schutzstreifen-Kehrtwende des Landrats mit?
Wenige Tage vor der Landrats-Stichwahl hatte Landrat Michael Lübbersmann (CDU) angekündigt, dass er sich dafür einsetzen wolle, die Landwirte im Landkreis Osnabrück mit bis zu 121 000 Euro pro Jahr zu entschädigen, damit diese einen wirtschaftlichen Ausgleich für die Berücksichtigung eines 5-Meter-Gewässerrandstreifens in den Schutzgebieten Else, Düte und Bäche im Artland erhalten. Die Entscheidung über einen solchen kreiseigenen Fördertopf für ein Gewässerrandstreifenprogramm muss aber letztlich der Kreistag fällen. Nachdem Lübbersmann die Landratswahl gegen Anna Kebschull (Grüne) verloren hatte, ist derzeit unklar, ob die CDU den Vorstoß des eigenen Landrats noch mittragen wird.

Bildtext:
Auf einen fünf Meter breiten Gewässerrandstreifen und eine Entschädigung für Landwirte (hier der Meller Hermann Stratmann) hatte sich Landrat Michael Lübbersmann (CDU) vor der Landratswahl mit Vertretern der Landwirtschaft geeinigt. Noch unklar ist, ob die CDU im Kreistag den Vorstoß nach der verlorenen Landratswahl auch mittragen wird.
Foto:
Norbert Wiegand
Autor:
Jean-Charles Fays


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